Halbritter, Walter
- Dates of Life
- 1927–2003
- Place of birth
- Hoym bei Aschersleben (Harz)
- Place of death
- Seelow (Märkisch-Oderland, Brandenburg)
- Occupation
- Minister ; Leiter des Amts für Preise der DDR
- Religious Denomination
- evangelisch, später vermutlich konfessionslos
- Authority Data
- GND: 11806875X | OGND | VIAF
- Alternate Names
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- Halbritter, Walter
- Halbritther, Walther
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Halbritter, Walter
1927–2003
Minister, Leiter des Amts für Preise der DDR
Walter Halbritter war einer der einflussreichsten Wirtschaftspolitiker der DDR. Er prägte v. a. die Wirtschaftsreformen in den 1960er Jahren, mit denen die Planwirtschaft flexibilisiert werden sollte, und beeinflusste nach dem Ende der Reformpolitik unter Erich Honecker (1912–1994) in den 1970er und 1980er Jahren in erster Linie die Preispolitik.
Dates of Life
Walter Halbritter, BArch / Bildarchiv (InC) -
Author
→André Steiner (Potsdam)
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Citation
Steiner, André, „Halbritter, Walter“ in: NDB-online, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11806875X.html#dbocontent
Halbritter machte nach dem Abschluss der Volksschule in Hoym bei Aschersleben (Harz) von 1942 bis 1944 eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten in der Stadtverwaltung Hoym und meldete sich, beeindruckt vom Nationalsozialismus, im November 1944 freiwillig zur Wehrmacht. Er leistete bis Mai 1945 Kriegsdienst in Dänemark und war bis Dezember 1945 in britischer Kriegsgefangenschaft.
Nach kurzer Tätigkeit als Landarbeiter wurde Halbritter 1946 Verwaltungsangestellter im Rat des Kreises Ballenstedt (Harz) und trat im selben Jahr in die SED ein. 1950 übernahm er als Mitarbeiter des Statistischen Landesamts Halle an der Saale die Funktion des Kreisstatistikers in der Kreisverwaltung Ballenstedt und begann ein zweijähriges Studium im Finanzlehrgang an der Deutschen Verwaltungsakademie „Walter Ulbricht“ in Forst-Zinna bei Luckenwalde, an der die künftigen Funktionäre des DDR-Staatsapparats ausgebildet wurden.
1951 wurde Halbritter nach Abschluss des Studiums Abteilungsleiter in der Hauptabteilung Staatshaushalt des Ministeriums der Finanzen. Parallel nahm er 1952 ein Fernstudium an der Hochschule für Ökonomie in Berlin-Karlshorst auf, das er 1957 als Diplomwirtschaftler abschloss. Zwischenzeitlich wurde er 1954 als politischer Mitarbeiter in den Apparat des Zentralkomitees (ZK) der SED berufen, wo er 1957 zum Sektorenleiter innerhalb der Abteilung Planung und Finanzen aufstieg und 1960 stellvertretender Leiter der nunmehrigen Abteilung Planung, Finanzen und technische Entwicklung wurde. Seit 1961 Stellvertreter des Ministers der Finanzen, war Halbritter 1962/63 ein führender Kopf bei der konzeptionellen Vorbereitung einer Wirtschaftsreform, zugleich Vertreter einer neuen Generation, die, nach 1945 kommunistisch sozialisiert, wirtschaftswissenschaftlich ausgebildet war und Anfang der 1960er Jahre in führende Positionen aufrückte.
Anfang 1963 holte der neue Vorsitzender der Staatlichen Plankommission (SPK), Erich Apel (1917–1965), Halbritter als ausgewiesenen Reformer und seinen Stellvertreter in die SPK, die nun zur Bastion der Reformer wurde. Halbritter leitete die Arbeitsgruppe Bernau, die die Richtlinien für die als „Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung“ (NÖS) propagierte Wirtschaftsreform ausarbeitete. Kern der Reform war die Flexibilisierung der starren Planwirtschaft, indem wirtschaftlichen Anreizen nach marktwirtschaftlichem Vorbild ein höherer Stellenwert eingeräumt werden sollte, ohne die Grundlagen der Planwirtschaft aufzugeben. Bei der Umsetzung des Reformkonzepts übernahm Halbritter die Leitung einer Steuerungsgruppe, der Arbeitsgruppe NÖS, in der alle wirtschaftsleitenden Institutionen vertreten waren und die Einheitlichkeit und innere Geschlossenheit der Reformschritte sichern sollte.
Halbritter prägte in dieser Phase neben Herbert Wolf (1925–2022) die Wirtschaftsreform am stärksten. Da hierbei den Preisen und ihrer Gestaltung eine zentrale Rolle zukam, regte Halbritter Ende 1964 an, ein zentrales Preisamt zu schaffen, was 1965 erfolgte und von ihm im Rang eines Ministers geleitet wurde; über die Grundsatzfragen hinaus war es langfristig für Preisbildung und -kontrolle zuständig. Auch in dieser Funktion blieb Halbritter ein entscheidender Reformer, der mit der neuen Phase der Reform unter dem Namen „Ökonomisches System des Sozialismus“ 1967 die Leitung der zentralen Steuerungsgruppe, der Arbeitsgruppe beim Präsidium des Ministerrats für die Gestaltung des ökonomischen System des Sozialismus erhielt. Damit Teil der Regierungsspitze, wurde er gleichzeitig Mitglied des ZK der SED und Kandidat in dessen Politbüro.
Trotz Abbruchs der Reformen 1971 blieb Halbritter als Leiter des Amts für Preise auf einer wirtschaftspolitisch einflussreichen Position, da unter dem neuen Ersten Sekretär des ZK der SED, Erich Honecker (1912–1994), der Entwicklung der Verbraucherpreise große Bedeutung zukam, musste aber als ehemaliger Reformbefürworter das SED-Politbüro verlassen. Er war in den 1970er und 1980er Jahren an verschiedenen Initiativen beteiligt, die Preispolitik auf wirtschaftlich angemessenere Grundlagen zu stellen und die ausufernden Subventionen der Verbraucherpreise zurückzufahren, was aber in letzter Instanz immer von Honecker blockiert wurde.
Der letzte SED-Ministerpräsident Hans Modrow (1928–2023) ernannte Halbritter im Dezember 1989 zum Beauftragten für die Vorbereitung der Gespräche am Zentralen Runden Tisch sowie als Verbindungsmann zum Amt für Nationale Sicherheit und zum Ministerium für Staatssicherheits-Auflösungskomitee. Diese Tätigkeit übte Halbritter bis Februar 1990 aus und ging danach in den Ruhestand.
1959 | Verdienstmedaille der DDR |
1963 | Banner der Arbeit (erneut 1969) |
1970 | Sowjetische Lenin-Ehrenmedaille |
1977 | Vaterländischer Verdienstorden in Gold (1987 Ehrenspange) |
1987 | Kampforden für Verdienste um Volk und Vaterland in Gold |
Nachlass:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, N 2659.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, SAPMO DY30/9 2954. (Kaderakte)
Der Haushaltplan 1954 der Stadt Dresden, ein Beispiel der Überlegenheit unserer Arbeiter- und Bauernmacht, in: Deutsche Finanzwirtschaft 8 (1954), S. 508 f.
Örtliche Staatsorgane und sozialistische Finanzpolitik. Eine Darstellung der Aufgaben und Arbeitsweise der örtlichen Staatsorgane bei der Aufstellung und Durchführung des Haushaltsplanes, 1959.
Hinweise und Empfehlungen zur Durchsetzung der Beschlüsse zur Verwirklichung des ökonomischen Systems des Sozialismus in den volkseigenen Kombinaten 1969/1970, in: Die Wirtschaft 51/52 (1969), Beilage 2.
Festansprache des Ministers und Leiters des Amtes für Preise beim Ministerrat der DDR, Genossen Walter Halbritter, anlässlich der feierlichen Immatrikulation des 5. Jahrganges des vierjährigen staatswissenschaftlichen Hochschulstudiums an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR am 21. September 1984, 1984.
Subventionen und Preise, in: Neues Deutschland, Nr. 281 v. 29.11.1989, S. 7. (zugangsbeschränkte Onlineressource)
Was geschah wirklich in und mit der Reform des „NÖS“ in der DDR und wohin zielte ihre objektive Tendenz?, in: Ansichten zur Geschichte der DDR, hg. v. Ludwig Elm/Dietmar Keller/Reinhard Mocek, 1996, S. 299–336.
Monografien:
André Steiner, Die DDR-Wirtschaftsreform der sechziger Jahre. Konflikt zwischen Effizienz und Machtkalkül, 1999.
Andreas Malycha, Die SED in der Ära Honecker. Machtstrukturen, Entscheidungsmechanismen und Konfliktfelder in der Staatspartei 1971 bis 1989, 2014.
Lexikonartikel:
Bernd-Rainer Barth/Helmut Müller-Enbergs, Art. „Halbritter, Walther“, in: Helmut Müller-Enbergs/Jan Wielgohs/Dieter Hoffmann/Andreas Herbst/Olaf W. Reimann (Hg.), Wer war wer in der DDR?, Bd. 1, 52010. (Onlineressource)
Fotografien, 1968–1990, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs. (Onlineressource)