Weigle, Carl Gottlieb
- Lebensdaten
- 1810 – 1882
- Geburtsort
- Ludwigsburg
- Sterbeort
- Stuttgart
- Beruf/Funktion
- Orgelbauer ; Unternehmer ; Musikinstrumentenbauer
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 117249513 | OGND | VIAF: 59856536
- Namensvarianten
-
- Weigle, Karl Gottlieb
- Weigle, Carl Gottlieb
- Weigle, Karl Gottlieb
Vernetzte Angebote
Verknüpfungen
Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel
Orte
Symbole auf der Karte




Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Weigle, Carl Gottlieb (auch Karl Gottlieb Weigle)
1810 – 1882
Orgelbauer, Unternehmer
Carl Gottlieb Weigle war ein süddeutscher Orgelbauer der Früh- und Hochromantik sowie Gründer einer mehr als 170 Jahre bestehenden Orgelbaufirma. Durch hohe handwerkliche und musikalisch-künstlerische Qualität sowie technische Innovationen prägte er den Orgelbau des 19. Jahrhunderts und definierte handwerkliche Standards, die noch heute gültig sind.
Lebensdaten
Carl Gottlieb Weigle (InC) -
Autor/in
→Angela aus der Mühlen (Karlsruhe)
-
Zitierweise
Mühlen, Angela aus der, „Weigle, Carl Gottlieb“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/117249513.html#dbocontent

Weigle erlernte das Klavier- und Orgelspiel autodidaktisch, indem er Melodien aus dem Gedächtnis nachspielte und charakteristische Spielweisen anderer Organisten imitierte. Nach dem Besuch der 4. Realklasse, mit heutiger Begrifflichkeit ein erweiterter Regelschulabschluss, an der bis 1827 als kombinierte Latein-Real-Schule eingerichteten Lateinisch-Deutschen Knabenschule in Ludwigsburg begann er Ostern 1826 eine Orgelbauerlehre in der Ludwigsburger Firma seines Onkels Eberhard Friedrich Walcker (1794–1872). Weigle erlebte den Aufstieg der Eberhard Friedrich Walcker Orgelbau-Werkstatt zu einem der führenden europäischen Orgelbaubetriebe und begleitete die technischen Innovationen im Orgelbau, namentlich die der Kegellade, einer besonderen Bauform der Windlade. Durch Aufenthalte in anderen Orgelbauwerkstätten, z. B. bei Engelfried in Rottenburg, erweiterte und vertiefte er seine Kenntnisse. Seit 1832 wirkte er an Walckers großen Orgelbauprojekten mit, u. a. in der Frankfurter Paulskirche (1833), der Stiftskirche Tübingen (1836), der Stadtkirche Reutlingen (1837), der St. Petrikirche in St. Petersburg (1840) und der Olaikirche in Reval (heute Tallinn, Estland) (1842).
1835 trat Weigle mit einem selbst geschaffenen Musikinstrument an die Öffentlichkeit, einer Physharmonika, die er in Rottenburg am Neckar im Haus des Orgelbauers Franz Anton Engelfried (1794–1864) präsentierte. Die Klangfarbe dieses Instruments war Vorbild für ein durchschlagendes Zungenregister im romantischen Orgelbau. Von 1843 bis 1845 war Weigle mit dem Umbau der Stuttgarter Stiftskirchenorgel betraut, den er, aufgestiegen zum ersten Gehilfen und Werkmeister, zuletzt umfassend leitete. Nach Abschluss des Projekts verließ er das Unternehmen seines Onkels und eröffnete 1845 in Stuttgart eine Orgelbau-Werkstatt in den Räumlichkeiten des Schwiegervaters J. Gotthilf Friedrich Winckler (1794–1852), seit 1848 in größeren eigenen Geschäftsräumen. Nach kleineren Aufträgen kamen seit 1848 mit dem Bau der Orgeln für die evangelischen Kirchen von Echterdingen (heute Leinfelden-Echterdingen) und Freudenstadt und für die katholische Kirche von Wiesensteig bei Göppingen die ersten großen Orgelbauprojekte, denen bald auch Engagements aus dem Ausland folgten, u. a. in New York City (1855), Dänisch-Westindien (Karibik, heute Jungferninseln) (1855), Elim (Westkap, heute Südafrika) (1859) und Paramaribo (Niederländisch-Guayana, heute Surinam) (1870). Weigles Orgelwerke erhielten bei der amtlichen Abnahme durch die Orgelrevision Bestnoten.
In technischer Hinsicht verbesserte Weigle Teile des Konstruktionsprinzips der Kegellade und der Mechanik. Er schuf eigene Versionen der pneumatischen Traktur und Neuerungen an der Crescendo-Walze, mit denen er 1876 die 48 Register umfassende Orgel der Johanneskirche in Stuttgart ausstattete. 1872 entwickelte er die erste elektromagnetische Orgel, deren Hebelmechanik zwischen Tasten und Spielventilen elektrisch betrieben wurde. Mit dem Nachfolgemodell präsentierte er seine Firma auf der Weltausstellung 1873 in Wien.
Weigle stand der evangelischen Missionsbewegung nahe und pflegte Umgang mit dem Missionsunterstützer und Pfarrer Wilhelm Friedrich Mögling (1788–1854), in dessen Haus er 1837 seinen Cousin, den Missionar Christian Gottlieb Hoernle (1804–1882), einführte. Mit den Stuttgarter Missionsfreunden spendete er 1861 für den Betsaal der Basler Mission eine Orgel, die er eigenhändig dort aufstellte. Zudem baute er eine Orgel für die ebenfalls missionsnahe Kornthaler Brüdergemeinde und lieferte Orgeln für Missionskirchen nach Übersee.
Weigle zeichnete sich durch Innovationsfreude, hohes handwerkliches und musikalisch-künstlerisches Können sowie äußerste Präzision aus. Er schuf annähernd 100 Orgeln, von denen neun Werke für überseeische Länder bestimmt waren. In der Intonationskunst setzte er neue Maßstäbe in Bezug auf Reinheit, Harmonie und Balance. Mit seiner Fähigkeit, die vielfältigen Klangfarben in feinster Nuancierung zu einem ausgewogenen Gesamtklangbild zusammenzufügen, verlieh er dem süddeutschen Orgelbau der Früh- und Hochromantik einen eigenen Akzent.
1880 zog sich Weigle aus dem Geschäft zurück und übertrug die Firma seinen Söhnen, die er bereits 1870 in die Geschäftsführung aufgenommen und seitdem unter dem Firmennamen CG Weigle und Söhne firmiert hatte. Johann Nepomuk Kuhn (1827–1888), Gründer der Orgelbaufirma Kuhn in Männedorf am Zürichsee, war sein Schüler.
1881 | Goldene Staatsmedaille, Württemberg |
ca. 1939 | Aufnahme in die Liste der Ludwigsburger Persönlichkeiten, Historischer Verein Ludwigsburg |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivquellen:
Firmenarchiv Gerhard Walcker-Meyer. Orgelbau, Kleinblittersdorf bei Saarbrücken, Eberhard Friedrich Walcker, Tagebuch, April 1826, Bl. 26. (weiterführende Informationen)
Gedruckte Quellen:
Rottenburg – Einladung an Musikfreunde, in: Neckarbote. Anzeigenblatt für den Oberamtsbezirk Rottenburg v. 4.4.1835, S. 1.
Die neue Orgel zu Comburg bei Hall, in: Schwäbischer Merkur. Mit Schwäbischer Kronik und Handelszeitung. Süddeutsche Zeitung v. 3.9.1851, S. 13.
Ulm – Dreifaltigkeitskirche, in: ebd. v. 28.10.1857, S. 8.
Ulm den 2. November – Orgelkonzert, in: ebd. v. 5.11.1857, S. 7.
Biberach St. Martin, in: ebd. v. 2.2.1859, S. 7.
Der Evangelische Heidenbote 1861, S. 68.
Orgelweihe in Kornthal, in: Schwäbischer Merkur. Mit Schwäbischer Kronik und Handelszeitung. Süddeutsche Zeitung v. 6.11.1861, S. 10.
Ehingen Stadtpfarrkirche, in: ebd. v. 20.11.1867, S. 5.
Die neue Orgel der Johanneskirche Stuttgart, in: ebd. v. 6.5.1876, S. 5.
Musik-Instrumente [CG Weigles Erfindungen und Intonationskunst], in: Neues Tagblatt und General-Anzeiger für Stuttgart und Württemberg (Württembergische Landes Gewerbe Ausstellung – Ausstellungszeitung des Neuen Tagblattes) v. 14.6.1881, S. 5.
Jubiläum zur 100. Orgel [über CG Weigles Lebensmotto ‚Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen‘], in: ebd. v. 13.6.1883, S. 2.
Neues Tagblatt und General-Anzeiger für Stuttgart und Württemberg v. 18.11.1882, S. 1 u. 8.
Kleine Chronik [CG Weigles Orgellieferungen nach Übersee], in: Neues Tagblatt und General-Anzeiger für Stuttgart und Württemberg v. 16.10.1894, S. 2 f.
Orgelbauten:
Echterdingen, Evangelische Kirche, 1848. (Op. 7)
Freudenstadt, Evangelische Stadtkirche, 1849. (Op. 8, 1945 zerstört)
Wiesensteig, Katholische Stadtpfarrkirche, 1849. (Op. 9)
Comburg, Schwäbisch Hall, Stiftskirche St. Nikolaus, 1851. (Op. 15, nach Umbau 1998 auf den Originalzustand zurückgeführt)
Bad Waldsee, Katholische Stadtpfarrkirche, 1853. (Op. 22)
Bad Saulgau, Katholische Stadtpfarrkirche, 1854. (Op. 25, zwischen 1960 und 1970 abgerissen)
Gernsbach bei Rastatt, Evangelische Stadtkirche, 1856. (Op. 30, 2000 ersetzt)
Altheim bei Riedlingen, Katholische Kirche, 1856. (Op. 31, restauriert erhalten)
Ulm, Dreifaltigkeitskirche, 1857. (Op. 34, ersetzt)
Dagersheim (heute Böblingen-Dagersheim), Evangelische Kirche, 1858. (Op. 36, erhalten, älteste spielbare Orgel der Region)
Stuttgart, Synagoge, 1861 (Op. 44).
Korntal, Evangelische Brüdergemeinde, 1861. (Op. 48)
Basel, Betsaal der Basler Mission, 1861. (Op. 49)
Esslingen-Zwerenberg, Frauenkirche, 1863. (Op. 52)
Lonsee, Marienkirche, 1863. (Op. 53, erhalten)
Esslingen, Katholische Pauluskirche, 1864. (Op. 55)
Mietingen-Baltringen, Katholische Kirche, 1865. (Op. 57, erhalten)
Basel, Schweiz Peterskirche, 1866. (Op. 61)
Friedrichshafen, Evangelische Schlosskirche, 1867. (Op. 62, 1944 zerstört, 1951 Neubau der Firma Weigle, 2022 Renovierung unter Verwendung alter Weigle-Pfeifenwerke und Register)
Ehingen, Katholische Stadtpfarrkirche, 1868. (Op. 64, zwischen 1960 und 1970 abgerissen)
Ravensburg, Katholische Liebfrauenkirche, 1868. (Op. 65, 1911 ersetzt)
Bad Schussenried, Katholische Kirche, 1869. (Op. 68)
Laupheim, Katholische Stadtpfarrkirche, 1870. (Op. 71)
Nagold, Stadtkirche, 1874. (Op. 81, 2011/12 renoviert und historische Register der Weigle Orgel von 1874 rekonstruiert)
Stuttgart-West, Evangelische Johanneskirche, 1876. (Op. 82, mechanische Kegellade umgebaut erhalten)
Schwäbisch Gmünd, Katholisches Heilig Kreuz/Münster, 1878. (Op. 88, 1983 ersetzt)
Stuttgart, Neue evangelische Garnisonskirche, 1879. (Op. 90)
Schwäbisch Gmünd, Katholische Johanniskirche, 1880. (Op. 93, erhalten)
Biberach, Simultankirche, 1881. (Op. 95, Hauptorgel, 1966 abgerissen)
Hermann Gundert, Herrmann Mögling. Ein Missionsleben in der Mitte des Jahrhunderts, 1882, S. 124.
John Frederick David Hoernle, Memoir of the Rev. Christian Theophilus Hoernle, 1884, Nachdr. 2023, S. 8–11 u. 66.
K. J., Alt-Meister Weigle, ein schwäbischer Orgelbaumeister. Nekrolog in: Urania. Musikzeitschrift 41 (1884), S. 20–27.
Salomon Kümmerle, Encyclopädie der evangelischen Kirchenmusik, Bd. 4, 1895, S. 169–173.
N. N., Zur Erinnerung an Orgelbaumeister Karl G. Weigle, in: Schwäbischer Merkur v. 18.11.1910, S. 10.
Emille Rupp, Die Entwicklungsgeschichte der Orgelbaukunst, 1929, S. 157 f.
Chr. B., Die Orgelbauanstalt Friedrich Weigle in Echterdingen, in: Die Filder. Sonderbeilage zum Schwäbischen Merkur v. 14.9.1929, S. 10.
N. N., Hervorragende Ludwigsburger, in: Ludwigsburger Geschichtsblätter 12 (1939), S. 41–46, hier S. 45.
Oscar Paret, Ludwigsburger Menschen als Spiegel Ludwigsburger Stadtgeschichte, in: Ludwigsburger Geschichtsblätter 14 (1960), S. 18–47, hier S. 45.
125 Jahre Weigle-Orgeln, 1970, S. 19–22.
Gotthilf Kleemann, Orgelbauer in Württemberg vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in: Acta Organologica 12 (1978), S. 173–175.
Fritz Weigle, Zur Geschichte des Orgelbaus Weigle, in: ekg Echterdingen (1985), S. 17–22. (P) (Onlineressource)
N. N., Art. „Weigle, Carl Gottlieb“, in: Hermann Fischer/Theodor Wohnhaas, Lexikon süddeutscher Orgelbauer, 1994, S. 454 f.
Hermann Fischer, Art. „Weigle, Carl Gottlieb“, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 13, 1998, Sp. 604 f.
Alfred Reichling/Hermann Fischer, Art. „Weigle, Carl Gottlieb“, in: Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2 (2007), revidierte Fassung 2021. (zugangsbeschränkte Onlineressource)
Josef Still, Hochdruckorgel, Elektrizität und ein Konkurs. Die schwäbische Firma Weigle baut von 1899 bis 1908 an einer Doppelorgel, 2009. (Onlineressource)
Thomas Schulz, Die Lateinschule Ludwigsburg von ihrer Gründung bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts in: Ludwigsburger Geschichtsblätter 63 (2009), S. 160, 165–167.
Matthäuskirche Stuttgart. 50 Jahre Internationale Orgelkonzerte 1971–2021, Newsletter Folge 1. Die Geschichte der Orgelbaufirma Weigle, S. 2.