Lebensdaten
1867 – 1933
Geburtsort
Heidenheim/Brenz
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Philosoph
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116681268 | OGND | VIAF: 32070508
Namensvarianten
  • Maier, Heinrich
  • Maier, Heinrich Georg
  • Maier, Heinrich Georg, Philosophieprofessor
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Zitierweise

Maier, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116681268.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gottlieb (1840–1921), Seifensieder u. Kaufm. in H., S d. Schulmeisters Joh. Heinrich (1806–92) in Mergelstetten;
    M Regine Barbara Zeuner;
    Zürich 1902 Anna (1870–1953), T d. Christoph Sigwart (1830–1904), Prof. d. Philos. in Tübingen, u. d. Charlotte Georgii;
    1 S, 1 T, u. a. Anneliese (s. 2).

  • Biographie

    M. studierte nach dem Besuch der Lateinschule in Heidenheim und der Seminare in Maulbronn und Blaubeuren 1885-90 Theologie und Philosophie in Tübingen als Angehöriger des ev. Stifts. 1890 und 1893 legte er die beiden theologischen Examina ab, bis 1896 bekleidete er Repetentenstellen in Maulbronn, Blaubeuren und Tübingen. 1892 wurde M. als Schüler des Philosophen Christoph Sigwart, seines späteren Schwiegervaters, zum Dr. phil. promoviert mit einer Arbeit über „Die logische Theorie des deduktiven Schlusses“ (gekrönte Preisaufgabe der Philosophischen Fakultät von 1887). Die Habilitation erfolgte 1896 mit dem ersten Teil der späteren, dreibändigen „Syllogistik des Aristoteles“. Nach vierjähriger Tätigkeit als Privatdozent in Tübingen lehrte M. 1900 als Extraordinarius und 1901 als Ordinarius für Philosophie in Zürich. 1902 folgte er einem Ruf nach Tübingen, wo er bis 1911 wirkte. Von den Arbeiten aus dieser Zeit sind besonders die unter dem Titel „An der Grenze der Philosophie“ (1909) zusammengefaßten monographischen Abhandlungen über Melanchthon, Lavater und David Friedrich Strauß sowie das erste große systematische Werk, „Psychologie des emotionalen Denkens“ (1908), zu nennen. „Emotionales“ Denken hat nach M. im Unterschied zum urteilenden seinen Ursprung im Gefühls- und Willensleben und manifestiert sich im ästhetischen und religiösen Bereich sowie auf den Gebieten von Recht und Sittlichkeit. Hier erhebt es seinen Anspruch auf Geltung, während das urteilende Denken im Bereich des logisch Wahren Gültigkeit hat. Die Ausarbeitung der psychologischen Analyse des Denkaktes führte M. zur Grundlegung einer Philosophie der Sprache, des Rechts, der Religion und des Kunstschönen, die nicht frei ist von kulturkritischen Elementen. 1911 übernahm M. einen Lehrstuhl für Philosophie in Göttingen, den er bis 1918 innehatte. Mit dem 1913 erschienenen Werk „Sokrates“ gelang ihm der Durchbruch zu allgemeiner wissenschaftlicher Anerkennung. Das Buch markiert in M.s Denkweg insofern eine Zäsur, als es den Abschluß seiner philosophiegeschichtlichen Arbeiten darstellt. In Sokrates sieht M. den eigenwilligsten und individuellsten Denker der Antike; er faßt ihn auf als Gegentypus zu Aristoteles, dem die erste große philosophiegeschichtliche Arbeit gegolten hatte. Das „Sokratische Evangelium“ will nach M. den Weg weisen zu einer sittlichen Erweckung, die nicht beschränkt ist auf asketische Tugendhaftigkeit oder Kantisch-imperativische Sittlichkeit, sondern Sinnenglück und Lustbefriedigung einschließt und so den Menschen mit all seinen Fähigkeiten und Neigungen auf die Höhe eines menschenwürdigen Lebens führt.

    1918-22 lehrte M. in Heidelberg. Im Frühjahr 1922 wechselte er an die Berliner Universität, wo er bis zu seinem Tode lehrte. Er leitete dort über mehrere Jahre hinweg die Redaktion der Kant- und der Leibniz-Akademie-Ausgabe und stand dem Fachausschuß für Philosophie der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft vor. 1926 erschien der 1. Band seines systematischen Hauptwerks „Philosophie der Wirklichkeit“ unter dem Titel „Wahrheit und Wirklichkeit“. Den 1. Teil des 2. Bandes, „Die physische Wirklichkeit“, konnte M. noch kurz vor seinem Tod in Druck geben. Der 2. Teil und der abschließende 3. Band „Die psychisch-geistige Wirklichkeit“ wurden von seiner Tochter aus dem Nachlaß herausgegeben. Die „Philosophie der Wirklichkeit“ soll den Nachweis der elementarkategorialen und systematischen Strukturformen der Wirklichkeit erbringen und sucht eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn von Wirklichkeit und der Beschaffenheit ihres formalen Aufbaus. „Wirklichkeit“ ist nach M. ein transzendent Gegebenes und wird dem erkennenden Denken zugänglich als Urteilsgegenstand. Erst im Urteil konstituiert sich für den Menschen „Wirklichkeit“. Allerdings spricht M. dem transzendent Gegebenen schon je spezifische raumzeitliche und kategoriale Daten zu. Er nimmt damit eine Korrektur von Kants Subjektivismus der Formen vor und vollzieht eine transzendente Fundierung auch der formalen, kategorialen und logischen Momente der gegenständlichen „Wirklichkeit“. M.s Ausführung der Untersuchung ist gerichtet auf die Begründung einer logisch und erkenntnistheoretisch gesicherten Metaphysik, die als Basis einer Welt- und Lebensanschauung dienen soll. Mit seinem Werk und seiner Tätigkeit als Hochschullehrer hat M. keine Schulrichtung im engeren Sinn begründet. Aus dem Kreis seiner Doktoranden und Habilitanden gingen bedeutende Gelehrte wie Erich Rothacker hervor.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Ges. d. Wiss. Göttingen (1918), d. Ak. d. Wiss. Heidelberg, Kopenhagen u. Berlin;
    Dr. iur. h. c. (Tübingen 1927).

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Syllogistik d. Aristoteles, 3 Bde., 1896–1900, 1936;
    Die Bedeutung d. Erkenntnistheorie Kants f. d. Philos. d. Gegenwart, in: Kant-Studien 2, 1898, S. 389 ff. u. 3, 1899, S. 10 ff.;
    Logik u. Erkenntnistheorie, in: Philos. Abhh., Ch. Sigwart zu s. 70. Geb.tag, 1900, S. 219 ff.;
    Vorrede u. Anmerkungen zu Ch. Sigwart: Logik, ³1904, ⁴1911, ⁵1924;
    Das geschichtl. Erkennen, 1914;
    Immanuel Kant, 1924;
    Alois Riehl, in: Kant-Stud. 31, 1926, S. 563 ff.;
    Die mechan. Naturbetrachtung u. d. vitalist. Kausalität, 1928;
    Die Anfänge d. Philos. d. dt. Idealismus, 1930;
    Sittl. Sozialismus od. Individualismus? 1932;
    Grundrichtungen kosmolog.-metaphys. Weltbetrachtung, 1935. -
    Briefe v. D. F. Strauß an L. Georgii, 1912.

  • Literatur

    A. Liebert, Zur Logik d. Gegenwart, in: Kant-Stud. 31, 1926, S. 297-310;
    P. Hofmann, H. M., Philos. d. Wirklichkeit, in: DLZ 1927, H. 14, Sp. 647-61;
    A. Ferro, Verità e Realtà secondo H. M., in: Giornale Critico della Filosofia Italiana 9, 1928, S. 111-46, 205-19, 355-62;
    H. Hartmann, in: Kant-Stud. 39, 1934, S. 237-41;
    ders., in: Bll. f. Dt. Philos. 8, 1934/35, S. 60-64;
    E. Spranger, Gedächtnisrede auf H. M., in: SB d. Preuß. Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., 1934, S. CXV-CXIX;
    A. Hofacker, H. M., e. schwäb. Philosoph d. Gegenwart, in: Württemberg 7, 1935, S. 515-20;
    O. v. Schweinichen, Über d. Btr. v. H. M.s Philos. d. psychischgeist. Wirklichkeit z. Soz.- u. Rechtsphilos. d. Gegenwart, in: Archiv f. Rechts- u. Soz.philos. 31, 1937/38, S. 210-23;
    N. Hartmann, H. M.s Btr. z. Problem d. Kategorien, in: SB d. Preuß. Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., 1938, S. 38-54;
    Ernst Müller, in: ders., Schwäb. Profile, 1949, S. 200-33;
    Der Hellenstein, 3, 1954/55, S. 6-7 (W-Verz., P, genealog. Angaben);
    A. v. Varga, Die Dialektik d. Objektivität, in: Zs. f. phil. Forschung 9, 1955, S. 624-33;
    Ziegenfuß.

  • Autor/in

    Klaus-Werner Segreff
  • Zitierweise

    Segreff, Klaus-Werner, "Maier, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 694-696 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116681268.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA