Lebensdaten
1500 – 1558
Geburtsort
Gent
Sterbeort
San Jerónimo de Yuste (Spanien)
Beruf/Funktion
Kaiser
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118560093 | OGND | VIAF: 88598818
Namensvarianten
  • Karl I. (als König von Spanien)
  • Karl V.
  • Karl I. (als König von Spanien)
  • mehr

Quellen(nachweise)

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Zitierweise

Karl V., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560093.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Erzhzg. Philipp I. d. Schöne (1478–1506), Hzg. v. Burgund, Kg. v. Kastilien, S d. Kaisers Maximilian I. ( 1519) u. d. Maria v. Burgund ( 1482);
    M Johanna d. Wahnsinnige (1479–1555), T d. Kg. Ferdinand V. d. Katholische v. Aragon ( 1516) u. d. Isabella I. d. Katholischen v. Kastilien ( 1504);
    Tante-v Erzhzgn. Margarete (1480–1530), seit 1507 Statthalterin d. Niederlande;
    B Ferdinand I. ( 1564), Kaiser (s. NDB V);
    Schw Eleonore (1498–1558, 1] 1519 Kg. Emanuel I. v. Portugal, 1521, 2] 1530 Kg. Franz I. v. Frankreich, 1547), Isabella (1501–26, 1515 Kg. Christian II. v. Dänemark, 1559), Maria (1505–58, 1522 Kg. Ludwig II. v. Ungarn, 1526), Katharina (1507–78, 1525 Kg. Johann III. v. Portugal, 1557);
    - Sevilla 10.3.1526 Isabella (1503–39, Cousine), T d. Kg. Emanuel I. v. Portugal ( 1521) u. d. Maria ( 1517, T d. Kg. Ferdinand V. v. Aragon, 1516);
    1 S, 2 T Kg. Philipp II. v. Spanien (1527–98), Maria (1528–1603, 1548 Maximilian II., 1576, seit 1564 Kaiser), Johanna (1537–73, 1552 Infant Johann v. Portugal, 1554); außerehel. K Don Juan d'Austria (1547–78), Margarete (1522–86, 1] 1533 Alessandro de'Medici, 1537, Großhzg. v. Florenz, 2] 1538 Ottavio Farnese, 1586, Hzg. v. Parma).

  • Biographie

    Erforschung und Interpretation der Biographie K. sind durch eine Fülle von unterschiedlichen Fragestellungen bestimmt. Eine klare nationalstaatliche Zuordnung ist unmöglich. K. hat eine ganze Epoche der frühen neuzeitlichen Geschichte Europas nachhaltig geprägt. Vor allem in dieser Tatsache ist der Grund dafür zu sehen, daß trotz der großen Kontinuität der Historiographie K. heute zahlreiche Probleme unaufgearbeitet anstehen: verschiedene Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung K., seines Regierungs-, Behörden- und Propagandaapparates, der Religionspolitik, der Reichspolitik und der Familienpolitik, insbesondere das Verhältnis zu Ferdinand, um nur die wichtigsten zu nennen. Unbefriedigend geblieben ist die Durcharbeitung der finanz- und wirtschaftsgeschichtlichen Aspekte seiner Herrschaft. Das Verdienst der umfangreichen Forschungen von Brandi und Rassow lag vor allem in der Überwindung der konfessionellen Polemik des 19. Jahrhunderts. Die Aufarbeitung anderer Probleme wurde aber durch diese Interpretationen weniger gefördert. Brandis Darstellung bewirkte, daß die volle Härte des Konflikts zwischen K. und Frankreich, die zentrale Problematik der europäischen Politik des Kaisers, die für die mittleren Regierungsjahre schon Cardauns einsichtig gemacht hatte, im Sinne einer harmonisierenden dynastisch-europäischen Sichtweise überdeckt wurde. Erst Lutz hat versucht, die Irreversibilität des Hegemoniekampfes Habsburg und Valois seit dem Scheitern der Ausgleichsversuche von 1516 aufzuzeigen. Entgegen der Auffassung Rassows, der einen zentralistisch organisierten französischen Nationalstaat einem mittelalterlich strukturierten Imperium K. gegenüberstellte, betonte Lutz die Vergleichbarkeit der strukturellen Voraussetzungen und die Ähnlichkeit der hegemonialen Zielsetzungen. Für Frankreich konnte die Erringung der Kaiserwürde die rechtliche Sicherung der italienischen Ansprüche (mit den Mitteln der „iura imperialia“), die Bereinigung der burgundischen Frage und die europäische Hegemonie bedeuten. Die Entscheidung zugunsten Habsburgs in der Kaiserwahl von 1519 zog einen Dauerkonflikt mit Frankreich nach sich. Nun war „Frankreich langfristig in die Rolle des Verteidigers der ‚Unterdrückten' und der von K. Monarchie bedrohten Freiheit der Christenheit gedrängt“ (Lutz).

    Bis heute umstritten ist die Beurteilung der Staatsauffassung und Reichsidee K. Brandi sah in ihm hauptsächlich den Vertreter einer dynastisch gebundenen und insofern statischen Konzeption. Der Grundgedanke seines Lebens sei „die Einheit eines rechtgläubigen|kaiserlichen Weltreiches in den Händen der burgundischen Dynastie“ gewesen. Aufbauend auf dem Familienrecht, der „denkbar friedlichsten Grundlage“, seien die konstitutiven Elemente die dynastische Idee und die Glaubenseinheit. Brandis starke Betonung der burgundischen Tradition („altburgundische Grundhaltung“ K.) bedingte unter anderem eine Überschätzung der dynastischen Idee als Mittel europäisch-universalistischer Politik, insbesondere zur Lösung des Konflikts mit Frankreich. Die Friedensschlüsse von Madrid bis Crépy hingegen zeigen deutlich deren Versagen.

    Im Gegensatz zu Brandi betonte Rassow stärker die Kaiser- und Reichsidee und stellte die Frage nach der Sinngebung der dynastischen Macht durch die Kaiseridee. Die ideelle Klammerfunktion des Kaisertums für die Einheit von K. heterogenem Herrschaftsgebiet ist auch vor und nach Rassow öfter betont worden. Ein starkes, aber durchaus variables Spannungsverhältnis zwischen dynastischer Idee und Kaiseridee läßt sich zweifellos konstatieren. Dabei beachtet die Forschung neuerdings, daß auf starke Interdependenzen zwischen Kaiserwürde und dynastischer Politik in den 1520er Jahren Phasen der Auflockerung folgen.

    Die Interpretationen der Kaiseridee K. sind stets mit der Frage nach ihren mittelalterlichen Grundlagen verbunden. Dabei hat sich die Forschung der letzten Jahrzehnte in besonderer Weise mit der Tatsache auseinandergesetzt, daß im entscheidenden ersten Jahrzehnt des Kaisertums K. ein außerordentlich starker Einfluß von seiten des Großkanzlers Mercurino Gattinara festzustellen ist. Das Programm Gattinaras, aufgrund seiner Autobiographie gut faßbar, ist verschieden beurteilt worden. Zuletzt hat Lutz die Konzeption des Piemonteser Juristen, die auf römisches Rechtsdenken, ghibellinischer Tradition und den Erfahrungen der labilen politischen Kleinwelt Italiens basiert, als ein rationales Einheitsprogramm von neuartiger Tragweite, das dem spätmittelalterlichen Pluralismus entgegengesetzt war, charakterisiert. Die Prämisse Gattinaras, Italien zu befrieden und dort das Zentrum der kaiserlichen Herrschaft zu errichten – „l'Italie est le principal fondement de tout le fruict que pourrez cueillir de cest Empire“ – mußte Krieg gegen Frankreich bedeuten. Die französische Monarchie wurde zum größten Hindernis auf dem Weg zum Dominium mundi; dies wollte Gattinaras antifeudaler Rationalismus mit der Zerstörung der staatlichen Existenz Frankreichs radikal beseitigen. Diesem hegemonialen Einheitsprogramm standen ebenso die bereits entwickelte Staatlichkeit in anderen Teilen Europas wie die innere ständische Verfassung der einzelnen Länder des kaiserlichen Machtbereiches entgegen. Andererseits wies auch Gattinaras Empfehlung, die kaiserliche Herrschaft in Italien lediglich auf indirekte Weise auszuüben, erhebliche Schwächen auf: die zentrale Frage kaiserlicher Machtentfaltung war dadurch kompliziert, daß die Vielfalt der politisch-dynastischen Faktoren überaus schwer kalkulierbar war.

    Die Frage nach der Bedeutung von Gattinaras Konzeption hängt aufs engste zusammen mit der Einschätzung der strukturellen Voraussetzungen und Möglichkeiten sowie der Spannungsverhältnisse, die in K. Umgebung zwischen dynastischer Tradition und neuem Einheitsprogramm bestanden. Die Forschung stellte mit Recht fest, daß der junge Monarch nicht bedingungslos folgte, sondern sich im Sinne der monarchischen Solidarität gegen die Errichtung eines französischen Satellitenstaates unter Bourbon entschied. Dies kommt zum Ausdruck in einer projektierten dynastischen Lösung, nämlich in der Ehe der älteren Schwester K. mit Franz I. Der Weg des Kompromisses zwischen Dominium mundi und christlicher Solidarität der Monarchen war eingeschlagen; er führte in den 1530er Jahren zum System der freien Partnerschaft mit Frankreich. K. ist an diesem System gescheitert; es konnte den irreversiblen Hegemoniekampf zwischen Habsburg und Valois nicht beenden.

    Seit Rassow und Brandi hat sich die Forschung bemüht, die eigenen politischen Überzeugungen des Kaisers im allgemeinen und die Ziele seiner Kaiserpolitik im besonderen herauszuarbeiten. Die dominierende Stellung eines Chièvres oder Gattinara in der politischen Willensbildung K. – Brandi spricht sogar von „politischer Erziehung“ des Kaisers durch Gattinara – hat die spezifische Frage nach dem Emanzipationsprozeß des Monarchen von seinem Kanzler und seinen Ratgebern aufgeworfen. Gewiß zeigen die von Brandi hervorgehobenen eigenhändigen Aufzeichnungen K. vom Winter 1524/25 eine große Affinität zu Denkschriften Gattinaras. Doch ist die Entwicklung nach dem Tode Gattinaras (1530) von der Forschung noch zu wenig untersucht, als daß in der Frage der Eigenständigkeit und der Rolle der Berater eine abschließende Beurteilung möglich ist.

    Die spanische Forschung hat seit Menéndez-Pidal immer wieder die Wichtigkeit der spanischen Komponente im Rahmen der Kaiseridee und der Biographie K. betont. Zweifellos hat der Kaiser Traditionen kastilischer und aragonesischer Politik (Italien- und Mittelmeerpolitik, Kreuzzugsmentalität) fortgesetzt. Aber in der Umgebung des Kaisers übten Männer wie Pedro Ruiz de la Mota, Alfonso de Valdés und Antonio de Guevara wohl einen eher geringen ideellen Einfluß aus. Auch für K. Persönlichkeit hat die Einwurzelung in die spanische Wertwelt seit den 20er Jahren, auch im Zusammenhang mit seiner Heirat mit einer portugiesischen Prinzessin (1526), viel bedeutet. Die Wirtschafts- und Finanzkraft der spanischen Königreiche gab dem Kaiser den erforderlichen Rückhalt für seine europäische Politik. Für die Spätzeit dürfte eher ein Zurücktreten einer spanisch gefärbten „Idea imperial“ gegenüber den mitteleuropäischen Aspekten in Rechnung zu setzen sein.

    Alle Fragen zur Persönlichkeit K. sind durch das methodische Problem gekennzeichnet, über die Selbstdarstellung der „Institution“ zur Person vordringen zu müssen. So ist die Religiosität des Kaisers kaum anders faßbar als über dessen Einstellung zu Kirchenreform, Papsttum und Protestantismus. Aber ist etwa die Einstellung zur Kirchenreform aus dem Bewußtsein höherer Berufung (Brandi), oder kraft kaiserlichen Amtes als Vogt der Kirche (Ludolphy), oder aus einer außerinstitutionellen Grundeinstellung, von der religiösen Erziehung des Adrian von Utrecht her ableitbar? Bis heute sind die Nachwirkungen der älteren Literatur zu spüren, die im Banne eines Persönlichkeitsideals des 19. Jahrhunderts die konkreten Bedingungen des frühneuzeitlichen Fürstentums zu wenig berücksichtigte. Demgegenüber sollte die Persönlichkeitsentwicklung nicht nur unter dem Aspekt der politischen Erziehung, sondern im weiteren Rahmen politischer und soziokultureller Konstellationen gesehen werden.

    Kindheit und Jugend verliefen in den Bahnen der burgundischen Kultur. K. wuchs elternlos mit seinen Schwestern Eleonore und Isabella am Hofe seiner Tante Margarete in Mecheln auf. Seinen Vater hat er kaum gekannt, seine geisteskranke Mutter hat er erst später in Spanien gesehen. Genauer bestimmen zu wollen, welche Bedeutung der seit 1504 verwitweten Erzherzogin Margarete in der Erziehung K. zukommt, ist schwierig. Besser faßbar ist die religiöse Erziehung durch Adrian von Utrecht im Geiste des praktischen Frömmigkeitsideals der „Devotio moderna“. Die Einführung in das höfische Leben und in die Politik erfolgte durch Wilhelm von Croy, Herrn von Chièvres, den ersten Kämmerer K. Er war ein Exponent des vorwiegend profranzösisch eingestellten burgundischen Hochadels, dem eine proenglische Richtung um die Erzherzogin gegenüberstand. Chièvres hat den jugendlichen K. am nachhaltigsten geprägt.

    Sehr früh spielte die Person K. in den Kombinationen der dynastischen Erbfälle eine große Rolle. Der Tod von Isabella, Juanas älterer Schwester, und deren Sohn, vor allem aber der frühe Tod seines Vaters (1506) eröffneten K. neben seiner Mutter die Erbberechtigung in Kastilien, seit 1516 auch in Aragon und im weiteren in den von Kaiser Maximilian regierten Erblanden. 1515 wurde K. auf Drängen des burgundischen Hochadels für großjährig und regierungsfähig erklärt. Als Herzog von Burgund unterstand ihm fortan ein Territorialkomplex, der keine staatliche Einheit darstellte; der größere Teil gehörte zum Reich, Flandern und Artois standen unter französischer Lehensherrschaft. Mit dem Tod Ferdinands des Katholischen (1516) wurde die Nachfolge K. in Kastilien und Aragon aktuell. Die Regierungsunfähigkeit seiner Mutter erforderte seine persönliche Anwesenheit in Spanien, damit er von den Cortes als König anerkannt werden konnte. Die Verhandlungen mit den Cortes seit seiner Ankunft in Spanien (Herbst 1517) zogen sich in die Länge. Die Stände von Kastilien huldigten ihm am 5.2.1518 in Valladolid, die Stände von Aragon am 16.4.1519 in Barcelona.

    Als K. 1518 in den Wahlkampf um die Kaiserwürde gegen Franz I. eintrat, gelang der habsburgischen Propaganda das Eingehen auf die Erwartungen der Reichsstände und der deutschen Öffentlichkeit besser als Franz I. Die Linie, K. zwar als „deutschen“ Kandidaten, aber in geschickter Distanz zur Politik des Hauses Habsburg, verkörpert durch Maximilian I., zu profilieren, wurde gefunden. Entscheidend war aber die Tatsache, daß die Fuggersche Großbank bereit war, im Falle der Wahl K. die Finanzierung der kurfürstlichen Wahlforderungen sicherzustellen.

    Die verfassungsgeschichtliche Bedeutung der Wahlkapitulation von 1519 kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die verfassungspolitischen Vorstellungen K. und seiner Berater weit entfernt waren von den darin gemachten Zusagen. Die Annahme, daß er „die Auflagen seiner Wahlverschreibung getreu zu erfüllen dachte“ (Engel), läßt sich nicht halten. Die 1519 in Frankfurt zwischen den Kurfürsten und habsburgischen Räten ausgehandelten Bestimmungen faßte er vielmehr als notwendige Etappe auf dem Weg zur Wahl auf. Die Entscheidungen über die ständischen Ziele in der Kompetenzverteilung|(betreffend Reichsregierung und Außenpolitik) waren auf eine persönliche Konfrontation verschoben. Spätestens auf dem Wormser Reichstag 1521 muß den Reichsständen klar geworden sein, daß K. eine monarchische, antiständische Konzeption vertrat, die mit dem reichsständischen Föderalismus kaum in Einklang zu bringen war. So verwundert es auch nicht, daß K. in der politischen Praxis sehr oft Einzelbestimmungen der Wahlkapitulation verletzt hat.

    Natürlich waren die politisch-sozialen Strukturen der spanischen Königreiche nicht vergleichbar mit denen des Reiches, doch die Konfliktsituation, die sich 1519/20 in Spanien ankündigte und während der Abwesenheit K. zum Ausbruch kam, ist in mancher Hinsicht ähnlich, in manchen Einzelzügen verschieden. Die Aufstandsbewegung der Comuneros, die vom Bürgertum der kastilischen Städte – voran Toledo – getragen und von Teilen der Geistlichkeit und des Adels unterstützt wurde, verweigerte der Regentschaft Adrians von Utrecht den Gehorsam. Sie verfolgte eine Neuordnung von Regierung und Verwaltung, die auf eine weitgehende Beschränkung der monarchischen Gewalt durch die Cortes hinauslief. Die Bewegung der Comuneros fand jedoch außerhalb Kastiliens kaum Unterstützung. Mit der sozialrevolutionären Bewegung der Germanía in den Städten des Königreiches Valencia gelang keine zielführende Koordinierung. Die antifeudalen Tendenzen der Comuneros führten den Großteil des Adels an die Seite K. Dadurch gelang der entscheidende Sieg gegen die Aufständischen unter Juan de Padilla bei Villalar (23.4.1521). Mit dem Zusammenbruch der Aufstandsbewegungen fiel die Vorentscheidung für die politisch-militärische Verfassung Spaniens und dessen künftige Rolle als wichtigste Machtbasis der kaiserlichen Politik.

    Im Mai/Juni 1520 kehrte K. in die Niederlande zurück, am 23.10.1520 erfolgte seine Krönung in Aachen. Er stand fortan vor dem Problem der zentralen Regierung und Verwaltung seines heterogenen und weitläufigen Herrschaftskomplexes. Eine familienrechtliche Verklammerung hat K. stets betrieben. Er nahm seine Position als Chef des Hauses Habsburg voll in Anspruch und setzte seine Geschwister, Tante, Gattin, seinen Sohn und seine illegitime Tochter Margarete für Regierungs- und Verwaltungsaufgaben im Reich, in den Niederlanden und den spanischen Königreichen ein. Im Reich behielt er sich eine Art von familienrechtlichem „Obereigentum“ an den Ferdinand 1521 und 1522 übergebenen deutschen Erblanden vor. Zur Errichtung „eigentlicher institutioneller Gesamtreichsbehörden kam es nicht“ (Walser-Wohlfeil). Statt dessen förderte K. den Ausbau der bestehenden Landesverfassungen in den spanischen Königreichen und in den Niederlanden. Der Aufbau eines gesamtheitlichen Staatsrats blieb in den Anfängen stecken. Die Machtfülle eines Chièvres und Gattinara haben die späteren leitenden „Minister“ Granvella der Ältere und Granvella der Jüngere (Arras) nicht mehr erreicht. Seit 1530 löste ein Dualismus der Regierungs- und Verwaltungsspitzen den anfangs intendierten Unitarismus ab. Einerseits nahm das spanische Staatssekretariat, an dessen Spitze Francisco de los Cobos stand, die spanischen Angelegenheiten (mit Italien und Übersee) wahr, andererseits existierte das „burgundische“ Staatssekretariat, dem Granvella vorstand, und das dem Reichsvizekanzler faktisch übergeordnet war. In der Spätzeit versuchte K. das Problem der Zentralregierung immer mehr in einer Kabinettspolitik zu lösen, die jedoch eine Verschleppung der Entscheidungen bewirkte. Die unter Philipp II. durchgeführte Organisation getrennter oberster Verwaltungsbehörden (Indienrat, Rat für Italien) ist bei K. erst vorbereitet und nicht systematisch durchgeführt worden.

    Fragen der Reichsverfassung und Luthers Reformation standen im Mittelpunkt des Wormser Reichstages (27.1.-26.5.1521), mit dessen Vorbereitung die kaiserliche Regierung im November 1520 in Köln begonnen hatte. Der Kaiser hat in Worms die politisch-rechtlichen Prärogativen seines Amtes voll in Anspruch genommen und für seine politischen Ziele eingesetzt. In der Frühzeit seines Kaisertums, zumal in Worms, ist der Anteil K. an den Entscheidungen schwer faßbar. Im Gegensatz zu den mittleren und späten Regierungsjahren ist die Rolle seiner Ratgeber – Chièvres, Glapion, Gattinara – hoch einzuschätzen. Dennoch sind bestimmte Züge seines Verhaltens gegenüber der Verfassungsfrage und der Reformation schon hier festzustellen.

    Die Verfassungsfrage umfaßte die Materien des Reichsregiments, des Reichskammergerichts und des Landfriedens. Das Ringen um die Regierungsgewalt zwischen Reichsoberhaupt und Reichsständen war unter der Regierung Maximilians nicht klar entschieden worden. Die Reichsstände verfolgten nun aufs neue eine Lösung in ihrem Sinn, das heißt eine permanente, institutionell abgesicherte Mitregierung. Die Einsetzung eines Reichsregiments, eine Forderung der Wahlkapitulation, war auch dem Monarchen willkommen, weil von Anfang an seine bevorstehende Abwesenheit vom Reich einkalkuliert worden war. Aber für K. reduzierte sich die Frage eines Regiments auf die Reichsregierung „absente imperatore“. Der Standpunkt des Reichsoberhaupts, daß es nur einen Herrn im Reich geben sollte, war klar und wurde in der Regimentsordnung (26.5.1521) weitgehend durchgesetzt. Mit der Einsetzung Erzherzog Ferdinands als kaiserlicher Statthalter, der das Reichsregiment leiten sollte, schienen die Ingerenzmöglichkeiten K. weitgehend gesichert. Für die verfassungspolitische Zukunft des Reiches blieb jedoch das Faktum bestehen, daß 1521 nur ein unfester Kompromiß erzielt wurde, der eine Lösung zugunsten der monarchischen oder der ständisch-föderativen Ordnung nur vertagte.

    In der Behandlung der Lutherfrage hatte sich der Kaiserhof schon in den Vorverhandlungen mit Kursachsen nicht eindeutig festgelegt. Zeitweilig erwog man, im erasmianischen Sinne die Lutherfrage durch ein Schiedsgerichtsverfahren beizulegen. Auch nach dem kurialen Verlangen eines scharfen Vorgehens gegen Luther (seit 20.12.1520) legte sich die kaiserliche Regierung nicht eindeutig auf ein Widerrufsverhör fest, sondern ließ Alternativen im Zusammenwirken mit Kursachsen offen. Nicht zuletzt ist die Lutherfrage vom Kaiserhof als Druckmittel in der Annäherung an Leo X. eingesetzt worden.

    Die Haltung der Reichsstände in der Lutherfrage war unklar. Der mangelnde Konsens in Fragen eines Schiedsgerichts oder Widerrufverhörs führte in der Konfrontation mit der kaiserlichen Regierung zu widersprüchlichen Formulierungen. Man weiß sehr wenig darüber, wie K. vor dem Wormser Reichstag zu Luther und der Reformationsbewegung gestanden ist. Äußerungen Glapions weisen auf eine differenzierte Einstellung K. zu Luthers Schriften hin. Dem steht das obrigkeitliche Vorgehen K. gegen alle Schriften des Reformators in außerdeutschen Herrschaftsgebieten (Niederlande, Kastilien) entgegen. Das Verhältnis zum Papsttum erscheint hier wie später vielschichtig und ist keineswegs im Sinne einer nachtridentinischen Loyaltät zur erneuerten Papstkirche interpretierbar. Sehr stark war dabei die politische Komponente. Darüber hinaus sind im Zuge der späteren Erfahrungen Symptome einer prinzipiellen Kritik am Verhalten der Päpste wie überhaupt im kirchlichen Bereich faßbar.

    Die offizielle Stellungnahme K. vor den Reichsständen gegen Luther (19.4.1521) als „gleichwertige“ Antwort auf Luthers Erklärung vom Vortag einordnen zu wollen, trifft nicht den Kern des Problems. Wohl deshalb nicht, weil sich die Frage nach dem persönlichen Glaubensbekenntnis bei K. ungleich komplizierter stellt als bei Luther. Auch der Umstand, daß diese Erklärung als eigenhändiges Aktenstück überliefert ist, ändert daran nichts. Vielmehr ist beachtenswert, daß der Kaiser als „Institution“ spricht und seiner kirchlichen Stellungnahme ein fixer Punkt in seinem politischen Gesamtsystem einzuräumen ist. Die Rücksichtnahme auf die politische Annäherung an Leo X. und auf den englischen und französischen Hof in der Situation der beginnenden Auseinandersetzung mit Frankreich ist evident. Bedenkt man darüber hinaus die verbale Selbstverpflichtung K. – Einsatz aller zur Verfügung stehender Machtmittel gegen Luther und seine Anhänger – ferner den Inhalt des Wormser Edikts (8./26.5.), so ergibt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen den kaiserlichen Erklärungen und deren praktischer Durchsetzung. In den folgenden Jahren setzte K. seine Machtmittel gegen Frankreich ein, das Wormser Edikt blieb weitgehend unausgeführt; gegenüber Kursachsen hat er es durch geheime Schutzerklärungen selbst durchlöchert.

    K. hat 1521 keinen wirklichen Zugang zum Reich gefunden. Er schied wieder, ohne die verfassungsrechtlichen Probleme und die Causa Lutheri auf die Bahn einer Lösung gebracht zu haben. Vielleicht konnte man die theologischen Aspekte der Lutherfrage richtig einschätzen; aber die institutionellen und politischen Folgerungen konnten noch nicht abgesehen werden. K. hat damals und später, infolge seiner fehlenden Erfahrungen mit der politisch-kirchlichen Kleinwelt im Reich, das Schwergewicht der durch die Reformation in Gang gekommenen institutionellen und politischen Veränderungen unterschätzt. So neigte er fortgesetzt dazu, auf der Ebene der politisch-militärischen Macht eine Revision schon irreversibler Entwicklungen für möglich zu halten.

    Der Ausgang des Wormser Reichstages stand im Zeichen des ausbrechenden Krieges zwischen K. und Frankreich. Als seine Nachfolge in Spanien und Neapel-Sizilien feststand, hatte das Verhältnis zu Frankreich im Vertrag zu Noyon (1516) friedlich geregelt werden können. Durch den Wahlkampf von 1518 verschlechterten sich die Beziehungen rasch und unaufhaltsam und nahmen zeitweilig die Züge einer persönlichen Rivalität an. Im Frühjahr 1521 leiteten lokale, von französischen Parteigängern eröffnete Grenzkriege in Navarra und an der niederländisch-französischen Grenze den jahrzehntelangen Konflikt zwischen Habsburg und Valois ein.

    Von großer Bedeutung für eine endgültige Weichenstellung zugunsten des Krieges gegen Frankreich war das Einschwenken Leos X. auf die kaiserliche Seite durch den Abschluß eines Offensivbündnisses (8./28.5.1521), das K. die Kaiserkrönung und vor allem die Investitur in Neapel sicherte. Damit waren zur Inanspruchnahme der „iura imperialia“ in Ober- und Mittelitalien die strategisch-militärischen Voraussetzungen gegeben. Ferner war durch den Tod Chièvres' (28.5.) Gattinara zur treibenden Kraft in der kaiserlichen Regierung geworden. Er riet K. im Sommer 1521 zum Krieg in Italien; ein Einfall in Frankreich sollte nach der Absprache mit England, die den Endpunkt der vordergründigen Vermittlungspolitik Kardinal Wolseys in Calais (Aug./Nov. 1521) bildete, erst im Mai 1523 mit Unterstützung Heinrichs VIII. erfolgen. In finanzieller Hinsicht war K. für den bevorstehenden Krieg schlecht gerüstet; an der Jahreswende 1524/25 waren die finanziellen Reserven erschöpft.

    Die Eroberung Mailands (November 1521) eröffnet eine Reihe kaiserlicher Erfolge, die bis zum Sieg bei La Bicocca (24.7.1522) anhielten, Mailand sicherten und den Gewinn von Genua – ausgenommen die Flotte Andrea Dorias – einbrachten. K. befolgte Gattinaras Programm der indirekten Herrschaft in Italien, als er Mailand der dort angestammten Dynastie der Sforza zurückgab. Erst der fehlgeschlagene Feldzug in Nordfrankreich ermöglichte den französischen Truppen die Rückgewinnung Mailands (Herbst 1523). Auch der kaiserlich-venezianische Vertrag (29.7.1523), ergänzt durch die Defensivliga mit dem entgegen K. Erwartungen sehr zurückhaltenden Hadrian VI. (3.8.1523), hatte daran nichts ändern können. Im Hinblick auf Frankreich beschränkte sich der Plan K. nicht auf den Angriff von außen; er gewann auch den Connétable de Bourbon, den ersten Würdenträger Frankreichs, der mit Franz I. in eine privatrechtliche Auseinandersetzung verwickelt war, für seine Sache. Doch mißlang die zwischen K. und Bourbon verabredete Aufstandsbewegung. Bourbon, der nach Italien hatte fliehen können, sollte im folgenden Jahr an der Spitze eines kaiserlichen Heeres in die Provence einmarschieren und in Aix sich zum Grafen der Provence ausrufen lassen. Die Zusage einer dynastischen Verbindung – die Verheiratung Bourbons mit Eleonore, der Schwester K. – in dem Vertrag zwischen dem Kaiser und dem Connétable (4.8.1523) verfolgt die Absicht, „in Südfrankreich aus den Trümmern der französischen Monarchie ein Satellitenkönigtum“ zu errichten, „das die Landverbindung zwischen Italien und Spanien hergestellt hätte“ (Lutz). Aber der Feldzug in der Provence scheiterte vor Marseille; Ende September mußten sich die kaiserlichen Truppen unter Rückzugsgefechten nach Oberitalien durchschlagen. Nach einem raschen Vorstoß in die Lombardei zog Franz Ende Oktober in Mailand ein. Die erschöpften kaiserlichen Truppen unter General Leyva zogen sich in die Festung Pavia zurück und hielten hier den französischen Angriffen im folgenden Winter stand.

    Die politisch-militärische Lage wurde weiter erschwert durch die offene Schwenkung des neuen Papstes Clemens VII. auf die Seite von Franz I. und Venedig (Dezember 1524). Die Bindung der italienischen Mittel- und Kleinstaaten an den Kaiser war ernsthaft in Frage gestellt. Mit dem Aufkommen eines „antihabsburgischen Patriotismus“ gegen die Ausübung kaiserlicher Herrschaft in Italien ging eine „zentrale Voraussetzung der von Gattinara konzipierten Weltherrschaftspläne des Kaisers unwiederbringlich verloren“ (Lutz) – die Befriedung Italiens im Sinne der ghibellinischen Konzeption Gattinaras war mißlungen. Die prekäre politisch-militärische und finanzielle Situation, in der sich die kaiserliche Politik im Winter 1524/25 befand, schlug sich auch in den „Reflexionen vor Pavia“ nieder. Brandi hat allerdings die Aussagekraft dieser Aufzeichnungen für K. Persönlichkeitsentwicklung weit überschätzt.

    Der Sieg der kaiserlichen Truppen vor Pavia (am 24.2.1525, also an K. 25. Geburtstag) hat im politischen und religiösen Selbstbewußtsein K. einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Dieser bisher bedeutendste Sieg eines kaiserlichen Heeres, der auf der Heranführung einer Entsatzarmee aus Tirol sowie auf strategischen Fehlern Franz' I. beruhte, brachte den französischen König in Gefangenschaft. Die Franzosen räumten hierauf Mailand. Die Voraussetzungen für die Entscheidung des Hegemoniekampfes zugunsten K. schienen gegeben. In den Staatsratsdebatten hielt Gattinara an seinem radikalen Programm (Restitution aller altburgund. Gebiete und Errichtung eines provençalischen Königreiches einschließlich der Dauphiné), das auf die Vernichtung der französischen Monarchie abzielte, fest. Er konnte sich gegen den burgundischen und kastilischen Adel, der an der geburtsständischen Solidarität festhielt, jedoch nicht durchsetzen. Diesen Auffassungen neigte auch K. zu. Lannoy, seit 1522 Vizekönig in Neapel, ebenfalls aus altburgundischem Adel stammend, sicherte sich nachträglich K. Zustimmung zu seinem eigenmächtigen Vorgehen, Franz I. nicht nach Neapel, sondern nach Spanien zu bringen. Nun trat jene Situation ein, vor der Gattinara gewarnt hatte: die Chancen für eine radikale Ausnützung des Sieges von Pavia waren vorbei. Im Zeichen der monarchischen Solidarität, zu der K. sich bekannte, kam ein Kompromißfriede zustande, dessen Vollziehung problematisch erscheinen mußte.

    Der Friede von Madrid (14.1.1526) verpflichtete Franz I. zur Restitution des Herzogtums Burgund und zum Verzicht auf Mailand, Genua, Neapel und die Lehenshoheit über Flandern und Artois. Die Schwester des Kaisers, ursprünglich Bourbon zugedacht, sollte nun mit Franz I. vermählt werden. K. verstand diesen Frieden als Etappe im gemeinsamen Kampf gegen die Ungläubigen und Häretiker. Der französischen Seite mußte Madrid jedoch als überaus harter Unterwerfungsfriede erscheinen. Franz I. ratifizierte den Madrider Frieden nicht; in Frankreich angelangt, fühlte er sich an den Vertrag nicht mehr gebunden. Es trat das ein, was Gattinara vorausgesagt hatte, nämlich die Unvollziehbarkeit des Friedens. Objektiv gesehen kommt dem Frieden von Madrid daher nur die Bedeutung eines Waffenstillstandes zu. Am 22.5.1526 schloß Franz I. mit Clemens VII., dem Herzog von Mailand, Venedig und Florenz zu Cognac eine Liga. Erstmals seit dem Regierungsantritt K. formierte sich eine antihabsburgische Opposition der europäischen Mächte, die bis in die Reihen der Reichsstände (Bayern) hineinreichte. Als eine französische Gesandtschaft vor K. Mitte August auf die neue Mächtekonstellation anspielte, forderte er den französischen König zum ritterlichen Zweikampf heraus. So begann noch im Jahre des Friedens von Madrid der Krieg zwischen K. und Franz I. aufs neue.

    Der Konflikt mit Frankreich war für K. europäische Politik von zentraler Bedeutung. Die dauernde Fixierung darauf hatte eine Ablenkung von den deutschen Problemen zur Folge. Vor allem stellte sich hier die Frage nach einem praktikablen Modell europäischer Hegemoniepolitik. Das Verhalten des Kaisers zeigt, daß er im Hinblick auf Frankreich von festen Grundvorstellungen ausging, diese aber flexibel handhabte. Die Rolle, die er Frankreich in seinem europäischen Hegemonialsystem einräumte, war unvereinbar mit der selbständigen Stellung der französischen Monarchie seit dem Hochmittelalter. Die staatliche Inktegrität, die der Kaiser für seinen eigenen Herrschaftsbereich beanspruchte, konzedierte er Frankreich nicht. Er erneuerte vielmehr die alten Ansprüche auf das Herzogtum Burgund, die Pikardie, die Somme-Städte, ganz Navarra, das Languedoc und die Provence. Hierbei hatte er keinen Erfolg. Ungleich wichtiger hingegen wurde die italienische Frage. Im Zusammenwirken der spanischen Königreiche mit den Machtpositionen in Ober- und Unteritalien (einschließlich Nordafrika) schien dem Kaiser zeitweilig die Möglichkeit nahegerückt, Frankreich als Mittelmeermacht auszuschalten. Für das Papsttum resultierte aus dem Konflikt zwischen K. und Frankreich eine prekäre Lage, die bewirkte, daß es keine kirchenpolitische Entscheidung ohne Abwägung der politischen Konsequenzen für den Kirchenstaat und der kirchlichen und politischen Konsequenzen hinsichtlich Frankreichs treffen konnte.

    Die kriegerischen Ereignisse von 1526-29 hatten ihren Mittelpunkt in Italien, sie brachten K. den definitiven Sieg in Italien, woran sich der Versuch einer neuerlichen Friedenslösung schloß. Gegenüber der Liga von Cognac drängte Gattinara bei K. auf die Durchführung der seit langem geplanten Italienfahrt. Denn nach Meinung des Kanzlers trug die Nichtausnützung der Chancen von 1525 die Schuld am neuerlichen italienischen Krieg. K. schwankte noch. Um ihm den Rücken freizuhalten, trat Gattinara für religionspolitische Konzessionen an die evangelischen Reichsstände ein, die bis zu einem Konzil befristet sein sollten. Der Speyrer Reichstag 1526, auf dem mit Zustimmung des Kaisers solche Konzessionen zustande kamen, läßt bereits eine Grundlinie der Religions- und Konzilspolitik K. und dessen Verhalten gegenüber dem Papsttum erkennen. Den evangelischen Reichsständen brachte der Reichstagsabschied vom 27.8.1526 die reichsrechtliche Voraussetzung für die weitere Entfaltung der Reformation, mit deren Ergebnissen K. Ende der 20er Jahre in voller Breite konfrontiert werden sollte.

    Gleichzeitig mit den italienischen Kriegsereignissen, die sich zumeist sehr ungünstig für die kaiserliche Seite entwickelten, erfolgten die folgenschwere Niederlage und der Tod König Ludwigs II. bei Mohács (29.8.). Für Erzherzog Ferdinand begann damit das zähe Ringen mit Johann Zápolya um die Stephanskrone. Die neue, dem habsburgischen Besitz Ferdinands nähergerückte türkische Front nimmt K. nur zögernd und ungern zur Kenntnis. Von nun an besteht für die Politik des Kaisers eine unlösbare Verbindung zwischen dem Problem der Reformation, der Türkendrohung und der Auseinandersetzung mit Frankreich.

    Die Situation der kaiserlichen Truppen in Italien besserte sich Anfang 1527, als Jörg Frundsberg von den Alpen nach Mailand vorstieß und sich mit den Truppen unter Leyva und Bourbon vereinigte. Das unbesoldete meuternde Heer stieß hierauf in den Kirchenstaat vor und stürmte am 6.5. Rom. Der Papst geriet in die Gefangenschaft der kaiserlichen Truppen. Für K. erhob sich die Frage, entweder das eigenmächtige Vorgehen der kaiserlichen Soldateska und den Sacco di Roma zu decken oder sich davon zu distanzieren. Ähnlich wie 1525 im Falle Franz I. bot sich die Möglichkeit, die Gefangenschaft des Papstes auszunützen. Während Ferdinand in Erwägung der religionspolitischen Entwicklung im Reich dazu riet, Clemens VII. zur Abhaltung eines Konzils zu zwingen, traten K. und Gattinara für eine schonende politische Zusammenarbeit mit dem Papst ein. Diese Entscheidung war von dem Gedanken geleitet, daß die italienischen Probleme nur im Bündnis mit dem Papsttum einer dauerhaften Lösung im habsburgischen Sinne zugeführt werden könnten. Vor der europäischen Öffentlichkeit hat K. sich dann auch deutlich von den Vorgängen in Rom distanziert.

    Unterdessen entfalteten die Gegner K., Frankreich und das mit diesem seit April 1527 verbündete England, weitere militärische Aktivitäten. Sie führten zur Einnahme Genuas durch Lautrec und Andrea Doria, wodurch die spanischen Truppen unter Leyva in Oberitalien in Bedrängnis gerieten. Mitte August schickte K. daher Pierre de Veyre zu Friedensverhandlungen nach Rom. Eine Einigung mit Clemens VII. kam zustande: Gegen seine Freilassung und die Wiederherstellung des Kirchenstaates versprach er Neutralität und die Zahlung von 400 000 Dukaten, was für die prekäre Finanzlage des Kaisers von großer Bedeutung war.

    1528/29 konnte der Kaiser den Kampf um Mailand und Neapel für sich entscheiden. Ein Umschwung der militärischen Situation trat ein durch den Übertritt der Flotte von Andrea Doria ins Lager des Kaisers (Konvention von Madrid, 10.8.1528). So wie Genua Verkehrs- und finanzpolitisch eine große Rolle für die Verbindung des habsburgischen Machtpotentials in Italien und Spanien spielte, so brachte der Gewinn der genuesischen Flotte die Sicherung der maritimen Überlegenheit und damit des ungestörten Nachschubs von Spanien nach Italien für die kaiserliche Seite. Die Verfügbarkeit über Dorias Flotte löste auf beiden Kriegsschauplätzen die Probleme rasch zugunsten K.: die Blockade Neapels konnte von den Franzosen allein nicht mehr durchgehalten werden, und die Rückgewinnung Genuas und anderer Plätze am Ligurischen Meer durch Doria verbesserten die militärische Lage der kaiserlichen Truppen in der Lombardei. Als Leyva im Juni 1529 bei Landriano die Truppen der Liga schlug, war der Weg zu Friedensverhandlungen frei.

    Zunächst schloß K. mit Clemens VII. den Frieden von Barcelona (29.6.1529), der durch eine Defensivallianz ergänzt wurde. Dem Papst wurde die Restitution von Ravenna, Modena und Reggio an den Kirchenstaat sowie die Restauration der Medici in Florenz zugesichert (die illegitime Tochter K., Margarete, sollte Alessandro de' Medici heiraten). Clemens VII. erneuerte die Investitur K. mit Neapel und sicherte ihm eine weitgehende Verfügung über kirchliche Finanzquellen zu. Gegen die Sicherung der mediceischen Dynastie war der Papst also bereit, die habsburgische Hegemonie in Italien und Europa anzuerkennen. Der Kaiser sagte zu, gegen Häretiker und Türken vorzugehen – ohne klare Bezugnahme auf die Förderung des Konzils durch den Papst. Sein Nahziel war die Kaiserkrönung, und es mußte erst die Zukunft erweisen, ob die Aussöhnung mit dem Papst den politischen Belastungen standhielt.

    Der Friede von Cambrai (3.8.1529) mit Franz I. reduzierte das kaiserliche Forderungsprogramm von 1526 auf eine realistische Linie, indem K. auf die gewaltsame Durchsetzung der Restitution des Herzogtums Burgund verzichtete. Jedoch ist zu beachten, daß der Vorbehalt des Rechtsweges die Möglichkeit implizierte, jederzeit die „querelle de Bourgogne“ wieder aufzugreifen. Dieses altburgundische Problem trat nun aber gegenüber denjenigen Artikeln in den Hintergrund, die den Verzicht Frankreichs auf alle italienischen Gebietsansprüche (Mailand, Genua, Neapel) und Souveränitätsrechte in Artois, Flandern betrafen. Die dynastische Verbindung mit dem Hause Habsburg sollte durch die Verehelichung von Franz I. mit Eleonore, der älteren Schwester K. enger geknüpft werden. Mit dem Frieden von Cambrai war zwischen Frankreich und Habsburg das italienische Problem entschieden, und der Weg für eine Kooperation zur Lösung der anderen vordringlichen europäischen Probleme – Glaubens- und Türkenfrage – schien frei. K. konnte endlich seine lange geplante Italienfahrt antreten. Sein Aufenthalt in Bologna zur Kaiserkrönung dauerte von Dezember 1529 bis März 1530. Ferdinand drängte auf sein Erscheinen im Reich im Hinblick auf die Türken und Glaubensfrage. K. hingegen erschien nach dem türkischen Abzug vor Wien (Herbst 1529) die Osmanengefahr vorläufig gebannt, und er erwog zeitweise sogar seine Krönung in Rom und den Besuch seiner neapolitanischen Besitzungen. Schließlich erfolgte die Krönung zum Kaiser durch den Papst, mit Rücksicht auf die Erinnerungen an den Sacco di Roma, in Bologna (24.2.1530). Es war die letzte Kaiserkrönung durch einen Papst. Im Hinblick auf die kirchlichen Probleme in Deutschland suchte K. sich der ausdrücklichen päpstlichen Konzilszusage zu versichern. Doch Clemens VII. war nur zur Unterstützung einer kaiserlichen Ausgleichspolitik bereit, die ohne Konzil auskam.

    Die Konzilsfrage bildete das zentrale Problem in den Beziehungen K. zum Papsttum. Der Kaiser nahm die jahrhundertealten Rechte des „Vicarius ecclesiae“ in Anspruch und verlangte vom Papsttum den vollen Anschluß an seine Kirchenpolitik. Der innerstaatliche Aspekt seiner Kirchenpolitik war, wie fast überall im damaligen Europa, gekennzeichnet durch den immer stärkeren Ausbau der staatlichen Verfügungsrechte (auch in finanzieller Hinsicht) im kirchlichen Bereich. So wie hier zeigt sich K. auch in der Hochschätzung des Konzils als Mittel der kirchlichen Wiedervereinigung von der spätmittelalterlichen Tradition beeinflußt. Aber die Skepsis gegenüber einem Konzil, die auf den Erinnerungen an den Konziliarismus des 15. Jahrhunderts basierte, die Gefährdung der päpstlichen Primatialrechte durch den Kaiser und die politische Rücksichtnahme auf Frankreich beeinträchtigten das Engagement des Papsttums für die vom Kaiser verfolgte Konzilspolitik. Wo das Papsttum zu einer Kooperation nicht bereit war, versuchte K. eine Politik der religions- und kirchenpolitischen Aushilfen, die eine künftige Zusammenarbeit mit dem Papsttum durchaus offenhielt. Seine Kritik an den meisten Päpsten seiner Zeit bezog sich auf ihre dynastische Politik in Italien und ihre Verbindungen zu Frankreich. Auch die Neutralitätspolitik Pauls III., die seine Einbeziehung in das politische Spannungsfeld Kaiser-Frankreich zu verhindern trachtete, hat K. als Begünstigung seines Gegners aufgefaßt.

    Die kirchlichen und politischen Verhältnisse im Reich hatten sich seit den Reichstagen in Worms 1521 und Speyer 1526 erheblich gewandelt. Seit dem Speyrer Reichstagsabschied (1529) stand den Altgläubigen ein reichsständisch organisierter Protestantismus gegenüber. K. und seine Berater knüpften nun nicht an das Wormser Edikt an, sondern versuchten einen neuen kirchenpolitischen Kurs. Der Kaiser konnte sich dabei auf die weitverbreiteten Ideen eines kirchlichen Ausgleichs stützen (Erasmus), andererseits konnte gegenüber den radikalen Richtungen der Reformation (Zwingli) mit der gemäßigten Richtung Kursachsens – und hier besonders mit dem Flügel um Melanchthon – gerechnet werden. Der Kaiser nahm dabei als „Vicarius ecclesiae“ ein Entscheidungsrecht in Anspruch, das tief in theologische Fragen hineinreichte. Nach der Überreichung der Confessio Augustana (25.6.1530) wurde es für den Kaiser zunehmend schwieriger, die Position eines unparteiischen Schiedsrichters weiter aufrecht zu erhalten. Im kaiserlichen Staatsrat wurden folgende alternative Etappen des Vorgehens gegenüber den Protestanten festgelegt: Schiedsgericht, Konzil, Gewalt. Es zeigte sich rasch, daß dieses Programm problematisch und in der Durchführung außerordentlich schwierig war, besonders im Hinblick auf die Haltung des Papstes und der katholischen Reichsstände.

    K. und seine Räte konnten den provokanten Ton, den die altgläubigen Theologen Eck und Cochläus in die vom Kaiser in Auftrag gegebene Confutatio des Augsburger Bekenntnisses brachten, mäßigen. Gleichzeitig aber führte der Versuch, von Clemens VII. eine bindende Zusage in der Konzilsfrage zu erhalten, nicht zum Erfolg. August 1530 wurden die Reunionsverhandlungen in den Reichstagsausschüssen ergebnislos abgebrochen. Eine Wendung zum harten Kurs von 1521 wurde von K. vollzogen, die so weit ging, daß er Anfang September die Bereitschaft der katholischen Reichsstände zu einem gewaltsamen Vorgehen gegen die Protestanten sondierte. Die Katholiken zeigten sich vorsichtig und mißtrauisch, und auch K. war augenblicklich zur militärischen Zerschlagung des Protestantismus weder in der Lage noch willens. Schon hier zeichnet sich die später vorherrschende Problematik der Überlagerung verfassungspolitischer und konfessionspolitischer Fronten ab; der Kaiser hat auch und gerade bei den katholischen Ständen zunehmend mit politischer Opposition gegen alles zu rechnen, was dem Ausbau seiner monarchischen Stellung auf Kosten der Stände dienen konnte. Deshalb rückte der Konzilsgedanke wieder in den Vordergrund: im Reichstagsabschied wird binnen Jahresfrist ein allgemeines Konzil in Aussicht gestellt. Aber es ist nicht zu übersehen, daß unter Androhung reichsrechtlicher Sanktionen auch die Restitution säkularisierten Kirchengutes gefordert wird. Die Frage der kirchlichen Wiedervereinigung Deutschlands hatte sowohl|für den Kaiser als für seine Gegner eine starke politische Komponente. Es wäre eine falsche Idealisierung der kaiserlichen Politik, davon abzusehen, daß eine Reunion Deutschlands eine politische Stärkung des Kaisers bedeutete. Aus dieser Erkenntnis resultiert die französische Gegnerschaft gegen diese Politik.

    Auf dem Augsburger Reichstag wurde zwischen K., den Kurfürsten und Ferdinand über dessen Wahl zum römischen König verhandelt. Am 5.1.1531 wurde Ferdinand in Köln von den katholischen Kurfürsten zum römischen König gewählt und am 11.1. in Aachen gekrönt. Der sächsische Kurfürst hatte an dem Akt nicht teilgenommen. Sein prinzipieller Ausschluß von der Wahl, den K. gewünscht hatte, war am Widerstand der anderen Kurfürsten gescheitert. Der Kaiser konnte nicht verhindern, daß Kursachsen einen förmlichen Protest gegen Ferdinands Wahl erhob. Ferdinand schloß ein Defensivbündnis mit seinen Wählern. In beidem zeigt sich die Verhärtung der konfessionellen Fronten. Für das Reich bedeutete die Durchsetzung der Königswahl Ferdinands einen „weiteren Schritt zu einer habsburgischen Erbmonarchie“ (Lutz). Als dessen Folge ist der Zusammenschluß evangelischer Fürsten und finanzstarker Reichsstädte zu Schmalkalden (27.2.1531) zu sehen. Der Kaiser hatte von nun an im Reich mit einer fest organisierten Opposition zu rechnen. Zu ihr stießen zeitweilig auch die Herzoge von Bayern, weil in der Nichtanerkennung der Königswahl Ferdinands und in der Abwehr der kaiserlichen Präpunderanz eine Interessengleichheit bestand. K. hatte sich in einem Geheimvertrag mit seinem Bruder („Moderación del poder“) alle entscheidenden politischen Prärogativen weiterhin gesichert.

    Unter diesen Umständen und vor dem außenpolitischen Hintergrund der nicht gebannten Türkengefahr war an die Durchführung der Augsburger Beschlüsse nicht zu denken. Nimmt man die Unmöglichkeit, das Konzil in Gang zu bringen, ferner die Zurückhaltung Frankreichs und die Verstimmung Englands hinzu, so begreift man K. Intention, mit den Protestanten einen vorläufigen Frieden abzuschließen. Auf dem Regensburger Reichstag (April/Juli 1532) verhandelte er mit den Altgläubigen, parallel dazu mit den Evangelischen in Schweinfurt und Nürnberg, unter Vermittlung von Mainz und Pfalz. Diese Verhandlungen führten zum Nürnberger „Anstand“ (23.7.1532), einem bis zu einem Konzil befristeten Religionsfrieden. Seinem Rechtscharakter nach stellt er einen Vertrag K. mit evangelischen Reichsständen außerhalb des Regensburger Reichsabschiedes dar. Gegen die Beteiligung an der Türkenhilfe wurden die Religionsprozesse am Reichskammergericht eingestellt. Das Reich geriet dadurch „verfassungsrechtlich in den Zustand eines permanenten Provisoriums“ (Zeeden). Die Kehrtwendung K. von der harten Linie (November 1530) zur Kompromißbereitschaft verdeutlicht, wie unterschiedlich – weil eben abgestimmt auf die außenpolitische Situation – der Stellenwert der deutschen Glaubensfrage im Kontext seiner Gesamtpolitik war. Für den deutschen Protestantismus resultierte aus K. Entscheidung von 1532 die Möglichkeit, sich weiter auszubreiten und zu konsolidieren.

    K. konnte sich nun dem Türkenproblem zuwenden. Aber nur mit Mühe war er durch Ferdinand zu bewegen, mit seinem Heer bis Wien zu ziehen. Die Umkehr Suleimans nach der vergeblichen Belagerung von Güns (August 1532) kam K. Plänen, so rasch wie möglich über Italien nach Spanien zurückzukehren, sehr entgegen. Von dort aus wollte er seinen „Kreuzzugsplan“ gegen die Türken realisieren. Der Einsatz an der kontinentalen Türkenfront hingegen sollte Sache seines Bruders bleiben. Im Rahmen des habsburgisch-französischen Hegemoniekampfes bewirkte die Türkenfrage eine Ausweitung der Konfliktstoffe im Reich und in Europa. Diese Entwicklung erreichte in den 30er und 40er Jahren des 16. Jahrhunderts einen Höhepunkt. Aufgrund ihrer Einkreisungsmentalität tendierte die französische Politik zur Verbindung mit Johann Zápolya und dem Sultan. Die europäische Solidarität in der Abwehrhaltung zum Osmanenreich löste sich im Gefolge des habsburgisch-französischen Hegemoniekampfes auf. Dabei ist zu beachten, daß nicht nur Frankreich der treibende Teil war. Auch K. hat zeitweilig, wenn auch ohne Erfolg, die Barbareskenstaaten in sein politisches Konzept zu integrieren versucht (Verhandlungen mit Chaireddin Barbarossa 1534, 1537 f.). Bei den Reichsständen bewirkte die Türkenfrage eine überkonfessionelle, reichspatriotische Solidarität. Deswegen waren die Beziehungen Frankreichs zu den Reichsständen andauernd Belastungsproben ausgesetzt.

    In Bologna traf K. wieder mit Clemens VII. zusammen (Dezember 1532-Februar 1533). Das Klima hatte sich seit dem Nürnberger Religionsfrieden verschlechtert; K. gelang weder die Durchsetzung der Konzilsforderung – geschickt schob der Papst das Problem auf die Sondierung einer französischen Teilnahme ab – noch die Revision der Annäherung Clemens VII. an Franz I. Der Beitritt des Papstes zu einer Allianz mit Mailand, Mantua, Ferrara,|Genua, Siena, Lucca und dem Kaiser zur Sicherung des Status quo in Italien war nur ein Augenblickserfolg für K. Franz I. hatte bei Clemens VII. schon 1531 die von K. im Frieden von Barcelona zugesagte, später je doch verweigerte Restitution von Reggio und Modena an die Kurie für den Vorschlag eines Eheprojekts (Orléans–Katharina von Medici, Nichte des Papstes) nützen können. Die von Clemens VII. versprochene Mitgift – Parma, Piacenza, Reggio, Modena etc. – hätte die Begründung einer französischen Sekundogenitur in Italien bedeutet. Obwohl letzteres nicht verwirklicht werden konnte, blieb die politische Grundlinie des Papstes nun bis zu seinem Tod (25.9.1534) die Unterstützung Frankreichs. Als Gegenleistung für die Blockierung des Konzils erreichte Franz I. vom Papst die Unterstützung seiner Zusammenarbeit mit Hessen zur Rückführung Herzog Ulrichs nach Württemberg. Aus dieser politischen Konstellation resultierten zu einem beträchtlichen Teil die Isolierung des Hauses Habsburg und die Rückschläge von 1534 im Reich. Hinzu kam das Einschwenken Heinrichs VIII. auf einen antihabsburgischen Kurs (1533).

    Am Verhältnis des Kaisers zum Reich in den 30er Jahren zeigt sich, wie schon früher, daß K. im Rahmen seiner erop. Politik den deutschen Problemen nur eine sekundäre Bedeutung beimaß. Da der habsburgische Territorialbesitz im Reich (abgesehen von den Niederlanden und der Freigrafschaft Burgund, die eine Sonderstellung einnahmen) seit Anfang der 20er Jahre Ferdinand unterstand, war K. nirgendwo direkt mit den reichsrechtlichen Problemen der um sich greifenden Reformation konfrontiert.

    Seit dem Scheitern der Verlängerung des Schwäbischen Bundes (Ende 1533) und den darauffolgenden französisch-hessischen Bündnisverhandlungen drohte eine militärische Auseinandersetzung um das seit 1520/21 in habsburgischer Hand befindliche Württemberg. Das württembergische Engagement paßte damals weder in K. noch in Ferdinands Konzept. „Wenn man an die Schlüsselstellung Württembergs für die habsburgische Macht im alten Deutschland denkt, … so bleibt es schwer begreiflich, weshalb die kaiserliche Politik, die um Mailand ein Menschenalter lang kämpfte, den Verlust so leicht hinnahm“ (Brandi). Seit dem Beginn seines Kaisertums waren für K. Mailand und Württemberg inkommensurable Größen. Zudem nahm den seit 1533 in Spanien weilenden K. die ureigenste aragonesische Expansionspolitik in Anspruch, hinter die auch ein Angriff auf Frankreich, mit dem Franz I. damals gerechnet hat, zurücktrat: das Flottenunternehmen gegen Tunis. Diese geglückte Expedition, die auf dem Zusammenwirken von Landheer und Flotte im Juli 1535 gegen den seit 1534 mit Frankreich verbündeten Korsaren Chaireddin Barbarossa beruhte, hatte eine starke Wirkung auf K. Selbstbewußtsein, auch steigerte sie sein Ansehen in der europäischen Öffentlichkeit. Der anschließende Besuch seines neapolitanischen Königreiches und sein Einzug in Rom (Herbst 1535) glichen einem Triumphzug. Die politische Bedeutung des Tunisunternehmens hingegen darf nicht überschätzt werden (wie von Rassow), denn die Macht der Barbaresken war keineswegs vernichtet oder auch nur für längere Zeit geschwächt.

    In den 30er Jahren stiegen die Kosten für Militärorganisation und Kriegführung stark an. Die Ausrüstung des Heeres und der Flotte und die Anwerbung von Söldnern erforderten die kurzfristige Aufbringung von Geldmitteln, insbesondere im Frühjahr, wenn die Kriegführung begann. Die Kriegskosten belasteten den kaiserlichen Finanzhaushalt mit über 50%. Die relativ hohen Einnahmen K. in den spanischen Königreichen allein schufen keine Abhilfe. Erst der steigende Zustrom von Edelmetallen aus der Neuen Welt gab vor allem die Basis für eine Anleihepolitik ab, deren Rahmen sich bis in die 50er Jahre mehr als verdoppelte. Doch haben diese Kreditoperationen die Staatsverschuldung nur beschleunigt.

    Mit dem Pontifikat Pauls III., der die Mittelmeerpolitik K. von 1535 unterstützt hatte, ergaben sich neue Voraussetzungen zur Lösung der europäischen Probleme. Der neue Papst stufte die Wiederherstellung der Glaubenseinheit hoch ein und stand der Konzilsfrage positiv gegenüber. Vorbedingung dazu schien ihm aber die Erneuerung des europäischen Friedens, die er zunächst durch einen kompromißlos neutralen Kurs bei K. und Franz I. zu erlangen versuchte.

    Der Tod des Herzogs von Mailand, Francesco Sforza (1.11.1535), veränderte die Situation in Italien schlagartig – die Mailänder Frage wurde wieder akut. Franz I., der von seiner Verwandtschaft mit den Visconti Ansprüche auf Mailand ableitete, schlug K. vor, das französische Königshaus mit dem Herzogtum zu belehnen. K. ließ im Winter 1535/36 verhandeln, stellte aber hohe Bedingungen, voran den weiteren Besitz der lombardischen Festungen, und die Belehnung Angoulêmes (3. Sohn Franz' I.) statt Orléans'. K. war es damals jedoch mit dem Gedanken der Abtretung Mailands an einen französischen Prinzen nicht ernst. Dies hat Brandi mit Recht betont, wogegen Rassow K. Bereitschaft behauptete, für das Ziel der Erhaltung des Friedens und einer in Gang zu bringenden Konzilspolitik den hohen Preis von Mailand als Apanage für einen französischen Prinzen zu zahlen. Doch war nicht zu erwarten, „daß der Sieger von 1529 auf den Preis langjähriger Kämpfe verzichten werde“ (Lutz). Entgegen Rassow läßt sich in der Mailandpolitik K. eine gerade Linie bis zur geheimen Investitur Philipps (1540) ziehen.

    Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann der Krieg gegen Frankreich wieder ausbrechen würde. Als K. auf Einladung Pauls III. Fragen des Konzils in Rom besprach, traf ihn die Nachricht vom französischen Einmarsch in Piemont und der Einnahme von Turin (3.4.1536). Franz I. sicherte sich mit diesem Überraschungserfolg ein Tauschobjekt für das erstrebte Mailand, für dessen Eroberung seine Kräfte zu schwach gewesen wären (Rassow).

    K. benützte diese Nachricht zu einer großangelegten politischen Demonstration. Am Ostermontag (11.4.) hielt er im Vatikan vor dem Papst, den Kardinälen und den Diplomaten eine eineinhalbstündige Rede in spanischer Sprache. Er klagte Franz I. an, den Frieden von Cambrai verletzt und den Krieg begonnen zu haben. An den Papst appellierte er, seines Schiedsrichteramtes gegen den Friedensbrecher zu walten. Dieser Schritt K. ist keineswegs als spontaner Ausdruck persönlicher Entrüstung über Franz I., sondern als überlegter, propagandistisch motivierter Auftritt zu werten: hier in Rom sollte der französische König vor der europäischen Öffentlichkeit, insbesondere vor der italienischen, als notorischer Friedensstörer denunziert werden. Die beabsichtigte Wirkung auf den Papst blieb aus. Er ließ sich nicht auf die Seite K. ziehen, sondern blieb neutral und lediglich zur Friedensvermittlung bereit. Denn in politischen Fragen war ihm eine Schwächung K. in Italien wünschenswert. Zu einer Unterstützung in der Konzilspolitik hingegen war er bereit: für Mai 1537 wurde nach Mantua ein allgemeines Konzil anberaumt.

    Auf Seiten K. war man für den militärischen Gegenschlag mit Land- und Seestreitkräften gleichermaßen gut gerüstet. Zwei strategische Konzepte standen zur Debatte: Leyva trat für eine Rückeroberung Piemonts ein. Dorias Konzept bestand darin, mit den Seestreitkräften Marseille zu erobern. K. entschied sich für Doria; ex post gesehen war dies eine Fehlentscheidung. Ausgehend von den Erfahrungen im Falle von Tunis, die allerdings auf Marseille nicht paßten, gab K. dem Offensivprojekt den Vorrang. Von noch größerer Bedeutung für den Mißerfolg des Kriegsplanes war die Taktik von Montmorency – Wegschaffen der Vorräte, starke Befestigung von Marseille. Vor allem deshalb konnte Marseille durch einen kombinierten Angriff von Land- und Seestreitkräften nicht eingenommen werden. Anfang September mußte die kaiserliche Armee in die Lombardei zurückkehren. Indessen beschleunigte das französisch-türkische Bündnis, das in Italien als bedrohlich empfunden wurde, die Zusammenarbeit zwischen Papst und Kaiser. Die zwischen Paul III., K., Ferdinand und Venedig am 8.2.1538 abgeschlossene Türkenliga war ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Die Verhandlungen Pauls III. mit Franz I. und K. seit dem 19.5. in Nizza endeten am 17./18.6. mit einem zehnjährigen Waffenstillstand, der den Status quo in Italien sanktionierte. Danach ging K. auch auf die Territorialinteressen des Hauses Farnese ein und vereinbarte mit Paul III. in Genua die Eheschließung seiner natürlichen Tochter Margarete mit Ottavio Farnese, dem Enkel des Papstes – sie erfolgte am 4.11.1538 – gegen die hohe Bewilligung auf die Einkünfte der spanischen Kirche. Auf dem familiären Treffen K. mit Franz I. in Aigues-mortes (14.-16.7.) kam es zu Absprachen, die das Programm einer künftigen Zusammenarbeit in der Türken- und Glaubensfrage – bei letzterer im Sinne einer Reunionspolitik – entwarfen. Auf der persönlichen Ebene schien die Freundschaft der „princes chrétiens“ eingekehrt. Aber das Faktum, daß kein Friede zustande gekommen war und somit alle Streitfragen ungelöst blieben, wog ungleich schwerer.

    Der Gedanke einer kirchlichen Reunionspolitik trat nun immer stärker in den Mittelpunkt der Beziehungen zwischen Kaiser und Reich. Die Mission des Reichsvizekanzlers Matthias Held bei den Schmalkaldenern (1537) scheiterte. Ein Konzil, das in Mantua stattfinden sollte, schien den Protestanten unannehmbar. Hierauf folgte die Gründung eines katholischen Gegenbundes in Nürnberg (10.6.1538). In zeitlicher Parallele zu seinen Verhandlungen in Nizza ließ K. einen „weichen“ Kurs zur „pacification de l'Allemagne“ einschlagen. Der Gruppe der intransigenten Mitglieder des katholischen Bundes stand eine fürstliche Mittelgruppe, voran Kurfürst Joachim II. von Brandenburg, gegenüber. Dieser bot nun K. seine Vermittlerdienste für Religionsverhandlungen an. Auf diese Initiative war K. bereit einzugehen. Auch die|Kurie schien zur Duldung oder Unterstützung dieser Politik bereit. Johann von Weeze, Erzbischof von Lund, wurde noch 1538 ins Reich abgefertigt, um in Kooperation mit Ferdinand den Frankfurter „Anstand“ (19.4.1539) auszuhandeln, der den Protestanten ähnliche Zusicherungen gab wie 1532. So wie damals erhoffte sich Ferdinand Unterstützung zur Türkenhilfe; nun aber berief K. ein Religionsgespräch zum Zwecke der theologischen Verständigung und der kirchlichen Reunion ein. Das in Hagenau geplante, in Worms Ende 1540 unter Beteiligung führender Theologen auf altgläubiger wie evangelischer Seite und unter Leitung Granvellas begonnene Colloquium erwies sich als schwierig. Der Kaiser ließ es auf den für den 6.1.1541 nach Regensburg ausgeschriebenen Reichstag verlegen. Dort waren die Voraussetzungen für ein kaiserliches Eingreifen in die Verhandlungen gegeben. Gerade durch die Kombination eines theologischen und politischen Ausgleichs versprach sich K. eine religiöse Wiedervereinigung Deutschlands. Doch war für deren Gelingen auch die europäische Situation entscheidend.

    Am Vorabend des Reichstags waren die Beziehungen K. zu Frankreich weit entfernt von jener, gewiß künstlichen Atmosphäre des Entgegenkommens der Jahre 1538/39. Denn Franz I. hatte die Erwerbung Mailands im Auge zu behalten; er versuchte sie mit den Mitteln der dynastischen Politik. Verschiedene Eheprojekte für Orléans– nach dem Tode des Dauphins Franz (1536) rückte Karl, der dritte Sohn Franz I., nach – trug er an K. heran, worauf dieser sich auf die gewohnte Verschleppungstaktik verlegte und Alternativen wie die Betrauung mit der Regentschaft in den Niederlanden vorbrachte, um der Begründung einer französischen Sekundogenitur in Mailand vorzubeugen. Solche Mittel waren nicht geeignet, die Probleme zwischen K. und Frankreich zu lösen. Im Oktober 1540 beschloß K., den unsicheren dynastischen Wechselfällen durch die geheime Investitur seines Sohnes Philipp mit Mailand zuvorzukommen.

    Im Hintergrund arbeitete die französische Diplomatie seit dem Frühjahr 1540 auf einen neuen Krieg hin. Ihre Kooperation mit den Türken beeinflußte den Friedensschluß Venedigs mit dem Sultan (2.10.1540), und für 1541 waren weitreichende französisch-türkische Operationen in Italien geplant. An die weitgespannten Ziele der kaiserlich-päpstlichen Türkenliga von 1538 war nun schon wegen Venedigs Neutralitätspolitik nicht mehr zu denken. Doch begann sich auch K. außenpolitisch abzusichern. 1540 vollzog er eine vorsichtige Annäherung an Heinrich VIII., um im Falle des Bruchs mit Frankreich einen Bündnispartner zu haben. In Deutschland ließ der Kaiser auf Anraten seines Bruders den „Fall des Landgrafen von Hessen“ (Bigamie) sondieren. Die Auseinandersetzungen mit Kursachsen wegen der erbrechtlichen Folgen aus der Doppelehe sowie die Angst vor reichsrechtlichen Konsequenzen ließen Philipp schließlich auf die Linie K. einschwenken.

    Das Scheitern der Reunionspolitik des Kaisers auf dem Regensburger Reichstag 1541 hat verschiedene Gründe: es gab theologischen und politischen Widerstand auf katholischer Seite (eine intransigente Gruppe um Bayern, Mainz; die Kurie), Zögern und theologischen Widerstand auf protestantischer Seite (Luther). Als die Konkordienverhandlungen der Theologen Gropper, Pflugk, Eck, Bucer und Pistorius in der Kernfrage der Sakramentenlehre zu keiner Einigung führten, war man auf keiner Seite bereit, den in anderen theologischen Fragen erreichten Konsens als „Teilkonkordie“ zu akzeptieren. Seitens der Kurie und der katholischen Fürsten wurde nun wieder die Lösung der Kirchenfrage durch ein Konzil in den Vordergrund gerückt. Die Fronten hatten sich neuerdings verhärtet. K. war auf die Linie der Politik einzelner befristeter Konzessionen den Protestanten gegenüber zurückgeworfen. Der Reichsabschied verlängerte den Nürnberger Religionsfrieden von 1532; darüber hinaus sicherte eine Geheimabsprache ohne reichsrechtliche Verbindlichkeit den Protestanten weiterreichende kirchenpolitische Zugeständnisse (unter anderem die Reformation landsässiger Stifte und Klöster) zu. Ebenfalls auf dem Wege einer geheimen Deklaration versuchten die Altgläubigen eine kirchenpolitische Absicherung: die Bestätigung des katholischen Bundes. Dieses Vorgehen K. hat den verworrenen Rechtszustand noch weiter belastet. In machtpolitischer Hinsicht verfolgte es das Ziel, ein gewisses Gleichgewicht unter den Religionsparteien zu erhalten; die Ergebnisse der Heldschen Mission zur Bildung eines katholischen Gegengewichtes waren ihm nun willkommen. Aber er hat auf die Vertreibung Herzog Heinrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel (1542) durch die Schmalkaldener, die dies Gleichgewicht zum Nachteil des katholisch Bundes verschob, nicht reagiert. Die Vereinbarungen K. mit einzelnen nichtkatholischen Reichsfürsten am Rande des Reichstags in Regensburg sind als die „Grundlegung der späteren Triumphe des Kaisers“ zu werten (Cardauns). Die Verträge mit Hessen (13.6.1541) und Joachim II. von|Brandenburg (24.7.) liefen auf die Schwächung der äußeren Politik des Schmalkaldischen Bundes hinaus. Gegen die Tolerierung der Doppelehe beziehungsweise die Anerkennung der brandenburgischen Kirchenordnung wurde beiden Fürsten ein Bündnis mit Frankreich und eine Aufnahme von dessen Verbündetem, dem Herzog von Kleve, in den Schmalkaldischen Bund untersagt. Für die Politik K. fiel die vom Landgrafen ausgehandelte Conditio, daß der Vertrag im Falle eines Krieges gegen alle Schmalkaldener null und nichtig sein sollte, einstweilen nicht ins Gewicht.

    Diese Vertragspolitik K.s verhinderte bis zum Schmalkaldischen Krieg einen Erfolg der französischen Bündniswerbungen bei den deutschen Protestanten. Aber auch die französisch-türkische Allianz trug zur reservierten Haltung der deutschen Fürsten gegenüber Frankreich bei. Denn die ursprünglich im Mittelmeerraum vorgesehene Kooperation der Türken mit Frankreich erhielt nach dem Tode Zápolyas (21.7.1540) wieder einen kontinentalen Aspekt: Suleiman wollte eine Festsetzung Ferdinands in ganz Ungarn verhindern.

    Von der Mittelmeerpolitik zum „großen Plan“ K.s führt eine deutlich sichtbare Linie. Zunächst hatte die Intensivierung der französisch-türkischen Beziehungen eine Verschärfung der europäischen Spannungen zur Folge. Sie finden ihren Ausdruck in der Ermordung des französischen Gesandten Rincone und seines Begleiters Fregoso – beide befanden sich auf der Rückreise nach Konstantinopel – am 3.7.1541 durch spanische Soldaten auf dem Po bei Pavia. K. hat zwar jegliche Verantwortung zurückgewiesen, aber eine gewisse Mitwisserschaft läßt sich nachweisen (Cardauns). K. beeilte sich, nach dem Regensburger Reichsabschied (Ende Juli) nach Italien zu reisen, um von dort aus mit den seit 1538 zur Verfügung stehenden spanisch-genuesisch-neapolitanischen Flottenverbänden einen Schlag gegen die neuerdings mit den Türken verbündeten Barbaresken zu führen. Die Eroberung von Algier entsprach der offensiven Afrikapolitik, wie sie seit langem von Spanien aus projektiert wurde. K. wollte den Erfolg Dorias an der italienischen und afrikanischen Küste von 1540 mit einer Expedition nach Algier krönen und die habsburgische Herrschaft im westlichen Mittelmeer sichern. Zunächst galt es jedoch, Italien vor einem französischen Angriff zu sichern, und Doria ist auch noch im Sommer 1541 in erster Linie für den Schutz Genuas eingetreten. Dazu kamen nautische Bedenken gegen das Algierprojekt angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit. Dennoch setzte K. den Algierplan durch. Auch die bedrängte Lage seines Bruders in Ungarn – vor Ofen – konnte daran nichts ändern. Die Entscheidungssituation war analog zu 1532: K. hatte sich zwischen dem mediterranen Kriegsschauplatz und dem ungarischen zu entscheiden. „Und genau wie damals ist die Entscheidung zugunsten der Mittelmeer-Länder gefallen“ (Cardauns). Nicht Ungarn, sondern Algier eröffnete die Aussicht auf Waffenruhm und auf eine maritime Konsolidierung des spanisch-italienischen Herrschaftsbereiches – beides wurde durch den Verlust der Flotte am 24./25.10.1541 in den Herbststürmen vor der Küste von Algier begraben.

    Frankreich hat dies Scheitern K. nicht sofort auszunützen vermocht. Erst im folgenden Jahr setzte der Krieg ein. In einer Zwangslage seinem türkischen Verbündeten gegenüber erklärte Franz I. am 10.7.1542 dem in Spanien weilenden Kaiser den Krieg – in einer Situation, in der eine Hilfe durch türkische Flottenverbände nicht erwartet werden konnte. Der gut gerüstete K. hingegen hatte mit einem Defensivkonzept – kein Einfall in Piemont, statt dessen Konzentration auf die Verteidigung der niederländischen und spanischen Grenze – Erfolg. Van Rossem scheiterte im Juli an der Maas, der Dauphin vor Perpignan. Die Bündnisse Franz I. mit Dänemark-Norwegen und Schweden (seit 1541) erwiesen sich als wenig ergiebig. K. hingegen konnte nach langen, schwierigen Verhandlungen am 11.2.1543 einen Bündnisvertrag mit England abschließen. Es war von großer Wichtigkeit für den weiteren Waffengang, daß darin eine gemeinsame Operation in Nordfrankreich geplant war.

    Mit dem Verlassen seiner spanischen Königreiche im Frühjahr 1543 – der 16jährige Philipp wurde mit der Regentschaft betraut – trat K. in eine neue Phase der militärischen Auseinandersetzung mit Franz I. ein, die Brandi mit Recht als wesentliches Teilstück der Realisierung des „großen Plans“ bezeichnet hat. Auch wenn die Kohärenz der kaiserlichen Politik 1543-47 vielleicht durch Brandi überschätzt worden ist, kann man sich doch dem Eindruck nicht entziehen, daß K. nunmehr nach den mangelhaften Erfolgen in Südeuropa und im Mittelmeer konsequent in Mitteleuropa Entscheidungen und Erfolge sucht. Programmatik und Faktizität der kaiserlichen Politik kamen deshalb weitgehend zur Deckung, weil die Folgerichtigkeit der gesuchten Entscheidungen gegeben war: nacheinander Vorgehen gegen Kleve, Frankreich, die deutschen Protestanten und Lösung der Kirchenfrage auf einem allgemeinen Konzil. Sein erster Weg führte K. nach Italien zu Paul III. In|der Zusammenkunft von Busseto bei Parma (Juni 1543) versuchte er den Papst gegen Frankreich zu gewinnen. Paul III. gab sich neutral und friedensvermittelnd, verlangte aber einen hohen Preis für die Bundesgenossenschaft, nämlich das Herzogtum Mailand für seinen Enkel Ottavio. Der Kaiser war empört, das Klima der Zusammenarbeit auch weiterhin empfindlich getrübt.

    Während auf dem italienischen Kriegsschauplatz Nizza von der gemeinsam operierenden französisch-türkischen Flotte eingenommen wurde, führte K. den Feldzug gegen Herzog Wilhelm von Kleve fort, der von Frankreich im Stich gelassen worden war. Dieser kapitulierte nach der Zerstörung Dürens. Der Vertrag von Venlo (7.9.1543) legte ihm die Rückkehr zur „Religion des Kaisers“ und den Verzicht auf das französische Bündnis auf. Zur Arrondierung der niederländischen Besitzungen K. mußte er Geldern und Zütphen abtreten. Die Unterwerfung Kleves war von großer Bedeutung für K. militärisch-politische Position, sie festigte seine Autorität im Reich erheblich. Zudem schob er den niederrheinischen Reformationsbestrebungen (in Kleve, Köln, Westfalen) einen Riegel vor. Franz I. ging der letzte Kontakt zu den Reichsständen verloren.

    Auf dem am 20.2.1544 eröffneten Reichstag von Speyer stand an erster Stelle das Hilfegesuch K. gegen Frankreich zur Debatte. Propagandistisch wurde es untermauert durch die Verurteilung des französisch-türkischen Bündnisses: der Kaiser müsse den „Erbfeind der Christenheit“ nun indirekt bekämpfen; erst nach der Niederwerfung Frankreichs könne auch der Türke bezwungen werden. Tendenzen gegen einen Frankreichfeldzug und für die Annahme der päpstlichen Friedensvermittlung bestanden unter den süddeutschen Fürsten (Bayern, Württemberg, Salzburg); doch die Mehrheit der Reichsstände reagierte auf K. Initiative positiv: eine Truppe von 28 000 Mann, als Türkenhilfe deklariert, wollte man für 6 Monate aufbieten. Die habsburgische Politik errang damit gegenüber den Reichsständen ihren größten Erfolg seit 1532. Nun erst wurde über die ständischen Gegenforderungen verhandelt. Seitens der Protestanten wurden die alten Forderungen nach Sicherheitsgarantien auf der Basis der 1542/43 verlängerten Regensburger Deklaration (1541) erhoben und erweitert durch das Verlangen nach reichsrechtlicher Gleichstellung der Augsburger Konfession. Ihre Erfüllung glaubte K. unter dem Zwang des Handelns nicht verweigern zu können. Jedoch befristete er diese Zusagen bis zu einem Nationalkonzil – hierbei reicht der Bogen bis 1524 zurück – oder Reichstag. Die Vertagung einer Lösung der kirchenpolitischen Fragen, ein von K. oft praktizierter Ausweg, läßt nicht die Zusagen, sondern das Verfahren als solches problematisch erscheinen. K. Gewissensvorbehalt scheitert schließlich an strukturellen Entwicklungen, die im Schutze der kaiserlichen befristeten Zusagen zu kaum oder überhaupt nicht widerrufbaren Ergebnissen in Kirchenorganisation, Säkularisierung und religiösem Bewußtsein der Ober- und Bildungsschichten führten. Deshalb ist der taktische, nicht der sachliche Stellenwert der Zusagen im Rahmen der politischen Konzeption des Monarchen hoch einzuschätzen. Die Zusage einer „christlichen Reformation“ läßt wohl keinen Zweifel an absichtlicher Zweideutigkeit; denn die dehnbare Formel konnte protestantische Reformation, katholische papsttreue Reform oder ein antipapales, cäsaropapistisches Reformwerk des „mittleren Weges“ bedeuten.

    1544 ist K. die Integrierung der reichsständischen Kräfte im Konflikt mit Frankreich gelungen. Die Auswirkungen dieser einmaligen Identität zwischen „Kaiser und Reich“ erhellen, daß sich dieser Konflikt bei einer dauerhaften Unterstützung seitens der Reichsstände wohl anders entwickelt hätte. Dagegen zeigt das propagandistische Schlagwort der „spanischen Servitut“, das in den 40er Jahren aufkommt, wie stark die Stände im allgemeinen den Kontrast zwischen ihren Zielsetzungen und jenen des Kaisers und letztlich zwischen Kaiser und Reich empfanden. Entscheidend für K. Beziehungen zum Reich in den späteren Jahren seines Kaisertums war die Erfahrung, daß er sich nicht einmal auf dem Höhepunkt seiner Macht in den anstehenden religions- und verfassungspolitischen Fragen gegen die Stände durchsetzen konnte.

    Die Konzessionen an die Protestanten, die ohne Konsultation der Kurie erfolgt waren, führten in Rom zu einer scharfen Reaktion, die sich in einem päpstlichen Dokument entlud, das in ganz Europa verbreitet wurde („Tadelsbreve“ vom 24.8.1544) und unter anderem die katholischen Reichsstände gegen die Kompromißpolitik des Reichsoberhauptes mobilisieren sollte. Die nicht minder heftigen publizistischen Gegenaktionen der Protestanten zeigen, wie stark deren Vertrauen in K. zu diesem Zeitpunkt war, als er den Krieg an Maas und Marne nach Frankreich hineingetragen hatte. Trotz erheblicher militärischer Erfolge K. ging die Taktik des Gegners, keine Entscheidungsschlacht anzunehmen,|sondern die kaiserlichen Truppen an den Festungen aufzuhalten und die Rückzugslinien abzuschneiden, im großen und ganzen auf. Schon vor der Festung Sankt Dizier begann die allmähliche Zersetzung des kaiserlichen Heeres, die durch den ausbleibenden Sold beschleunigt wurde. Da Heinrich VIII. seine Kräfte auf die Belagerung von Boulogne konzentrierte, mußte K. auf den Vorstoß nach Paris verzichten. „Der Vormarsch war weiter nichts als ein strategisches Manöver zur Beendigung des Krieges“ (Cardauns).

    Durch den raschen Friedensschluß hoffte der Kaiser freie Hand für seine Pläne im Reich zu gewinnen. Im ostensiblen Friedensinstrument von Crépy (20./22.9.1544) gewann Franz I. rechtlich begründete Ansprüche auf Mailand: der Herzog von Orléans sollte binnen Jahresfrist mit der Infantin Maria oder mit Erzherzogin Anna von Österreich verheiratet werden. Allerdings war auch eine Alternative vorgesehen, die sich auf die Niederlande bezog. K. verzichtete somit auf eine völlige Niederwerfung seines Rivalen. Erst aus der Zusammenschau mit dem geheimen Vertragsannex ergibt sich dafür eine Erklärung: Franz I. wurde zur Beschickung des Konzils (nach Trient, Cambrai oder Metz) und zur Unterstützung der Rückführung der Protestanten verpflichtet. „Frankreich sollte in der Rolle eines Trabanten, dem eigene politische Entscheidungen weitgehend genommen waren, die kirchenpolitischen Ziele des Kaisers unterstützen. Diese Ziele waren universal in einem doppelten Sinne. Bei der Wiederherstellung der kirchlichen Einheit – durch den Einsatz diplomatischer Mittel oder auch kriegerischer Macht – ging es nicht nur um Deutschland, sondern um die religiöse Zukunft der ganzen Christenheit“ (Lutz).

    Die Erwartungen K. erfüllten sich nicht. Der Kooperationswille Frankreichs hing davon ab, ob die dynastische Lösung für Mailand zustande kam. K. verzögerte die Einlösung dieser Verpflichtung, und als am 9.9.1545 der für diese dynastische Lösung vorgesehene 2. Sohn Franz I. starb, war K. nicht willens, eine Alternativlösung zu erörtern. Damit war die zentrale Voraussetzung einer dauerhaften Aussöhnung mit Frankreich nicht mehr gegeben. Im Augenblick hatte jedoch K. auch ohne französische Unterstützung die Hände frei zur weiteren Verfolgung seines „großen Planes“.

    Die nächsten Jahre führten den Kaiser mit dem Sieg über die Schmalkaldener auf den Höhepunkt seiner Machtentfaltung im Reich und in Europa. Paul III. hatte das Konzil für den 15.3.1545 nach Trient ausgeschrieben. Dies stand in einem gewissen Widerspruch zu der Zusage K.s (Speyrer Reichstag 1544), daß auf dem Reichstag in Worms 1545 über eine „christliche Reformation“ verhandelt werden sollte. Das rasche Umschwenken K. zu dem Entschluß eines Protestantenkrieges war durch zwei Faktoren beeinflußt: zum einen die Weigerung der Protestanten, das Konzil zu besuchen, zum andern die Bereitschaft des nach Worms entsandten Kardinallegaten Farnese, die Mitwirkung des Papstes bei einem Protestantenkrieg zuzusagen. K. sah das militärische Vorgehen gegen die Häupter des Schmalkaldischen Bundes als Mittel, die Protestanten zum Besuch des Konzils zu zwingen. Aber er war weder gerüstet noch im Reich bündnispolitisch abgesichert. Die Rüstungen wurden nun systematisch vorbereitet, in außenpolitischer Hinsicht konnte er eine Annäherung Englands an Frankreich verhindern; Ferdinand konnte einen Waffenstillstand mit dem Sultan abschließen. Im Reich triumphierte einstweilen die Hinhaltepolitik. K. dürfte allerdings auch innerlich geschwankt haben und von der Vorstellung ausgegangen sein, vor der Entscheidung für den Krieg alle Versuche zur friedlichen Beilegung der Streitfragen ausschöpfen zu sollen.

    Auf dem am 5.6.1546 in Regensburg eröffneten Reichstag herrschte kein gutes Verhandlungsklima. Beide Konfessionsparteien schoben einander die Schuld am bisherigen Scheitern der Religionsverhandlungen zu. Der Reichstagsabschied vom 24.6., nach der Abreise der meisten protestantischen Reichsstände verkündet, war der kürzeste seit langem. Die kaiserliche Diplomatie brachte ein Bündnis mit Bayern und Dienstverträge mit Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach und Herzog Erich von Braunschweig-Calenberg unter Dach und Fach. Angesichts der Schwäche der katholischen Reichsstände mußte K. auch protestantische Verbündete gewinnen. Er knüpfte an das System religionspolitischer Aushilfen von 1541/44 an und verpflichtete die protestantischen Bündnispartner auf ein Konzil („ein gemein, frei, christlich Konzil in deutschen Landen“), dessen Form absichtlich unklar gehalten war. Die Ambivalenz dieser Aussagen sollte sich nach dem Sieg über die Schmalkaldener gegen K. wenden. Herzog Moritz von Sachsen wurde der wichtigste Bündnispartner. Seine Länder besaßen eine strategische Schlüsselstellung. Der Vertrag mit K. (19.6.) stellte ihm die sächsische Kurwürde in Aussicht. Gegen die Anerkennung des|Konzils erhielt er die Schutzherrschaft über Magdeburg und Halberstadt – im übrigen sollte sich Moritz zunächst neutral verhalten. Die benötigte Aufmarschbasis sollte das nach außen neutrale Bayern sichern. Der Regensburger Vertrag (7.6.1546) stellte den bayerischen Herzögen – allerdings unter der Voraussetzung, daß sich die Pfalz der Politik K. gewaltsam widersetzen sollte – die Pfälzer Kurwürde und Pfalz-Neuburg in Aussicht. Eine engere Bindung sollte jenes dynastische Projekt bringen, das 1534 schon ausgehandelt, dann aber nicht zustandegekommen war: die Verheiratung Herzog Albrechts mit Anna von Österreich.

    Mit der Achterklärung an Kursachsen und Hessen wegen ihres um Jahre zurückliegenden Überfalls auf Braunschweig eröffnete K. den Krieg. Er beabsichtigte damit die Trennung der schmalkaldischen Städte von den tonangebenden Fürsten (Sachsen und Hessen). In der Sprache der habsburgischen Propaganda hieß dies: Bestrafung der Widder, nicht der Schafe. Allerdings trat die erhoffte Spaltung nicht ein. In der ersten Phase des Schmalkaldischen Kriegs, dem Donaufeldzug, der sich im Sommer und Herbst in Oberdeutschland abspielte, mußte K. zwecks Heranführung von Truppen aus den Niederlanden und Italien auf Zeitgewinn hinarbeiten. Er ging deshalb jeder Schlacht aus dem Weg. Die „Neutralität“ Bayerns trug entscheidend dazu bei, daß schmalkaldische Truppen die Donau nicht überschritten. Sie nützten ihre zahlenmäßige Überlegenheit nicht aus. Die Wendung im Donaufeldzug ergab sich durch den Einfall von Herzog Moritz in Kursachsen (Anfang November 1546). Der nun erfolgende Rückzug der Schmalkaldener, der ohnehin durch Mangel an Geld und Proviant notwendig geworden war, machte K. den Weg frei zur Niederwerfung der süddeutschen Städte und Herzog Ulrichs von Württemberg. Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen konnte die raschen Erfolge von Herzog Moritz rückgängig machen. Erst der Aufmarsch K. in Kursachsen verschob die Kräfteverhältnisse wieder eindeutig zuungunsten der Schmalkaldener. Die strategische Nachlässigkeit Johann Friedrichs ermöglichte K. den raschen und durchschlagenden Erfolg bei Mühlberg an der Elbe (24.4.1547). Der in der Schlacht gefangene sächsische Kurfürst war hierauf gezwungen, in der Wittenberger Kapitulation (19.5.) auf die Kurfürstenwürde zu verzichten und die Kurlande an Moritz abzutreten. Einen Teil der ernestinischen Lande mußte dieser allerdings an die Söhne des abgesetzten Kurfürsten wieder abtreten.

    Die kaiserliche Politik hat bewußt darauf hingearbeitet, daß dem „Judas von Meißen“ durch die jungen Ernestiner „ein Pfahl ins Fleisch gesetzt wurde“ (Hartung). Diese Voraussetzungen, die sein Taktieren zwischen dem Kaiser und den protestantischen Nachbarn im Zeichen der Erhaltung seiner erworbenen Position so schwierig machten, erklären seine spätere Politik. Die sächsische Frage hat K. also rasch lösen können. Aber mit der Gefangensetzung des zu Verhandlungen erschienenen Landgrafen Philipp überspannte er den Bogen. Von übersteigertem Stolz war das persönliche Verhalten K. in diesen Monaten geprägt. Aber von einer völligen militärischen Niederlage der Schmalkaldener konnte keine Rede sein. Der Widerstand Magdeburgs und Bremens sowie die Vertreibung Herzog Erichs von Braunschweig-Calenburg symbolisieren die Machtlosigkeit K. in Norddeutschland.

    Seit der letzten Phase des Schmalkaldischen Krieges hatte sich das Verhältnis K. zu Paul III. rasch verschlechtert. Auf der militärischen Ebene vollzog sich der Abzug der päpstlichen Hilfstruppen während des sächsischen Feldzuges (Frühjahr 1547). Als der Papst das Konzil aus Trient nach Bologna verlegte, fühlte sich der Kaiser in dem Augenblick vom Papsttum im Stich gelassen, als er die militärische Niederwerfung der Protestanten und die kirchliche Reunion in die Hand nahm.

    In der Verfassungsfrage sah der Kaiser den Zeitpunkt gekommen, den seit dem Wormser Reichstag 1521 bestehenden verfassungsrechtlichen Kompromiß durch eine monarchische Lösung zu ersetzen. Sein Reformprogramm verfolgte den Plan eines (allgemeinen) Reichsbundes unter äußerlicher Schonung der Reichsverfassung. In diesen Bund sollten auch die Niederlande, vielleicht auch Mailand und Neapel einbezogen werden. Die Verfassungsreformpläne K. waren schon vor dem Augsburger Reichstag gescheitert: auf den Bundestagen zu Ulm und Augsburg (Juni/Juli 1547), die unter dem unmittelbaren Eindruck des kaiserlichen Sieges von vielen süddeutschen Reichsständen besucht worden waren, hatte dieser Bund nur bei den Reichsstädten und kleineren Reichsständen Zustimmung gefunden. Das Scheitern dieser „großen Lösung“, die dem Territorialfürstentum ein starkes Machtinstrument übergeordnet und somit dessen zentrifugale Kräfte integriert hätte, an der Opposition der Kurfürsten und Fürsten (zum Beispiel Bayern) bereitete den raschen Verfall der kaiserlichen Machtpositionen im Reich seit 1552 vor. Auch die verfassungsrechtlichen Teilregelungen auf dem „geharnischten Reichstag“ in Augsburg 1547/48, in denen der Kaiser sich durchsetzte, änderten an dem Gesamtergebnis nichts. – Der Burgundische Vertrag (26.6.1548), vereinbart zwischen dem Kaiser – in seiner Doppelfunktion als Reichsoberhaupt und Landesherr der niederländisch-burgundischen Erblande – und den Reichsständen, arrondierte den Burgundischen Reichskreis mit Geldern, Zütphen, Artois, Flandern und der Freigrafschaft Burgund. Gegen die Verpflichtung zu einem höheren Aufgebot im Falle von Reichsanschlägen oder Türkenhilfen war er von der Jurisdiktion des Reichskammergerichts eximiert, sollte aber den militärischen Schutz des Reiches genießen. Diese Regelung verlieh den Niederlanden nun auch de jure eine starke Sonderstellung innerhalb des Reiches. Ihre Bedeutung für die spätere Entwicklung dieser Gebiete, die vom Reich wegführte, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Schaffung eines „Vorrates“ zur raschen Aufbringung von Truppen durch den Kaiser sicherte diesem eine kurzfristige, jedoch einmalige und in der Höhe beschränkte Finanzhilfe.

    Die anstehenden religionspolitischen Maßnahmen erforderten die Kooperation der Reichsstände und des Papstes. Beides kam nur in eingeschränktem Maße zustande. Damit trugen die auf dem Reichstag getroffenen reichsgesetzlichen Regelungen den Keim des Scheiterns in sich. Da infolge des päpstlichen Vorgehens das Konzil nicht arbeitsfähig war, und da die Reichsstände die Mitarbeit an einem religionspolitischen Provisorium ablehnten, mußte K. aus eigener Machtvollkommenheit das sogenannte Interim erlassen: eine Rahmenordnung für die deutschen Protestanten bis zur Konzilsentscheidung, die im Zeichen einer reformfreundlichen katholischen Gesinnung lehramtliche und kirchenrechtliche Fragen regeln sollte. – Der Tatbestand säkularisierten Kirchengutes wurde stillschweigend anerkannt. In der praktischen Durchführung dieses Gesetzes, die K. den Ständen anheimstellte, zeigte sich der größte Mangel. Nur ein geringer Teil der protestantischen Prediger fand sich dazu bereit; das Interim führte zu einer tiefgreifenden Spaltung im deutschen Protestantismus. Für die Katholiken hingegen trat eine andere Reformordnung in Kraft, die sogenannte Formula reformationis (9.7.1548), die im Gegensatz zum Interim nicht im Reichsabschied Aufnahme fand. Sie verpflichtete die geistlichen Reichsstände zur Abhaltung von Diözesan- und Provinzialsynoden. In vielen Fällen zeigte sie eine positive Wirkung.

    Die Jahre von 1548 bis 1556 sind geprägt vom wachsenden Widerstand im Reich und in Europa gegen die Machtentfaltung des Kaisers und vom Niedergang der Herrschaft K. Gegen K. formierte sich ein organisierter Widerstand europäischen Ausmaßes, der von den deutschen Protestanten über Heinrich II. bis nach Italien reichte. Im Reich wurde Magdeburg zum Symbol des wachsenden protestantischen Widerstandes. Ferner läßt sich am Beispiel der Achtexekution gegen diese Stadt erkennen, daß K. die Initiative in der Person Kurfürst Moritz an das Territorialfürstentum abtrat. Das im Februar 1550 zwischen Markgraf Johann von Brandenburg-Küstrin, Herzog Albrecht von Preußen und Herzog Albrecht von Mecklenburg abgeschlossene Defensivbündnis bildete den ersten Ansatzpunkt der protestantischen Fürstenopposition. Ein Jahr später wurde diese durch den Beitritt von Kurfürst Moritz und durch die Kontakte zu Heinrich II. von Frankreich zu einer Gefahr für K. Auf dem Augsburger Reichstag 1550/51 schlug dem Reichsoberhaupt die Kritik an den kaiserlichen Errungenschaften von 1548 entgegen. Nur unter dem beharrenden Einsatz seiner Autorität erreichte er ein dringliches Nahziel, nämlich die Organisation des Reichskrieges gegen Magdeburg – aber die Bestreitung der Kriegskosten aus dem „Vorrat“ bedeutete praktisch dessen Erschöpfung. Diese Politik, für die eine Zurückstellung grundsätzlicher Fragen der Reichs- und Kirchenpolitik charakteristisch ist, wird nur auf dem Hintergrund der fortdauernden Konzilskrise und der damaligen innerhabsburgischen Erbfolgeprobleme verständlich.

    Nach dem Scheitern der Verfassungsreformpläne auf dem Augsburger Reichstag rückte die Nachfolgeregelung im Hause Habsburg in den Vordergrund. Aufgrund der Tatsache, daß Ferdinands Nachfolge in der Kaiserwürde seit seiner Wahl zum römischen König feststand, versuchte K. durch eine Lösung, die ein Alternieren der Kaiserwürde zwischen seiner Linie und jener seines Bruders vorsah, die transpersonale Einheit des habsburgischen Machtbereiches zu sichern. Auf Ferdinand sollte zunächst Philipp, dann erst Ferdinands Sohn Maximilian folgen. Dieser Plan rief den Widerstand Ferdinands und Maximilians hervor. Aus dynastischer Solidarität erklärte sich schließlich die Wiener Linie mit der „spanischen Sukzession“ Philipps im Reich einverstanden (Familienverträge März 1551). Maximilian gab die Opposition nicht auf. Abgesehen von den mannigfachen politischen und verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten, die der dauerhaften Sicherung des habsburgischen Universalsystems entgegenstanden, war das rasche Scheitern|des kaiserlichen Sukzessionsplans in den folgenden Jahren auch durch diese innerhabsburgischen Gegensätze bedingt.

    Seit dem Beginn des Pontifikates von Julius III. (Februar 1550) hatte K. auf die Rückverlegung des Konzils von Bologna nach Trient gedrängt. Am 1.5.1551 erfolgte die Wiedereröffnung des Konzils in Trient. Frankreich boykottierte die Kirchenversammlung. Von großer Bedeutung für die kaiserliche Konzilspolitik war die Präsenz des deutschen Episkopats (die rheinischen Erzbischöfe und einige Bischöfe) und der protestantischen Delegation (Württemberg, Kursachsen und Straßburg). Aber rasch zeigten sich die gegensätzlichen Auffassungen der Protestanten über das Konzil – vor allem in der Nichtanerkennung der bisherigen Beschlüsse –, die K. bisher bewußt überspielt hatte. Bereits Ende 1551 geriet das Konzil in eine Krise, am 24.4.1552 erfolgte die Suspension durch den Papst.

    König Heinrich II. von Frankreich, ein entschlossener Gegner K. aus der jüngeren Fürstengeneration, arbeitete seit 1550 auf ein Offensivbündnis mit der Türkei gegen Habsburg hin. Ihm ging es um die Beseitigung des Waffenstillstandes zwischen Ferdinand und dem Sultan von 1547, der eine Konsequenz des Friedens von Crépy gewesen war. Das Beharren K. auf den Erfolgen gegen den Korsaren Dragut in Nordafrika (1550) – dieser war türkischer Vasall geworden – ließ Ferdinands Verhandlungen mit dem Sultan zur Regelung der nach dem Tod Zápolyas in Siebenbürgen und im Banat aufgeworfenen Herrschaftsprobleme scheitern und die Gefahr eines kombinierten französisch-türkischen Angriffs in Ungarn und in Italien stark anwachsen.

    Durch den Abschluß des Vertrages von Chambord zwischen Heinrich II. und der protestantischen Fürstenopposition (15.1.1552) waren die Voraussetzungen gegeben für ein Losschlagen gegen den Kaiser im Reich. Bis Februar 1552 schenkte K. den Warnungen seiner Schwester und Ferdinands über die Absichten dieser „Kriegsfürsten“ keinen Glauben. Er unterschätzte die Persönlichkeit Moritz' von Sachsen und vertraute zu sehr auf das Druckmittel der Freilassung des abgesetzten sächsischen Kurfürsten. Im Frühjahr 1552 erfolgte der rasche Vorstoß der Kriegsfürsten unter Kurfürst Moritz nach Süddeutschland. Die meisten Reichsstände verhielten sich neutral, es kam nicht zu der von den Kriegsfürsten erwarteten allgemeinen Parteinahme gegen K. Dieser Umstand ließ Kurfürst Moritz auf Verhandlungen mit Ferdinand in Linz (April 1552) eingehen. Die Forderungen der Kriegsfürsten nach einem Religionsfrieden liefen praktisch auf die Beseitigung des Interims hinaus. Hier war K. zu keiner Konzession bereit. Der sächsische Kurfürst nützte schließlich die Wochen bis zu den für Juni vereinbarten Passauer Verhandlungen zu einem raschen Vorstoß gegen Innsbruck, um K. zum Frieden zu zwingen. Dieser konnte im letzten Moment einer Gefangennahme entgehen (19.5.) und nach Villach flüchten. Eine Besserung der Position der Kriegsfürsten trat nicht ein – im Gegenteil. Das Bündnis mit Frankreich zerbrach, vor allem wegen der kompromittierenden Wirkung der französisch-türkischen Allianz; K. gewann seine Entschlußkraft zurück, begann systematisch zu rüsten und erwartete von den Verhandlungen vor allem Zeitgewinn.

    In den Linzer und Passauer Verhandlungen ist Ferdinand stark in den Vordergrund getreten. In Passau konnte er sich an die Spitze einer ständischen Mittelpartei stellen und als Vermittler („superarbitre“) zwischen den Kriegsfürsten und K. wesentliche Positionen seines Bruders retten. Über diese Tatsache kann auch das Zögern K. vor dem Abschluß und der Ratifikation des Passauer Vertrages nicht hinwegtäuschen. In zwei Materien des Vertragswerkes setzte sich das Beharrungsvermögen K. durch: in der Reduktion der religionspolitischen Forderungen auf ein Provisorium bis zum nächsten Reichstag und in der Zurückweisung jeglicher Kritik an seiner Rechtsstellung und Regierungsweise.

    Obwohl der Kaiser im Reich isoliert blieb, ging es ihm weiterhin um eine Neukonsolidierung seiner Stellung in Deutschland. In der zweiten Jahreshälfte 1552 lassen sich Neuansätze seiner Deutschlandpolitik verfolgen: Reorganisation des kaiserlichen Hofrates – die Verstärkung des deutschen Elements –, Religions- und Bündnispolitik, Aufgreifen der „spanischen Sukzession“ – wenn auch nur zur Beruhigung Philipps. Sie sollten der Gewinnung einer günstigen Ausgangsposition für das „remedio de lo Alemaña“ auf einem künftigen Reichstag dienen. Erst im September 1552, nach dem Übertritt des Markgrafen Albrecht Alcibiades auf die Seite K., fiel die Entscheidung für die Offensive gegen Frankreich, das heißt für den Marsch gegen Metz – die militärisch-politische Abrechnung mit den deutschen Kriegsfürsten wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Vorgehen im Falle des Markgrafen, das das Reichsrecht korrumpierte, zeigt K. Fixierung auf das französische Problem. Im Winter scheitert er vor|der gut verteidigten Festung Metz. Die Frage, ob er nach dieser Katastrophe nach Oberdeutschland zwecks Abhaltung des Reichstages zurückkehren oder sich in die Niederlande begeben sollte, wurde durch die massive Argumentation Arras' (als Exponent der burgundischen Führungsschicht in der Umgebung K.) für letzteres entschieden. Mit dieser Wendung nach Brüssel beginnt die schrittweise „Lösung“ K. vom Reich.

    Nochmals aktivierte K. 1553 die Bundesbestrebungen. Der Plan, in einem ständisch gemischten Bund, der regional auf Süddeutschland beschränkt sein sollte, ein Instrument kaiserlicher Revisionspolitik zu errichten, scheiterte an der Ablehnung der Fürsten (Bayern, Württemberg) und an den divergierenden Absichten Ferdinands. Dieser versuchte K. vergeblich für eine koordinierte habsburgische Reichspolitik zu gewinnen, die einen Kompromiß zwischen gesamthabsburgischen Interessen und der Anerkennung des Passauer Status quo, das heißt die Befriedung des Reiches durch religionspolitische Zugeständnisse verfolgte. Das Eingreifen K. in die englische Frage nach dem Tode Eduards VI. (Juli 1553) wirkte stark auf die europäische Gesamtsituation, insbesondere auf das Reich und das Verhältnis zu Frankreich zurück. Die Verehelichung Philipps mit Maria von England, die der Diplomatie K. schließlich gelang, eröffnete die Möglichkeit, die Einkreisung Frankreichs zu vollenden durch die Errichtung eines habsburgischen Nordreiches, das neben der älteren Linie – sie sollte von Philipps Sohn Don Carlos fortgeführt werden – und der ferdinandeischen einen dritten Schwerpunkt bilden würde. Im Reich und bei Ferdinand stieg die Furcht vor der „spanischen Sukzession“ nochmals an, auch wenn die Konzeption, die K. jetzt verfolgte, zunächst wie ein Verzicht auf Philipps Kandidatur für die römische Königswahl aussehen konnte.

    Ende 1553 nahm K. Ferdinands Initiative für den in Passau zugesagten Reichstag positiv auf. Auf dem Reichstag sollte ein religionspolitisches Provisorium verfügt werden, dem in enger Koordination mit der erfolgreichen Beendigung des Krieges gegen Frankreich ein theologisches Colloquium folgen sollte. Bedenklich war der Schritt zur „vollkommenen Anheimstellung“ kaiserlicher Autorität und Verantwortung für die Reichstagsleitung an Ferdinand (8./10.1554), den K. mit seinen „scrupules de la religion“ motivierte. Es war dies eine „staatsrechtliche Fiktion“ (Lutz), denn ein römischer König konnte vivente imperatore nicht anders als namens des Kaisers einen Reichstag abhalten. Was K. damit beabsichtigte, die Verantwortung für den kommenden Reichstag abzulehnen, ohne die Übertragung des Kaisertums an Ferdinand vorzunehmen, schloß sich gegenseitig aus. In der harten, bis Anfang 1555 mit Ferdinand geführten Auseinandersetzung ist K. schließlich unterlegen.

    Bald nach dem Beginn des im Februar 1555 eröffneten Augsburger Reichstages trat in der Religionsfrage die Wendung zu einer reichsrechtlichen Dauerlösung („immerwährender Religionsfriede“) ein, bei Zurückstellung der theologischen Probleme. Nach der Übersendung des Religionsfriedensentwurfs des Fürstenrates nach Brüssel (26.3.) war dem Kaiser klar, daß er angesichts der unnachgiebigen Position, die Ferdinand in der Kompetenzfrage einnahm, in die Verantwortung einbezogen werden würde. Ihm blieb nur der Ausweg der Abdankung und des Verzichts auf die Kaiserkrone. Das Scheitern der Friedenskonferenz in Marcq (Mai/Juni 1555), der Fehlschlag der Hoffnungen auf einen Thronerben in England sowie die bedrohliche Lage, die durch das Einschwenken des neugewählten Papstes Paul IV. auf die Seite Frankreichs entstanden war, bestärkten K. in den folgenden Monaten in diesem Entschluß.

    Philipp hatte inzwischen auf die Nachfolge im Kaisertum verzichtet, nicht jedoch auf das Reichsvikariat in Italien, das ihm K. in einer reichsrechtlich diskutablen Weise im Januar 1556 übertrug. In den Monaten nach dem Reichstag in Augsburg vollzog der Kaiser zunächst seine Abdankung vor den niederländischen Ständen (25.10.1555) in Brüssel. Die Übertragung der spanischen Königreiche und Siziliens an Philipp, ebenfalls in Brüssel, verzögerte sich bis zum 16.1.1556. Die Ansprachen K. anläßlich der beiden Abdankungsakte gehören zu den wichtigsten Selbstzeugnissen des Monarchen. Die Niederlegung der Kaiserwürde und ihre Übertragung an Ferdinand hatte K. schon vor Ende des Augsburger Reichstages, im September 1555, beabsichtigt. Unmittelbar vor der Abreise nach Spanien übertrug er seinem Bruder die „Administratio imperii“ (5./7.9.1556). Die formale Übertragung des Kaisertitels an Ferdinand erfolgte erst durch den Wahlakt der Kurfürsten in Frankfurt am Main (Februar 1558).

    Die letzten eineinhalb Jahre seines Lebens verbrachte K. in jenem Landhaus, das er an das Kloster San Jeronimo de Yuste hatte anbauen lassen. Keineswegs zurückgezogen in die klösterliche Einsamkeit verfolgte er bis zu seinem Tode vorwiegend beobachtend|die politischen Ereignisse, voran den andauernden Krieg, den Philipp in Flandern gegen Frankreich führte.

  • Werke

    Commentaires de Charles-Quint, ed. K. de Lettenhove, 1862.

  • Literatur

    ADB 15 (Maurenbrecher);
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  • Porträts

    Gemälde v. B. van Orley, 1521 (Budapest, Mus. d. Bildenden Künste), Abb. in: M. I. Friedländer, Die altniederländ. Malerei VIII, 1934;
    Gem. v. Tizian, 1548 (München, Alte Pinakothek), Abb. in: Die Gr. Deutschen im Bild, 1937, v. dems., 1548 (Madrid, Prado), Abb. in: Die Gr. Deutschen V, 1957. Zur Ikonogr.: K. Brandi, Kaiser K. V., Bd. 2, 1941, S. 416-26.

  • Autor/in

    Alfred Kohler
  • Zitierweise

    Kohler, Alfred, "Karl V." in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 191-211 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560093.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Karl V., deutscher Kaiser, geb. am 24. Februar 1500 im Prinzenhof in Gent. Er war das zweite Kind, der erste Sohn seiner Eltern, des Habsburgischen Erzherzogs Philipp des Schönen, des Herrn der Niederlande und seiner Frau, der spanischen Prinzessin Johanna (Juana la loca). Erzherzog Philipp, der Sohn Kaiser Maximilians I., hatte schon bei Lebzeiten des Vaters von seiner burgundischen Mutter Maria die burgundischen Niederlande geerbt; er hatte im October 1496 die zweite Tochter der katholischen Könige, Ferdinands und Isabella's, geheirathet. Hieraus erwuchs im Spätsommer 1500 dem niederländischen Herrscherpaar ein Erbanspruch auf Castilien und eventuell auch auf Aragon. Der spanische Erbprinz Juan, der 1497 Philipps Schwester Margaretha geehelicht, war bald nach der Hochzeit gestorben; die älteste Schwester Isabella, die zweimal nach Portugal geheirathet hatte, und ihr Sohn Miguel hatten dann das nächste Anrecht auf die spanische Succession gehabt, aber beide starben 1500; und somit traten Johanna und ihr Sohn K. damals schon in die Stelle der spanischen Thronerben ein. Der Knabe war in Gent am 7. März getauft, er hatte den Titel eines Herzogs von Luxemburg empfangen. Schon im Januar 1501 wurde er Ritter des Goldenen Vließes. Im December 1501 gingen die|Eltern nach Spanien, wo ihnen am 10. März 1503 Karls Bruder, Erzherzog Ferdinand, geboren wurde (vgl. Allg. d. Biogr. Bd. VI S. 632 ff.); sie nahmen damals die Erbhuldigung der Cortes entgegen und kehrten dann nach Hause zurück (1503).

    1504 starb Königin Isabella. Die Krone Castiliens fiel nun an Johanna, mit ihr mußte das habsburgische Regiment in Spanien Fuß fassen. Philipps Ehrgeiz streckte sofort die Hand nach Spanien aus. Aber Isabella hatte vor ihrem Tode verfügt, wenn ihre Tochter Johanna an der Führung der Regierung verhindert sein sollte (es lagen schon Anzeichen ihrer Geisteskrankheit damals vor), dann sollte König Ferdinand der Katholische für sie die Regentschaft übernehmen. Philipp protestirte. Hin und her wurde gestritten. Schließlich aber machten sich Philipp und Johanna nach Spanien auf den Weg, 1506; Ferdinand mußte sich ihnen fügen; er ging nach Aragon und Neapel, in der Hoffnung, daß Philipps Walten bald Unruhen in Castilien erzeugen würde, die seine Rückkehr ermöglichen könnten. Plötzlich starb Philipp in Burgos am 25. September 1506. Nun kehrte Ferdinand wirklich zurück und nahm die Zügel auch der Castilischen Regierung, als Vormund seiner kranken Tochter und seines unmündigen Enkels, wieder in die Hand.

    1506 hatte Philipp seinen Sohn K. der Obhut des Fürsten Karl von Chimay übergeben, während der jüngere Sohn Ferdinand seit seiner Geburt in Spanien erzogen wurde. In Spanien blieb damals auch Königin Johanna, die Sorge um den ältesten Sohn den Niederländern überlassend. Und als Landesherr der Niederlande trat K. schon 1506 und 1507 nach des Vaters Tode auf. Die Generalstaaten hatten den Großvater Maximilian gebeten, für ihn die Regentschaft und Vormundschaft zu führen; aber Max hatte beides auf seine verwittwete Tochter Margaretha, Karls Tante, übertragen; sie führte die Regierung in den Niederlanden genau im Geiste und in den Traditionen ihres Vaters. Unter Niederländern als Niederländer wuchs der Knabe K. damals heran. Er war anfangs ein schwächliches Kind, oft von Krankheiten geplagt. Auch als er durch eifrige Leibesübungen, durch Reiten und Jagen und ritterliche Spiele, seine Körperkräfte allmählich etwas gestärkt, war und blieb er noch Anfällen ernsthafter Leiden ausgesetzt. Der Heranwachsende konnte keinenfalls für schön gelten: etwas unter Mittelgröße war seine Figur, blaß und hager sein Antlitz, hellblond fast röthlich sein Haar, seine Haltung gebeugt; er hatte ein hervortretendes Kinn, große hängende Lippen, stechende Augen; er war eine leicht reizbare Natur — scheinbar kalt und apathisch, verbarg er doch unter ruhigem Aeußern tiefe und heftige Leidenschaften; er war rachsüchtig und hart. Schon von dem Jüngling hieß es, er werde niemals eine Beleidigung vergessen. 1509 resignirte Chimay auf seinen Posten. Da wurde sein Hofmeister und Mentor Wilhelm von Croy, Herzog von Chièvres, ein ritterlicher Lebemann von gefälligen Formen, der auch von Politik und Staatsgeschäften soviel verstand, daß er sich geeignete Werkzeuge auszusuchen und beizuordnen wußte. Chièvres gewann bald auf den fürstlichen Jüngling maßgebenden Einfluß. Als Lehrer hatte K. zuerst den Spanier Juan de Vera, dann einen Niederländer Louis Vacca gehabt; 1507 wählte die Regentin Margaretha ihm den Löwener Theologen Hadrian zum wissenschaftlichen Erzieher (vgl. Allg. d. Biogr. Bd. X S. 302 ff.). Es war ein frommer und gelehrter, aber etwas pedantischer Mann. Große Erfolge des Unterrichtes wurden auch nicht erzielt; K. lernte nur sehr wenig lateinisch und spanisch; er sprach nur wenige Worte deutsch, nicht einmal im Vlämischen wußte er sich gewandt auszudrücken. Dagegen erfüllte Hadrian seines Zöglings Seele mit lauterer und starker Frömmigkeit. Wenn in K. schon von der Mutter her die Aulagen eines religiösen Eifers vorhanden waren, so entwickelte der Einfluß des Lehrers dieselben zu mächtiger Höhe und nachhaltiger Bedeutung. Des jugendlichen Fürsten Geist empfing schon früh eine gewisse kirchliche Richtung, welche in seinem ganzen Leben eine der wichtigsten Charaktereigenschaften des Kaisers geblieben.

    Schon am 5. Januar 1515 wurde K. auf Wunsch der niederländischen Generalstaaten großjährig erklärt; es geschah dies, um äußerlich die Niederlande als eine selbständige Macht von der Gesammtpolitik Kaiser Maximilians losgelöst erscheinen zu lassen. Sowol mit Frankreich als mit England standen die Niederländer seitdem auf friedlichem und freundlichem Fuß: ja der junge Herr der Niederlande wurde sogar mit einer französischen Prinzessin damals verlobt. K. nahm in den einzelnen Theilen der Niederlande die Huldigung entgegen. Seine Regierung stand unter dem Einfluß von Chièvres, der damals die Erzherzogin Margarethe in den Hintergrund drängte. Neben Chièvres arbeiteten der Piemontese Gattinara, der Kanzler Sauvage, Graf Heinrich von Nassau u. A.

    Am 23. Januar 1516 starb Karls mütterlicher Großvater Ferdinand der Katholische in Madrigalejo. Der Tod erweiterte dem Enkel die Aussichten der Zukunft. Zwar hatte Ferdinand Jahre lang an der Absicht festgehalten, eine Theilung der Ländermassen unter die habsburgischen Prinzen, Karl und Ferdinand, seine beiden Enkel herbeizuführen; er hatte K. sich als den Nachfolger seines väterlichen Großvaters Maximilian gedacht, als den dereinstigen Herrn von Oesterreich und den Niederlanden; ihm sollten dann auch die habsburgischen Anrechte und Anwartschaften auf Böhmen und Ungarn, welche Maximilian noch einmal 1515 gesichert hatte, zufallen. Dagegen wünschte König Ferdinand seinem jüngeren Enkel Mailand und Neapel zu geben, ihm die Verwaltung Spaniens zu übertragen und durch seine Verbindung mit einer französischen Prinzessin den langdauernden Zwist mit Frankreich aus der Welt zu schaffen. Maximilians Gedanken waren allerdings ganz andere gewesen; er hatte die Gesammtmasse des Habsburgischen und des spanischen Erbes an K. bringen wollen und Ferdinand höchstens mit einer untergeordneten Stellung zu apanagiren gemeint. Das Weltreich, von dem der alte Kaiser Zeit seines Lebens geträumt, sollte der Enkel verwirklichen. Es gelang seinen Agenten, auf dem Todtenbett König Ferdinand für diese Combination zu bekehren. Ueberwältigend war seit Franz I. Regierungsantritt, 1515, Frankreichs Machtaufschwung erschienen. Der Vertreter der Niederlande in Spanien, den man 1515 zu Ferdinand geschickt hatte, Karls Lehrer Hadrian, gewann den sterbenden König für die Wünsche der Habsburger. Vor seinem Tode stieß Ferdinand noch sein Testament, das er 1512 in Burgos gemacht hatte, wieder um. Somit wurde 1516 K. Herr in Aragon und hatte auf die Verwaltung Castiliens in Vertretung seiner kranken Mutter die nächsten Rechte. Hadrian hatte von K. die Vollmacht mitgebracht, eventuell über Spanien die Regentschaft anzutreten. Vor seinem Tode hatte König Ferdinand noch den alten Cardinal Ximenez zum Regenten bestellt. Nun übernahmen Hadrian und Ximenez gemeinsam diese Verwaltung. Ximenez erwarb sich damals um Karls Zukunft große Verdienste; er trat mit Entschiedenheit dafür ein, daß ihm die Krone gebührte und nicht etwa dem jüngeren Ferdinand, für den sich in Spanien selbst eine zahlreiche Partei aussprach. K. selbst hatte schon am 14. März 1516 den Titel „König“ zu führen begonnen, ohne Rücksicht darauf, daß seiner Mutter ausschließlich bei ihren Lebzeiten dieser Titel zustand; er hatte auch sofort seine Absicht angekündigt, persönlich nach Spanien zu kommen. Den Besitz der Niederlande zu sichern, schloß er 1516 sowol mit England als mit Frankreich Friedens- und Freundschaftsverträge; ja in Cambray sagten sich, unter Dazwischenkunft des Kaisers Maximilian, K. und Franz am 11. März 1517 in allen Dingen gegenseitige Unterstützung und Förderung zu. Darauf nahm K. am 16. Juni 1517 von den Generalstaaten in Gent Abschied. Die niederländische Regierung übertrug er seiner Tante, der Erzherzogin Margaretha. Aber erst am 8. September ging er in See und erst am 19. September landete er in Asturien. Die Welt wußte damals noch nicht viel von dem jungen Fürsten zu rühmen. Zwar betonten französische Diplomaten seinen Fleiß im Lesen von Berichten und Depeschen; Andere aber urtheilten „dieser neue König gilt für nichts“ oder „er ist nicht der Mann viel von sich reden zu machen“. Die Spanier bemerkten, daß er von den niederländischen Großen allzusehr abhängig, daß er noch nicht einmal spanisch zu sprechen gelernt habe. K. galt damals als unbedeutend, phlegmatisch, träge, lenksam, von ehrgeizigen und habgierigen Menschen abhängig.

    Mit großem Undank lohnte er Ximenez. Unterwegs auf der Reise, um den neuen König zu begrüßen, traf ihn ein kühles Schreiben Karls, durch das er ihm das Ende seiner Statthalterschaft notificirte. Ximenez wurde krank und wenige Tage nachher starb er (8. November). K. stattete seiner geisteskranken Mutter in Tordesillas einen Besuch ab. Dann begegnete ihm in Mojados sein Bruder Ferdinand, den er damals zuerst sah. Gemeinsam gingen die Brüder nach Valladolid, im December versammelten sich dort die Cortes. Es hatte sich sofort ein Anstand erhoben, den man zu beseitigen sich beeilen mußte. K. zeichnete schon als König. Die streng gesetzlichen Spanier verlangten, daß er nur als Regent für seine kranke Mutter in ihrem Namen die Regierung führe. Nach einigem Streite einigte man sich dahin, daß die Regierung auf den Namen Beider lauten sollte: „Johanna und Karl“ — so wurden alle Aktenstücke unterzeichnet. Ferner, die Herrschaft des Niederländers in Spanien wurde als ausländisches Regiment empfunden. Die Niederländer, die mit K. gekommen, rissen die Geschäfte an sich, sie bemächtigten sich der einflußreichen und einträglichen Posten; Aemter und Pensionen und Pfründen und Bisthümer regnete es auf diese ausländische Schaar. Die Ritterorden wurden mit Niederländern erfüllt; Chièvres vergab die fettesten Stellen an seine Verwandten und seine Clienten; das Erzbisthum Toledo verschenkte er einem blutjungen, unwissenden und ungeistlichen Vetter. Dabei wurden aber an die Leistungsfähigkeit des Landes die höchsten Ansprüche gemacht. Gegen diese Eingriffe der Niederländer erhoben sich vielfache Beschwerden; so protestirte in den Cortesverhandlungen der Abgeordnete für Burgos gegen den Vorsitz eines Niederländers in spanischer Versammlung; und alle Versuche, den Oppositionsredner einzuschüchtern, schlugen fehl. Man setzte es durch, daß K., wie ungern und zaudernd auch immer, den Eid auf die hergebrachten Gesetze von Castilien ablegte; dann huldigten ihm die Cortes von Castilien, Leon, Granada am 7. Februar 1518; von da ab erst war er nach dem Landesrechte König Karl I. Er reiste dann nach Aragon; unterwegs trennte er sich in Aranda von seinem Bruder Ferdinand, den er in die Niederlande schickte; es schien nöthig ihn aus dem Gesichtskreis der Spanier zu entfernen. Im Mai fanden in Saragossa Cortesverhandlungen statt; erst nach vielen Debatten erhielt K. in Aragon die Anerkennung als König, am 29. Juli, auch hier erst nachdem er die Landesgesetze (fueros) beschworen. Aus Aragon begab K. sich nach Catalonien; am 16. April 1519 empfing er in Barcellona die Huldigung des Landes. Es war gelungen, überall auch reichliche Steuerzahlungen bewilligt zu erhalten. In Saragossa war der Kanzler Sauvage gestorben; K. hatte an seine Stelle jenen Gattinara erhoben, dessen kühne und geschickte Hand in der Führung der diplomatischen Aufgaben sehr bald sich bemerkbar machte. Während des spanischen Aufenthaltes starb der alte Kaiser Maximilian in Wels in Oesterreich am 12. Januar 1519. Derselbe hatte noch vor seinem Tode, 1517 und 1518, sich mit dem größten Eifer bemüht, K. auch die Nachfolge im Kaiserthum zu sichern. Aber ehe die Sache noch ganz gesichert, war Max|gestorben. Es begann ein sehr lebhaftes und sehr verwickeltes Intriguenspiel. Neben K. trat als Rivale vor Allem auch Franz I. von Frankreich in die Schranken. Große Interessen standen für die beiden Bewerber auf dem Spiele; alle Welt wurde aufs Lebhafteste erregt; gewaltige Summen wurden von beiden Seiten zur Bestechung der deutschen Kurfürsten verschwendet; alle Mittel der Diplomatie wurden in Bewegung gesetzt, sei es um zu gewinnen, sei es um abzuschrecken. Auch König Heinrich VIII. von England hatte einmal den Einfall Kaiser werden zu wollen. In Deutschland sprach Manches für die Erhebung des Sachsen Friedrich; selbst der Brandenburger Joachim hatte vorübergehend einige Chancen. Eine für K. bedenkliche Candidatur war die von den Niederländern aufgebrachte Idee, den Erzherzog Ferdinand zu empfehlen. Aber mit großem Nachdruck verbot K. es (5. März 1519), daß der Bruder ihm noch Schwierigkeiten bereitete, — er wollte Alles an Alles gesetzt haben; er gab die bündigsten Befehle für seine eigene Erhebung alles zu wagen. Wenn man von der Wahl Karls oder Franz' eine zu große Machtanhäufung fürchtete, so lag doch die Wahl eines Dritten nahe; es scheint Papst Leo X. derartigen Gedanken Raum gegeben zu haben. Aber er blieb doch nicht fest bei dem Vorsatze; er verhieß sowol Franz als K. seine Hülfe, und schließlich trat die päpstliche Diplomatie ebenfalls für K. ein. Am 28. Juni 1519 wurde der junge Habsburger, der König von Spanien und Neapel, K. zum Kaiser in Frankfurt gewählt; seine Agenten hatten für die künftige Regierung Versprechungen ablegen müssen, — danach fragte man nicht viel; in der Praxis meinte man von den Banden der Wahlcapitulation sich leicht frei machen zu können. Es war nicht ohne Einfluß auf das Resultat, daß die Habsburger die öffentliche Meinung in Deutschland für K. gewonnen; die Ritterschaft und die Humanisten lärmten und demonstrirten zu seinen Gunsten; sie gaben aus, daß man von ihm eine Stärkung der Kaisergewalt, eine nationale Regierung erwarten dürfte. Wer sich übrigens den Verlauf der Wahlangelegenheit objectiv vergegenwärtigt, kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß doch die habsburgische Diplomatie den anderen Mächten sich sehr überlegen gezeigt. Man wird nicht sagen können, ob Chièvres oder Gattinara dies Verdienst gebührt, jedenfalls hatte der junge K. noch nicht persönlich die diplomatische Action geleitet; er war damals noch nicht selbstthätig oder selbsthrrrschend.

    Die erste Nachricht der Wahl erhielt er Anfangs Juli. Dann überbrachte ihm Pfalzgraf Friedrich Ende November in Molin del Rey die offiziellen Aktenstücke; — es schien nöthig, daß K. sofort nach Deutschland sich aufmachte. Er hinterließ freilich Spanien schon von bedenklichen Symptomen der Unzufriedenheit erfüllt. Er erzwang vor der Abreise noch eine außerordentliche Geldbewilligung von den widerwilligen Cortes. Daß Spanien für Karls Kaiserthum und Universalmonarchie die materiellen Mittel schaffen und liefern sollte, war eine Zumuthung, die großen Unwillen bei vielen Spaniern hervorrief. Einzelne energische Männer traten zusammen; sie gaben die Losung aus, man solle den König bitten in Spanien zu bleiben und nach den Wünschen der spanischen Cortes Spanien zu regieren. K. aber bestand auf seinem Beschlusse. Trotz des Protestes einzelner Städte trieb er das bewilligte Geld ein. Als man sah, man werde seine Abreise nicht Verhindern, verlangte man, daß den Städten in der Landesverwaltung eine mitwirkende Stimme ertheilt würde. K. schob anfangs seine Antwort hinaus: erst im Begriff abzureisen lehnte er jene Bitte ab, indem er mahnte ruhig zu bleiben. Und als Regenten setzte er in Spanien einen Niederländer ein, jenen Hadrian, der auf spanischem Boden Bischof geworden, an die Spitze der Inquisition getreten und vom Papste mit dem Cardinalshute geziert war.

    Am 20. Mai 1520 schiffte K. sich in La Coruna ein; am 25. landete er in Dover an der englischen Küste. Nach einigen Festlichkeiten, in denen er sich mit Heinrich VIII. vergnügte, kam er am 1. Juni nach Vlissingen. Er versammelte die Generalstaaten der Niederlande um sich, die ihm in der That für seine deutschen Zwecke reichliche Summen bewilligten. Im Juli empfing er in Calais den Besuch des englischen Königs; enger knüpften sich die Beziehungen der kaiserlichen und der englischen Politik. Im Herbst wendete er seine Schritte ins deutsche Reich. Am 22. October kam er nach Aachen. Dort wurde er feierlich und festlich in hergebrachter Weise zum Kaiser gekrönt und gesalbt. Zahlreich waren die deutschen Fürsten zur Stelle, ihren Kaiser zu begrüßen. Von Aachen zog K. über Köln, dann rheinaufwärts durch die Pfalz nach Worms. Hier eröffnete er am 28. Januar 1521 den zahlreich besuchten Reichstag. Auf dem Reichstag in Worms berührte der junge Herrscher zum ersten Male die Angelegenheiten und Interessen des deutschen Reiches und der deutschen Nation.

    Hier hatte K. zunächst Besitz zu ergreifen von der Regierung des deutschen Reiches; die Form war hier zu finden für die Ausübung der kaiserlichen Gewalt und die Mitwirkung der Fürsten. Vorsichtig und behutsam und rücksichtsvoll behandelte er die vorgefundenen Personen und Zustände. Das Reichsregiment der Reichsstände, um das Kaiser Max mit seinen Gegnern so hartnäckig gestritten, war K. nicht im Stande ganz zur Seite zu lassen; aber er gestaltete es so, daß es nicht eine den Kaiser in der Verwaltung controlirende und hemmende Behörde, sondern nur eine den Kaiser während seiner bevorstehenden Abwesenheit vertretende Behörde wurde, und auf die Zusammensetzung desselben wahrte er sich seinen Einfluß. Gewiß hatte K. sich in Worms nicht einer festen und sicheren Regierungsgewalt über Deutschland bemächtigt; aber er hatte doch jeden Zusammenstoß mit den Fürsten des Reiches und jeden Conflict mit den heftig und unruhig und neuerungslustig wogenden Massen vermieden. Wenn Ritter und Humanisten von einer Revolution unter Führung des Kaisers geschwärmt, so hatte K. jede Anlehnung und jeden Schritt nach dieser Seite hin unterlassen. In der kirchlichen Angelegenheit war die Aufregung der Deutschen eine besonders große, tiefgreifende, nachhaltige. Zu der schon lange vorhandenen antipäpstlichen Strömung, zu der schon einige Zeit wirksamen humanistischen Bestrebung war durch Luther das neue Moment eines neuen Kirchenprincipes getreten, das aus den innersten religiösen Regungen eines religiös fühlenden Menschen entsprungen. Das offizielle Kirchenregiment hatte Luthers Lehre damals schon verworfen und ihn selbst schon mit dem Banne belegt. Es handelte sich in Worms darum, daß das Reich entweder von der Idee der lutherischen Reformation sich lossagen oder vielleicht zu ihr sich bekennen wollte. Der Kaiser hatte schon in der religiösen Frage seine Partei ergriffen: er stand fest und unbeirrt auf dem Boden der Kirche des Mittelalters, folgte den Entscheidungen und Anordnungen ihrer Behörden. So hatte er in den Niederlanden das Verbot lutherischer Schriften schon bestätigt; soweit sein Einfluß reichte, wurden dieselben vernichtet. Er war also in Worms bereit Roms Wünsche zu erfüllen. Aber auch K. und die spanischen Geistlichen, die seine Seele beherrschten oder beeinflußten, verlangten nach einer Reformation der Kirche, allerdings einer Reinigung und Besserung der Kirche nur nach den Grundsätzen und Ansichten des Mittelalters. Einer derselben, des Kaisers Beichtvater Glapion, der unter des Erasmus Einwirkungen stand, wagte in Worms den Versuch, Luther für die Aufgabe der katholischen Reformation als Mitarbeiter zu gewinnen. Als die erste Aussicht schon eines solchen Versuches zerrann, brachte die kaiserliche Regierung wenigstens das zu Stande, daß die Führer der allgemeinen Revolution, Hutten und Sickingen, die der kirchlichen Frage sich bemächtigt und den Ruf nach der Kirchenreformation im Sinne Luthers|auf ihre Fahne geschrieben hatten, sich von gewaltsamem Vorgehen zurückscheuchen ließen und zum Schutze Luthers nicht gewaltsam, wie sie gedroht, in die Verhandlungen des Reichstages eingriffen.

    Des Papstes Vertreter, Aleander, verlangte einfach Anerkennung und Ausführung der päpstlichen Bannbulle wider Luther. K., der persönlich in Worms an der Führung der Geschäfte Theil nahm und besonders in den kirchlichen Fragen das lebhafteste Interesse an den Tag legte, wäre nicht abgeneigt gewesen nach Aleander's Wunsch zu verfahren. Aber seine Räthe empfahlen „Temporisiren“, „Politisiren“. Chièvres sowol als Gattinara wollten die Deutschen nicht vor den Kopf stoßen; die „Beschwerden“ Deutschlands gegen das päpstliche Kirchenregiment, die man 1521 noch lebhafter vorbrachte als man sie schon 1518 geltend gemacht hatte, hielten sie für begründet. Das Verlangen nach einem „Concile“ zur Beilegung der kirchlichen Wirren, zur Anbahnung der Reformation hielt besonders Gattinara für berechtigt. Der Reichstag entschied sich zuletzt dafür, daß, ehe er Luther's Verdammung beipflichten könnte, er Luther selbst gehört haben müßte. Luther wurde nach Worms citirt; am 17. und 18. April 1521 erschien er vor dem Reichstage, sich zu seinen Schriften mit Begeisterung zu bekennen und den ihm zugemutheten Widerruf derselben zurückzuweisen. Schon am folgenden Tage legte K. den Reichsständen den von ihm selbst verfaßten Entwurf eines Decretes gegen Luther vor. Es kamen auch damals in Rom die diplomatischen Verhandlungen über eine politische Allianz zwischen Kaiser und Papst zum Abschluß; damit war der entschiedenste Gegensatz des Kaisers gegen die lutherische Reformation und gegen Luther selbst eine fertige Thatsache. Am 25. Mai wurde das Reichsgesetz gegen Luther angenommen und verkündigt, das auf den 8. Mai zurückdatirt wurde, auf den Tag, an dem in Rom jene Allianz unterzeichnet war. Die persönliche Sicherheit Luther's wurde nicht verletzt; man ließ ihn unangefochten ziehen, obwol K. vielfach aufgefordert war, Luther der ihm gebührenden Strafe als Ketzer nicht zu entziehen.

    Der Reichstag, der sich hierin dem Willen des Kaisers angeschlossen, hatte auch in der auswärtigen Politik sich dem Kaiser gefügt; er hatte in dem ausbrechenden Kriege mit Frankreich auf des Kaisers Seite sich gestellt. So konnte K. mit Befriedigung am 81. Mai aus Worin scheiden; er verließ Deutschland, da ihn aufs dringendste die Lage Spaniens abrief.

    Während des Reichstages war die territoriale Auseinandersetzung mit dem Bruder erfolgt. Am 21. April 1521 trat K. an Ferdinand die Habsburgischen Besitzungen in Deutschland (Oesterreich, Tirol und Vorderösterreich) ab. Kurz vor dem Schluß des Reichstages war Chièvres in Worms gestorben (28. Mai), der bisher an der Spitze der Politik gestanden. In seine Stellung trat der Kanzler Gattinara, durch volles Verständniß und hohes Selbstgefühl der Politik Chièvres eher überlegen als ihm nachstehend.

    Die Abreise Karls nach Spanien verzog sich noch eine Weile, weil bald aus Spanien günstigere Nachrichten einliefen und weil das Vorgehen der Franzosen schleunige Gegenmaßregeln in den Niederlanden heischte. Sowol an der Seite Navarra's als an der niederländischen Grenze begann Frankreich den Streit; dort unterstützte es Henri d'Albret, hier half es Robert de la Marck. In dem Herzog Karl von Geldern fand Franz einen stets rührigen Genossen gegen die Herrschaft der Habsburger. Aber auch in Italien ging der Krieg über Mailand, das seit 1515 die Franzosen occupirt hatten, wieder an. K. hatte auf allen Seiten Glück; Tournay wurde genommen, das kaiserlich-päpstliche Heer drang siegreich nach Mailand vor. Die Generalstaaten hatten in Gent im Juli Hülssmittel reichlich bewilligt. Aus England kam Wolsey zu K. nach Brügge und schloß am 14. August den kaiserlich-englischen Bündnißvertrag;|dann begannen in Calais eingehende diplomatische Erörterungen über alle zwischen K. und Franz schwebenden Differenzen; es sah so aus, als ob England einen Schiedsspruch zwischen den Gegnern thun würde. Das Ergebniß war die Erneuerung des kaiserlich-englischen Bundes zum Angriff auf Frankreich, und Papst Leo X. trat am 24. November diesem Bunde bei. Im Frühjahr 1522 rüstete K. sich zur Heimkehr nach Spanien. Wieder übertrug er die niederländische Regentschaft an die Erzherzogin Margaretha; dann schiffte er sich am 27. Mai in Calais ein. In Dover empfing ihn Wolsey. Glänzende Feste veranstaltete König Heinrich zu Ehren seines kaiserlichen Gastes. Dann setzte K. am 6. Juli seine Fahrt fort und landete am 16. Juli in Santander.

    Die pyrenäische Halbinsel hatte während der zweijährigen Entfernung des Kaisers eine stürmische Periode durchlebt. Die niederländische Herrschaft und die Steuern, die K. in Spanien eintrieb, die Nichtachtung der Landeswünsche hatten, wie vorhin schon gesagt, das Land unzufrieden gemacht. Nach Karls Abreise führte die Unzufriedenheit zum Aufstande. Der von K. eingesetzte Statthalter, Cardinal Hadrian, verschlimmerte durch sein ungeschicktes Auftreten noch die schon schlimme Lage. Bald gab es in Toledo einen Aufstand, und eine Stadt nach der anderen in Castilien, Segovia. Zamora, Burgos, Avila, Madrid schloß sich Toledo's Vorgang an. Daß die königlichen Truppen Medina del Campo in Brand gesteckt, entfachte das Feuer des Aufstandes noch hitziger. Die Aufständigen kamen nach Tordesillas, holten dort die kranke Königin Johanna hervor; sie behaupteten, sie sei gesund, ihr würden sie als Königin gehorchen. Das Mittel half ihnen nichts, zu deutlich war der Zustand Johanna's; es gelang nicht ihr irgendwelche Erklärung gegen ihren Sohn abzupressen. Ein Ausschuß der Vertreter der Gemeinden von Castilien trat zusammen und nahm die Leitung in seine Hand. Hadrian fand keinen Gehorsam mehr. Gerade inmitten dieser Unruhen faßte Karls Regierung den folgenschweren Beschluß, die Spanier anders zu behandeln als bisher. Einst hatten die katholischen Könige den Landesadel gebändigt, indem sie sich auf den Bürgerstand, die Städte des Landes, gestützt; jetzt war der Adel schon an den Dienst der Krone gewöhnt; die einzelnen Adligen hingen materiell als Mitglieder der Ritterorden, deren Leitung die Krone an sich gerissen, von dem guten Willen des Königs ab. Jetzt galt es die Städte in ähnlicher Weise unter das Joch der Krone zu beugen, und der dienstgewohnte und diensteifrige Adel sollte das Werkzeug sein die Städte zu zwingen. Es war ein großer Erfolg, daß es gelang den Adel von der Theilnahme am städtischen Aufstand zurückzuhalten. Der Adel schlug sich auf Seite der Krone. Man schonte und befriedigte die Gelüste des Adels, indem man am 9. September 1520 dem pedantischen und ungeschickten Regenten Hadrian zwei Mitregenten beigab, zwei hervorragende Führer des castilischen Adels, den Großconnetable von Castilien Don Iñigo Fernandez de Velasco und den Großadmiral von Castilien, Don Fedrique Henriquez. Auch suchte man zu begütigen und zu beschwichtigen und durch kleine Concejsionen den Aufstand zu spalten. Allmählich sammelten sich wieder die Anhänger des Königs. Schon Anfangs December kamen sie nach Tordesillas und stellten dort die alte Ordnung wieder her. Es begannen Verhandlungen zwischen den Parteien; schließlich aber griffen die Adelsherren doch zum Schwert. Bei Villalar wurden die Aufständigen völlig aufgerieben (24. April 1521). Erbarmungslos wurde jeglicher Rest von Opposition im Lande erstickt, mit den schwersten Strafen wurden die Schuldigen verfolgt. Eine Amnestie wurde zwar verkündigt, aber der Ausnahmen waren so viele, daß von den wirklich Betheiligten kaum einer davon kam. Auch in Valencia wurde 1522 eine Verwandte Bewegung niedergeschlagen; ebenso siegreich war der Versuch französischer Einmischung zurückgeworfen.

    1522 war dem Kaiser das Glück zu Theil geworden, daß nach Leo X. Tode sein Lehrer Hadrian zum Papste gewählt worden. Als K. kam, machte sich der bisherige Statthalter von Spanien auf den Weg nach Rom, entschlossen als Papst den ihm bekannten universalen Gedanken seines kaiserlichen Schülers zu secundiren.

    Als K. im Juli 1522 den Boden Spaniens wieder betrat, durfte er sich sagen, daß die beiden gleichzeitig sein Regiment bedrohenden Bewegungen, die deutsche und die spanische, von seiner Staatskunst so geschickt und so glücklich behandelt worden, daß die gefährlichste Krisis überwunden zu sein schien. In den späteren Aufzeichnungen, die er über sein Leben selbst gemacht, treten uns 1521 die Unruhen der „Communidades“ von Castilien und die religiösen Bewegungen in Deutschland, die Luther hervorgerufen, wie zwei parallele, verwandte, ähnlich geartete Ereignisse entgegen. Auch an dem spanischen Aufstande hatten sich viele niedere Geistliche betheiligt; es war die Reaction gegen die straffe Disciplinirung und strenge Zucht, unter welche die Regierung im Einvernehmen mit dem Papstthum den spanischen Klerus gezwungen. Durch den Sieg der Krone über den Aufstand war Richtung und Charakter der bisherigen spanischen Kirchenleitung und Kirchenpolitik aufs neue befestigt und bestätigt.

    Ueberhaupt lebte von 1522 ab K. sich in immer nähere und festere Beziehungen zum spanischen Volke hinein. Die Cortes bestanden noch fort, aber sie wurden immer abhängiger von dem Willen der Regierung. Es kam dahin, daß die Deputirten der Städte von dem Könige geradezu ernannt wurden; Bitten und Wünsche trugen sie wol noch vor, ernstlicher Widerspruch aber war von ihnen nicht mehr zu befürchten. Der Absolutismus der Krone war eine Vollendete Thatsache. Der Adel wetteiferte um die Ehre der Krone zu dienen; huldvoll geruhte K. die Dienste des Adels entgegenzunehmen. Spanien und die Spanier waren willfährige Werkzeuge und Diener der kaiserlichen Politik. Während seines zweiten Aufenthaltes in Spanien, der von 1522—1529 dauerte, legte die Regierung Karls allmählich den Charakter der Fremdherrschaft ab. Bald kam K. in wirklich herzliche Beziehungen zum spanischen Volk. Die glänzende Rolle, die Spaniens Macht in Europa spielte, die Siege, die man erfocht, die Beute, die man eroberte, die Reichthümer, die aus Amerika zuflossen, alle diese Dinge gewannen Auge und Herz dem Herrscher, unter dessen Führung man allen diesen Ruhm sich erwarb. Und die Kriegslust des Spaniers, die auf der pyrenäischen Halbinsel kein Object mehr hatte, ergoß sich mit Leidenschaft und Eifer nach Außen gegen die Widersacher des Kaisers. Daß K. in der großen religiösen Angelegenheit, welche die Welt spaltete, zu der Art und Weise spanischer Religiosität sich bekannte, ebnete mehr und mehr die Schwierigkeiten seiner Stellung. In Spanien verlangte das Volk nach Kampf und Krieg wider die Feinde des Glaubens; zum Kreuzzug gegen die Ketzer waren die Spanier bereit, sie drängten dahin den Sinn ihres Herrschers, der selbst im eigenen Herzen ähnlichen Fanatismus barg. So vollzog sich die Verschmelzung von König und Volk sehr leicht, schon in wenigen Jahren waren der Niederländer K. und das spanische Volk zu engster Eintracht und Einheit zusammengewachsen.

    Allerdings war der Zweiundzwanzigjährige noch nicht der Kaiser, der in der späteren Erinnerung der Menschen fortlebt, der Selbstherrscher eisernen Willens, der kühle und rücksichtslose Gebieter über ganz Europa; so gewaltig war damals sein Wesen noch nicht. Aber nachdem er seine erste Probe in Deutschland abgelegt, war er doch ein Anderer geworden als der unbedeutende Jüngling, der 1517 die Abneigung der Spanier wachgerufen hatte. K. hatte schon angefangen an der Politik seiner Regierung selbst mitzuarbeiten; er las die einlaufenden Papiere, er besprach sich mit seinen Ministern eifrig und angestrengt und ausdauernd, er zeigte auch schon eigene Meinungen, wenn er auch schließlich von|der erfahreneren Ansicht seiner Räthe sich leiten ließ. Er war auch ausgewachsen, er war noch immer nicht schön, aber leicht und behend in seinen Manieren; er liebte Bewegung und Jagd; den Freuden der Tafel war er bis zur Unmäßigkeit ergeben. Dagegen wurde 1521 von ihm gerühmt, daß er sinnlichen Zerstreuungen und Vergnügungen nicht nachginge. Erst im 22. Jahre auf der Durchreise durch die Niederlande fing er an Geschmack am Verkehr mit Weibern zu finden; aus einer flüchtigen Liebesverbindung des damaligen Augenblickes entstammte ihm eine Tochter, die später so berühmt gewordene Margaretha. In Spanien heirathete er, dem dringenden Wunsche der Nation nachgebend, seine portugiesische Base Isabella. Am 11. März 1526 fand die Hochzeit in Sevilla statt. Das Verhältniß der Gatten war ein herzliches und inniges. Höchstens bei längerer Trennung — die Kaiserin Isabella Pflegte bei Karls Reisen stets in Spanien zurückzubleiben — knüpfte er mit anderen Damen vorübergehende Liebesverhältnisse an. Wie anders ist das Bild des Privatlebens dieses Kaisers, wenn man es mit der Liederlichkeit Franz I. von Frankreich oder dem seltsamen Gebühren Heinrichs VIII. von England vergleicht!

    Immer arbeitsamer und selbständiger wurde K. in den verwickelten Geschäften seines großen Reiches. Wol darf man sagen, so lange Gattinara lebte, war Gattinara der Leiter, der eigentliche Kopf der kaiserlichen Staatskunst; aber K. nahm doch Theil an der Führung der Geschäfte, er conferirte mit seinem Kanzler und seinen Ministern, er studirte die Lage Europas — er lernte, um später ganz selbständig die Weltangelegenheiten in seiner Hand zu halten.

    Wir sahen, Karls Herrschaft erstreckte sich über Spanien und seine transatlantischen Colonien, über Neapel und Sicilien, über die Niederlande; als Kaiser von Deutschland war er die höchste weltliche Autorität des Abendlandes; die einzelnen Territorialstaaten des Deutschen Reiches und die einzelnen Particularfürstenthümer Italiens waren fast alle seiner Lehnshoheit untergeordnet. Eine Reihe verschieden gearteter nationaler Ländergruppen umschloß das Ganze seines Reiches. An verschiedenen Stellen beruhte seine Regierung auf verschiedenen Grundlagen und Rechtstiteln; und ganz verschiedene Principien und Interessen galten für ihn in den verschiedenen Theilen seines Reiches. Es war fast eine übermenschliche Anforderung, daß ein einzelner Mann gleichzeitig diese verschiedenen Nationen und Länder regieren sollte. Deshalb hatte K. 1521 einen Theil seines Erbes, die österreichischen Besitzungen mit ihren östlichen Anhängen für seinen Bruder ausgeschieden; aber die allgemeine Richtung wollte K. auch dem Reiche Ferdinands geben: Ferdinand hatte in den europäischen Fragen sich vollständig dem kaiserlichen Bruder unterzuordnen oder anzuschließen. Die deutsche Kaiserwürde verlieh K. zunächst keine factische Macht, sie war gleichsam ein Ehrentitel; sie begründete gewissermaßen den Rechtsanspruch auf die universale Herrschaft der Welt. Der Kern seiner politischen Macht war Spanien, und in zweiter Reihe könnte man auch die Niederlande so nennen. An diesen beiden Stellen führte K. die Zügel der Regierung selbst; hier war es nöthig, den Gang der Dinge wenigstens oft selbst zu controliren. Dagegen blieb er den inneren Vorgängen innerhalb Deutschlands lange Zeit fern. Für das Deutsche Reich hatte er 1521 schon Ferdinand als seinen Stellvertreter bezeichnet; durch ihn gab er seinen Willen Jahre hindurch den Deutschen kund. Lange Zeit erfolgte eine Einwirkung Karls auf Deutschland nur stoßweise; er selbst erschien nur bei besonderem Anlaß nach langen Zwischenräumen innerhalb der Deutschen. Die von K. eingesetzten Localverwaltungen empfingen von ihm stets die Direction, die allgemeine Weisung ihrer politischen Haltung; in den Details waren sie doch ziemlich unabhängig und selbständig.

    Es gibt der historischen Forschung über diese Epoche einen großen Reiz, der|Wechselwirkung zwischen den Principien der Universalpolitik des Kaisers und den localen Tendenzen und Anschauungen seiner Regierungsorgane in den einzelnen Ländern nachzugehen. Hier muß jedoch dieser Weg uns versagt bleiben. Ueberhaupt kann es nicht die Aufgabe dieses biographischen Artikels sein sollen, die Geschichte der einzelnen, Karls Regimente unterstehenden Länder oder Ländergruppen auch nur in ihren wichtigsten Momenten zu vergegenwärtigen. Alles, was der Specialgeschichte der einzelnen Länder angehört, muß hier unberührt bleiben. An dieser Stelle beschränkt sich vielmehr unser Thema auf ein doppeltes: 1) es wird die Richtung wenigstens umzeichnet werden müssen, in der die Regierung Karls V. in den einzelnen Ländern sich bewegt hat und 2) einiges Licht über den persönlichen Antheil des Kaisers an den Geschicken und Thaten seiner Regierungspolitik zu verbreiten, werden wir nicht ablehnen können.

    Den Gegensatz und die Feindschaft gegen Frankreich hatte K. von seinen Vorfahren ererbt; hart stießen seine und der Franzosen Interessen gegeneinander. Seit 1521 hatte er mit geringen Pausen fast die ganze Regierungszeit wider Frankreich zu kämpfen. An der niederländisch-französischen und an der spanisch-französischen Grenze wurde der Krieg geführt; aber auch Italien gab, da es das Object beiderseitigen Begehrens war, den Schauplatz des Krieges ab. K. persönlich hatte 1523 die Kriegführung in Navarra geleitet; 1524 sollte ein größerer Schlag in Frankreich geführt werden durch englische Invasion und gleichzeitig durch Einmarsch eines kaiserlichen Heeres von der Lombardei; man hatte die Mitwirkung des französischen Connetable, des Herzogs von Bourbon gewonnen. Franz machte 1525 eine Diversion in die Lombardei; die Schlacht bei Pavia am 24. Febr. 1525 brach die Blüthe des französischen Heeres und lieferte Franz in die Gefangenschaft des Kaisers. K. nahm scheinbar mit Gleichmuth, ohne Ueberhebung die Nachricht solcher Erfolge entgegen. Auch nutzte er den Sieg nicht bis zum äußersten aus. Der gefangene König Franz wurde nach Spanien gebracht und sofort mit ihm Friedensverhandlungen eröffnet; sie führten am 14. Januar 1526 zum Abschluß des Madrider Friedens. Hier entsagte Franz allen Ansprüchen auf Neapel und Mailand, entließ die niederländischen Gebiete (Artois und Flandern) aus französischer Lehnshoheit, versprach die Uebergabe des Herzogthums Burgund an Karl, und stellte Geiseln für die Erfüllung der Verpflichtungen; Franz hatte auch zugesagt, Karls älteste Schwester, die verwittwete Königin Leonor von Portugal, zu heirathen. Franz hatte diese Concessionen nur bewilligt mit der Mentalreservation, sie nicht zu halten, sobald er erst freigelassen wäre — und alle persönlichen Betheuerungen auf Ehrenwort und dergl. waren nichts als Schein und Trug. In der That, kaum war er nach Frankreich zurückgekehrt, so wurde es klar, daß er nicht daran dachte, die übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Feierlich sprach er dies am 22. Juni aus; ihn hatte der Papst des geleisteten Eides entbunden. Es war nicht mehr Papst Hadrian VI., des Kaisers ehemaliger Lehrer. Allerdings hatte auch Hadrian sich lange gesträubt, im französisch-kaiserlichen Streite einfach an des Kaisers Seite zu streiten; erst im August 1523 hatte er sich dem Kaiser angeschlossen. Dann aber war er am 14. Septbr. gestorben. Und sein Nachfolger auf Petri Stuhl, Giulio de Medici, Papst Clemens VII., hatte von Anfang an sich zweideutig und schwankend gezeigt; sein Gedanke war ein national-italienischer, der das Wachsthum der spanischen Herrschaft über Italien durch Begünstigung der Franzosen einzudämmen versuchte. Jetzt nach der Niederlage der Franzosen that Clemens alles, Franz zu neuem Kriege zu ermuthigen. Dabei trat auch England auf die Seite der Franzosen hinüber; die Liga von Cognac, an der Frankreich, England, Mailand, Venedig und Florenz Theil|hatten, erstrebte die Beseitigung der Spanier aus Italien. Schützend hielt Clemens seine Hand über ihrem Beginnen.

    Bei den ersten diplomatischen Erörterungen, welche die Verbündeten mit K. begannen, ließ K. seiner heftigen Entrüstung gegen den meineidigen Franzosenkönig freien Lauf (September 1526, in Granada). In Italien wurden die Gegner sofort damals handgemein. Karls Heere waren von Glück begünstigt; sie nahmen Mailand ein; in Rom selbst gab es Unruhen und Aufstände, durch die dem wetterwendischen, hinterlistigen Papste manche Unbequemlichkeit auferlegt wurde; ja zuletzt erstürmte Bourbons Heer die ewige Stadt Rom, am 6. Mai 1527 und plünderte und brandschatzte sie gründlich. Clemens war in der Engelsburg eingeschlossen, gleichsam ein Gefangener der kaiserlichen Soldaten. Diese Nachrichten kamen nach Spanien, als dort gerade Freudenfeste wegen der Geburt des Prinzen Philipp (geb. am 21. Mai 1527) stattfanden. K. ließ sofort die Feste unterbrechen; er legte Trauerkleidung an, dem hl. Vater seine Sympathie zu bezeugen. Aber daß er dem unzuverlässigen Papste eine Züchtigung zugedacht hatte, ist nichtsdestoweniger sicher: nur durfte dies nicht zu dauernder Spaltung zwischen Kaiser und Papst hinführen. Karls Wunsch war vielmehr, den Papst stets auf seiner Seite zu haben, zum Alliirten seiner politischen und kirchenpolitischen Entwürfe ihn, wenn nöthig, gewaltsam an sich heranzuziehen. Unter ziemlich günstigen Bedingungen wollte man dem Papste seine persönliche Freiheit zurückgeben; darüber hatte man sich am 26. November geeinigt, aber ehe die Einigung ausgeführt wurde, entwich Clemens am 9. December aus Rom. Mit Frankreich und England waren die diplomatischen Schachzüge das ganze Jahr 1527 hindurch fortgesetzt; endlich am 22. Januar 1528 überbrachten die Waffenherolde von Frankreich und England dem Kaiser die offizielle Herausforderung zum Kriege. K. stellte die Bemerkung entgegen, daß er schon im September 1526 Franz vorgeworfen, die persönlichen Pflichten eines ehrenhaften Edelmanns verletzt zu haben. Sein Gesandter in Frankreich, Granvelle, mußte dies am 28. März direct Franz ins Gesicht sagen. Darauf antwortete Franz am 8. Juni durch formelle Herausforderung Karls zum Zweikampf. In Spanien waren die Ansichten sehr getheilt, ob K. den Zweikampf annehmen sollte oder nicht; man führte Karls Stellung als Souverain gegen die vorgeschlagene Erledigung politischer Differenzen ins Feld; andere betonten, Franz als notorisch eidbrüchig könne die Ehre des Zweikampfes für sich nicht fordern. K. antwortete mit einer Gegenforderung auf bestimmte Zeit und an einen bestimmten Ort. Aber sein Herold wurde von den Franzosen aufgehalten; auch duldete Franz nicht den Vortrag des betreffenden Actenftückes; dies seltsame Intermezzo einer Herausforderung zum Zweikampf verlief im Sande, nachdem es die persönlichen Ehrgefühle der Herrscher ins Spiel gezogen und viel Staub aufgewirbelt hatte. Inzwischen war 1528 der Angriff der Franzosen unter Lautrec gegen Neapel erfolgt; die kaiserlichen Generale, obwol unter sich uneinig, wehrten ihn ab. Der Feldzug von 1529 wurde in der Lombardei geführt, in ihm erfochten die Kaiserlichen allmählig das Uebergewicht. Unter Karls Führung stellte sich damals Andrea Doria, das Haupt des genuesischen Freistaates. Papst Clemens hatte sich in Viterbo am 21. Juni 1528 dem Kaiser gefügt; dann aber hatte er noch einmal geschwankt; schließlich aber kam es doch zur kaiserlich-päpstlichen Allianz, in Barcellona am 29. Juni 1529: die Ordnung der italienischen Zustände nahmen sie gemeinsam in die Hand; Clemens hoffte ganz besonders von K. die Herstellung der mediceischen Herrschaft in Florenz. Bald folgte der französische Friede. Die Regentin der Niederlande, Margaretha, hatte schon 1528 einen Waffenstillstand mit England geschlossen; sie verhandelte in persönlicher Conferenz zu Cambray mit der Mutter des französischen Königs, der|Herzogin Luise. K. verzichtete auf die Rückgabe des Herzogthums Burgund, aber in allen anderen Punkten verlangte er Erneuerung des Madrider Friedens. Darauf hin einigte man sich am 3. August 1529. Bald nachher heirathete Franz wirklich die Schwester des Kaisers, Leonor, die portugiesische Königswittwe. K. wollte damals persönlich auf italienischem Boden erscheinen und als sieggekrönten Herrn der Welt damals sich zeigen. Spaniens Verwaltung übertrug K. seiner Kaiserin, die er zurückließ. Von Barcellona aus ging er am 27. Juli in See; Doria mit seiner Flotte holte ihn selbst ab; die Blüthe des spanischen Adels begleitete den Kaiser; seine höchsten Minister waren mit ihm, — denn nicht allein prunkvoller Schaustellung, sondern auch durchgreifender Erledigung wichtiger Aufgaben sollte diese Kaiserreise dienen. Am 7. August landete die Flotte in Savona; am 12. zog K. in Genua ein. Aus ganz Italien strömten Politiker und Edelleute zur Begrüßung des Kaisers zusammen. Wohl riefen damals den Kaiser die Nachrichten über Soliman's Angriff auf Ungarn und Oesterreich zur Hülfe; wohl hätte er gerne ohne weiteres sich in den Türkenkrieg gestürzt; aber dringender war doch für den Augenblick noch die Schlichtung der italischen Fragen. Am 5. November kam K. nach Bologna, wo seit dem 24. October Papst Clemens und das Cardinalcollegium seiner harrten: hier sollte die Eintracht und das Zusammenwirken von Kaiser und Papst fundamentirt werden. Alle, die hier persönlich mit K. zu thun hatten, staunten über den 29jährigen Fürsten; er war politisch völlig reif; er verkehrte ungezwungen und vertraulich direct mit dem heiligen Vater; und dieser, der selbst als einer der gewandtesten, verschlagensten und durchtriebensten Diplomaten seines Jahrhunderts galt, fand in dem jungen Manne seinen überlegenen Meister. Wohl vorbereitet und unterrichtet über alle Personen und Verhältnisse, die sein Interesse berührten, trat K. in die Besprechungen ein; geschickt und thätig führte er selbst die politische Discussion; er legte dem Papste die Politik auf, die er selbst ausgewählt und sich vorgesetzt hatte. Die Verhandlungen hatten bis zum 23. December die Ordnung der italienischen Verhältnisse erzielt. Mailand wurde seinem früheren Besitzer Sforza zurückgegeben, aber spanische Garnisonen blieben als Wächter im Lande. Ein Defensivbündniß zur Vertheidigung des Status quo vereinigte die einzelnen italischen Länder. Zur gewaltsamen Unterwerfung von Florenz unter die Medicis, deren Repräsentant Alessandro mit Karls unehelichem Töchterchen Margaretha verlobt wurde, versprach K. dem Papste seine Beihülfe. Und in der That haben kaiserliche Soldaten im Laufe des J. 1530 die Medicis nach Florenz mit Gewalt wieder zurückgebracht. Das wichtigste war, daß über die Behandlung der deutschen Kirchenfrage eine Einigung erreicht wurde; sogar das Concil, gegen das er bisher sich gesträubt, versprach Clemens mündlich in Bologna sich gefallen zu lassen.

    Am 24. Febr. 1530 geschah die feierliche Krönung zum römischen Kaiser durch die Hand des Papstes, am 22. März verabschiedeten sich die Häupter der Christenheit von einander. Ueber Mantua, Ala, Trident, Brixen zog K. nach Innsbruck; hier traf er am 4. Mai mit seinem Bruder Ferdinand zusammen. Hier aber erlitt er auch den Verlust seines Kanzlers Gattinara, welchen Clemens soeben zum Cardinal promovirt hatte. K. behielt jetzt persönlich die oberste Leitung seiner Geschäfte und seiner Politik; zu Staatssecretären machte er damals Granvelle und Cobos (vgl. Bd. IX. S. 589 ff.), indem er die laufenden Angelegenheiten unter sie vertheilte; sie waren seine nächsten, vertrautesten, eingeweihtesten und einflußreichsten Gehülfen. Am 6. Juni brach K. mit Ferdinand auf nach Deutschland; nach 9jähriger Zurückhaltung wollte er jetzt mit entschiedenem Griff auch Deutschlands Zustände in die Lage einrenken, die seinem Geiste und seiner Auffassung entsprach.

    Zwar hatten in Worms 1521 Kaiser und Reichstag die lutherische Kirchenreformation verworfen und verboten, aber an seinem sächsischen Kurfürsten fand Luther einen Beschützer; und von Sachsen aus verbreitete sich in zunehmendem Tempo sein Anhang durch eine stets wachsende Zahl deutscher Länder. Möglich war diese offenbare Mißachtung des Wormser Reichsgesetzes nur deshalb, weil K. fern von Deutschland weilte und weil das Reichsregiment, das aus Deutschlands Fürsten sich gebildet, sehr bald getheilter Anficht war. Schon auf dem Nürnberger Reichstag von 1522/23 erhob sich der Ruf nach einer kirchlichen Reformation und das Verlangen nach einem Concile; und in beiden Richtungen wurde für den Inhalt der Forderungen die lutherische Auffassung immer maßgebender. Auch das Reichsregiment gerieth immer mehr unter den Einfluß der populären Strömung. Allerdings entzogen sich dem Regimente seine Stützen. Bei dem Ritteraufstand von 1522 hatte es sich höchst zweideutig benommen; in fürstlichen Kreisen wurde man daher dem Regimente sehr abgeneigt. Die Städte verletzte es in ihren Handelsinteressen; sie beschwerten sich darüber beim Kaiser. So ließ K. 1524 durch seinen Minister Hannart das Regiment aus dem Sattel heben; es geschah eine Veränderung, welche des Erzherzogs Ferdinand Stellung zur maßgebenden im Regiment machte. Der Nürnberger Reichstag von 1524 ergriff noch weit offener Partei für die Sache der lutherischen Reformation; er verlangte noch vor dem Zusammentritt des allgemeinen Conciles eine Versammlung in Deutschland; sei es Synode oder Reichstag. K. verbot sofort (Juli 1524) die Ausführung des Reichstagsbeschlusses; aber die Forderung des allgemeinen Conciles nahm auch er, unter Gattinara's Einfluß, in das Programm seiner Politik auf. Freilich hinderten ihn dann die oben schon besprochenen italienischen Wirren der nächsten Zeit an der Ausführung dieses Programmes. Unterdessen ergriffen in Deutschland die Territorialobrigkeiten in der Kirchenfrage Partei, eine jede nach ihrem Verständniß und ihrem Belieben. Es kam auch dahin, daß gleichgesinnte oder benachbarte Territorialgewalten über eine gemeinsame Haltung sich verständigten, gegenseitig sich Schutz und Förderung zusagten. Die gewaltige revolutionäre Bewegung der unteren Volksklassen in Süd- und Mitteldeutschland, die wir den Bauernkrieg zu nennen pflegen, diente, da der Aufstand nicht zu seinem Ziele gelangte, zur Befestigung der bisher vorwaltenden Richtung der Entwickelung: er bestärkte Ansehen und Stellung der Territorialherrscher, er legte die Nothwendigkeit denselben nahe, auch die kirchlichen Ordnungen in ihren Gebieten zu consolidiren. Diejenigen deutschen Fürsten, welche dem Lutherthum bisher erfolgreich Widerstand geleistet — Erzherzog Ferdinand, die Baiern, Herzog Georg von Sachsen, Herzog Heinrich von Braunschweig u. A. — glaubten durch Bekämpfung des Lutherthums die Wiederkehr der Unruhen verhindern zu sollen; sie reichten gerne 1526 dem Kaiser die Hand, wenn er die Ausführung des Reichsgesetzes von 1521 fordern würde. Und K. hatte 1526 in diesem Sinne kräftig einzugreifen verheißen. Da aber hemmte des Papstes politische Gegnerschaft den Arm des Kaisers. Der Speierer Reichstag von 1526, der anfangs die Krisis der Reformation zu bringen geschienen, faßte mit Zustimmung des Kaisers einen ganz anders lautenden Beschluß (am 27. August 1526), durch welchen in der kirchlichen Frage jedem Territorium die zu wählende Haltung freigestellt wurde. Die rein territoriale Ausgestaltung des kirchlichen Wesens, unter maßgebender Leitung der Territorialobrigkeiten, empfing damit im Rechte des deutschen Reiches festen Boden und grundsätzliche Anerkennung. Es war eine Concession, die natürlich K. nur für den Augenblick, nur für eine bald vorübergehende Dauer zugestanden hatte. Und in Deutschland selbst hatte der Gegensatz der kirchlichen Einrichtungen, die theologische und litterarische Befehdung der verschiedenen kirchlichen Richtungen untereinander an mehreren Stellen eine Spannung, eine feindliche Haltung unter den Territorien herbeigeführt; es wäre beinahe schon 1528 zu einem Religionskriege unter Deutschen gekommen. K. ließ damals durch einen rührigen Agenten, den Propst Balthasar Merklin von Waldkirchen, Mahnungen zu gut katholischer Haltung ausgehen. Erzherzog Ferdinand war eifrig für Aufnahme einer katholischen Actionspolitik. Dem Reichstage in Speier schlug man 1529 Aufhebung der Concession von 1526 vor; man setzte ein neues Gesetz durch, das überall die alte Kirche neben den neuen Einrichtungen in die Reichsterritorien zurückführte und wo das Wormser Edict bisher ausgeführt war, dasselbe auch fernerhin in Wirksamkeit ließ. Eine Minderheit von Fürsten und Städten protestirte am 19. April 1529; aber die Mehrheit blieb bei ihrem Beschlusse. Das Reich war offenkundig in einen katholischen und einen protestantischen Theil auseinandergefallen; die Protestanten waren sogar als diejenigen, die sich gegen ein Reichsgesetz aufgelehnt, von der Strafe des Kaisers bedroht. Gegen sie war die verbündete Action von Kaiser und Papst gerichtet.

    Zahlreich und glänzend besucht war der Reichstag, der im Juni 1530 in Augsburg die Ankunft seines Kaisers erwartete. Am 15. Juni zog K. in die Stadt ein, empfangen und geleitet von den Fürsten Deutschlands. Wohl ordnete er die Dinge so, daß die protestantischen Theologen, die mit ihren Fürsten gekommen, nicht während des Reichstages öffentlich predigen konnten, doch brachte er es nicht dahin, daß am 16. die protestantischen Fürsten an der Frohnleichnamsprocession Theil nahmen. Am 20. wurde der Reichstag eröffnet. Am 25. trugen die Protestanten ihr Glaubensbekenntniß vor, um zu erweisen, daß ihre Theologie die alte echte Lehre der christlichen Kirche enthalte. K. nahm sowol in deutscher als lateinischer Sprache die protestantische Schrift entgegen, theilte sie dann den katholischen Theologen zur Widerlegung mit. Es fehlte in Augsburg nicht an privaten Versuchen, die Gegensätze auszugleichen: die kaiserlichen Secretäre Valdez und Schepper wurden vorgeschickt; andererseits näherte Melanchthon sich dem päpstlichen Legaten Campeggi; auf beiden Seiten gab es versöhnlich gesinnte Leute. Aber die privaten Versuche hatten nicht den erstrebten Erfolg. Nach dem Vortrage der katholischen Widerlegungsschrift (3. August) wurden Ausschüsse mit Auffindung eines Ausgleiches beauftragt; in manchen rein dogmatischen Fragen kam man sich sehr nahe; aber in allem, was die Praxis betraf, scheiterte der mittlere Weg. Darüber waren alle Seiten einig, daß die Berufung eines allgemeinen Conciles eine absolute Nothwendigkeit geworden; nur verlangten die Protestanten einstweilen bis zum Spruche dieses Conciles im Besitze ihrer kirchlichen Einrichtungen belassen zu werden, — diesem Anspruch trat K. schroff ablehnend entgegen. Am 22. September theilte er den Ständen den vorläufigen Entwurf des Reichsabschiedes mit, durch welchen er den Protestanten Bedenkzeit bis zum 15. April gewährte, ob sie sich bis zur Entscheidung des Conciles den bisherigen Ordnungen der Kirche fügen wollten; er drohte eventuell mit Zwang. Ohne Zaudern erklärten die Protestanten, diesen Abschied nicht annehmen zu können. Die protestantische Replik auf die katholische Widerlegung ihres Bekenntnisses wies K. zurück. Noch acht Wochen blieb trotz der Spaltung der Reichstag versammelt; die kaiserlichen Minister boten alles auf, einzelne Stände zu bearbeiten, um die zum Kaiser haltende Mehrheit zu vergrößern. Es handelte sich noch um die Türkenhülfe. Einen großen Angriff Suleiman's hatte man 1529 vor Wien zurückgeschlagen; es drohte damals ein neuer Ueberfall. Die Protestanten bestanden darauf, nur bei Zusicherung des Friedens in der religiösen Frage Türkenhülfe leisten zu können.

    Am 19. November 1530 verkündigte K. den Reichstagsabschied noch in schärferer Fassung, als er im September angekündigt hatte. Auf das Wormser|Edict zurückgreifend, wurden viele Irrlehren der Protestanten ausdrücklich verworfen; die frühere Jurisdiction der kirchlichen Organe und der Besitz der Kirche wurden auch in protestantischen Ländern als hergestellt erklärt, und das Reichskammergericht auf den Abschied verpflichtet; ja die eventuelle Weigerung der Protestanten, sich zu unterwerfen, wurde mit Strafe bedroht. Im Hintergrunde wurde eventuell ein Krieg des Kaisers gegen die Protestanten angezeigt; wenn auch der definitive Entschluß zum Schlagen auf das Frühjahr 1531 vertagt wurde. Gleichzeitig hielt aber K. an der Absicht des Conciles fest und arbeitete ununterbrochen bei dem Papste an der Verwirklichung dieses Projectes.

    K. verließ Augsburg am 24. November; am 17. December kam er mit Ferdinand in Köln an. Dort wählten die Kurfürsten, mit Ausnahme des protestantischen Sachsen, am 5. Januar 1531 auf Karls Wunsch seinen Bruder Ferdinand zum römischen Könige, d. h. bei Lebzeiten des Kaisers zu seinem Gehülfen und Vertreter, nach seinem Tode zu seinem Nachfolger. Am 11. Jan. 1531 wurde Ferdinand schon in Aachen gekrönt. In derselben Zeit aber hatten auch die Protestanten eine defensive Organisation unter sich getroffen; sie kamen in Schmalkalden zusammen und verabredeten ein Vertheidigungsbündniß, zunächst für die unfehlbar jetzt am Reichskammergericht seitens der kirchlichen Organe drohenden Processe, sodann aber auch zur Abwehr jeglichen thatsächlichen Versuches, Kammergerichtsurtheile mit Waffengewalt ausführen zu wollen. Noch während K. in Köln war, hatten sie die Absicht ihres Widerstandes ihm angezeigt: sie setzten sich in Positur, auf jede Weise den Besitzstand wider Kaiser und Reich zu vertheidigen.

    Die Verhältnisse brachten es mit sich, daß die Protestanten ihre Auffassung und ihren Willen thatsächlich durchsetzten. In den Verhandlungen mit Rom und den europäischen Mächten wurde es bald klar, daß das Concil einstweilen nicht zu Stande kommen sollte. Auf der anderen Seite wurden seit dem Frühjahr 1531 Verhandlungen mit den Protestanten durch verschiedene Zwischenpersonen gepflogen, bis zum Concile ihnen einiges einzuräumen oder nachzulassen. K. wollte erst eine Grundlage der Verständigung gesichert haben, ehe er aufs neue einen Reichstag berief.

    1531 blieb er in den Niederlanden. Die bewährte Regentin Margaretha war am 30. Nov. 1530 gestorben. Der Kaiser hatte nun für seine Vertretung in den Niederlanden sein Auge auf seine jüngere verwittwete Schwester Maria geworfen, die nach dem Tode ihres Mannes bei Mohacs (1526) in Zurückgezogenheit gelebt; sie gehorchte dem Befehle des Bruders, sie übernahm das verantwortungsvolle Amt, — eine kluge, gewandte, politisch wirksame Dame. Im März 1531 langte die 26jährige Wittwe in den Niederlanden an. Mehrmals versammelte K. 1531 die Generalstaaten, welche mit Freude die neue Regentin willkommen hießen; am 5. Juli führte K. sie in den Kreis der Stände ein; am 27. September übertrug K. ihr die Verwaltung; im October wurde die neue, sehr zweckmäßig durchdachte Organisation der niederländischen Verwaltung und Verfassung fertig. Damals erregte das Auftreten seines Schwagers, des verjagten dänischen Königs Christian II., einige Unbequemlichkeiten. Unter dem Schutze der Niederlande lebte derselbe; aber mehrmals unternahm er Züge, welche den Frieden gefährdeten; ja 1531 hatte er Unruhen sogar in Holland hervorgerufen; man war froh, als man ihn im October 1531 abziehen sah und als man hörte, daß er seinen dänischen Unterthanen in die Hände gefallen. Erst nachdem alle Bedenklichkeit vorüber, brach K. am 17. Jan. 1532 auf, um in Deutschland den neuen Reichstag zu halten.

    Im April begannen die Berathungen in Regensburg. Die protestantischen Fürsten hatten Gesandte dorthin geschickt; die Verhandlung über den Religionsfrieden wurde mit ihnen nicht am Reichstage selbst, sondern nebenher geführt, in Schweinfurt, dann in Nürnberg. Der im April erfolgte Anmarsch der Türken schuf die Nothlage, die zum Abschluß drängte; es galt, alle Theile des Reiches gegen die Türken ins Feld zu stellen; die Protestanten aber verlangten vorherige Versicherung ihrer Lage gegen jede katholische Bedrohung. Die Noth der Zeit erzwang die Nachgiebigkeit des Kaisers. Der Versuch religiösen Ausgleiches wurde zur Seite geschoben, es wurde vielmehr allgemeiner Friedstand allen Parteien auferlegt bis zu dem in Aussicht genommenen Concile, und ganz besonders gewährte K., daß alle Religionsprocesse am Kammergericht eingestellt werden sollten. Daraufhin einigte man sich am 23. Juli in Nürnberg. Die Protestanten hatten sich dabei gefallen lassen müssen, daß nicht unbegrenzt allen Protestanten, sondern nur Sachsen und seinem Anhang der Friede zuerkannt wurde. —

    Das Ergebniß proclamirte der Kaiser durch einen Erlaß vom 3. August 1532. Der Reichstagsabschied vom 27. Juli enthielt nur die wiederholte Versprechung des Conciles und die Hülfe des Reiches zum Türkenkrieg. Auf diesem Regensburger Reichstag wurde übrigens auch das neue Strafrecht fertig und publicirt, an welchem deutsche Juristen und deutsche Politiker seit fast zwei Jahrzehnten gearbeitet hatten; es trägt den Namen des Kaisers Karl, der an seinem Inhalt kaum irgendwelchen Theil hatte oder kaum irgendwelches Interesse gezeigt hatte.

    Das Unternehmen gegen die Türken befehligte K. selbst; aus den Niederlanden, aus Spanien, aus Italien waren Hülfstruppen herbeigezogen; das Deutsche Reich stellte ein stattliches Heer ins Feld (September 1532). Aber Suleiman hatte sich auf die Kunde des kaiserlichen Anmarsches zurückgezogen; es kam nicht zu einer großen Entscheidung. K. war nicht dazu zu bewegen, daß er selbst noch weiter nach Ungarn zog; er war mit der Verscheuchung der Türken zufrieden. Am 4. October trat er die Reise nach Italien an. Er hatte noch einmal mit Papst Clemens eine Zusammenkunst in Bologna (December); vergebens drängte er hier zur wirklichen Eröffnung des Conciles; Clemens tergiversirte und wußte unter scheinbarer Nachgiebigkeit sich aller ernstlichen Verpflichtung zu entziehen. Im Verhalten des Papstes, sowie in vielen anderen Vorfällen zeigte sich dem Kaiser eine neue Erhebung der französischen Politik gegen seine herrschende Stellung an. Mochte auch K. versuchen, Italien gegen französische Angriffe durch eine Liga aller kleineren italischen Staaten, wie sie am 24. Febr. 1533 in Bologna abgeschlossen wurde, zu schützen; der Papst neigte doch immer stärker zu König Franz hin. Nachdem K. den Boden Italiens in Genua am 9. April 1533 verlassen, traf Clemens in Marseille mit dem Franzofenkönig während des October und November 1533 zusammen; es drohten ernstliche Störungen des europäischen Friedens. Die Franzosen reichten der Offensive der Türken gerne die Hand; auf der anderen Seite unterstützten sie die Opposition und Erhebung der Protestanten; und der nächste Bundesgenosse dieser Franzosen war der heilige Vater in Rom. In Deutschland hatten sich sofort 1533 Differenzen über die Auslegung des Religionsfriedens gezeigt; eine streng und eifrig katholische Tendenz am Reichskammergerichte ließ trotz des kaiserlichen Edictes vom 3. August 1532 Processe zu. Die Protestanten lehnten schließlich die Competenz des Gerichtes ab (30. Jan. 1534).

    Zu gleicher Zeit aber erhob sich Württemberg gegen das Habsburgische Regiment, unterstützt durch den Einfall des kriegslustigen Landgrafen Philipp von Hessen, vertrauend auf französische Hülfe. Man erpreßte von K. und von Ferdinand die Rückkehr des vertriebenen Herzogs Ulrich in sein Land; selbst der|Protestantisirung Württembergs mußten sie zusehen; ja im nächsten Jahre 1535 ließ Ferdinand die Erstreckung des Schmalkaldener Bündnisses auf weitere Genossen und die Ausdehnung der Gültigkeit des Religionsfriedens ohne Einrede geschehen.

    K. verlebte das J. 1584 in Spanien; sowol in Aragon als in Castilien hielt er Versammlungen der Cortes ab; er bereitete damals den Kriegszug gegen Tunis vor. Dort hatte sich Chairredin Barbarossa als Vorposten der großen Osmanenmacht festgesetzt, und beunruhigte mit unablässigen Streifzügen die Mittelmeerländer, Sicilien, Italien, Spanien. Es war für K. eine politische und religiöse Pflicht, den bedrängten Christen Hülfe zu bringen, die stets drohende Gefahr dort zu beseitigen. K. hatte größere Streitkräfte zusammengebracht; aus Italien und aus Portugal, vom Papste sowol als aus Venedig, Genua, Florenz und den spanischen Besitzungen Neapel und Sicilien waren Hülfsgeschwader gekommen. Begleitet von vielen spanischen Großen, von seinem Schwager, dem Infanten Luis von Portugal, und von Andrea Doria, brach K. am 30. Mai 1535 von Barcellona auf; am 15. Juni landete man an der Küste von Tunis. Persönlich führte K. den Oberbefehl; aber unter seiner Leitung befehligten sowol der junge Ferrante Gonzaga, als der Marques del Vasto, die beiden rivalisirenden Generäle aus spanisch-italischer Kriegsschule. Hartnäckig war dort der Kampf; am 14. Juli wurde Goletta mit Sturm eingenommen; am 20. schlugen die kaiserlichen Soldaten, obwol in der Minderzahl, in offenem Felde die Feinde; gleichzeitig war in Tunis ein Aufstand der gefangenen Christensklaven ausgebrochen. Endlich am 21. Juli zog K. als Sieger in Tunis ein. Doria verfolgte den flüchtigen Barbarossa; K. setzte den früheren Häuptling Muley-Hassam wieder in Tunis ein, und legte ihm eine Reihe schwerwiegender Bedingungen auf. Der afrikanische Kriegszug umgab des Kaisers Person mit dem Glanze eines siegreichen Kreuzfahrers; in der That hatte er seine persönliche Kriegstüchtigkeit dort in hellstem Lichte gezeigt. Die Fortsetzung des Unternehmens nach Algier verschob er aber auf spätere Zeit. Am 16. August stach er von Bona aus in See, landete am 22. in Trapani und ging über Palermo (12. September) und Messina (21. Ottober) nach Neapel (25. November). Dort begrüßten ihn Italiens Fürsten; er vollzog dort die Hochzeit seiner Tochter Margarethe mit Alessandro de Medici (29. Febr. 1536). K. begab sich hierauf selbst nach Rom, den neuen Papst Paul III. (Farnese) persönlich zu begrüßen. Am 5. April zog K. in Rom ein; er feierte dort Ostern gemeinsam mit dem Papste: einträchtig schienen die Häupter der Christenheit die Regierung der Welt miteinander führen zu wollen. Der Papstes Wunsch ging damals auf eine fürstliche Ausstattung seines Sohnes Pier Luigi Farnese und dessen Familie; über Novara oder Montferrat oder Siena oder Parma wurde verhandelt; der Ehrgeiz der Farneses schien sich sogar bis nach Mailand erheben zu wollen. Einstweilen machte Paul seinen Sohn zum Gonfaloniere des Kirchenstaates und zum Herzog von Castro, indem weiteres noch vorbehalten blieb. Inzwischen war durch Sforza's im October 1535 erfolgten Tod Mailands Besitz erledigt. Seit 1529 schwebten die Verhandlungen zwischen K. und König Franz über eine etwaige Entschädigung der Franzosen in Italien: jetzt trat sofort Franz mit der Forderung Mailands hervor. K. machte Miene, einem jüngeren Sohne Franz' vielleicht das Herzogthum zu bewilligen; aber Franz verlangte es seinem zweiten Sohne Heinrich verliehen zu sehen. Darüber entzweite man sich aufs neue. K. machte dem lange angehäuften Groll in einer langen Rede vor dem Collegium der Cardinäle am 17. April Luft; in maßloser Leidenschaft erging er sich über seinen alten Rivalen. Und wieder ging, wie 1528, von persönlicher Herausforderung die Rede. K. bewog übrigens in Rom|den Papst wirklich zur Berufung des Conciles; unter Mitwirkung der kaiserlichen Minister wurde die Bulle abgefaßt, welche am 2. Juni 1536 auf den Mai 1537 nach Mantua das allgemeine Concil ansagte.

    K. war von dem festen Entschlusse beseelt, mit allen Mitteln und Kräften den Krieg gegen Frankreich wieder aufzunehmen. Aus Italien, Spanien, Deutschland sammelte er in Oberitalien seine Schaaren, deren Führung er am 23. Juni 1536 in die Hand nahm. Durch Piemont drang er in die Provence ein, während gleichzeitig von den Niederlanden aus seine Generale in die Pikardie einfielen. Aber Montmorency vertheidigte den Süden Frankreichs mit großer Umsicht und Vorsicht; K. drang bis Aix vor; aber da die Franzosen die Schlacht mieden, sah er sich doch zum Rückzug vor dem Winter genöthigt. K. eilte dann im November nach Spanien zurück, finanzielle und militärische Rüstungen eifrig zu betreiben. In Frankreich wagte es König Franz, seinem angeblichen Vasallen K. die französischen Lehen absprechen zu lassen, — eine lächerliche, aber unverschämte Demonstration. Der Feldzug von 1537 brachte den Franzosen neue militärische Vortheile sowol an der niederländischen als an der piemontesischen Seite; Piemont gelang es den Franzosen fast ganz zu behaupten. Da schloß die Regentin Maria in Bomy durch Vermittelung ihrer Schwester, der französischen Königin Leonor, am 30. Juli 1537 für die Niederlande Waffenstillstand; für Italien wurde Waffenruhe in Monzon am 16. November 1537 verabredet. Papst Paul hatte unablässig zum Frieden geredet und ermahnt. Beide Theile acceptirten seine Vermittelung. Eifrig wurde im Winter 1537 auf 38 über ein friedliches Verhältniß verhandelt. K. kam am 9. Mai 1538 nach Villafranca bei Nizza; der Papst befand sich in Nizza; König Franz schlug in Villanuova sein Quartier auf. Die Verhandlungen ergaben die größten Schwierigkeiten für einen Friedensschluß, obwol K. zu großen Concessionen an die Franzosen bereit war. Besonders die Mailänder Frage bot unübersteigliche Hindernisse einer Versöhnung der Rivalen. Schließlich schien die einzig mögliche Auskunft die zu sein, daß man auf Erledigung der schwebenden Fragen verzichtete und nichts weiter verabredete als untereinander Frieden zu erhalten. Am 18. Juni 1538 schlossen die beiden Gegner in Nizza einen 10jährigen Waffenstillstand auf Grund ihres damaligen Länderbesitzes ab: man würde gemeinsam die allgemeinen Fragen der Christenheit, Abwehr des Türken und Schlichtung der kirchlichen Wirren, zu lösen versuchen und vielleicht durch Heirathsbündnisse unter den regierenden Häusern für den zukünftigen Frieden eine neue Grundlage ausfindig machen. Am 20. Juni fuhren dann Kaiser und Papst miteinander nach Genua. Der Herzog von Florenz, Alessandro, war ermordet; in Florenz bestätigte K. Cosimo Medici als Herrscher, während er die Hand der sehr jugendlichen Wittwe Margarethe dem Enkel des Papstes, Ottavio Farnese, zusagte. Bei Nizza hatten sich K. und Franz nicht persönlich gesehen; nur hatte die Königin Leonor zwei Mal ihren Bruder in Villafranca besucht. Es war aber auch eine persönliche Begegnung der Herrscher verabredet. Dieselbe fand bei Karls Rückreise nach Spanien statt, in Aigues-Mortes, 14. — 16. Juli 1538. Mit scheinbarer Herzlichkeit und lebhaftem Eifer betheuerten sich die beiden Fürsten ihre freundschaftlichen Absichten gegeneinander. Ihre Minister blieben noch längere Zeit im Verkehr miteinander über die Mittel das Einvernehmen zwischen ihnen dauernd zu machen.

    Damals war des Kaisers Sinn auf die mit erneuerten Kräften fortzusetzende Bekämpfung des Islam gerichtet. Angelockt durch die französischen Erbietungen, hatte der Türke neue Angriffe gemacht; er fiel Italien an, er überzog die venetianischen Besitzungen im Mittelmeer. Zur Abwehr der Türken hatte Kaiser K. schon am 8. Febr. 1538 mit Venedig und dem Papste eine besondere Liga geschlossen; sodann bemühte K. sich, von Spanien größere Mittel zu erhalten. In Toledo verhandelte er mit den castilischen Cortes über neue umfassendere Bewilligungen, vom 1. Novbr. 1538 bis 1. Febr. 1539; er begegnete der unüberwindlichen Opposition des Adels gegen neue Steuern; seitdem berief die spanische Regierung nur die Städte zu den Cortessitzungen, mit denen es leichter war, zum Ziele zu kommen. Ein weit schwererer Schlag traf damals den Kaiser. Nach kurzer Krankheit, in Folge eines zu früh eingetretenen Wochenbettes, starb am 1. Mai 1539 seine Kaiserin Isabella, die treue und hingebende Gefährtin seiner Sorgen und seiner Mühen. Aufs tiefste beugte den Kaiser dieser Verlust; von Weltschmerz ergriffen, sprach er schon damals von seinem Eintritt in ein Kloster; schwere Melancholie hat ihn seitdem nur für kurze schnell vorübergehende Momente verlassen; er war seit 1539 ein finsterer, melancholischer, in sich verschlossener, nur seinen Regierungsaufgaben und seinen religiösen Gefühlen und Aufgaben lebender Mann. Jede Andeutung einer neuen Heirath, mit der die Franzosen nach sehr kurzer Frist ihm schon kamen, wies er zurück; nur kurze Pausen gleichsam neu auflebender Impulse unterbrachen sein Einsiedlerleben.

    In den Niederlanden hatten die Kriegsereignisse von 1537 noch weitere Folgen. An manchen Stellen war man schon über die vielen Auflagen und Ansprüche unmuthig; 1537 hatte Gent es gewagt, der von der Königin Maria geforderten größeren Steuerauflage zu widersprechen. Und die Opposition Gents nahm 1538 und 39 immer weitere Dimensionen an; die Gefahr lag nahe, daß eine allgemeine Bewegung gegen K. zum Auspruche kommen würde. K. entschloß sich daher, so schnell als möglich den widerwilligen Unterthanen persönlich entgegenzutreten; ja er entschied sich kühnen Muthes, mitten durch Frankreich hindurch im Winter die Reise zu machen. Bereitwillig kam Franz den Wünschen des Kaisers entgegen. Nachdem K. in Spanien die Verwaltung zwei vertrauten Männern, dem Grzbischof von Toledo, Cardinal Tavera, und seinem Staatssecretär Cobos, übertragen, machte er sich schon im November 1539 auf den Weg; in Frankreich wurde er glänzend empfangen; sein Einzug in Paris am 1. Januar 1540 glich einem Triumphzuge; darauf gab Franz seinem Gaste das Geleit bis Saint-Quentin, wo sie sich am 20. Jan. trennten. Am 14. Febr. 1540 erschien K. in Gent, ein furchtbares Strafgericht über die Empörung zu halten; er sprach es selbst aus, „noch lange sollte man an seinen Strafact denken, an dem die anderen Städte und Gemeinden sich ein warnendes Beispiel nehmen könnten“. Eine Reihe von Todesurtheilen wurde vollstreckt, die Stadt mußte eine Buße zahlen, eine Citadelle wurde dort erbaut für eine kaiserliche Garnison; die Strafe der Genter Opposition sollte der von K. längst in Angriff genommenen Centralifation der niederländischen Verwaltung Vorschub leisten.

    Auch eine andere Schwierigkeit für Karls niederländische Stellung war damals dem Punkte nahegekommen, zur Operation reif zu werden. Der hartnäckigste Gegner burgundischer und habsburgischer Herrschaft war immer Herzog Karl von Geldern geblieben; mehrfach hatte man mit ihm über den Besitz von Friesland, Oberyssel, Gröningen und Utrecht zu kämpfen gehabt; man hatte 1528 einmal geglaubt, durch den Vertrag von Gorinchem den Heimfall Gelderns an Brabant (d. h. also an den Kaiser) gesichert zu haben; aber Herzog Karl hatte später Schritte gethan, eine Auslieferung Gelderns an Frankreich einzuleiten; nach dem Wunsche seiner Landstände schloß er zuletzt den Vertrag, durch welchen der junge Erbherzog Wilhelm von Jülich und Cleve als Nachfolger in Geldern aufgestellt wurde (27. Januar 1538); bald nachher starb er, 30. Juni 1538. Nun huldigte man in Geldern dem jungen cleveschen Prinzen. Aber die niederländische Regierung erhob Einsprache. Es spann sich an dieser Stelle|ein Conflikt an, der weitere Dimensionen anzunehmen bestimmt war. Die Geldernschen Stände erklärten sich für den Clever. In Gent erschien derselbe vor dem Kaiser. Nicht sofort griff K. zur Gewalt; er wollte nicht Anlaß zur französischen Einmischung und zu neuen europäischen Kriegsstürmen seinerseits geben; er unterhandelte damals sogar über eine Abfindung der französischen Begehrlichkeit, die er aus Rücksicht auf den Frieden der Christenheit bewilligen zu wollen schien. K. eröffnete damals unter gewissen Voraussetzungen und Vorbehalten den Franzosen die Aussicht einer freiwilligen Abtretung der Niederlande; es war König Franz, der im Hinblick auf jene Vorbehalte sich mit dem Angebote nicht befriedigt erklärte. So band K. damals das Schicksal Mailands schon an Spanien, indem er im Geheimen seinen Sohn damit belehnte; das künftige Schicksal der Niederlande behielt er späterer Entschließung vor. Damals begnügte er sich auch, der cleveschen Besitzergreifung von Geldern sein besseres Recht auf dies Land entgegenzusetzen, er machte sich anheischig, dem deutschen Reichstage die Rechtsfrage zu unterbreiten. 1540 hielt er seine Action zurück, um nicht das Bündniß seiner Gegner allzuschwer anschwellen zu lassen; er ging darauf aus, der etwaigen Vereinigung seiner Gegner vorzubeugen, sie nach und nach, einen jeden einzeln zu seiner Zeit, zu bezwingen.

    Auch der Schlichtung der kirchlichen Wirren in Deutschland wendete K. damals seine Thätigkeit zu. Wir sahen, in die Ausdehnung und Befestigung des Protestantismus in den deutschen Ländern hatte die kaiserliche Staatskunst 1535 sich fügen müssen; ja als 1536 der Krieg mit dem Franzosenkönige aufs neue ausbrach, mußte K. den Frieden in Deutschland zu erhalten sich ernstlich angelegen sein lassen. Damals war er in der Lage, den Deutschen das Concil anzukündigen, dessen Zusammentritt in den nächsten Jahren die Kriegswirren dann doch wieder verhindert haben; um die Hülfe der Deutschen gegen Frankreich zu erhalten, kam K. den Protestanten mit friedlichen Erklärungen sehr weit entgegen, er sicherte ihre Stellung vor jeder Gewaltthat, er verhieß alle Religionsprocesse am Kammergericht definitiv einstellen zu lassen. Zugleich mit den päpstlichen Nuntien, van der Vorst und Morone, schickte er seinen Vicekanzler Held nach Deutschland, über das beabsichtigte Concil und seine friedlichen Absichten die Protestanten zu unterrichten. Aber die Stellung der Protestanten war nun doch schon eine solche geworden, daß sie den Besuch des vom Papste angebotenen Conciles ihrerseits abzulehnen wagten. Dies erklärten sie Held, als er in Schmalkalden mit ihnen verhandelte (Februar 1537). Der Vertreter des Kaisers entwickelte den Protestanten mit Nachdruck die rechtliche Lage der deutschen Verhältnisse; er wollte die Thätigkeit des Reichsgerichts nicht weiter einschränken, als 1532 ihnen zugesagt war; er wies auf die nothwendige Grenze der kaiserlichen Nachgiebigkeit hin. Der Versuch der Annäherung endete mit zunehmender Entfremdung der Gegensätze. Es ist möglich, daß die Persönlichkeit des kaiserlichen Unterhändlers zu dem Ergebniß wesentlich mitgewirkt hat. Held gehörte zu den eifrig katholischen Staatsmännern der kaiserlichen Regierung, die um jeden Preis und auf jede Weise die Protestanten zu bekämpfen trachteten (vgl. Allg. d. Biogr. Bd. XI. S. 682). Held bemühte darauf sich, das Werkzeug zur Bekämpfung der Protestanten für die kaiserliche Politik zuzurüsten; ihm gelang es, was schon 1531 vom Kaiser einmal erstrebt war, die eifrig katholischen Fürsten in Deutschland zu einem Bündniß zusammenzuschließen: in Nürnberg brachte er am 12. Juni 1538 die katholische Liga zu Stande; es war seine Absicht, alle einzelnen katholisch geblichenen Fürsten und Städte zu einem gemeinsamen Handeln wider die Schmalkaldener Bundesgenossen zu verbinden; zugleich aber sollten die von der kaiserlichen Politik für nothwendig gehaltenen Maßregeln einer innerkirchlichen katholischen Reformation durch diese|Liga gefördert werden. In derselben Zeit aber (Sommer 1538), in welcher Held als Karls Bevollmächtigter in Deutschland die katholische Action vorzubereiten schien, verabredete der Kaiser mit dem Franzosenkönige und mit dem Papste in Nizza und in Aigues-Mortes, den Weg gütlicher Verhandlungen mit den Protestanten zu betreten, um durch gegenseitige Verständigung die kirchlichen Wirren zu schlichten oder beizulegen. Wir bemerken hier zwei neben einander hergehende Strömungen und Richtungen in der Haltung des Kaisers gegenüber den deutschen Protestanten. Die eine drängte auf, sei es directe oder indirecte, offene oder verdeckte Befehdung der Protestanten; sie war, wenn die anderen Mittel sich nutzlos erwiesen, zur Anwendung von Gewalt, ja zum offenen Religionskrieg zu schreiten geneigt und bereit. Die andere wollte den Weg der Güte, der Verhandlung, der Ueberredung vorziehen: indem sie die politischen Ziele des Kaisers, die Errichtung einer europäischen Herrschaft für den Kaiser vorwiegend betonte, war sie eventuell zu kleinen Zugeständnissen und Einräumungen an die Protestanten bereit, wenn sie damit die kirchlichen Zwistigkeiten, die Hemmnisse einer Zusammenfassung aller deutschen Kräfte für den Dienst der kaiserlichen Politik, aus der Welt schaffen konnte. Der Unterschied der beiden Ansichten betraf nicht das Endziel, wol aber die Wege zu dem Endziel; es war eine Differenz politischer Methode. Die erste Ansicht hatte keinen schneidigeren Vertreter im damaligen Augenblicke, als jenen Vicekanzler Held; der zweiten neigte damals vor allen Granvelle zu; aber auch die Geschwister des Kaisers, Maria in den Niederlanden und Ferdinand in Oesterreich, schienen mehr und mehr für sie sich gewinnen zu lassen. K. persönlich nahm inmitten dieser theils übereinstimmenden, theils abweichenden Ansichten seiner Räthe und Minister seine Stellung; er gab beiden Richtungen Gelegenheit, ihre Wirksamkeit zu zeigen und zu erproben; er mischte die Action seiner Regierung aus beiden Verfahren: kühl und vorurtheilslos schlug er in jedem Augenblick und für jeden Einzelfall gerade den Weg ein, der ihm gerade für den Augenblick der aussichtsvollere zu sein schien. Als Held 1539 zu ihm nach Spanien kam, ratificirte K. das von Held geschlossene katholische Bündniß (Toledo, 10. März 1539); in Rom ließ er wiederholt den Versuch machen, den Papst zum Beitritt und zur Beisteuer für die katholischen Bundeszwecke zu bewegen; K. behielt die eventuelle Waffe der Action in dem katholischen Bund gern in der Hand. Andererseits aber geschahen auch die annähernden Schritte der Verhandlung mit den protestantischen Gegnern, wie Granvelle sie angerathen hatte. K. beauftragte sogar mit diesen Verhandlungen zwei seiner Diplomaten, ebensowol Held, als einen Gesinnungsgenossen Granvelle's, den Bischof Johann Weze von Lund. Als Vermittler bediente man sich der Kurfürsten von Brandenburg und Pfalz in den Verhandlungen, die im Februar 1539 in Frankfurt geführt wurden. Als Vertreter des Papstes war Cardinal Aleander zugegen. Das Ergebniß entsprach (19. April 1539) vollständig weder den Erwartungen der einen noch der anderen Seite: für 15 Monate wurde allen Protestanten Rechtssicherheit gewährt; weder der Nürnberger noch der Schmalkaldener Bund sollten neue Mitglieder aufnehmen dürfen; es wurde ferner eine theologische Ausgleichsverhandlung in Aussicht genommen, deren Resultate einem deutschen Reichstage vorzulegen sein würden. Von päpstlicher Seite protestirte man gegen so weitgehende Zugeständnisse; eine besondere Botschaft entwickelte in Spanien dem Kaiser die Gegengründe des Papstes und klagte den Bischof von Lund strafbarer Pflichtverletzung an. Aber K. hielt es für nöthig, wenn er auch formell die Bestätigung der Vereinbarung nicht aussprach, auf dem Boden der Frankfurter Verständigung einstweilen zu verbleiben, bis sein persönliches Eingreifen in Deutschland vielleicht eine bessere Wendung hervorgerufen: er rüstete sich für einen Reichstag|und für gütliche Verhandlung mit den Protestanten. Die Vorstellungen Held's und der Vertreter des Papstes (Farnese, Cervino, Morone) wurden durch den Einfluß Granvelle's damals überholt; auch Ferdinand trat in den Conferenzen, zu denen er in die Niederlande gekommen, auf diese Seite.

    Während K. noch in den Niederlanden verweilte, leitete Ferdinand die Verhandlungen der deutschen Reichsstände in Hagenau (Juni 1540). Entgegen den päpstlichen Bemühungen wurden wirklich die einleitenden Maßregeln zu einem Rekigionsgespräch zwischen deutschen Vertretern der beiden Religionsparteien hier beschlossen. Dies Gespräch wurde nach Worms für den October anberaumt. K. schickte zu demselben seinen Minister Granvelle, der Ende November die Leitung der Disputationen übernahm, unterstützt von Held's Nachfolger, dem neuen Vicekanzler Naves, der zu seiner, nicht zu Held's Fahne schwor. Die päpstlichen Nuntien Morone und Campeggi boten alles auf, ein sachliches Ergebniß der Discussion zu verhindern oder zu erschweren. Wochenlang dauerte der Streit über die Formalien; erst am 14. Januar 1541 begann die sachliche Discussion zwischen Eck und Melanchthon. Aber schon am 19. brach Granvelle das Gespräch ab, indem er seine Fortsetzung auf den bevorstehenden Regensburger Reichstag verlegte. Freilich nicht ohne positive Früchte ging man in Worms auseinander. Es war ein großer Sieg der diplomatischer Kunst Granvelle's, daß er den Sinn des hessischen Landgrafen Philipp auf die kaiserliche Seite gewendet und dadurch das Zusammengehen des Schmalkaldener Bundes mit der französischen Politik und mit dem Herzog von Cleve in der geldrischen Frage verhindert hatte. In Worms hatten auch gemäßigte Vertreter der beiden Religionsparteien privatim sich genähert und eine private Verständigung über die schwebenden Controversen angebahnt. Bucer von protestantischer und Gropper von katholischer Seite: durch einen jüngeren Secretär, Veltwyck, hatte Granvelle solches ermöglicht. Eine Basis des Ausgleiches und der Verständigung war damit gelegt.

    Als Legat kam jetzt Cardinal Contarini, von dessen milder Persönlichkeit und vermittelnder Theologie das beste für die Versöhnung der Gegensätze zu hoffen; und wenn er auch nicht mit ganz unbeschränkter Vollmacht erschien, so war ihm doch für die theologische Erörterung ein sehr weiter Spielraum geöffnet. Der Kaiser langte selbst am 23. Febr. 1541 in Regensburg an; am 5. April eröffnete er den denkwürdigen Reichstag. Die Stände überließen ihm selbst die Auswahl derjenigen Theologen, welche das Religionsgespräch fortführen sollten. Diese Commission verhandelte vom 27. April bis 25. Mai über eine theologische Vorlage, die ihren Ursprung jenen Wormser Privatgesprächen zwischen Bucer und Gropper verdankte, die von den katholischen Theologen in Regensburg im wesentlichen gebilligt und sogar von Contarini als empfehlenswerth angesehen wurde. Es gelang in der That eine Einigung in einzelnen dogmatischen Controversen, die zu den erheblichsten gezählt wurden; aber in einigen anderen Fragen, vornehmlich in solchen, die aus dem Gegensatze der Grundauffassungen über die Kirche die praktischen Folgerungen aussprachen, scheiterte der Versuch des theologischen Ausgleiches. Es kam dazu, daß sowol Luther als der Papst auch die schon vereinbarten Formeln verwarfen. Auch der Vorschlag, daß man den Parteien in Deutschland die Annahme der vereinbarten Sätze gestatten möchte, fiel ebensowol durch das Verbot des Papstes als durch die Opposition der Baiern zu Boden. Politische Gegnerschaften von den verschiedensten Seiten und persönliche Zwistigkeiten hatten zu dem negativen Ausgang der mit so großen Hoffnungen begonnenen Verhandlungen mitgewirkt. Die äußeren Verhältnisse aber drängten wiederum dem Kaiser ein augenblickliches Auskunftsmittel auf. Die Türkengefahr war im Wachsen; es drohte ein|neuer Krieg mit Frankreich. So enthielt der Reichstagsabschied vom 29. Juli 1541 die Erneuerung des Religionsfriedens von 1532, die wiederholte Zusage eines Conciles, entweder eines allgemeinen oder eines deutschen, auch die Ankündigung von Reformmaßregeln innerhalb des katholisch gebliebenen deutschen Clerus. Der Reichstag hatte Türkenhülfe bewilligt; dagegen waren die Ansprüche Cleve's auf Geldern abgewiesen, das bessere Recht des Kaisers war durchgedrungen. Den Protestanten hatte der Kaiser neben dem offiziellen Abschied noch eine besondere Declaration gegeben, ihre Besorgnisse zu zerstreuen, ihren Sinn zu beruhigen; mit Hessen und mit Brandenburg hatte K. noch besondere Verträge abgeschlossen, welche jene Fürsten an seine kaiserliche Gnade noch enger fesselten. Andererseits aber hatte er auch das katholische Separatbündniß ausdrücklich bestätigt und seine Ausdehnung ins Auge gefaßt. Die Alternative seiner politischen Haltung hatte K. noch nicht definitiv entschieden; unter dem Zwange des Augenblickes blieb die zukünftige Politik noch immer eine doppelseitige; es war immer noch nicht mehr als eine Auskunft für den Augenblick getroffen.

    Am 29. Juli brach K. von Regensburg auf; durch Baiern und Tirol eilte er nach Italien. In Lucca traf er mit Papst Paul III. zusammen; vom 12. bis 19. Septbr. Dann begab er sich von Spezzia aus zur See nach Majorka. Hier erwarteten ihn (13. Octbr.) die versammelten Flotten und Truppen, mit denen er einen Kriegszug nach Algier zu unternehmen beabsichtigte. Am 20. landete man vor Algier. Regen und Sturm störten den glücklichen Fortgang des Unternehmens. Ein Ausfall der Mauren rief unter dem kaiserlichen Heere Verwirrung hervor; nur die persönliche Ausdauer und Tapferkeit des Kaisers rettete das Heer. Ungern mußte K. sich zuletzt zum Rückzug entschließen. Nur mit Mühe brachte er den größten Theil seiner Soldaten nach Hause. Er schiffte sich am 1. November ein; erst am 1. December landete er glücklich in Cartagena. Die nächste Zeit blieb er in Spanien, immer häufiger und immer heftiger von seinen gichtischen Leiden heimgesucht.

    Zwischen K. und Franz schwebten schon 1541 peinliche Erörterungen; in der Lombardei waren im Juli 1541 zwei französische Agenten erschlagen; und man gab dem Kaiser die Schuld an diesem Morde. Nach Karls Unglück in Algier eilte Franz zum neuen Krieg. Ohne vorhergehende Erklärung brach er im Sommer 1542 in die Niederlande, in Geldern, in Perpignan ein in Erwartung auch einer directen türkischen Hülfsflotte. Aber die Vertheidigung der kaiserlichen Generale war an allen Punkten von Erfolg begleitet; überall wurden die Franzosen zurückgewiesen. Mittlerweile hatte Papst Paul das lang besprochene Concil nach Trient einberufen und mahnte die beiden Gegner zum Frieden. K. fand sich hierdurch höchlichst beleidigt; er verlangte daß der Papst offen für ihn gegen Franz Partei ergreife. Aber dazu war Paul nicht zu bewegen. Dagegen gewann K. im Februar 1543 aufs neue die englische Allianz gegen die Franzosen. Immer dringender rief ihn damals die Nothwendigkeit nach Deutschland zurück. Schon 1541 waren die türkischen Heere im Vorgehen; der Reichskrieg von 1542 hatte kaum irgend welche Frucht. Und in Deutschland selbst wuchsen die Forderungen der Protestanten in demselben Maße als die Zahl und Bedeutung ihrer Partei zunahm; sie verweigerten auf dem Reichstag in Nürnberg 1543 die Türkenhülfe ferner zu leisten, wenn K. ihnen nicht vorher ihre rechtliche Lage gegenüber dem Kammergerichte gesichert. So entschloß sich K. 1543 zu einem neuen Unternehmen; er kam mit der Absicht, diesmal der ihn bedrängenden Noth ein Ende zu machen und den militärischen Waffengang mit seinen Gegnern diesmal zu wagen.|Seinen Sohn Philipp ließ er als Statthalter in Spanien, berathen von Cobos, verheirathet mit einer portugiesischen Prinzessin. Am 1. Mai bestieg er in Barcellona sein Schiff; widrige Winde hielten ihn noch einige Tage zurück; am 17. Mai ging er in See; am 25. war er in Genua. Am 21. Juni traf er mit Papst Paul in Busseto zusammen. Aber K. brachte es auch persönlich nicht dahin, daß Paul sich offen gegen den Franzosenkönig als den Friedensbrecher und Türkengenossen erklärte; unübersteiglich schienen die Hindernisse einer kaiserlich-päpstlichen Allianz, da ja K. die päpstliche Forderung, seinem Enkel Ottavio das Herzogthum Mailand zu verleihen, nicht gewährte, obwol er einer sonstigen territorialen Ausstattung der Familie Farnese sich nicht abgeneigt zeigte. Am 25. Juni trat K. die Reise nach Deutschland an, über Innsbruck, Ulm, Speyer (25. Juli). Hier hatte er mit den Gesandten der protestantischen Fürsten eine scharfe Auseinandersetzung: er bedrohte jetzt alle, die als Alliirte der Türken anzusehen, den Franzosen und den Herzog von Cleve. Gegen den letztern richtete sich zunächst sein Kriegseifer. An die Spitze seines Heeres stellte er Gonzaga. Von schnellem und durchschlagendem Glück war diesmal der Kriegszug gekrönt. Schon am 7. Septbr. lag der junge Clever Herzog in Venlo als Bittender vor den Füßen des Kaisers. Natürlich mußte er auf Geldern verzichten; er mußte zu vollem und unbedingtem Gehorsam vor dem Kaiser und der katholischen Kirche sich verpflichten. Weder französische noch protestantische Hülfe war dem Clever zu Theil geworden. K. selbst erzählte später, damals habe er den definitiven Entschluß bei sich gefaßt, auch die führenden protestantischen Fürsten mit Krieg zu überziehen und auf diese Weise die deutsche Kirchenspaltung zu bezwingen. Ohne Pause wandte sich K. damals gegen Frankreich. Eifrig und kühn verfolgte er die Absicht, entscheidende Siege zu erfechten; er bot alles auf, Franz zu einer Schlacht zu zwingen; aber Franz zog sich vor dem kaiserlichen Heere zurück. Den Winter verbrachte K. in den Niederlanden, beschäftigt mit Rüstungen für den nächsten Feldzug; dann begab er sich zum Reichstag nach Speyer. Unterwegs bestärkte er in Köln die katholisch gesinnte Opposition zum ausdauernden Widerstande gegen die Protestantisirungsversuche des Erzbischofs Hermann von Wied. Unterwegs wies er den Vermittelungsversuch, den Kardinal Farnese im Namen seines päpstlichen Großvaters ihm in Kreuznach überbrachte, mit sehr schroffen Worten zurück. Am 30. Jan. war K. in Speier. Sehr langsam versammelten sich dort die Fürsten des Reiches. Aber überraschend war die Leichtigkeit, mit der K. vom Reichstage eine Kriegserklärung gegen die Franzosen erzielte; nicht einmal französische Gesandte wollte man hier zulassen. In der Religionsfrage war K. zu zeitweiser Nachgiebigkeit von vornherein bereit; er begegnete freilich dabei dem heftigsten Widerspruch der Katholiken. Er beschwichtigte zunächst die katholische Aufregung über jene Regensburger „Declaration", indem er verhieß, sie nächstens zu widerrufen, indem er seinen katholischen Eifer aufs feierlichste betheuerte. So kam der Reichstagsabschied am 10. Juni 1544 zu Stande, der für den Augenblick den Protestanten volle Bewegungsfreiheit einräumte, Rechtsgleichheit, „Reformation“, „Concil“ und dergleichen ihnen zusagte, aber alles definitiv zu regeln erst dem künftigen Reichstag vorbehielt. K. verlangte damals in den französischen Krieg sich zu stürzen. An der Spitze seines Heeres drang er über Metz und Luxemburg bis nach Saint-Dizier vor. Bald erzwang er die Capitulation dieser Festung; er siegte in kleineren Treffen, aber die Franzosen ließen sich zur großen Schlacht doch nicht zwingen. Schließlich fiel Soissons in kaiserliche Hände. Die kriegerischen Unternehmungen waren von diplomatischen Versuchen schon längst begleitet. England leistete nicht das, was es für die gemeinsame Action zugesagt hatte, — und gerade die Rücksicht auf die Speierer Bedingungen stimmte den Kaiser friedlich. Schon am 18. Septbr. schlossen in|Crépy Gonzaga und Granvelle mit den französischen Ministern den eventuellen Frieden ab. Gegenseitige Rückgabe aller occupirten Länder, Unterstützung der kaiserlichen Politik zum Concil und zum Protestantenkrieg durch die Franzosen waren die Bedingungen des Friedens. K. verhieß aber auch entweder Mailand oder die Niederlande dem Rivalen zu cediren — er behielt sich die Entscheidung der Alternative noch vor. Maßvoll in der Benutzung seines Sieges kam K. im wesentlichen auf den Inhalt der früheren Verträge zurück. Um so sicherer erwartete er Hülfe oder wenigstens stillsitzende Neutralität von den Franzosen, während er zur entscheidenden Action gegen die Protestanten sich erhob.

    Papst Paul hatte dem Kaiser die heftigsten Klagen gegen den Speierer Abschied vortragen lassen; er berief nach dem Friedensschluß von Crépy nun definitiv das allgemeine Concil nach Trient; er suchte auch eine Annäherung an den Kaiser zu gewinnen, deren Grundlage die Dotation der Familie Farnese bilden würde. Zu dem Zwecke schickte er seinen Enkel noch einmal zu K.; sie sprachen im Mai 1545 in Worms mit einander. Der Reichstag tagte schon seit März unter Ferdinands Leitung. Aber auch die Ankunft des Kaisers (16. Mai) förderte die Debatten nicht. Unversöhnlich schien der Gegensatz der Parteien; und daß der Kaiser in den Niederlanden mit Edicten gegen den Protestantismus wiederholt eingeschritten, daß er die schroffen dogmatischen Erklärungen der Löwener Theologen gebilligt, daß er dem Concil in Trient seine Förderung zugesagt, verschärfte den Gegensatz am Reichstage. Der Braunschweiger Streithandel (die Protestanten hatten den katholischen Herzog Heinrich vertrieben) schien des Kaisers Intervention zu fordern. Kardinal Farnese hatte endlich die wirkliche Sachlage in Deutschland richtig erkannt. Aus Rom bot man dem Kaiser finanzielle und materielle Hülfe, wenn er jetzt den Religionskrieg wagen wollte. Darauf machte die Verständigung zwischen Kaiser und Papst weitere Fortschritte: das gemeinsame Kriegsunternehmen wurde für das nächste Jahr beschlossen. So entließ K. am 4. August den Reichstag, die Erledigung der schwebenden Fragen auf die nächste Versammlung in Regensburg vertagend; auch ein neues Religionsgespräch wurde angesagt, das diesmal nicht ernstlich gemeint, nur zu einem Scheinwerk bestimmt war. Auf der Rückreise vom Reichstage sprach K. in Köln noch im August dem Erzbischof in ernsten, strafenden und drohenden Worten sein Mißfallen über dessen Reformationswerk aus. Den Herbst und Winter hielt sich K. in den Niederlanden auf. Von der Pflicht, entweder die Niederlande oder Mailand an den Herzog von Orleans abtreten zu müssen, befreite ihn der plötzliche Tod dieses jungen Fürsten. So blieb wiederum die definitive Versöhnung mit Frankreich in der Schwebe. Einstweilen aber war Frankreich noch durch den englischen Krieg beschäftigt. Mit den Türken hatte man einen Waffenstillstand geschlossen. Die Verhandlung mit dem Papste rückte immer entschiedener vorwärts. Es war gelungen, die protestantischen Fürsten bis dahin über die Absichten des Kaisers im ungewissen zu erhalten. In Mastricht erschienen vor ihm (19. Febr. 1546) protestantische Gesandte, die zu Gunsten des Kölner Erzbischofs intervenirten. K. fand sie mit allgemeinen Redensarten ab. Und in Speier beruhigte er dann ebenfalls den Hessen und Pfälzer ohne große Schwierigkeit. Seit dem December tagte in Trient das Concil. Seit 27. Jan. discutirten die beiderseitigen Theologen in Regensburg miteinander; resultatlos zogen Ende März die protestantischen Vertreter sich von dem Wortgefechte zurück. Schon am 10. April traf K. in Regensburg ein; es war kein protestantischer Fürst zugegen. Ende Mai erst langte Ferdinand an. Eine Anzahl katholischer Personen fand sich allmälig zusammen. Zu dem bevorstehenden Kriege versicherte sich K. der Hülfe Baierns, er gewann auch einige junge aber ehrgeizige protestantische Fürsten für seinen Kriegsdienst. Am 5. Juni begann die officielle Reichstagsverhandlung, die sehr bald aus anderer Tonart klang als die früheren Berathungen von 1541 und|1544. Die Katholiken verwiesen den religiösen Ausgleich an das gleichzeitig tagende Concil. Die Hauptfache war hier die Kriegsrüstung. Die Allianz mit dem Papste wurde jetzt endlich ratificirt. Truppen wurden geworben und disponirt, Hülfskräfte von allen Seiten herangezogen. Der Vorwand zum Bruche wurde von K. so gewählt, daß die kirchliche Frage nicht berührt, sondern nur der Ungehorsam der Reichsfürsten gegen das Reichshaupt als Motiv ausgegeben wurde. Zwar waren schließlich die Protestanten unruhig geworden; sie fragten am 10. Juni, was die Rüstungen bedeuteten. K. antwortete ausweichend; er bemühte sich den Städten vor allem die Versicherung zu geben, daß er nichts gegen die protestantische Religion beabsichtigte. Die Schreiben und Manifeste der Schmalkaldener erzielten aber zuletzt nur die Achtserklärung gegen Hessen und Sachsen (20. Juli).

    Den Krieg selbst hatten die Protestanten damals schon eröffnet. Der Augsburger Truppenführer Schärtlin hatte schon Ende Juni einen Zug nach Tirol unternommen, um die Vereinigung des aus Italien heranziehenden Heerestheiles mit dem deutschen Heere des Kaisers zu durchkreuzen; aber nach den ersten Erfolgen glückte die Besetzung von Innsbruck nicht. Schärtlin wurde zurückgerufen und hatte sich mit dem Schmalkaldener Hauptheer zu vereinigen. Diese erste Gefahr der kaiserlichen Stellung war vorüber gegangen. K. zog am 3. August von Regensburg weg und nahm bei Landshut Stellung. Dort stießen am 13. Juli die italischen Truppen zu ihm, er zog dann den Gegnern entgegen auf Ingolstadt hin. Es kam dort am 31. August zu einer gewaltigen Kanonade, aber nicht zu offener Feldschlacht. K. bewies hier großen persönlichen Muth und entschlossene Zähigkeit; er setzte sich persönlich großen Gefahren aus, voll Vertrauen in Gottes Beistand, dessen Sache er in diesem Kriege allein zu vertheidigen wiederholt erklärte. Die Protestanten aber griffen das befestigte Lager der Kaiserlichen nicht an, sondern marschirten nach einigem Zögern auf Donauwörth, wo sie sich verschanzten. K. wartete, bis am 15. September das niederländische Heer unter Graf Büren glücklich trotz vieler Schwierigkeiten die Vereinigung mit dem Hauptheer vollzogen. Dann unterwarf er Neuburg und manövrirte geschickt und vorsichtig, nach und nach die herrschenden Punkte in seine Hand zu bringen. Die Gegner bei Donauwörth offen anzugreifen, schien nicht rathsam. Dann standen sich bei Nördlingen beide Heere gegenüber, aber die erwartete Feldschlacht wurde doch nicht geliefert. Daraus setzte K. seine Bewegung fort; noch einmal drohte bei Giengen der Zusammenstoß. Aber trotz alles Kriegseifers der Kaiserlichen, trotz verschiedener Versuche, die sie wagten, entzogen die Protestanten sich der Hauptschlacht. Der Feldzug zog sich in die Länge. Schon rief Papst Paul sein Hülfscorps ab; schon wirkte der rauhe Herbst störend auf das kaiserliche Heer ein. Aber K. war fest in seinem Willen nicht zu weichen, sondern das Auseinandergehen der Schmalkaldener abzuwarten. Da kam am 8. Novbr. ihm die Kunde, daß Herzog Moritz im Rücken der protestantischen Heere ins Kurfürstenthum Sachsen eingefallen. Die Stimmung der Schmalkaldener wurde seitdem friedlich; einen Annäherungsversuch des Landgrafen wies K. zurück, indem er nur mit denjenigen verhandeln zu wollen erklärte, die sich vorher ihm unterworfen. Was K. erwartet, trat am 22. November ein. Da löste sich das Heer der Gegner auf; die Fürsten zogen heim, ihren heimischen Besitz zu vertheidigen. Den Abziehenden konnte K. nicht vielen Schaden zufügen; aber er vollzog jetzt ohne Pause die Unterwerfung Süddeutschlands. Durch Drohungen und Verhandlungen, vornämlich durch die große Geschicklichkeit und Gewandtheit Granvelle's, beugte er die einzelnen Städte und Fürsten zu demüthigem Gehorsam; in Einzelverträgen legte er im Laufe des Winters den einzelnen seinen Willen auf. Herzog Alba mit seinen Truppen half überall|wo es noth that Granvelle's Diplomatie kräftig und wirkungsvoll nach. Jede Fürbitte für Sachsen und Hessen begegnete schroffster Zurückweisung.

    Inzwischen hatte der, sächsische Kurfürst seine Stellung im eigenen Lande neu gewonnen und befestigt; ja er bemühte sich Unruhen in Böhmen zu erregen. Es ergab sich bald, daß die Schmalkaldener im Norden neue Kräfte gesammelt hatten und daß ein neuer Feldzug gegen sie zur Vollendung der kaiserlichen Siege nothwendig geworden. Trotz seiner körperlichen Leiden zog K. persönlich noch einmal ins Feld; mußte er sich auch in einer Sänfte tragen lassen, so war es doch sein Geist, dem die Führung des Unternehmens gebührte. Anfangs April stießen König Ferdinand und Herzog Moritz zu ihm. Ueber Eger geschah der Einmarsch in Sachsen, Alba mit der Vorhut voran. Am 24. April 1547 fiel bei Mühlberg die Entscheidung. K. feierte den Sieg durch den Ausruf: „ich kam, ich sah — und Gott hat gesiegt!“ Der Kurfürst selbst fiel in die Gefangenschaft des Kaisers; er mußte sich den Vertrag vom 19. Mai auferlegen lassen, durch welchen er die Kurwürde verlor und nur einen kleinen Theil seines bisherigen Besitzes behielt. Jetzt eilten alle feindlichen oder schwankenden Territorien, ihren Frieden mit K. zu schließen. Von Widerstand konnte nicht wol die Rede mehr sein. Der sächsische Kurfürst blieb Gefangener des Kaisers. Und Landgraf Philipp konnte demselben Schicksal nicht mehr entgehen. Für ihn verhandelten der brandenburger Kurfürst und Herzog Moritz, den der Kaiser am 4. Juni zum Kurfürsten von Sachsen erhoben, über die Bedingungen seiner Unterwerfung. K. behielt sich dabei das Recht vor, den Landgrafen für einige Zeit als seinen Gefangenen zu behalten; nur die immerwährende Haft war ausgeschlossen. Aber die beiden Unterhändler glaubten dem Landgrafen überhaupt Freiheit seiner Person zusichern zu dürfen. Darauf kam Philipp am 19. Juni nach Halle und unterwarf sich dem Kaiser. Nachher ließ K. den Landgrafen in Haft nehmen, trotz Philipps heftigster Entrüstung und Klagen über Wortbruch, trotz der Fürbitten der arglosen Unterhändler. Dieser Fang des Landgrafen, bei dem zwar von Seiten des Kaisers ganz correct, ohne alle List verfahren worden, bei dem aber der Landgraf ohne seine Einwilligung, scheinbar sogar gegen die getroffene Abmachung zur Gefangenschaft gelangt war, diente dazu das Andenken Karls im deutschen Volke verhaßt zu machen. Der Sinn der Deutschen erfüllte sich mit sittlicher Entrüstung über die Behandlung, welcher man hochangesehene Fürsten des deutschen Reiches unterworfen. Die Reaction gegen die Siege des Kaisers begann unmittelbar nach diesen Ereignissen, wenn auch zunächst officiell die Gewaltherrschaft des Kaisers über Reich und Reichstag gerade damals erst ihren Anfang nahm.

    Des Kaisers Sieg über die deutschen Protestanten war von Zerwürfnissen mit seinem Verbündeten, dem Papste, begleitet. Nach dem Abschlusse jenes Bündnisses hatte Papst Paul die Fürstenthümer Parma und Piacenza, über deren Rechtslage zwischen Reich und Papstthum schon lange Zweifel bestanden, im August 1545 seinem Sohne Pier Luigi verliehen; der Kaiser hatte dies geschehen lassen. Pier Luigi aber knüpfte bald neue Intriguen nach der französischen Seite an. Mit dem Fortgange der Debatten und Arbeiten auf dem Concile in Trient, mit dem Fortschritte der kaiserlichen Waffen in Deutschland ergaben sich schon 1546 neue und bald auch tiefer greifende Verstimmungen zwischen Kaiser und Papst. Im October 1546 rief der Papst das Hülfsheer aus Deutschland fort; K. klagte heftig im Winter 1546 auf 1547 über die Nichterfüllung der vertragsmäßig ihm gewordenen Zusagen. Im März 1547 verlegte auf des Papstes Verlangen das Concil sich von Trient nach Bologna; der Kaiser protestirte gegen die Verlegung, und die Concilsarbeiten standen still. In Genua und in Neapel waren Unruhen ausgebrochen, welche die herrschende Stellung der|kaiserlichen Politik über Italien bedrohten. Entgegen allen diesen Complotten faßte der kaiserliche Statthalter in Mailand Gonzaga 1547 die Absicht, die kaiserliche Macht in Italien auszudehnen und zu verstärken. Während zwischen Kaiser und Papst sehr lebhaft über einen Ausgleich der conciliaren Zwistigkeiten und einen Weg zur Beilegung der deutschen Kirchenspaltung noch verhandelt wurde, veranlaßte Gonzaga einen Aufstand in Piacenza (10. Septbr.); man hatte das Leben des päpstlichen Sohnes zwar schonen wollen, aber das Gefühl der Rache war in den Aufständigen selbst stärker als die Einwirkung der kaiserlichen Politik. Pier Luigi wurde erschlagen. Piacenza fiel in des Kaisers Besitz; aber gegen Parma mißlang ein Handstreich. Jetzt kam auch des Kaisers Behauptung zum Vorschein, daß Parma und Piacenza zum Reiche gehörten, daß er sie festzuhalten beabsichtigte; er bot den Farneses eine Entschädigung; aber nach ihren Begriffen war sie nicht groß genug. Diese privaten Zerwürfnisse zwischen der päpstlichen Familie und dem Kaiser gaben das vornehmlichste Hinderniß einer definitiven Ordnung der allgemeinen Verhältnisse nach dem Willen des Kaisers ab.

    K. war von Halle über Naumburg, Bamberg, Nürnberg nach Augsburg gegangen, wo er am 1. September den Reichstag eröffnete. Hier sollte die religiöse Spaltung beigelegt und überhaupt den deutschen Dingen eine neue Ordnung gesetzt werden. Zunächst gelang es wirklich, den Beschluß der Unterwerfung aller Deutschen unter das Concil durchzusetzen. Durch Cardinal Madruzzi von Trient ließ K. dies in Rom vortragen mit der Aufforderung, die Arbeiten des Conciles ohne Weitläufigkeiten in Trient aufnehmen zu lassen. Aber Papst Paul ging nicht daraus ein, sondern wollte erst die Ansicht der in Bologna weilenden Geistlichen einholen. Als Madruzzi diesen Bescheid nach Augsburg brachte (5. Januar 1548), entschloß K. sich beim Reichstage einige Uebergangsbestimmungen anzuregen, die bis zur definitiven conciliaren Entscheidung den Protestanten die Rückkehr zur katholischen Kirche erleichtern sollten. Gleichzeitig ließ er übrigens in Bologna sowohl (16. Jan.) als in Rom (23. Jan.) förmlichen Protest gegen etwaige in Bologna beabsichtigte conciliare Handlungen einlegen. Jener Absicht zeitweiliger, den Kern des Dogma nicht berührender Concessionen war der Papst nicht entgegen gewesen; er hatte bisher nur seine autoritative Mitwirkung bei ihrer Einführung für nothwendig erklärt. Aber auch ohne eine solche wagte K. den Abschluß der Angelegenheit anzuordnen; er wollte so schnell als möglich zum Ziele kommen. Er hatte drei sehr gemäßigte Theologen, Pflug, Helding und Agricola mit der Abfassung des Religionsedictes betraut; schon am 15. Mai billigte der Reichstag die von ihnen ausgearbeitete Vorlage. Der Inhalt dieses sog. Interim, das bis zu den Concilentscheidungen gelten sollte, trug im wesentlichen katholische Dogmatik vor, indem es in einigen Streitfragen der Ausdrucksweise der Protestanten sich anzunähern versuchte und indem es in einzelnen Punkten äußerlicher Art einige Einräumungen gewährte, z. B. den Kelch im Abendmahl und die Priesterehe unter gewissen Einschränkungen und Erläuterungen. Dies kaiserliche Religionsgesetz sollten alle bisherigen protestantischen Länder annehmen; die bisher katholisch geblichenen wurden von ihm nicht betroffen. Zugleich aber erging auch ein anderes Mandat des Kaisers, das eine Reformation des Clerus und der Sitten des Clerus anordnete und auferlegte. Auch die Reorganisation des Kammergerichts geschah nach Karls Wünschen; eine größere Geldbewilligung kam zu Stande; ein „Vorrath“ zum Unterhalt eines Heeres wurde gesammelt. Weitere Gedanken regte die kaiserliche Staatskunst an; es galt einen Bund zu schaffen zur Ausführung der Kammergerichtsurtheile unter Leitung des Kaisers, an welchem alle Territorien Theil zu nehmen hätten, durch welchen in die Hand des Kaisers die Verfügung über die realen Machtmittet gelegt wurde. K. hielt seine Truppen fortwährend jetzt im Reiche, entgegen den Bedingungen seiner Wahlcapitulation; es wurde aber jeder Kriegsdienst bei auswärtigen Fürsten jetzt den Deutschen untersagt. Mit den Hausbesitzungen des Kaisers, mit den Niederlanden schloß man einen Vertrag ab, 26. Juni 1548, der denselben den Schutz des Reiches für alle Fälle sicherte, der aber die Niederlande sonst von der Unterordnung unter das deutsche Reich und seine Gesetze ausschloß. Zur Regelung dieser Verhältnisse war Königin Maria nach Augsburg gekommen; auch Ferdinand war zugegen. Man entschied, daß die Niederlande an Karls Sohn, den Prinzen Philipp vererbt würden; die Hand seiner Tochter Maria aber gab K. an Ferdinands ältesten Sohn, den Erzherzog Maximilian, ohne daß eine territoriale Mitgift dem jungen Paare verheißen wurde. Eine weitere Entscheidung über die Zukunft des Kaiseithums, das nach Karl zunächst ja an Ferdinand überzugehen hatte, auch nach Ferdinands Abgang wurde damals noch vertagt. Dagegen wurde Ferdinand die Aussicht Würtemberg, das er schon bis 1534 in der Hand gehabt, annectiren zu dürfen, eröffnet: ein Proceß gegen Herzog Ulrich wurde in Augsburg deshalb begonnen. Am 30. Juni schloß der Reichstag.

    In der nächsten Zeit war des Kaisers Politik mit der Durchführung der Augsburger Ordnungen beschäftigt. Eine Reihe der größeren Reichsstädte wurde gezwungen, ihre städtische Verfassung nach dem Befehle des Kaisers zu ändern, das Interim als Kirchenordnung zu verkünden. Der Papst hatte sich nicht weigern können, zur Ausführung des Interim mitzuwirken; er gab am 31. August 1548 einigen Bischöfen die Vollmacht, den Rücktritt reuiger Ketzer in die katholische Kirche durch die Concessionen des Interim zu erleichtern; aber er ließ dabei Vorbehalte hinzufügen, welche die ganze Sache in der Praxis illusorisch zu machen drohten. Im März 1549 kam auf Karls Wunsch sein Sohn Philipp aus Spanien herbei und traf mit dem Vater in den Niederlanden zusammen. K. richtete dort die „Pragmatik“ auf, ein Gesetz, das in allen Theilen der Niederlande die gleiche Erbfolge festsetzte und so das Zusammenbleiben dieser verschiedenen Staaten verfügte. K. brachte auch die allgemeine Anerkennung Philipps als seines Nachfolgers zu Stande. Sehr strenge Gesetze gegen den Protestantismus ließ er 1550 hier ausgehen, welche die frühere Gesetzgebung noch um ein beträchtliches verschärften. Er reiste im Sommer 1550 rheinaufwärts nach Süddeutschland, langte am 10. Juli in Augsburg an, wo am 26. Juli die Verhandlungen des deutschen Reichstages begannen. Es handelte sich zunächst darum, den hartnäckigen Widerstand einiger Reichsstädte gegen das Interim zu brechen; besonders Bremen und Magdeburg beharrten auf ihrem Widerstande. Außerdem hatten einige norddeutsche Fürsten (Preußen, Mecklenburg, Hans von Cüstrin) sich schon zusammengethan, die Freiheit ihres protestantischen Bekenntnisses zu vertheidigen. Auch in anderen Theilen des Reiches gährte der Unmuth der Protestanten unter der Decke äußerer Gefügigkeit unter Karls Regiment, das 1548 sich zwangsweise Gehorsam verschafft hatte. Besprechungen und Erwägungen einer neuen Erhebung gegen die Gewaltherrschaft Karls, sei es unter Anlehnung an England oder an Frankreich, waren schon an vielen Stellen vorgenommen. Einstweilen freilich ging K. noch seinen eigenen Weg weiter, als ob keine ernste Gefahr ihn bedrohte. Die Theilnahme Deutschlands an dem Concile, das der neue Papst, Julius III. (seit 7. Febr. 1550 Papst) wieder nach Trient zusammenzuberufen eingewilligt hatte, wurde förmlich beschlossen; und sogar die Deputation protestantischer Vertreter wurde damals ernstlich in Aussicht genommen. Auch die gewaltsame Unterwerfung der norddeutschen Opposition unter den Willen des Kaisers wurde vom Reichstag gutgeheißen; es wurde ein Heer zu diesem Zweck bestimmt und dem Kurfürsten Moritz von Sachsen der Oberbefehl|übertragen. K. verlangte ferner während der Zusammenkunft mit Ferdinand in Augsburg die Successionsfrage zu regeln. Prinz Philipp von Spanien hatte den Anspruch erhoben, nach Ferdinands Tode Kaiser zu werden; es handelte sich um Ferdinands Zustimmung zur vorläufigen Vornahme dieser Wahl. Ferdinand, der augenscheinlich bisher auf die Nachfolge seines eigenen Sohnes Maximilian gehofft hatte, leistete Anfangs großen Widerstand, ja er ließ zu seiner Hülfe sich den Sohn selbst, der damals die Statthalterschaft in Spanien seit Philipps Reise führte, aus Spanien kommen; es gab herben Zusammenstoß zwischen den Brüdern K. und Ferdinand. Daß der letztere vom deutschen Reichstage eine ansehnliche Hülfe gegen den Türken in Anspruch nahm, erzürnte den Kaiser aufs heftigste. Die Schwester, Königin Maria hatte die schwere Aufgabe zwischen den Brüdern zu vermitteln. Auch nach dem Schluß des Reichstages (16. Febr. 1551) dauerte die Discussion in der habsburgischen Familie fort. Endlich zwang K. dem Bruder und Neffen seinen Willen auf; am 9. März 1551 kam die Vereinbarung zu Stande, daß im Kaiserthum auf Ferdinand Philipp, auf Philipp Max folgen und daß die nöthigen Wahlakte sofort von den Kurfürsten vorgenommen werden sollten. Philipp verhieß, als Kaiser dereinst die deutschen Geschäfte Maximilian zu überlassen, wie er auch während Ferdinands Kaiserthum sich nicht in die deutschen Angelegenheiten einmischen würde, Ferdinand verpflichtete sich, als Kaiser den König von Spanien zum Vertreter des Reiches in Italien machen zu wollen: in dieser Form dachte man das Zusammenwirken der habsburgischen Familienglieder für die universale Beherrschung Europa's dauernd gesichert zu haben. Es war eine Täuschung. Bruder und Neffe hatten sich dem Kaiser scheinbar gefügt; aber es war nicht zu erwarten, daß sie wirklich an die Ausführung dieses Projektes thätige Hand anlegen würden. Die Unterhandlung mit den einzelnen Kurfürsten verlief im Sommer 1551 resultatlos; einer nach dem andern machte Ausflüchte und entzog sich der Uebernahme einer Verpflichtung. Die Persönlichkeit Philipps hatte ihn außerordentlich unbeliebt gemacht; man fürchtete ein spanisches Regiment über Deutschland, von dem man gar nichts wissen wollte. Im Sommer 1551 gab es in Italien neue Verwickelungen, aus denen ein französischer Krieg gegen den Kaiser sehr schnell hervorzugehen drohte. Papst Julius nahm den Farneses das Fürstenthum Parma; sie aber wehrten sich, durch französische Hülfe gedeckt, während K. auf Seite des Papstes gegen Ottavio Farnese sich stellte. Schon am 26. Sept. 1551 aber erklärten die Franzosen direct dem Kaiser den Krieg. Und diese neuen Kriegsstürme mußten auch bald die im Herbst 1551 eben neu aufgenommenen Arbeiten des Conciles in Trient unterbrechen und stören. Das Auftreten der Protestanten in Trient war nichts als eine Demonstration, — zu ernstlicher Discussion kam es nicht. Das Concil lief im Mai 1552 auseinander.

    Jene Versuche Karls, seiner 1548 siegreichen Politik für längere Zeit Bestand und Fortdauer zu sichern, indem er den Umfang seiner Macht auf seinen Sohn zu übertragen suchte, — insbesondere sein „spanisches Successionsproject“ erschütterten den Boden, auf dem seine Macht beruhte; die Protestanten fanden die Gelegenheit zu einer neuen Erhebung günstig; der Sultan und die Franzosen mischten mit neuen Angriffen sich ein. Die diplomatische Kunst des Kurfürsten Moritz verband die einzelnen Elemente der Opposition zu gemeinsamem Unternehmen; das hat die Katastrophe der Kaisermacht Karls herbeigeführt.

    Der Artikel „Moritz von Sachsen“ wird die einzelnen Schritte und Handlungen aufzuzeichnen haben, in denen sich der Aufstand von 1552 vorbereitete und entwickelte. Wohl sahen die Minister des Kaisers das drohende Unwetter aufsteigen: wohl überlegten sie Maßregeln vorbeugender und vergeltender Natur. Aber Moritz verfuhr so geschickt und so behutsam, daß es nicht gelang ihm zuvorzukommen oder ihn festzuhalten; er überholte und überlistete die langsam zum Entschluß gelangende Weise des Kaisers. K. hatte von Augsburg sich nach Innsbruck begeben (2. Novbr. 1551), um der Entwickelung der Dinge in Italien und am Concile nahe zu sein. Dort traf ihn der Aufstand, der Mittel directer Vertheidigung fast entblößt. Nach mehrfachen diplomatischen Finten und Ausflüchten hatte Moritz die Maske fallen lassen und marschirte mit anwachsenden Schaaren dem Kaiser auf den Leib. Plötzlich stand er am 1. April vor Augsburg. K. blieb nichts übrig, als sich persönlich vor dem Anmarsch der Protestanten in Sicherheit zu bringen. Am 6. April versuchte er noch an den Protestanten vorbei in die Niederlande zu entweichen; aber als er erfuhr, daß sie schon zu nahe wären, kehrte er nach Innsbruck zurück. Gleichzeitig secundirte der französische Einfalt ins Elsaß und in die lothringischen Bisthümer dem protestantischen Aufstand. Ganz Deutschland geriet!) in Bewegung und Unruhe. Zwar war Moritz bereit mit Ferdinand zu verhandeln; am 18 April trafen die beiden in Linz zusammen. Moritz formulirte seine Forderungen; aber er wollte nicht ohne seine Verbündeten abschließen. So verabredete man eine neue Zusammenkunft aller Parteien auf den 26. Mai in Passau; aber einen Waffenstillstand bewilligte einstweilen Moritz noch nicht. Ja, Moritz hing dem Gedanken an, in der Zwischenzeit bis zum Friedenscongreß K. persönlich gefangen zu nehmen. Ueber Füssen brach er nach Tirol auf; er erstürmte am 19. Mai die Ehrenberger Klause. Auf diese Nachricht hin floh K. noch spät Abends von Innsbruck. Als Moritz am 20. Mai dort eintraf, fand er den Kaiser nicht mehr; auch die eilig unternommene Verfolgung holte den Vorsprung nicht mehr ein. K. gelangte nach Villach in Kärnthen, während Ferdinand sich nach Passau auf den Weg machte. In Innsbruck plünderten die protestantischen Soldaten das Schloß und die Umgebung; sie zogen bald aus freien Stücken ab, da sie nicht im Stande, Tirol zu behaupten. Die Mittel zur Rache an Moritz besaß K. nicht. Wohl hatte er den gefangenen sächsischen Kurfürsten freigelassen, eventuell ihn gegen Moritz zu benutzen; aber es war eine zu spät ergriffene Maßregel. Ungern und widerwillig mußte K. sich von der Passauer Versammlung die Bedingungen einer neuen Ordnung der deutschen Verhältnisse am 2. August 1552 auferlegen lassen, die seinem Wesen und Willen aufs entschiedenste mißfielen. Die Freilassung der beiden gefangenen Fürsten und eine allgemeine Amnestie waren selbstverständlich; die Beilegung der kirchlichen Spaltung wurde auf einen deutschen Reichstag verwiesen; bis zu seinem Spruche aber sollten die Protestanten ganz unbedingter Religionsfreiheit genießen. Auch sollte ein Regierungscollegium, nur aus Deutschen gebildet, die Verwaltung Deutschlands führen. K. begab sich im August in die Niederlande, um von dort aus den Versuch energischer Abwehr der Franzosen zu erneuern.

    Von dem jähen Sturz aus weltbeherrschender Höhe vermochte sich K. nicht mehr aufzurichten. Er war an Körper und Geist wie gebrochen. Die Leiden und Krankheiten, die ihn von Jugend auf geplagt, hatten zugenommen; die Gichtanfälle, die ihn seit 1528 peinigten, wiederholten sich immer stärker; Asthma und Hämorrhoidalbeschwerden und bisweilen auch die französische Krankheit rieben ihn mehr und mehr auf. Daß er trotz aller Leiden sich nicht an eine verständige und nüchterne Lebensart gewöhnt, verschlimmerte seinen Zustand; seine Aerzte waren oft über die Ausschweifungen, denen er sich im Genuß der Tafelfreuden hingab, in Verzweiflung. In seinem fünfzigsten Lebensjahre war er den Menschen schon als ein Greis erschienen, dem man nur noch eine kurze Lebensdauer prophezeite. Auch sein Charakter schien sich zum schlimmeren gewandelt zu haben. Seine Heftigkeit und Reizbarkeit, die Fehler, die auch dem Manne in seinen besten Jahren angehaftet, waren gewaltig gesteigert. Sein|Herrschergefühl schien in Hochmuth und Selbstverblendung ausgeartet; seine Zähigkeit und Ausdauer schien Eigensinn geworden. Gutem Rath war er früher sehr zugänglich gewesen. Immer Pflegte der Beichtvater auf seinen Sinn einzuwirken; so lange Pedro de Soto dies Amt bekleidete, war er auch in der Politik von mächtigem Einfluß. Granvelle und Alba hatten Jahre lang mündlich dem Kaiser zu seinem Vortheil ihre Rathschläge gespendet; auch auf das Wort seiner Schwester Maria hatte K. meistens gehört. Ein großer Verlust war es, daß am 27. August 1550 während des Reichstages in Augsburg ihm Granvelle gestorben. Wol trat dessen Sohn, Anton Granvelle in seine Stelle ein; aber er ersetzte nicht den Vater. Man kann es sich nicht verbergen, daß die Sicherheit in der Behandlung der Personen und Verhältnisse, durch welche man die größten Triumphe erzielt hatte, der kaiserlichen Regierung seitdem abging. K. selbst wollte mit dem Detail der Geschäfte immer weniger befaßt werden; oft stockte die Erledigung wichtiger Fragen, die kaiserlichen Minister waren oft rathlos und unwillig über den Gang der Dinge, den sie nicht ändern oder bessern konnten. Seit dem Mai 1552 war alles dies noch übler geworden: im innersten Lebenskern war der Kaiser durch jene Maistürme getroffen, auf den Tod war damals sein Geist verwundet.

    Zunächst führte er persönlich noch einmal das Heer, das in Lothringen die Franzosen schlagen sollte; er belagerte Metz (seit 19. Octbr.). Sein damals geübtes Verhalten zu Markgraf Albrecht Alcibiades (vgl. I, 252) erregte großen Unwillen in Deutschland. Zuerst hatte K. die Verträge, die jener von den fränkischen Bischöfen erpreßt, cassirt; dann aber hatte er ihn in seinen Dienst genommen gegen die Franzosen unter Aufhebung jener Cassation und mit Beseitigung der fränkischen Verträge. Aber den Franzosen konnte er doch nicht viel anhaben. Die Belagerung von Metz mußte er am 1. Jan. 1553 aufheben. Im Herbst 1552 hatten die Türken wiederum Ungarn überzogen. In Italien hatten Karls Generale kein Glück. Verschiedenes ging hier an die Franzofen verloren. Und die Vertreter des Kaisers in Italien haderten eifrig untereinander; es fehlte die Hand des Herrn, die sie alle gebändigt. Der Feldzug von 1553 brachte dem Kaiser in den Niederlanden einige kleinere Erfolge und Gewinne. In Deutschland setzte der Krieg, mit dem Albrecht Alcibiades seine Gegner 1553 überzog, noch einmal alles in Unruhe. Zwar wurde Albrecht besiegt; aber im Kampf gegen ihn fiel Kurfürst Moritz, der im Einvernehmen mit Ferdinand für die Aufrechterhaltung der Ordnungen von 1552 und den Schutz des Friedens eingetreten war. In Deutschland machte sich mehr und mehr das Bedürfniß nach Frieden und Ruhe geltend. Und der Kaiser war es mehr und mehr zufrieden, Deutschland sich selber zu überlassen; er verzichtete jetzt selbst auf die Ausführung seines „spanischen Successionsprojectes"; er wollte jeder Einmischung in deutsche Dinge sich enthalten; er übertrug Ferdinand alles was Deutschland anging, die Entscheidung sowohl als die Verantwortung für seine Entscheidungen. Seit 1553 hatte K. — so darf man sagen — nichts mehr mit Deutschland zu thun. Ferdinand leitete 1555 als römischer König den Reichstag in Augsburg; sein Werk war der Religionsfriede, der dort am 25. Septbr. 1555 zu Stande kam, — der endgültige Abschluß aller der Verhandlungen und Schwankungen, welche fast fünf und dreißig Jahre deutscher Geschichte ausmachen.

    Die Gedanken des alternden Kaisers hatten plötzlich im J. 1553 eine neue Richtung empfangen. Nach dem Tode des protestantisch gesinnten englischen Königs Edward VI. (6. Juli 1553) bestieg die katholische Maria Tudor den Thron, die von Anfang an kaiserlichen Rath und Schutz nachsuchte. Sofort erfaßte K. die Absicht, seinen Sohn mit ihr zu verheirathen; es sollte damit die|katholische Zukunft Englands gesichert. Philipps Weltstellung erhöht und die Zukunft der Niederlande unter spanischem Scepter befestigt werden. Philipp war zur Ehe bereit. Sehr schnell erledigte sich die Sache. Schon im Juli 1554 kam er aus Spanien, die englische Ehe abzuschließen. Damals übertrug ihm der Vater schon die Herrschaft über Mailand und Neapel. K. selbst sehnte sich immer dringender nach Ruhe und Freiheit von der Last der Geschäfte. Jene theilweise Entbürdung des Kaisers hatte in der Praxis manche Unbequemlichkeit zur Folge; so trat K. an seinen Sohn auch seine anderen Kronen ab. Am 25. Oct. 1555 entsagte K. der niederländischen Herrschaft, am 16. Jan. 1556 setzte er dem Sohne auch die Kronen Spaniens aufs Haupt. Nur auf die dringenden Vorstellungen Ferdinands verschob K. seine Abdankung von der Kaiserkrone: aber nur, indem er seinen Willen nochmals aussprach alle Regierungshandlungen Ferdinand zu überlassen, gewährte er den Aufschub. Erst im März 1558 erschienen seine Bevollmächtigten auf dem Kurfürstentag in Frankfurt und übertrugen formell die Kaiserkrone dem Bruder.

    Mit immer steigender Sehnsucht hatte K. die letzten Jahre nach Ruhe des Körpers und des Geistes verlangt. Wenn er schon in früherer Zeit wiederholt geäußert, er hoffe sein Leben in der Stille eines Klosters, fern von dem Treiben dieser sündigen Welt zu beschließen, so erfaßte ihn seit der Katastrophe von 1552 dieser Gedanke mit immer zwingenderer Macht; er verlangte auch aus dem feuchten und kühlen Norden hinwegzukommen und sich in das wärmere und reinere Klima der Pyrenäischen Halbinsel zurückzuziehen. Schon 1554 hatte er sich den Ruhesitz auserkoren, das Hieronymitenkloster San Yuste, gelegen an den südlichen Abhängen der Bergkette, welche Estremadura durchschneidet, von Kastanienwäldern umgeben, geschützt gegen alle rauhen Winde, ein Paar Meilen von der Stadt Plasencia entfernt. Neben dem Kloster hatte K. für sich und seine Umgebung ein einfaches Haus errichten lassen.

    Am 30. August 1556 verabschiedete K. sich von seinem Sohne; nach Spanien begleiteten ihn seine verwittweten Schwestern Maria und Leonor. Am 14. Septbr. schiffte K. sich in Vliessingen ein; widrige Winde hielten die Abfahrt noch einige Tage auf; erst am 17. stach man in See, am 28. landete man in Laredo an der castilischen Küste. Noch eine Weile hatte er das weltliche Leben zu ertragen; erst am 3. Febr. 1557 war alles soweit, daß er in San Yuste einziehen konnte.

    Sein Leben war nicht ganz auf klösterlichen Fuß gerichtet; er hatte eine zahlreiche Dienerschaft; er behielt seine gastronomischen Gewohnheiten bei, er empfing oft Besuch von Freunden und Großen des Landes; er lebte in religiösen Andachtsübungen; Messe und Predigt besuchte er regelmäßig; er verharrte stundenlang in andächtiger Sammlung. Seine Begleiter pflegten ihm vorzulesen aus historischen und aus erbaulichen Büchern. Auch beschäftigte er sich mit mechanischen Arbeiten; an beweglichen Figuren, an Uhren hatte er große Freude. Man hat lange die falsche Vorstellung gehabt, daß K. im Kloster allen weltlichen Interessen abgestorben gewesen. Das ist nicht richtig. K. unterhielt vielmehr mit seinem Sohne lebhaften Briefwechsel über die wichtigeren politischen Fragen; er ertheilte einige Male in finanziellen Dingen guten Rath. Einige Male intervenirte er aus eigenem Willen in schwierige Verhältnisse, z. B. behufs der Sicherung des eventuellen Erbrechtes in Portugal für seinen Enkel, behufs der Annexion des französischen Navarra. Zuletzt flammte sein kirchlicher Fanatismus noch einmal glühend empor. Plötzlich wurde ihm kund, daß der Protestantismus selbst nach Spanien seine Arme ausgestreckt. Lutherische Gemeinden waren in Sevilla und Valladolid entdeckt worden. Da bat er, flehentlich die spanische Regierung, die Ketzer mit Stumpf und Stil auszurotten; er ließ im Sommer 1558 die Scheiterhaufen anzünden, auf denen die Inquisition ihre Opfer verbrannte. Er selbst bekannte kurz vor seinem Tode seine Reue, daß er 1521 Luther das Geleit gehalten statt sich kurzweg zu entschließen, den Ketzer verbrennen zu lassen.

    Man hat oft erzählt, K. habe bei lebendigem Leibe seine Exequien gefeiert; er habe sich dabei selbst schon in den Sarg gelegt und durch dies Experiment seine letzte Krankheit sich zugezogen. Für eine einfachere Version — daß er lebend sich eine Todtenmesse habe halten lassen — kann man den Bericht eines Mönches anführen, der dabei gewesen zu sein behauptet. Doch fällt gegen die Annahme der Erzählung der Umstand schwer ins Gewicht, daß gerade aus jenen Tagen, in denen die Geschichte passirt sein soll, viele Schreiben aus der Umgebung des Kaisers erhalten sind, die nicht nur nichts davon wissen sondern gar keinen Raum für diese Feier offen lassen. Die Phantasie eines Mönches dürfte immerhin für fähig gelten, nach einem Zwischenraum von 20 Jahren eine derartige erbauliche Anekdote zu erfinden.

    Mitte August 1558 ergriff den alten Mann zum letzten Male seine Gicht. Die Krankheit steigerte sich im September. Am 19. erhielt er die letzte Oelung; er war auf den Tod vorbereitet. Man hörte ihn sagen: „Herr, in Deine Hände habe ich Deine Kirche empfohlen“. Am 21. September umstanden geistliche und weltliche Freunde sein Lager; mit der rechten Hand griff der Sterbende nach der brennenden Kerze, mit der linken führte er das Kruzifix an die Lippen, dasselbe, das einst auch den Todeskampf seiner Gattin begleitet — „Jesus“ war das letzte Wort, das über seine Lippen kam. Interimistisch wurde seine Leiche unter dem Hauptaltar in San Yuste beigesetzt; später, 1574, ordnete König Philipp an, sie im Escurial zu begraben.

    Aus seiner Ehe entsprossen 7 Kinder, von denen ihn 3 überlebten: 1) Philipp, geb. am 21. Mai 1527 in Valladolid, 2) Maria, geb. am 21. Juni 1528 in Madrid, die spätere Frau ihres Vetters Maximilian, des deutschen Kaisers, 3) Johanna, geb. am 23. Juni 1535 in Madrid, die 1553 den Infanten von Portugal geheirathet, 1554 aber als junge Wittwe heimgekehrt, 1554—1559 die Regierung Spaniens führte. Aus außerehelichen Verhältnissen stammen 2 Kinder, die sich in der Welt einen Namen gemacht: 1) Margarethe 1522, von der schon mehrmals oben die Rede, 2) Johann 1547 (vgl. XIV, 278).

    Litterarische Notiz. Einen Abriß seiner Lebensgeschichte hat K. selbst verfaßt; als er 1550 den Rhein hinauffuhr, begann er ihn zu dictiren; während des Reichstages in Augsburg setzte er die Arbeit fort, unterstützt durch die Bemerkungen, die ihm die beiden Granvelle's machten. 1552 schickte er das bis dahin fertig gewordene Fragment nach Spanien an seinen Sohn Philipp. Dort ist das Manuscript verschwunden; es ist bis heute nicht wieder zum Vorschein gekommen; man hat lange sogar die Glaubwürdigkeit der Notizen über ein solches (verlorenes) Buch in Zweifel gezogen; endlich fand Kervyn de Lettenhove auf der Pariser Bibliothek eine portugiesische Uebersetzung von 1620; er gab in französischer Uebertragung das Werk heraus, weil er irrthümlich glaubte, das Original sei französisch geschrieben (es war spanisch) unter dem Titel Commentaires de Charles-Quint, Bruxelles 1862 (es erschienen auch deutsche, englische, spanische Uebersetzungen aus der französischen). Der Inhalt ist eine zusammengedrängte Uebersicht der Reisen und äußeren Thatsachen aus dem Leben des Kaisers, aber überall mit sehr charakteristischen, lehrreichen, oft die ganze Situation grell beleuchtenden Bemerkungen durchsetzt. — Reisejournale oder Tagebücher über das äußere Leben des Kaisers stellten Herbays 1514—1542 und Vandenesse bis 1551 zusammen (georuckt in Collection des voyages des souverains des Paysbas, publ. p. Gachard T. II, 1874). — In Spanien übte die Regierung darauf Einfluß aus, daß die Thaten Karls historisch bearbeitet wurden: Mexia, Salazar, Santa Cruz, Sepulveda empfingen Anregungen, besonders des letzteren Werk ist wichtig (Opera 1780 in 4 vol. 4°). S. stand mit Giovio und mit Avila in Briefwechsel, erkundigte sich über Einzelheiten auch bei K. selbst. Avila, Commentarios de la guerra de Alemaña (1548) gab von dem schmalkaldischen Kriege eine Darstellung aus dem kaiserlichen Lager, Guillaume von Male (Malinaeus) überarbeitete das Werk in lateinischer Sprache. Avila ist besonders werthvoll. Die spanischen Nachrichten und einzelne Aktenstücke arbeitete nachher Sandoval, Vida y hechos del emperador Carlos V (1604, 2 Fol.) zusammen. An ihn schloß sich Vera y Figueroa 1633 an. — Unter den italienischen Historikern des 16. Jahrhunderts wideneten Giovio, Guicciardini, Adriani in ihren großen Werken der Regierung Karls besondere Aufmerksamkeit. Faleti und Godoi behandelten den schmalkald. Krieg. Guazzo, Historie di tutti i fatti degni di memoria nel mondo successi dal 1525 sino all'anno 1549 (1549). Lod. Guicciardini, Commentarii delle cose più memorabile 1529—1560 (1565). Ant. Doria, Compendio delle cose nel tempo di Carlo V (1571). Auch erschienen bald nach Karls Tode elegant geschriebene Biographien von Ulloa 1560, Dolce 1561, Sansovino, II simolacro di Carlo V (1567).— In Deutschland ist in erster Linie Sleidanus, Commentarii de statu religionis et reipublicae Carola quinto Caesare (1555) als Historiker Karls zu nennen, vom Standpunkt der protestantischen Gegner, aber mit dem Bemühen unparteiisch zu urtheilen. Die katholische Gegenschrift gegen Sleidanus von Surius, Commentarius brevis rerum in orbe gestarum 1500—1566 (1567) kommt kaum in Betracht. Auch Mameranus und Hortensius haben einzelne Abschnitte der deutschen Regierungsgeschichte behandelt. Eine traurige Anekdotensammlung lieferte Zenocarus a Schawenburg, De republica Caroli V (1559). — Im 17. Jahrhundert verdanken wir dem Eifer von Hortleder (Handlungen und Ausschreiben von den Ursachen und dem Fortgang des deutschen Krieges, 1617) und von Seckendorf (Comment. historicus et apologeticus de Lutheranismo, 1692) die wichtigsten archivalischen Beiträge zur Regierungsgeschichte von Deutschland. Leti, Vita di Carlo V. (1700); Masemus, Historia Caroli V et Ferdinandi I (1709); Perizonius, Rerum gestarum ab ineunte seculo XVI ad Caroli V mortem commentarii (1710) und Robertson, History of the reign of Charles V (1769) waren zu ihrer Zeit viel gelesene und gepriesene Bücher. — Französische Autoren haben die Kriege zwischen K. und Franz oft behandelt: Varillas, Politique de la maison d'Autriche, 1658 und Histoire de François I. 1685; Gaillard, Hist. de François I, 1766 und Histoire des grandes querelles entre Fr. et Ch., 1777. — Eine sehr wichtige Aktensammlung hierüber ist Ribier. Lettres et memoires d'estat (1677, 2 vol. fol.), dazu Leglay, Negociations diplomatique entre la France et l'Autriche, 1845, — Mignet, Rivalité de Charles V et François I (früher Aufsätze in Revue des deux mondes, 1854 ff., jetzt als Buch 1875 in 2 vol.). — Die Briefe und Aktenstücke Karls finden sich an verschiedenen Orten zerstreut; — in Simancas und Madrid, in Brüssel, Lille, Befançon, in Wien. Die wichtigsten Publicationen dieses Materiales sind die folgenden a) aus Brüssel: Lanz, Correspondenz Karls V., 1844 in 3 vol. und Lanz, Staatspapiere zur Geschichte Karls V., 1845; b) aus Besançon: Papiers d'etat du Cardinal de Granvelle, publiés sous la direction de Ch. Weiss, 1841 in 9 vol.; c) aus Wien: Bradford, Correspondence of the emperor Charles V, 1850. Monumenta Habsburgica: Aktenstücke und Briefe zur Gesch. Karls V. (1853). Bucholtz, Gesch. der Regierung Ferdinands I., 9 Bde., 1831/1838. — d) Aus Spanien veröffentlichte die Coleccion de documentos ineditos manche Beiträge, z. B. in Bd. 1. 2. 3. 7. 9. 14. 24. 38 etc.|Auch Bergenroth, Calendar of State Papers I. II. (1862 und 1866), fortgesetzt von Gayangos brachte vieles werthvolle. Ferner Gachard, Correspondance de Charles V et d'Adrien VI. (1859). Heine. Briefe Karls V. und seines Beichtvaters 1530—1532 (1848). Heine-Döllinger, Documente zur Geschichte Karls V. und Philipps II. (1862). — Maurenbrecher, Karl V. und die deutschen Protestanten 1545—1555, hat einen Anhang von Akten aus dem Archive von Simancas (1865). Dazu kommt die aus den verschiedenen deutschen Archiven schöpfende Sammlung v. Druffels, Beiträge zur Reichsgeschichte 1545—1555 (1873 ff.). Das Quellenmaterial zur Geschichte einzelner Abschnitte ist kritisch geordnet in den Abhandlungen von G. Voigt, Geschichtschreibung über den Zug Karls V. gegen Tunis von 1535 (1872) und Geschichtschreibung über den schmalkaldischen Krieg (1874 — vgl. hierzu die kritischen Beiträge von Rud. Lorenz in einer Königsb. Diss. 1876 und einem Gumbinner Programm 1880). Daran schließen sich Schomburgk, Geschichtschreibung über den Zug Karls V. gegen Algier von 1541 (1875) und Rachel, Geschichtschreibung über den Krieg Karls gegen Afrika 1550 (1879). — Die Geschichte Spaniens zur Zeit Karls V. charakterisirte ganz vortrefflich Ranke, Fürsten und Völker I., 1827; ausführlicher ist die Erzählung von Lafuente. Historia general de España., XI u. XII, 1853. — Vgl. Höfler, Zur Kritik und Quellenkunde der ersten Regierungsjahre Karls V. (I. II. 1876 u. 1878). Ueber den Aufstand der Communidades Ferrer del Rio. Historia del levantamiento de las Communidades (1850). Höfler, Aufstand der castilischen Städte gegen Karl V. (1876). — Karls Regierung der Niederlande behandelte Henne, Histoire du règne de Charles-Quint en Belgique, 10 vol., 1858. Juste, Charles Quint et Marguerite d'Autriche, 1858. Vie de Marie de Hongrie, 1861. — Was Karls Verhältniß zu Italien angeht, so erfährt dasselbe durch die Relazionen der Venetianer die hellste Beleuchtung; auch giebt es eine reiche auf archivalische Studien gestützte monographische Litteratur, die hier aufzuzählen unmöglich; hier genüge der Hinweis auf de Leva, Storia documentata di Carlo V in correlazione all' Italia, bis jetzt 4 Bände. 1863—1881. — Karls Verhältniß zu Deutschland gelangt selbstverständlich in allen Reformationsgeschichten zur Darstellung (vgl. z. B. Planck 1781, Marheineke 1816, K. A. Menzel 1826), vor allen anderen gebührt hier der Vortritt Leopold von Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, 6 Bde. 1839—1847 (3. Aufl. 1852. 4. Aufl. in Sämmtl. Werken 1867), es ist heute noch immer das klassische, das maßgebende Werk über Karl V. — Als neuere Versuche einer zusammenfassenden Darstellung mögen noch genannt werden: Gachard, Artikel in Biographie nationale publiée par l'Académie de Belgique, Bd. III. 1872; — Maurenbrecher, Studien und Skizzen zur Gesch. der Reformationszeit. 1874, Gesch. der katholischen Reformation I (1880); — Janssen, Deutsche Geschichte seit dem Ausgange des Mittelalters, Bd. II u. III. 1879 u. 1881. Pastor, Kirchliche Reunionsbestrebungen während der Regierung Karls V. (1879). Zuletzt sollen noch einige Monographien und Publicationen über einige besonders wichtige Verhältnisse oder Beziehungen der politischen Thätigkeit Karls V. aus der überreichen monographischen Litteratur erwähnt werden: Rösler, Kaiserwahl Karls V. (1868). Höfler. Karls V. Wahl (1873). Friedrich, Wormser Reichstag (1871). Förstemann, Neues Urkundenbuch (1842). Die Aufsätze von Waltz und Wyneken in Forschungen zur deutschen Geschichte, VIII u. X. (1868. 1870). Förstemann, Urkundenbuch zur Gesch. des Augsburger Reichstages (1833). Schirrmacher, Briefe und Akten zur Gesch. des Augsb. Reichstages (1876). Spieß, Geschichte des kaiserlichen neunjährigen Bundes 1535—1544 (1788). Maurenbrecher, Zwei Schreiben Karls V. von 1543 (Forschungen zur deutschen Geschichte III.|1863). Gachard, Trois années de l'histoire de Charles V1543—1546 (1865). v. Druffel, Kaiser Karl V. und die römische Curie 1544—1546 (Münchener Akademie 1877, 1881). v. Druffel, Viglius Tagebuch vom schmalkald. Krieg (1879). Baumgarten, Zur Gesch. des schmalkald. Krieges (Historisch Zeitschrift Bd. 36, 1876). Lenz, Schlacht von Mühlberg (1879). J. Voigt. Fürstenbund gegen Karl V. (Historisch Taschenbuch für 1857). — Ueber die letzte Lebenszeit hatte der spanische Archivar Tomas Gonzalez die Aktenstücke zusammengestellt; aus seinem Manuscript stammen die Mittheilungen bei Stirling, The cloister life of the emperor Charles V, 1852; Pichot, Charles Quint, chronique de sa vie, 1854 und von Mignet, Charles Quint, son abdication, son séjour et sa mort, an monastère de Yuste, 1854 — mit einer sehr fesselnden Charakteristik von Karls Persönlichkeit. — Auf eigenen Forschungen beruht die Publication von Gachard, Retraite et mort de Charles-Quint au monastère de Yuste. 2 vol. 1854 u. 1855.

  • Autor/in

    W. Maurenbrecher.
  • Zitierweise

    Maurenbrecher, W., "Karl V." in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 169-206 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118560093.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA