Lebensdaten
1911 – 2001
Geburtsort
Krefeld (Rheinland)
Sterbeort
Basel
Beruf/Funktion
Journalistin ; Schriftstellerin ; Fotografin
Konfession
römisch-katholisch, seit 1931 konfessionslos
Normdaten
GND: 126634734 | OGND | VIAF: 32330287
Namensvarianten
  • Dietschy-Hillers, Marta
  • Anonyma
  • Hillers, Marta
  • mehr

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Zitierweise

Hillers, Marta, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd126634734.html [19.04.2024].

CC0

  • Die Journalistin, Schriftstellerin, Zeichnerin und Fotografin Marta Hillers stellte sich nach anfänglicher Begeisterung für den Kommunismus seit 1934 in den Dienst der NS-Propaganda. Weltberühmt wurde sie mit dem Tagebuch „Eine Frau in Berlin. Tagebuch-Aufzeichnungen vom 20. April bis 22. Juni 1945“, das erstmals 1954 auf Englisch und später in über 30 weiteren Sprachen unter dem Pseudonym „Anonyma“ erschien. In Deutschland avancierte die 2003 neu aufgelegte Ausgabe zum Bestseller.

    Lebensdaten

    Geboren am 26. Mai 1911 in Krefeld (Rheinland)
    Gestorben am 16. Juni 2001 in Basel
    Grabstätte Friedhof Hörnli in Basel
    Konfession römisch-katholisch, seit 1931 konfessionslos
    Marta Hillers, IfZ-Archiv (InC)
    Marta Hillers, IfZ-Archiv (InC)
  • Lebenslauf

    26. Mai 1911 - Krefeld (Rheinland)

    - 1923 - Krefeld

    Schulbesuch

    Volksschule

    1925 - 1930 - Krefeld

    Schulbesuch (ohne Abschluss, 1930 nach eigenen Angaben Verweis wegen kommunistischer und antireligiöser Aktivitäten)

    Städtisches Lyzeum (Realgymnasium)

    20.9.1930 - Krefeld

    Eintritt

    KPD (Ortsgruppe Benrath)

    1930 - 1931 - Krefeld; Düsseldorf; Benrath

    Agitations- und Frauenarbeit für die KPD; Parteifunktionärin; kaufmännische Angestellte

    deutsch- und russischsprachige KPD-Zeitungen; Derop

    1931 - 1933 - Moskau

    Redaktionssekretärin

    Staatliche Bildagentur Sojusfoto

    1933 - 1934 - Paris

    Studium der Geschichte und Kunstgeschichte

    Sorbonne

    1934 - 1945 - Berlin

    Journalistin

    u. a. Freude und Arbeit (Zeitschrift); Deutsche Arbeitsfront; Hilf-Mit-Werk

    1945 - 1949 - Berlin

    Journalistin

    Minerva-Verlag

    1949 - 1955 - Berlin

    Journalistin

    Universum Verlag

    1955 - Basel

    Übersiedlung

    1955 - 2001 - Basel

    freie Journalistin

    u. a. Basler Woche; Nebelspalter; Die Tat; Wir Brückenbauer; Basler Nachrichten; Basellandschaftliche Zeitung

    16. Juni 2001 - Basel
  • Genealogie

    Vater Johannes Hillers 1884–1916 Weber
    Großvater väterlicherseits Johann Hillers
    Mutter Hendrina Petronella Hillers, geb. Daniels 1884–1941
    Großvater mütterlicherseits Gerardus Daniels
    Großmutter mütterlicherseits Petronella Daniels, geb. Billion
    Schwester Erna Hillers
    Bruder Hans Hillers
    Heirat 1955 in Basel
    Ehemann Karl Albert Dietschy 4.12.1897–21.3.1970 aus alteingesessener Familie in Basel; Architekt und Goldschmied; 1930–1970 Geschäftsführer der U. Sauter AG; in 1. Ehe verh. mit Lili Dietschy (gest. 1952)
    Schwiegervater Wilhelm Rudi Dietschy 17.6.1863–1.2.1947 aus Basel; Bandfabrikant in Basel; Schweizer Oberst
    Schwiegermutter Caroline Dietschy, geb. Fürstenberger 14.1.1870–27.10.1935
    Kinder keine
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Hillers, Marta (1911 – 2001)

    • Vater

      Johannes Hillers

      1884–1916

      Weber

      • Großvater väterlicherseits

        Johann Hillers

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Hendrina Petronella Hillers

      1884–1941

      • Großvater mütterlicherseits

        Gerardus Daniels

      • Großmutter mütterlicherseits

        Petronella Daniels

    • Schwester

      Erna Hillers

    • Bruder

      Hans Hillers

    • Heirat

      in

      Basel

      • Ehemann

        Karl Albert Dietschy

        4.12.1897–21.3.1970

        aus alteingesessener Familie in Basel; Architekt und Goldschmied; 1930–1970 Geschäftsführer der U. Sauter AG; in 1. Ehe verh. mit Lili Dietschy (gest. 1952)

  • Biografie

    alternativer text
    Marta Hillers, IfZ-Archiv (InC)

    Geboren in eine katholische Familie im rheinländischen Krefeld, emanzipierte sich Hillers früh von ihrem Elternhaus und begeisterte sich für die Ideen der jungen Sowjetunion. Sie besuchte seit 1925 das Städtische Lyzeum, von dem sie 1930 verwiesen wurde, nachdem sie laut eigenen Angaben antireligiöse und kommunistische Propaganda betrieben hatte. Am 20. September 1930 trat Hillers der KPD bei und wirkte in der Agitpropleitung der Straßenzelle und des Unterbezirks Krefeld mit. 1930/31 für die deutsche und sowjetische Parteipresse sowie kurz für die Deutsche Vertriebsgesellschaft für Russische Ölprodukte in Düsseldorf tätig, ging Hillers Ende 1931 als Redaktionssekretärin zur staatlichen Bildagentur Sojusfoto nach Moskau, wo sie die Mitgliedschaft in der KPdSU beantragte.

    Hillers Begeisterung für die Sowjetunion hielt nicht lange an. Im Mai 1933 siedelte sie nach Paris über und begann ein Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Sorbonne. 1934 ging sie zurück nach Berlin und arbeitete als freie Journalistin v. a. für Periodika wie „Die Gartenlaube“, die „Berliner Morgenpost“, die „Berliner Hausfrau“, die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ und den „Berliner Lokal-Anzeiger“. Als alleinstehende Frau vertrat sie in ihren Artikeln oft emanzipatorische Standpunkte, indem sie u. a. über Frauenthemen und über die Rollen von Mädchen in der Geschichte schrieb. 1940/41 war Hillers als Bürokraft im Verlag der Deutschen Arbeitsfront und seit dem 1. April 1941 als Schriftleiterin in der nationalsozialistischen Schülerzeitung „Hilf mit!“ des NS-Lehrerbundes tätig. Sie trug u. a. mit Wettbewerbsaktionen für Heereswaffen und die Marine zur „wehrgeistigen Erziehung“ der Jugend bei und schrieb Artikel für die Reichszeitung des NS-Lehrerbunds „Der deutsche Erzieher“.

    Zu Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte Hillers die Eroberung Berlins durch Soldaten der Roten Armee. Ihre Erlebnisse notierte sie in einem sehr persönlichen Tagebuch, das den kurzen Zeitraum zwischen dem 20. April und dem 22. Juni 1945 umfasst. Facettenreich und pointiert kommentierte Hillers den Berliner Kriegsalltag am Ende der NS-Diktatur, die Auflösung des „Dritten Reichs“, den ständigen Hunger, die Bombardierungen durch die Alliierten, den Einmarsch der Roten Armee, die Vergewaltigungen deutscher Frauen sowie den beginnenden Wiederaufbau. Die Aufzeichnungen dienten ihr nach dem Krieg als Grundlage für eine literarisierte Publikation, die sie unter dem Pseudonym „Anonyma“ weltberühmt machte. Die erste Ausgabe des Tagebuchs erschien 1954 in den USA unter dem Titel „A Woman in Berlin“. Bald folgten Übersetzungen in zwölf weitere Sprachen. In Westdeutschland erschien das Buch erstmals 1959, fand jedoch kaum Zuspruch. Hillers lebte zu diesem Zeitpunkt bereits in Basel, wo sie bis zu ihrem Lebensende journalistisch tätig blieb. Neben Alltagsanekdoten für die Baseler Zeitungen schrieb sie Hörspiele und Drehbücher.

    2003 initiierte Hans Magnus Enzensberger (geb. 1929) eine Neuausgabe von Hillers Tagebuch in der „Anderen Bibliothek“ des Eichborn Verlags und sorgte so für dessen Wiederentdeckung. In Deutschland avancierte es zum Bestseller und wurde 2008 von dem Regisseur Max Färberböck (geb. 1950) mit Nina Hoss (geb. 1975) unter dem Titel „Anonyma – Eine Frau in Berlin“ verfilmt. Färberböcks stellenweise sehr freie Interpretation rief viel Kritik seitens der Zuschauer und Filmkritiker hervor.

    Der Erfolg des Tagebuchs löste eine kontroverse Debatte über dessen historischen Wert, die Integrität der Autorin sowie über Opfer- und Täterrollen aus. Am 24. September 2003 enthüllte der Journalist Jens Bisky (geb. 1966) in der „Süddeutschen Zeitung“ die Identität „Anonymas“ und stellte den Wert des Tagebuchs als Zeitzeugendokument in Frage, indem er behauptete, es sei von dem Journalisten Kurt W. Marek (1915–1972) als Ghostwriter verfasst worden. Erst nach der Übernahme des privaten Nachlasses von Hillers durch das Münchner Institut für Zeitgeschichte 2016 konnte Hillers Autorenschaft bestätigt werden. Aus quellenkritischer Perspektive kann das publizierte Tagebuch zwar nur eingeschränkt als Zeitdokument aus den letzten Kriegstagen gelten, wohl aber als ein literarisiertes Zeugnis, verfasst von einer scharfsinnigen Beobachterin.

    Inzwischen liegt das Tagebuch in mindestens 30 Sprachen vor. Einen Sonderfall der Rezeption stellt Russland dar. Zwar erschien 2019 eine russische Übersetzung, nachdem zuvor jahrelang eine inoffizielle Übersetzung im Internet kursierte, doch löste bereits die Ankündigung des Buchs Kritik aus. Im November 2021 wurde der Inhalt des Tagebuchs nach einer Entscheidung eines Gerichts in Abakan (Republik Chakassien) für „extremistisch“ erklärt und auf die Liste der verbotenen Schriften gesetzt.

  • Auszeichnungen

  • Quellen

    Nachlass:

    Staatsarchiv Basel-Stadt, PA 1009a.

    Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ED 934. (privater Nachlass mit Originalen des Tagebuchs)

    Weitere Archivmaterialien:

    Russisches Staatsarchiv für sozial-politische Geschichte (RGASPI), Moskau, f. 495, op. 205, d. 352. (Personalakte)

    Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ED 995. (Nachlass Larissa Schnabel)

  • Werke

    A Woman in Berlin, 1954, dt. Erstausg. 1959 u. d. T. Eine Frau in Berlin. Tagebuchaufzeichnungen, Neuausg. 2003 u. d. T. Eine Frau in Berlin. Tagebuchaufzeichnungen vom 20. April bis 22. Juni 1945, Neuausg. 2015 mit einem Nachw. v. Felicitas von Lovenberg.

    Bibliografie:

    Clarissa Schnabel, Mehr als Anonyma. Marta Dietschy-Hillers und ihr Kreis, 2015, S. 181–215.

  • Literatur

    Jens Bisky, Wenn Jungen Weltgeschichte spielen, haben Mädchen stumme Rollen, in: Süddeutsche Zeitung v. 24.9.2003, S. 16.

    Júlia Garraio, Höhlenbewohner. Die Erfahrung des totalen Krieges im Tagebuch „Eine Frau in Berlin“, in: Ernest W. B. Hess-Lüttich/Nilüfer Kuruyazici/Seyda Ozil/Mahmut Karakuş (Hg.), Metropolen als Ort der Begegnung und Isolation. Interkulturelle Perspektiven auf den urbanen Raum als Sujet in Literatur und Film, 2011, S. 209–224.

    Clarissa Schnabel, Mehr als Anonyma. Marta Dietschy-Hillers und ihr Kreis, 2013, 2. korr. u. erw. Aufl. 2015. (P)

    Yuliya von Saal, „Anonyma – eine Frau in Berlin“. Deutsche Diskussionen und russische Reaktionen, in: Andreas Wirsching/Jürgen Zarusky/Alexander Tschubarjan/Viktor Ischtschenko (Hg.), Erinnerung an Diktatur und Krieg. Brennpunkte des kulturellen Gedächtnisses zwischen Russland und Deutschland nach 1945, 2015, S. 329–334.

    Yuliya von Saal, Anonyma: „Eine Frau in Berlin“. Geschichte eines Bestsellers, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 67 (2019), H. 3, S. 343–376.

    Yuliya von Saal, Notiz zu Anonymas Akten. Der Nachlass von Marta Hillers, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 68 (2020), H. 1, S. 155–159.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    zwei Fotografien, 1931/34, Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ED 934, Band 1.

  • Autor/in

    Yuliya von Saal (München)

  • Zitierweise

    Saal, Yuliya von, „Hillers, Marta“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/126634734.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA