Michaelis, Otto
- Lebensdaten
- 1826 – 1890
- Geburtsort
- Lübbecke (Westfalen)
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- Wirtschaftspolitiker ; Beamter ; Volkswirt
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 117016861 | OGND | VIAF: 69697301
- Namensvarianten
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- Michaelis, Otto
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Genealogie
V Christian Wilhelm Heinrich (* um 1790), Registratur in L., S d. Ernst Heinrich († v. 1822), Prediger in Schöneberg (Westpr.);
M Friderique Henriette (* 1804), T d. Carl Ludwig Neele, Bäcker in L., u. d. Catharine Wilhelmine Vogeler (1773–1839). -
Biographie
M. studierte Recht in Bonn und Berlin und trat 1847 als Auskultator in den preuß. Staatsdienst ein. Zwei Jahre später mußte er den Staatsdienst wegen seiner Beteiligung an der demokratischen Bewegung im Revolutionsjahr quittieren und wandte sich dem Journalismus zu. Seit 1851 redigierte er den volkswirtschaftlichen Teil der bürgerlich-liberalen Berliner „Nationalzeitung“. M. gehörte zwar nicht zu den Initiatoren des Volkswirtschaftlichen Kongresses, auf dem sich seit 1858 die Anhänger einer liberalen Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik in einem national geeinten Deutschland zusammenfanden, wohl aber war er vom ersten Kongreß an einer der beachteten Wortführer der informellen Freihandelspartei. Dabei vertrat er im Gegensatz zu seinem volkswirtschaftlichen Mentor J. Prince-Smith einen eher pragmatischen als prinzipiellen oder gar dogmatischen Wirtschaftsliberalismus. In der grundsätzlichen Sicht und Deutung ökonomischer Erscheinungen, Vorgänge und Probleme neigte er mehr zu einer historischethisch fundierten Nationalökonomie als zu einer rigorosen Freiwirtschaftstheorie im Sinne F. Bastiats. Deshalb gestand er dem Staat eine legitime Rolle als Ordnungsmacht in einer Volkswirtschaft auf liberaler Grundlage zu. 1861 wurde M. für die Fortschrittspartei ins preuß. Abgeordnetenhaus gewählt. Dort verfolgte er bis 1865 eine strikt oppositionelle Linie. Dann erwies er sich auch in politischen Grundsatzfragen als kompromißbereiter Pragmatiker. In der Erwartung, daß die kleindeutsche Einheit durch Zustimmung und gestaltende Mitwirkung der Liberalen zum Vehikel bürgerlicher Freiheit werden könnte, trat er nach dem preuß. Sieg über Österreich als erster Abgeordneter aus der Fraktion der Fortschrittspartei aus und empfahl den Liberalen nüchtern und ohne Emphase die Gewährung der Indemnität als Weg zum „patriotischen Kompromiß“ mit →Bismarck. Damit wurde er ohne eigentliche Absicht zu einem Initiator der Nationalliberalen Partei, für die er wenig später in den Reichstag des Norddeutschen Bundes einzog. Im Herbst 1867 berief ihn R. v. Delbrück als Vortragenden Rat für Handels- und Gewerbesachen ins neuformierte Bundeskanzleramt. In dieser Eigenschaft nahm er maßgeblichen Einfluß auf die wirtschafts- und sozialpolitische Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes, namentlich auf die Reichsgewerbeordnung, die in vieler Hinsicht als wirtschaftsordnungspolitische Grundlage des Kaiserreichs gelten kann. Im Zuge der „konservativen Neuordnung“ des Reiches wurde er infolge seines Beharrens auf liberalen Grundsätzen allmählich seiner wirtschaftspolitischen Kompetenzen entsetzt. Nach Delbrücks Ausscheiden aus dem Reichskanzleramt wurde er Direktor der Finanzabteilung und 1879 schließlich auf den einflußlosen Posten des Präsidenten der Verwaltung des Reichsinvalidenfonds abgeschoben, den er bis zu seinem Tode innehatte.
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Werke
Volkswirtsch. Schrr., 2 Bde., 1873;
Mithrsg.: Vj.schr. f. Volkswirtsch. (seit 1863). -
Literatur
O. Braun, O. M., in: Vj.schr. f. Volkswirtsch. 28, 1891;
A. Meyer, O. M., in: Die Nation, 13, 1890/91;
V. Hentschel, Die dt. Freihändler u. d. volkswirtsch. Kongreß 1858-1885, 1975;
B. Haunfelder u. K. E. Pollmann, Reichstag d. Norddt. Bundes 1867-1870, 1989, S. 225, 438 (P). -
Autor/in
Volker Hentschel -
Zitierweise
Hentschel, Volker, "Michaelis, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 436-437 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117016861.html#ndbcontent