Nadig, Frieda
- Lebensdaten
- 1897 – 1970
- Geburtsort
- Herford
- Sterbeort
- Bad Oeynhausen (Nordrhein-Westfalen)
- Beruf/Funktion
- Wohlfahrtspflegerin ; Sozialarbeiterin ; Politikerin ; Mitglied des Parlamentarischen Rats
- Konfession
- evangelisch-reformiert
- Normdaten
- GND: 119290332 | OGND | VIAF
- Namensvarianten
-
- Nadig, Friederike Charlotte Louise
- Nadig, Frieda
- Nadig, Friederike Charlotte Louise
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Nadig, Frieda (eigentlich Friederike Charlotte Louise Nadig)
1897 – 1970
Politikerin, Mitglied des Parlamentarischen Rats, Wohlfahrtspflegerin, Sozialarbeiterin
Frieda Nadig war 1948/49 eine von vier weiblichen Abgeordneten im Parlamentarischen Rat. Dort und später als Bundestagsabgeordnete der SPD setzte sie sich für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, für die Gleichberechtigung der Geschlechter und für die rechtliche Gleichstellung unehelicher Kinder ein. Ihr Leben lang war Nadig bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) engagiert, u. a. als Geschäftsführerin der AWO Bezirk Östliches Westfalen.
Lebensdaten
Frieda Nadig (InC) -
Autor/in
→Laura Jung (München)
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Zitierweise
, „Nadig, Frieda“ in: NDB-online, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119290332.html#dbocontent
Nadig begann nach dem Besuch der Bürgerschule in Herford 1912 eine Lehre als Verkäuferin im örtlichen Konsum-Verein. 1913 trat sie der sozialistischen Arbeiterjugend bei und wurde 1916 Mitglied der SPD. Ab 1920 besuchte sie die Soziale Frauenschule in Berlin mit dem Ziel, staatlich geprüfte Wohlfahrtspflegerin zu werden. Sie legte 1922 das Staatsexamen mit dem Hauptfach Jugendfürsorge ab und trat im Juli 1922 eine Stelle als Fürsorgerin bei dem Jugendamt in Bielefeld an. Daneben engagierte sie sich weiter politisch, v. a. als Referentin für die Arbeiterwohlfahrt (AWO). 1929 kandidierte sie erfolgreich für den Westfälischen Provinziallandtag und wurde 1933 wiedergewählt. Dieses Mandat endete vorzeitig mit der Auflösung des Provinziallandtags im Mai 1933.
Zur selben Zeit wurde Nadig beurlaubt und verlor wenig später aus politischen Gründen auch ihre Anstellung bei der Stadt Bielefeld, wogegen sie erfolglos mit schriftlichen Eingaben und persönlichen Vorstellungen vorging. Drei Jahre lang erwerbslos, fand Nadig nach einer Schulung der Deutschen Arbeitsfront in Säuglings- und Krankenpflege 1936 in Ahrweiler (heute Bad Neuenahr-Ahrweiler, Eifel) eine Anstellung als Volkspflegerin im Gesundheitsamt. Nach Kriegsende beantragte sie bei der Stadt Bielefeld die Aufhebung der Entlassungsverfügung von 1933 und Wiedergutmachung. Das Angebot der Stadt, ihre alte Stelle zurückzuerhalten, nahm sie jedoch nicht an, sondern beteiligte sich als hauptamtliche Bezirkssekretärin, später als Geschäftsführerin der AWO, Bezirk Östliches Westfalen, maßgeblich an deren Wiederaufbau.
1947 wurde Nadig Mitglied des Beirats der britischen Besatzungszone sowie wenig später Abgeordnete der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag. Ihre Fraktion nominierte sie als Mitglied des Parlamentarischen Rats, wo sie eine von vier weiblichen Abgeordneten neben Elisabeth Selbert (1896–1986) (SPD), Helene Weber (1881–1962) (CDU) und Helene Wessel (1898–1969) (Zentrum) war, den sog. Müttern des Grundgesetzes.
Nadig steht in der geschichtswissenschaftlichen Rezeption ihres Wirkens im Parlamentarischen Rat im Schatten Selberts, der Initiatorin der bis heute gültigen Formulierung des Grundrechts auf Gleichberechtigung der Geschlechter in Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG. Nadig begegnete Selberts Vorschlag zunächst mit Skepsis, trat aber bald entschieden dafür ein, indem sie ihn im Ausschuss für Grundsatzfragen und Grundrechte, wo Selbert nicht Mitglied war, einbrachte. Neben der Fassung des Art. 3 Abs. 2 GG verfolgte Nadig dort drei Themen mit besonderem Nachdruck: eine grundrechtliche Ausgestaltung der Kriegsdienstverweigerung, die vollständige Gleichstellung unehelicher mit ehelichen Kindern und die Frage der Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen. Während sie im Fall der Kriegsdienstverweigerung Erfolg hatte, scheiterte sie bei den beiden anderen Themen am Widerstand der Vertreter anderer Parteien. Der erste Vorschlag des heutigen Art. 6 Abs. 5 GG mit dem gesetzgeberischen Auftrag zur Gleichstellung unehelicher mit ehelichen Kindern stammt von Theodor Heuss (1884–1963) (FDP). Nadig war zudem stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Zuständigkeitsabgrenzung, wo sie aber kaum in Erscheinung trat. Sie nahm auch an einigen Sitzungen des Hauptausschusses teil und ergriff dort zu unterschiedlichen Themen das Wort.
1949 wurde Nadig als direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises Bielefeld-Land in den ersten Deutschen Bundestag gewählt und behielt bis 1950 parallel ihr Landtagsmandat. Im Bundestag setzte sie sich als Mitglied im Ausschuss für Angelegenheiten der inneren Verwaltung weiter für sozialpolitische Belange ein, insbesondere für die unehelich geborener Kinder. Daneben wurde sie Mitglied des Rechtsausschusses, was ihr die Gelegenheit gab, für die einfachgesetzliche Umsetzung der Gleichstellung zwischen Mann und Frau zu streiten. Den entscheidenden Impuls für den Erlass dieser Gesetze gab allerdings erst das Außerkrafttreten der bis dahin geltenden, der Gleichberechtigung zuwiderlaufenden Bestimmungen 1953 und die Rechtsprechung, die diese Rechtsfolge des Art. 117 Abs. 1 GG bestätigte. Nach drei Legislaturperioden als Bundestagsabgeordnete wurde Nadig von der SPD für die Bundestagswahlen von 1961 nicht mehr als Kandidatin für das Direktmandat nominiert. 1966 trat sie als Geschäftsführerin der AWO Bezirk Östliches Westfalen in den Ruhestand.
1961 | Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1970 | Marie-Juchacz-Plakette des Bundesvorstands der Arbeiterwohlfahrt |
2021 | Frieda Nadig-Denkmal, vor Rathaus Herford (Onlineressource) |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Stadtarchiv Bielefeld, Personalakte Nadig, Frieda, Sig. 103,4/B-K68, Nr. 366.
Archiv der sozialen Demokratie, Sammlung Personalia, 6/SAMP007 151, Frieda Nadig.
Friederike Nadig/Auguste Walter, Schulungskursus der Arbeiterwohlfahrt für Westdeutschland im „Bunten Haus“ in der Senne, in: Arbeiterwohlfahrt 4 (1929), H. 9, S. 282–284. (Onlineressource).
Christel Maria Fuchs, Sie war mutig, entschlossen und ein „sehr menschlicher Mensch“. Das Leben der Frieda Nadig, in: Historisches Jahrbuch für den Kreis Herford (1998), S. 73–87.
Gisela Notz, Frauen in der Mannschaft. Sozialdemokratinnen im Parlamentarischen Rat und im Bundestag 1948/49–1957, 2003, S. 54–79.
Bärbel Sunderbrink, Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Die SPD-Politikerin und Mitgestalterin des Grundgesetzes Frieda Nadig (1897–1970), in: dies. (Hg.), Frauen in der Bielefelder Geschichte, 2010, S. 223–231. (P)
Hilmar Sack, Frieda Nadig (1897–1970), SPD, in: Deutscher Bundestag (Hg.), Der nächste Redner ist eine Dame. Die Frauen im ersten Deutschen Bundestag, 42024, S. 196–199.
Fotografien v. Erna Wagner-Hehmke (1905–1992), 1949, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Fotografie, 1970–1979, Stadtarchiv Bielefeld, Abbildung in: Bärbel Sunderbrink, Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Die SPD-Politikerin und Mitgestalterin des Grundgesetzes Frieda Nadig (1897–1970), in: dies. (Hg.), Frauen in der Bielefelder Geschichte, 2010, S. 222.