Lebensdaten
1886 – 1936
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Pädagoge ; Schulreformer
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 116089563 | OGND | VIAF: 121884393
Namensvarianten
  • Kawerau, Siegfried
  • Kawerau, Georg Siegfried
  • Cawerau, Siegfried
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Zitierweise

Kawerau, Siegfried, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116089563.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1852–1909), Organist a. d. Matthäuskirche, dann am Dom in B., Vizedir. d. Singak., dann Meister d. Zellerschen Liedertafel, Gesanglehrer am Wilhelmsgymnasium, veröff. „Brandenburg. Choralbuch“ (⁵1914), S d. Martin (s. Gen. 1);
    M Maria Niemeyer (1858-um 1944);
    Ov Gustav (s. 1);
    - Berlin 1911 Anna Magdalena (1879–1959, Cousine), befreundet mit Regina Ullmann u. K. Kollwitz, Briefwechsel mit R. M. Rilke, T d. Gustav Kawerau (s. 1);
    3 S, 1 T.

  • Biographie

    Nach dem Studium in Berlin und Breslau (1904–09) erwirbt K. 1910 in Berlin die Lehrbefähigung an Höheren Schulen für Deutsch, Geschichte, Latein und promoviert in Königsberg/Preußen zum Dr. phil. 1911 geht er als Oberlehrer an die Oberrealschule der evangelischen Gemeinde in Bukarest. In einem Vortrag vor dem Verband deutscher Lehrer tritt er für interkonfessionelle Andachten ein. Im Herbst 1913 meldet er sich an das Gymnasium mit Realschule in Landsberg/Warthe. Bei Kriegsausbruch zum Wehrdienst eingezogen, nimmt er 1915 am Frankreichfeldzug teil, wird in Verdun verschüttet, ist nicht mehr kriegsverwendungsfähig und kehrt in den Schuldienst nach Landsberg zurück. Dort gründet er einen „Verband 1914“, der alle Parteien und Interessen einen sollte; nach Austritt der SPD wird der Verband zum Bürgerblock. In Vorträgen über Aufgaben nach dem Kriege fordert er 1916 Einheit im Schulwesen, Koedukation, Lösung der Frauenfrage. Als Anhänger von Damaschkes Bodenreformgedanken ist er enttäuscht über die Ablehnung des Heimstättengesetzes; er wünscht ein „soziales Kaisertum“. Religiös vertritt er Überwindung des Konfessionalismus, eine „Zukunftskirche“ aller Deutschen und die Trennung von Kirche und Staat. Seit Anfang 1918 wirkt er im „vaterländischen Unterricht“ mit. Seit Ostern 1919 unterrichtet er an Höheren Schulen in Berlin. Er schließt sich der SPD an und im Herbst 1919 tritt er dem „Bund entschiedener Schulreformer“ Paul Oestreichs bei. Persönliche und grundsätzliche Differenzen mit diesem bewirken jedoch bald seinen Austritt. Er spricht sich gegen den Weimarer Schulkompromiß und dessen Befürworter Heinrich Schulz aus und verläßt die „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer“. Er ist als Schulreformer fortschrittliches Mitglied der Reichsschulkonferenz 1920, sitzt im Ausschuß „Schülerfragen“. Enttäuschungen in jener Zeit lassen ihn und seine Familie aus der Landeskirche austreten.

    Als Pädagoge vertritt er das Ziel einer „Klassenlosen Gesellschaft“, damit des „reiner Menschentums in national-differenziertem Reichtum“. Er wird zum Vorkämpfer der „Produktionsschule“, sieht Erziehung als „angewandte Soziologie“. – Er wird Stadtverordneter sowie Mitglied der Charlottenburger und zentralen Schuldeputation (1925–30). Differenzen mit Oestreich über praktische Schulreform führen zu seinem Austritt aus dem Bund. Seit Ostern 1927 wirkt er als Oberstudiendirektor am Städtischen Köllner Gymnasium (mit 2 Aufbauschulen) und erreicht den Höhepunkt seiner Laufbahn. Wegen seiner historischen Interessen wird er Mitglied des Ausschusses für Geschichte und politische Erdkunde (1928). Am 1.9.1933 wird er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, nachdem er schon Anfang 1933 verhaftet und nach mehrmonatiger Haft entlassen worden ist. K. weist in seiner Weltanschauung eine Verbindung jugendbewegter, schul- und lebensreformerischer und sozialpolitischer Anschauungen auf. Er vertritt sowohl eine Synthese von Rationalismus und Mystik wie von Idealismus und Materialismus. Er gehörte zu den „Entschiedenen Schulreformern“, die sich wegen ihrer praktischen Betätigungen und Übernahme eines pädagogischen Amtes von dem reinen Theoretiker Oestreich trennten. Auf dem Gebiete der Umstellung des Geschichtsunterrichts wurde er bahnbrechend. Als Schulleiter war er pädagogisch erfolgreich und besaß internationalen Ruf.

  • Werke

    Die Rivalität dt. u. franz. Macht im 10. Jh. (Diss. 1909), in: Jbb. f. lothring. Gesch. u. Altertumskde. 22, 1910;
    Lieder aus d. Dunkel 1910;
    Rabbi Jesus v. Nazareth, 1912, ²1915;
    St. George u. R. M. Rilke, 1914;
    Zur Trennung v. Staat u. Kirche, in: Freidt. Jugend, Jan., März, Juni 1918;
    Weißbuch d. Schulreform, 1920;
    Soziolog. Päd, 1921, ²1924;
    Synopt. Gesch.tabellen, 1921, ²1922 (mit F. Ausländer, H. Heintjes, F. Wuessing);
    Das Görlitzer Progr., 1922;
    Der Bund entschiedener Schulreformer, 1922;
    Jugendnot 1923 (mit Danziger);
    Alter u. neuer Gesch.unterricht, 1924;
    Die ewige Rev., in: Ergebnisse d. Internat. Gesch.tagung Herbst 1924, 1925;
    Denkschr. üb. d. dt. Gesch.- u. Lesebücher, 1927;
    Selbstbildnis, 1928;
    Der Kampf um d. Gesch.buch, 1929. -
    Mithrsg.: Die Neue Erziehung, 1920-23 (Zs.).

  • Literatur

    H. Niederhof, S. K. u. s. Btr. z. Entschiedenen Schulreform, 1964 (Examensarb. d. Päd. Hochschule, Berlin, ungedr.).

  • Autor/in

    Alfred Ehrentreich
  • Zitierweise

    Ehrentreich, Alfred, "Kawerau, Siegfried" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 378-379 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116089563.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA