Lebensdaten
1778 – 1841
Geburtsort
Gotha
Sterbeort
Gotha
Beruf/Funktion
Versicherungspolitiker ; Wirtschaftspolitiker ; Politiker ; Fabrikant ; Kameralist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116352086 | OGND | VIAF: 47511322
Namensvarianten
  • Arnoldi, Ernst Wilhelm
  • Arnoldi, E. W.
  • Arnoldi, Ernst W.
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Zitierweise

Arnoldi, Ernst Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116352086.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Vorfahren aus Pfarrersfamilien;
    V Ernst Friedrich Arnoldi (1747–1828), Kaufmann und Ratsherr in Gotha;
    M Sabine Elisabeth, T des Nadlermeisters Johann Elias Krehl in Gotha;
    1) Weimar 17.9.1808 Rosine Wilhelmine, T des Hofschreinermeisters Johann Wilhelm Cronrath, 2) Gotha 30.1.1825 Christiane Rosenberg;
    3 S, 1 T.

  • Biographie

    1794-99 in Hamburg als praktischer Kaufmann und bei J. H. Büsch theoretisch ausgebildet, trat A. in das väterliche Geschäft, wo er bald Teilhaber wurde; 1804 gründete er eine Farbenfabrik in Gotha und 1809 eine Steingutfabrik in Elgersberg bei Ilmenau. Die von A. 1819-21 gegründete Gothaer Feuerversicherung und die 1827 folgende Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit waren - der gemäßigt-merkantilistischen Herkunft A.s entsprechend - bestimmt, das Monopol ausländischer Versicherungen in Deutschland zu brechen und so den ständigen Abfluß von Prämiengeldern ins Ausland zu unterbinden. Das erstmals in größerem Maßstab angewandte und fortan für das deutsche Versicherungswesen maßgebende Prinzip der Gegenseitigkeit und der Gewinnbeteiligung erlaubte darüber hinaus, die Prämien wesentlich niedriger zu halten, als es den bisherigen auf Rentabilität angewiesenen Versicherungen möglich war. Daneben wirkte A. durch die Gründung der „Innungshalle“ (1817) und der ersten deutschen Kaufmannsschule in Gotha (1818) vorbildlich für das deutsche Handelsschulwesen der Folgezeit, war erfolgreich für die Rübenzuckergewinnung tätig und inaugurierte den kartellartigen Zusammenschluß der deutschen Zuckerfabrikanten (1841), der durch die starke Senkung der Rohrzuckerzölle im Handelsvertrag mit Holland (1839) hervorgerufen wurde. Bei der deutschen Zollvereinsbewegung für Handelseinheit und Zollschutz war A. neben F. List führend beteiligt (1819 Eingabe von 5051 Gewerbetreibenden an den Bundestag), anfangs einen Zusammenschluß der Mittel- und Kleinstaaten zwecks gemeinsamer Verhandlungen mit Preußen, nach dem Scheitern der Darmstädter (1820–22) und Stuttgarter (1825) Verhandlungen immer mehr den raschesten Anschluß an den preußischen Zollverein anstrebend. Ende der 30er Jahre setzte er sich warm für Lists thüringische Eisenbahnpläne ein.

  • Literatur

    ADB I;
    A. Emminghaus, E. W. A., 1878;
    J. Hopf, E. W. A. u. seine Schöpfung, d. Gothaer Feuerversicherungsbank, 1878;
    100 J. Gothaer Lebenversicherungsbank, hrsg. v. K. Samwer, 1927 (P);
    O. Götze, E. W. A., ein Förderer d. dt. Rübenzuckers, 1928;
    H. Oncken-F. Saemisch (Hrsg.), Vorgesch. u. Begründg. d. Dt. Zollvereins 1815–34, Akten d. Staaten d. dt. Bundes u. d. europ. Mächte, bearb. v. W. v. Eisenhart Rothe u. A. Ritthaler, 3 Bde., 1934;
    F. Rohwedder, E. W. A., Seine Tätigkeit f. d. dt. Wirtschaft, Diss. Basel 1939;
    C. Brinkmann, F. List, 1949, S. 74 ff. u. ö.;
    F. Schnabel, Dt. Gesch. im 19. Jh. III, ²1950, S. 417-20 u. ö.; s. a.
    K. Schmidt, Gotha im heimatkundl. Schrifttum, 1939, S. 32 f.

  • Porträts

    Stich v. J. G. Nordheim; Lithogr. v. C. Brand, v. J. Fertig nach Gem. v. B. Bock; Marmorbüste v. F. Küsthardt, 1881 (Gotha, Lebensvers.-Bank);
    Denkmal in Gotha (1843) mit Marmorreliefbild A.s v. L. Döll;
    s. a. Ausstellung Gothaischer Porträts aus d. Zt. v. 1640 b. 1850, 1908, S. 10.

  • Autor/in

    Erich Angermann
  • Zitierweise

    Angermann, Erich, "Arnoldi, Ernst Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 389 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116352086.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Arnoldi: Ernst Wilhelm A., geb. 21. Mai 1778 zu Gotha, daselbst 27. Mai 1841, war der Vater des deutschen Versicherungswesens. Sein Vater, Inhaber eines Colonialwaarengeschäfts, ließ ihm aus Abneigung gegen das Gymnasium Privatunterricht ertheilen, der aber sehr mangelhaft war; doch kam er frühzeitig in die Lehre nach Hamburg, wo er in dem Geschäfte „Johann Gabe u. Comp.“ sein Wissen erweiterte und sich Gewandtheit und Charakterfestigkeit aneignete. Auf den Wunsch seines Vaters kehrte er im J. 1799 in das elterliche Haus zurück und wurde 1803 Theilnehmer am väterlichen Geschäfte. Sein Streben war fortan nur auf das allgemeine Beste gerichtet; was er einmal für zweckmäßig und gut erkannt hatte, das führte er mit Hintansetzung seiner eigenen Interessen durch. Schon 1803 errichtete er zu Remstedt bei Gotha eine Farbenfabrik; 1808 eine Fabrik zu Elgersburg, in welcher Gefäße aus einer|seingutartigen Masse gefertigt werden, von Apothekern und Chemikern sehr geschätzt. Die damalige französische Zwingherrschaft war allerdings diesen Unternehmungen nicht günstig. Sobald aber die Zeit der Prüfungen für das Vaterland vorüber waren, wendete sich sein regsamer Geist zunächst dem Gedanken zu, die schmerzlichen Wunden zu heilen oder wenigstens zu lindern, die der Krieg auch dem gothaischen Lande geschlagen hatte. Zur Linderung der durch eine Mißernte in den Jahren 1816 und 1817 hervorgerufenen Noth schaffte er Massen russischen Getreides bei, und lenkte dadurch die Aufmerksamkeit seiner Mitbürger auf sich. In Folge dessen ward er von der Krämer-Innung zum Vorstande gewählt. Als Krämermeister fand er vielfach Gelegenheit zur Beseitigung alteingeschlichener Uebelstände und Mißbräuche. Unter dem Namen „Innungshalle“ gründete er einen Verein, welcher den gesammten Handelsstand von Gotha umfaßte. Das sogenannte neue Rathhaus wurde im J. 1820 zu einem sehr billigen Preise (8000 Thaler) für die Kramerinnung angekauft, daselbst eine Bibliothek und ein Waarencabinet, sowie ein Lesezimmer mit politischen und Fachzeitungen eingerichtet, in welchem allabendlich die Vereinsgenossen zur Unterhaltung zusammen kamen. Um den jungen Handlungslehrlingen eine zweckmäßigere Ausbildung als zeither zu verschaffen, rief A. im März 1818 eine Handlungsschule ins Leben, welche die erste dieser Art in Deutschland, seitdem das Vorbild von mehr als 40 ähnlichen Lehranstalten in Deutschland geworden ist. Seine Idee über die „Begründung eines Bundes unter den deutschen Fabricanten“, die er seit dem J. 1817 unablässig verfolgte, fand im J. 1829 durch die Gründung des deutschen Zollvereins ihre Befriedigung. In seinem Enthusiasmus schrieb damals A.: „Heil den edlen Häuptern, welche den von der herrlichsten Glorie umgebenen Handelsvertrag am 27. Mai abgeschlossen. Sie haben ein Werk vollbracht, das Alles überstrahlt, was seit der Reformation Großes in Deutschland geschehen ist. Es ist ebenfalls eine Reformation, deren segensreiche Wirkungen außer dem Gesichtskreise der Gegenwart liegen“. Das schönste Denkmal aber setzte sich A. durch die Begründung der Feuerversicherungsbank und der Lebensversicherungsbank in Gotha. Während vorher Actiengesellschaften feste Prämien erhoben, den Gewinn aber, welcher nach Abzug der Unkosten und der für gezahlte Schäden geleisteten Beträge sich ergab, an die Actionäre vertheilten, hielt A. das Princip der Gegenseitigkeit und Oeffentlichkeit für das Zweckmäßigste und Gerechteste, damit auch der aus dem Geschäfte erwachsende Gewinn wiederum den Versicherten und nicht nur einer Anzahl Capitalisten zu gute käme. Im December 1819 versammelte sich zum ersten Male der Vorstand der beabsichtigten Versicherungsgesellschaft, bestehend aus Abgeordneten der Kaufmannschaften zu Gotha, Arnstadt, Erfurt, Eisenach und Langensalza und am 20. Juli 1820 kam das Verfassungswerk der Feuerversicherungsbank in Gotha zu Stande. Mit dem 1. Januar 1821 begann die Anstalt ihre Thätigkeit. Daß A. sich in seinen Voraussetzungen nicht geirrt hatte, bewies der Erfolg.

    Der unaufhaltsam fortstrebende Geist Arnoldi's faßte nun auch die Gründung einer Lebensversicherungsbank ins Auge, der ersten in Deutschland. Sie wurde nach denselben Grundsätzen errichtet, die sich bei der Feuerversicherungsbank bewährt hatten, und trat am 1. Januar 1829 ins Leben. Mit unermüdlicher Ausdauer hatte A. die vielen Schwierigkeiten, namentlich in Betreff der richtigen Berechnung der Reserven und der Feststellung der Bedingungen für Annahme von Versicherungsanträgen zu beseitigen gewußt. Die Anstalt hat sich bis zu den äußersten Grenzen von Schleswig, sowie nach der deutschen Schweiz ausgedehnt, und seit der Zeit ihres Bestehens unendlichen Segen gestiftet. Als ein Zeichen schuldiger Dankbarkeit erhielt A. im J. 1834 von der Feuerversicherungs-Anstalt für die bedeutenden Opfer an Zeit und Kraftanstrengung und|für die unentgeltliche Leitung der Anstalt in den beiden ersten Jahren ihres Bestehens ein Ehrengeschenk von 15000 Thalern. Den zehnten Theil davon gab der verdienstvolle Mann sofort an den Stadtrath ab zur Gründung eines Realgymnasiums (Gymnasium Ernestinum) zu Gotha.

    In den letzten Jahren seines Lebens wendete A. seine unermüdete Thatkraft besonders dem Wiederaufblühen der ganz gesunkenen Runkelrübenzucker-Fabrication in Deutschland zu. Das Gedeihen dieses Erwerbszweigs erlebte er aber nicht. Mit dem Erfinder einer neuen Fabricationsmethode, Dr. Zier zu Zerbst, setzte er sich in Verbindung; die Methode leistete jedoch nicht, was versprochen war, und bereitete A., der sie Anderen empfohlen hatte, vielen Kummer. Von Herzog Ernst I. von Coburg und Gotha ward A. zum Rath, dann zum Finanzrath ernannt. In seinem Privatleben war A. einfach, bescheiden und anspruchslos; er half, wo er konnte, durch Rath und That. Seine Untergebenen hingen mit großem Vertrauen und vieler Liebe an ihm. Mit seiner Zeit ging er sehr haushälterisch zu Rathe. Ein Jahr nach seinem Tode wurde ihm in Gotha ein Ehrendenkmal errichtet, zu welchem die Mittel so reichlich zuflossen, daß ein ansehnlicher Theil davon zu einer „Schulstiftung“ verwendet wurde, von welcher alljährlich die Zinsen an seinem Todestage zu Belohnungen, theils in Büchern, theils in Lehrmitteln für Bürgerkinder vertheilt werden, die sich durch Fleiß, Fortschritte und gutes Betragen ausgezeichnet haben.

  • Autor/in

    A. Beck.,
  • Zitierweise

    Beck, August, "Arnoldi, Ernst Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 1 (1875), S. 589-591 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116352086.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA