Lebensdaten
1459 – 1519
Geburtsort
Wiener Neustadt
Sterbeort
Wels (Oberösterreich)
Beruf/Funktion
römisch-deutscher König ; Kaiser
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118579371 | OGND | VIAF: 293727145
Namensvarianten
  • Maximilian I.
  • Habsburg, Maximilian von
  • Kaiser Maximilian I.
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Zitierweise

Maximilian I., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118579371.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. Geschl. d. Habsburger;
    V Kaiser Friedrich III. (1415–93. s. NDB V), S d Hzg. Ernst v. Österreich ( 1424) u. d. Cimburgis v. Masovien ( 1429);
    M Eleonore (1434/36-67), T d. Kg. Eduard v. Portugal (1391–1438) u. d. Eleonore v. Aragon ( 1445);
    Ov Erzhzg. Albrecht VI. v. Österreich ( 1463, s. NDB I);
    Tanten-v u. a. Margarethe (1416–86, Kf. Friedrich II. v. Sachsen, 1464, s. NDB V), Katharina ( 1493, Mgf. Karl I. v. Baden, 1475);
    Schw Kunigunde ( 1520, Hzg. Albrecht IV. v. Bayern, 1508);
    1) Gent 19.8.1477 Maria (1457–82. s. NDB 16). T d. Hzg. Karl d. Kühnen v. Burgund ( 1477) u. d. Isabella v. Bourbon ( 1465), 2) Mailand 20.11.1493 per procuram/Innsbruck 16.3.1494 Bianca Maria (1472–1510), T d. Galeazzo Sforza. Hzg. v. Mailand;
    2 S (1 früh †), 1 T aus 1) Erzhzg. Philipp d. Schöne (1478–1506), Hzg. v. Burgund u. seit 1504 Kg. v. Kastilien ( Johanna [d. Wahnsinnige] v. Spanien, 1555, T d. Kg. Ferdinand V. v. Aragon, 1516, u. d. Isabella v. Kastilien, 1504), Erzhzgn. Margarethe (1480–1530), seit 1507 Statthalterin d. Niederlande (s. NDB 16); 10 (?) außerehel. K u. a. Margarethe Gfn. v. Helfenstein ( 1525), Georg v. Österreich ( 1557), Bischof v. Brixen, EB v. Valencia u. Koadjutor v. Lüttich, Elisabeth Gfn. v. d. Mark ( 1544), Cornelius Maximilian v. Amberg ( 1553), kaiserl. General, Leopold ( ca. 1557), Bischof v. Cordoba, Dorothea Gfn. v. Ostfriesland ( ca. 1572);
    E Kaiser Karl V. ( 1558, s. NDB XI), Kaiser Ferdinand I. ( 1564, s. NDB V).

  • Biographie

    M., der Begründer der habsburg. Universalherrschaft und der Donaumonarchie, der eine weltgeschichtliche Wende von jahrhundertelanger Nachwirkung einleitete, geriet seit dem 19. Jh. in das Zwielicht der Beurteilung. Ursprünglich etwas zu großartig gesehen, wurde sein Bild infolge der kleindeutsch-österr. Auseinandersetzungen stark verdunkelt. Der älteren Forschung (Ranke) standen fast nur reichsständische Quellen zur Verfügung, die naturgemäß ein einseitiges Bild boten. „M., das ungerechtest behandelte Opfer der Rankeschule“, klagte Friedjung. Ulmann schuf das Bild vom sprunghaften, unsteten Phantasten ohne großen Gesamtplan, der nur vom Erbglück emporgetragen wurde, vom Verderber der Reichsreform, vom „undeutschen“ Kaiser, dem bedenkenlosen Vertreter der österr. Hauspolitik, der das Reich nur „als Anhängsel des zur Weltmacht strebenden Hauses Österreich ausgebeutet“ habe. In Zeiten des übersteigerten Nationalismus erregte der habsburg. Universalismus allgemeinen Anstoß. Im übrigen galt M. als „interessanter Charakter“, als Mann von ungewöhnlichen Gaben, als sprühende Persönlichkeit, wobei insbesondere seine Liebe zu Kunst und Wissenschaft und sein Mäzenatentum Anerkennung fanden. Diese Seite seines Schaffens ist sehr eingehend erforscht. Die Tatsachen der M.schen Reichsbildung, sein Regierungs- und Verwaltungssystem, Reichsreform, Reichs- und Fürstenpolitik, Kirchenpolitik, Kriegführung und Finanzpolitik, worüber es lange Zeit nur Gemeinplätze gab, wurden erst jüngst eingehender wissenschaftlicher Analyse unterzogen. Die Schule der Regesta Imperii hat zur Aufklärung dieser Fragen nicht unwesentlich beigetragen. Das Reichstagsakten-Unternehmen hat das Verdienst, die Reichsreform noch weiter zu klären. Die österr. Verwaltungsreform ist seit langem recht gründlich erforscht.

    M.s Kindheit und Jugend standen unter dem Eindruck des türk. Vorstoßes gegen das Abendland. Der Name „Maximilian“ wurde gewählt nach dem legendären Apostel des Südostens; man hatte im Hinblick auf den Fall Konstantinopels (1453) auch an den Namen „Konstantin“ gedacht. Österreich blickte damals sorgenvoll nach Osten. Böhmen und Ungarn, seit 1437 mit Österreich verbunden, fielen bald in die Hände nationaler Könige (1458/59), die ihre Waffen gegen Österreich richteten anstatt gegen die Türken. Der Bruderzwist zwischen Kaiser Friedrich III. und Albrecht VI. um das Erbe Kg. Ladislaus' Postumus erschütterte die Dynastie (1457–63). Die kaiserl. Familie wurde in der Wiener Hofburg belagert (Okt.-Dez. 1462). Söldnerbanden durchstreiften die Länder, Adelsfehden und Münzverfall vermehrten die Not. Der Cillier Erbfolgekrieg (1456–60) sicherte immerhin die Stellung Österreichs in der Untersteiermark und in Kärnten. Die geringe Hausmacht erlaubte dem Kaiser keine Herrschaft im Reich; es war sogar von Absetzung die Rede. Die Schwäche des Vaters schien dem Sohn verächtlich; die früh verstorbene Mutter dagegen versetzte er unter die Heiligen des Himmels. Gleichwohl hatte er vom Vater den unerschütterlichen Erwählungsglauben seines Hauses (AEIOU = Alles Erdreich Ist Oesterreich Untertan), von der Mutter den Sinn für das Große. M. nennt sich selber „Theuerdank = Magnanimus“.

    Die strenge, nicht immer glückliche väterliche Erziehung war gleichermaßen auf die geistige, religiöse und körperliche Ertüchtigung des begabten, aber spätentwickelten Knaben bedacht: er wurde auch in die „Schwarze Kunst“, Astrologie und Alchimie, eingeführt. Seine kostbar gestalteten Lehrbücher (Fichtenau), die Wenzelsbibel – ein Wunderwerk der Buchkunst, deutsche und antike Geschichten- und Sagenbücher vermittelten ihm erste literarische Eindrücke. Lehrer der alten Schule, Nicht-Humanisten, brachten ihm ein schlechtes „Reiterlatein“ bei, das er aber geläufig schrieb und sprach. Vom Hofgesinde lernte M. Slovenisch, in den Niederlanden Flämisch und Französisch, von seinen Sekretären Italienisch und von seinen Landsknechten Englisch und Spanisch. Der Vater führte ihn in die „Sekretarikunst“ ein. In den Hofwerkstätten übte M. die praktischen Handfertigkeiten, die ihn später besonders auszeichneten. Größtes Interesse zeigte er gegenüber dem Waffenhandwerk, dem Turnier (der „letzte Ritter“) und der Jagd, worin er es zu besonderer Meisterschaft brachte. Die autobiographischen Schriften (Weißkunig, Commentaria und Gesta) bieten nach den älteren Fürstenspiegeln die erste ausführliche Erziehungsgeschichte.

    Die Zusammenkunft zwischen Friedrich III. und Karl d. Kühnen in Trier (1473) bereitete die dynastische und politische Vereinigung der Häuser Österreich-Burgund vor. M. bewunderte Karl d. Kühnen zeitlebens als sein Vorbild. Nach dessen Tod in der Schlacht bei Nancy (5.1.1477) heiratete er Maria von Burgund, wodurch die Habsburger zu führender Stellung im Reich und in Europa aufstiegen. M. konnte die Einheit der burgund. Länder in einem 15jährigen Erbfolgekrieg gegen Frankreich verteidigen (erster entscheidender Sieg bei Guinegate [= The-rouanne] am 7.8.1479). Allerdings stieß M., der das zentralisierende Gewaltsystem Karls d. Kühnen fortsetzte, auf den harten Widerstand der burgund. Länderstaaten. Die Kinder Philipp und Margarethe sicherten die Erbfolge der habsburg. Dynastie in den Niederlanden. Als Hzgn. Maria auf der Falkenjagd verunglückte (27.3.1482), geriet der burgund. Staat in eine schwere Krise. Adel und große Handelsstädte wollten den M.schen Zentralismus zerschlagen, verbanden sich mit Frankreich, rissen die Vormundschaft für Erzhzg. Philipp an sich und verlobten Erzhzgn. Margarethe mit Karl (VIII.) von Frankreich. Das Herzogtum und die Freigfsch. Burgund, Picardie und Artois und viele andere Herrschaften wurden im Frieden von Arras (23.12.1482) als Mitgift Margarethes an Frankreich abgetreten und nach Auflösung des Verlöbnisses nicht zurückgegeben, womit eine langwierige Streitfrage zwischen Habsburg und Valois in die Welt gesetzt wurde. Erst nach schweren Kämpfen vermochte M. die Generalstaaten zur Herausgabe seines Sohnes und zur Anerkennung seiner Vormundschaft zu zwingen.

    Im Reich drängte man auf die Wahl M.s zum Röm. König, in der Hoffnung, daß er ohne Unterstützung des Reiches seine österr. Länder gegen Ungarn verteidigen werde, nachdem Matthias Corvinus Wien (1485) und große Teile Österreichs erobert hatte. Am 16.2.1486 wurde M. mit Unterstützung des Vaters in Frankfurt einstimmig gewählt und am 9. April in Aachen gekrönt – der erste Schritt zur habsburg. Erbmonarchie.

    M. war stets überzeugt, daß die großen Entscheidungen im Westen fielen, und kehrte daher in die Niederlande zurück, um den Erbfolgekrieg zu beenden. Die Bürger von Brügge setzten ihn durch List gefangen und hielten ihn 16 Wochen (Februar-Mai 1488) in ihren Gefängnissen fest; sie bedrohten ihn mit der Auslieferung an Frankreich, ja mit der Hinrichtung. Der Kaiser mußte mit einem Reichsheer anrücken, um den Sohn zu befreien. M. blieb zeitlebens ein Feind stadtbürglicher Selbstherrlichkeiten. Der Frankfurter Friede (22.7.1489) schloß die erste Phase des Erbfolgekrieges ab. M. kehrte nach Österreich zurück, während Hzg. Albrecht v. Sachsen für ihn den niederländ. Krieg zu Ende führte.|Größtes Aufsehen erregte der sogenannte „Brautraub von Britannien“. Um Frankreich einzukreisen, heiratete M. in verhängnisvoller Überschätzung seiner Möglichkeiten – zunächst nur durch Stellvertretung – die Tochter seines alten Verbündeten, Hzgn. Anna von Bretagne (16.12.1490), was Frankreich als Bedrohung seiner Existenz auffassen mußte. Durch den Ungarnkrieg verhindert, vom eigenen Vater, der diesem Abenteuer mißtraute, und vom Reich völlig im Stich gelassen, konnte er seine „Gemahlin“ gegen den König von Frankreich nicht in Schutz nehmen. Nach Eroberung ihres Landes folgte Hzgn. Anna dem Sieger freiwillig in die Ehe (6.12.1491), nachdem ihre in fragwürdigen Formen abgeschlossene, nicht vollzogene „Ehe“ mit M. annulliert worden war. Kg. Karl VIII. schickte seine Verlobte, Erzhzgn. Margarethe, dem Vater zurück, ohne deren große Mitgift, das Hzgt. Burgund u. a., herauszugeben. M. war als Gatte und als Vater gleich hart getroffen. Vergebens forderte er den König von Frankreich deswegen zum ritterlichen Zweikampf heraus. Ein tief sitzender, nie ganz überwundener Haß gegen Frankreich war die Folge. M. eröffnete den Rachekrieg, wofür die königl. Propaganda den „Brautraub“ erfand. Der Friede von Senlis (23.5.1493) beendete den langen Krieg und gab M. die Freigfsch. Burgund, ein wertvolles Grenzland des Reiches, wieder zurück. Die Aufteilung der burgund. Länder war verhindert worden, deren Besitz die habsburg. Großmacht endgültig sicherte. Das burgund. Bündnissystem und der „Große Plan“ zur Zerstückelung Frankreichs mit Hilfe Englands, Spaniens und des Reiches beherrschten durch Jahrhunderte das habsburg. Staatsdenken. Der Kampf um die Vorherrschaft zwischen Habsburg und Valois schien unvermeidlich.

    M. kehrte als vollendeter Burgunder ins Reich zurück. Wie Karl d. Kühne wollte er die große Politik durch den Krieg gestalten. Einrichtungen des burgund. Staates dienten den österr. Ländern als Vorbild: Hofkultur, straffe Verwaltung und Finanzordnung, Kriegswesen mit Artillerie und Landsknechten, die während des Erbfolgekrieges erstmals aufgestellt worden waren. Aus Burgund kam der übersteigerte Kult des Herrschers und seiner Dynastie, den M. bei aller persönlichen Anspruchslosigkeit doch mitmachte, das Zeremoniell, das die gottähnliche Stellung des Herrschers sichtbar machen sollte, das Goldene Vließ, in dem sich die burgund.-habsburg. Erwählungsidee sinnfällig ausdrückte, und neue Formen der Propaganda als Mittel der öffentlichen Meinungsbildung. M.s Hofakademie, Bibliothek, Literatur- und Kunstpflege, seine eigenen literarischen Werke wären ohne das burgund. Vorbild kaum denkbar.

    Aus den Niederlanden zurückgekehrt, bewog M. seinen Vetter Erzhzg. Sigmund gegen eine ansehnliche Rente zur sofortigen Abtretung Tirols und der Vorlande (16.3.1490), die eben noch an Bayern verpfändet werden sollten. Die Wiedervereinigung aller habsburg. Länder war damit vorbereitet. Innsbruck wurde Hauptstadt der Regierung und Verwaltung, Standplatz der Rüstungswerkstätten und eines großen Zeughauses. Die reichen Silber- und Kupferbergwerke von Schwaz in Tirol bildeten, nach Abtretung der Niederlande an seinen Sohn Philipp (1494), die Grundlage regelmäßiger hoher Kredite, welche die große Politik erst ermöglichten.

    In Tirol begann M. mit seinen großen österr. Verwaltungsreformen nach burgund. Vorbild: Einrichtung des oberösterr. Regiments (für politische Verwaltung und Gerichtswesen) und der Raitkammer (für Finanzverwaltung) in Innsbruck und nach Friedrichs III. Tod die Einrichtung ähnlicher Behörden in den niederösterr. Ländern, die aber dauernd der Innsbrucker Kontrolle unterstellt blieben. Die Verwaltungsstellen waren untereinander und mit dem Hof durch eine regelmäßige Post verbunden. Die historischen Länder wurden diesen neuen Ländergruppenbehörden in Innsbruck und Wien untergeordnet. Vor allem die Finanzverwaltung der österr. und burgund. Länder sowie des Reiches sollte zwecks Steigerung der Einnahmen zusammengefaßt werden. Ein Fiskal oder Kammerprokurator hatte die Rechtsansprüche des Kaisers und des Reiches gegen jedermann vor Gericht zu verfechten. Strenge Abrechnung und Verwaltungskontrollen wurden eingeführt, bürgerliche Juristen und Finanzfachleute für den Verwaltungsdienst herangezogen. Frühformen des Beamtenstaates werden sichtbar. Die österr. Verwaltungsreform sollte durch Schaffung eines zentralen Hofrates und einer Hofkammer (1497/98) auf das Reich übertragen werden, was aber am Widerstand der Reichsstände und an der neuen Augsburger Ordnung scheiterte (1500). M. führte ein sehr persönliches Regiment: selbst der spätere Kardinalminister Matthäus Lang und der Hofkanzler Zyprian v. Serntein waren streng an seine Weisungen gebunden.

    Als Kg. Matthias Corvinus gestorben war (6.4.1490), eroberte M. (auf besonderen|Wunsch des Vaters) das von den Ungarn besetzte Wien und die österr. Erbländer zurück und bewarb sich um die Stephanskrone. Mit den neuen „Landsknechten“, die er nach dem Vorbild der Schweizer während der niederländ. Kriege ausgebildet hatte, stieß er in einem kühnen Feldzug nach Ungarn vor (Okt.-Dez. 1490), stürmte Stuhlweißenburg und erreichte die Hauptstadt Ofen, wo ihn die meuternden Söldner und ein überaus harter Winter zur Umkehr zwangen. M. mußte zunächst vor Kg. Wladislaw zurückweichen; aber im Preßburger Frieden (7.11.1491) konnte er sich neuerdings (wie 1463) das habsburg. Erbrecht auf die Stephanskrone für den Fall des kinderlosen Todes Kg. Wladislaws und schon jetzt den Titel eines Königs von Ungarn sichern. Als nächste große Aufgabe plante M. den Türkenkrieg und die Wiedereroberung Konstantinopels, ein Ziel, das er von früher Jugend bis zum Tode beharrlich verfolgte. Wegen des Überfalls Kg. Karls VIII. von Frankreich auf Italien (1494) mußte er den Kreuzzug zunächst fallen lassen. Zum Schutz der südöstl. Erbländer gegen die Türken begann M. eine „Militärgrenze“ aufzubauen.

    Am 19.8.1493 folgte M. seinem Vater im Reich. Er sah in der Kaiserkrone das Symbol des universalen Reiches der röm. und deutschen Kaiser, das er als Stellvertreter Gottes auf Erden wiederherstellen wollte. M. versuchte, dem Kaisertum seinen alten Vorrang zurückzugeben. Die Rückgewinnung Reichsitaliens, Kaiserkrönung, Kreuzzug und Wiederherstellung des christlichen Weltreiches („dominium mundi“) wurden die ferneren Ziele seines Lebens. Dazu schien ihm eine tiefgreifende Reichsreform nötig, die der Vater zeitlebens nicht gewagt hatte. M. wollte eigene Regierungs- und Verwaltungsorgane des Reiches einrichten, das oberste Gerichtswesen neu ordnen, den Landfrieden sichern, eine regelmäßige Reichssteuer einführen und ein stehendes Heer aufstellen, um das Reich für äußere Unternehmungen stärker zu machen und den fortschreitenden Verfall aufzuhalten. Fürsten und Stände, welche die Reichsgewalt aus ihren Gebieten fast ganz verdrängt hatten, sollten dem König eine Verstärkung seiner Regierungsgewalt zugestehen, damit das Reich wieder regierbar werde. Für M. sollten die Reformen vor allem der Kaiserpolitik und der äußeren Wiederherstellung des Reiches dienen, für die Stände hingegen stand die Sicherung ihrer überlieferten Machtstellung im Innern (Libertät) im Vordergrund: Sie wollten die Reichsregierung einem ständischen Reichsrat übertragen und dem König nur eine Art Ehrenvorsitz zugestehen. Hier lag die Ursache des Verfassungskampfes, dessen Sturmphase bis 1503 dauerte. Wortführer der Ständepartei war Erzkanzler Berthold von Mainz, der zunächst eine Mittlerstellung einnahm, aber nicht ohne Schuld M.s in immer schärfere Opposition gedrängt wurde.

    Auf dem Wormser Reichstag (März-Aug. 1495) drängten diese Gegensätze zur ersten Entscheidung. M. erschien das sofortige Eingreifen des Reiches gegen die Eroberung Italiens durch die Franzosen am dringendsten. Die Stände dagegen wünschten Sicherung einer starken reichsständischen Mitregierung oder Alleinregierung. Sie versuchten, Reichsregiment und Kammergericht möglichst an sich zu bringen und eine reichsfürstl. Oligarchie aufzurichten. M. erreichte nach zähen Verhandlungen einen Vergleich: Der Ewige Landfriede und das Kammergericht brachten relative Fortschritte, wenn auch Fürsten- und Städtefehden, Bauernunruhen und Straßenraub noch lange fortdauerten. Der Gemeine Pfennig, auf vier Jahre beschlossen, konnte schon im ersten Jahr nur zum geringeren Teil eingehoben werden und blieb dann völlig aus. Ohne Steuer aber kann kein Staat leben. Die Verweigerung der Reichssteuer wurde dazu benützt, um den König zu erpressen.

    Auf dem Lindauer Tag (Aug. 1496-Febr. 1497) ließen die Reichsstände den König, der nach Italien gezogen war, ohne die in Worms ausdrücklich beschlossene Reichshilfe, so daß er unverrichteter Dinge umkehren mußte. Das Reichskammergericht löste sich auf, weil es mangels Steuerleistung nicht unterhalten werden konnte. M.s „Scheltbriefe“ und Drohungen nützten nichts. Die Gegensätze verschärften sich. Die Stände schlossen sich zu einer antikönigl. „Einung“ zusammen. M. forderte die Einhebung der Reichssteuer, die Stände dagegen die Erfüllung der Wormser Ordnung und meinten damit die Unterwerfung M.s unter die Forderungen der Fürsten. Der König ging zum Gegenangriff über und versuchte unter Bruch der Wormser Vereinbarungen eine Verfassungsreform auf eigene Faust: Er richtete seinen eigenen Hofrat und seine Hofkammer als oberste Regierungsorgane des Reiches ein (Dez. 1497-Febr. 1498), wofür er zunächst auch Kf. Friedrich von Sachsen, Hzg. Georg von Bayern u. a. gewinnen konnte, andererseits Erzkanzler Berthold schwer verstimmte.

    Auf dem Freiburger Tag (Okt. 1497-Sept. 1498) erhielt M. nach gereizten Auseinandersetzungen eine spärliche Restzahlung aus dem Gemeinen Pfennig. Alle Ergebnisse dieses Tages wurden in Frage gestellt, weil die Stände den Reichsabschied nur gelten lassen wollten, wenn M. alle abwesenden Stände darauf verpflichten konnte, was kaum möglich war. Die Kurfürsten sammelten sich unter Bertholds Führung zum Gegenschlag; Kf. Friedrich von Sachsen trat auf ihre Seite über.

    Anschließend kam es wegen Grenzstreitigkeiten in Tirol und Schwaben, nicht zuletzt wegen der Unnachgiebigkeit Bertholds und des Kammergerichts zum Schweizer Krieg (1499). Die Serie von Niederlagen des Königs und des Reiches im Schweizer Krieg und der Verlust Mailands an Frankreich (April 1500), hauptsächlich durch die vorsätzliche Hilfsverweigerung des Reiches verschuldet, ermöglichten den Reichsständen die vollständige Entmachtung M.s auf dem Augsburger Reichstag (März-Sept. 1500). Vergebens versuchte M. durch äußerste Zugeständnisse, von den Ständen die Aufstellung eines Reichsheeres zur Rettung Mailands und Italiens zu erreichen. Dafür überließ er den Kurfürsten und Fürsten Regierungsgewalt und Kriegshoheit und begnügte sich mit einer Art Ehrenvorsitz im Reichsrat; er drohte den Ständen in dunklen Worten für den Fall, daß sie ihr Versprechen nicht einhielten. Es kam zur völligen Entmachtung des Königs durch die Augsburger Regimentsordnung (2.7.1500). Aber auch das „Nürnberger Regiment“ versagte, denn Kurfürsten und Fürsten gehorchten ihrer eigenen Regierung noch weniger als dem König. Weder die beschlossene Steuer wurde eingehoben, noch ein Reichsheer aufgestellt; statt dessen versuchten die Stände, die Gelder aus dem Kreuzzugsablaß an sich zu bringen, was M. verhinderte. Nach zwei Jahren völliger Ohnmacht löste M. durch einen Gewaltstreich das Nürnberger Regiment auf (21.3.1502) und machte aus seinem Hofrat wieder eine Art Reichsregierung, die allerdings von den Ständen niemals anerkannt wurde; auch das Kammergericht wurde wieder eröffnet.

    Der Gelnhäuser Kurverein (Juni-Juli 1502), der sogar mit dem Gedanken einer Absetzung M.s gespielt haben soll, konnte ihm nicht mehr gefährlich werden. Was ihm die Stände an Reichssteuern verweigerten, brachte er durch den Kreuzzugsablaß in seine Kassen, wobei er sich nicht scheute, die Ablaßtruhen in den Kirchen aufbrechen zu lassen. M. vermochte zunächst seinen Hauptfeind, Kf. Berthold von Mainz, auszuschalten und schließlich die fürstl. Opposition durch den Pfälzer Krieg (1504/05) aus dem Feld zu schlagen. Hatte sich M. bis 1500 auffällig um eine kurfürstl.-fürstl. Mitregierung bemüht, so übertrug er nun die Verwaltung durchaus an die neuen Beamten nichtfürstl. oder bürgerlichen Standes, überwiegend an Wirtschaftsfachleute und Humanisten. Aufsteiger aus ritterlichen, aber auch aus bürgerlichen und bäuerlichen Kreisen kamen in höchste Stellen; Kleriker traten dagegen stark zurück. Nur für den Kriegsdienst des Reiches konnte er einige jüngere Fürsten und Fürstensöhne durch günstige Soldverträge weiter verpflichten.

    Die geistlichen Fürsten hielten nach dem Ausscheiden Bertholds meist zum König. Unter den weltlichen Fürsten konnte M. allmählich eine Mächtegruppe aufbauen (Bayern, Württemberg, Baden, Kleve, Jülich, Hessen, Ansbach-Bayreuth, Anhalt, Mecklenburg, Pommern, Braunschweig u. a.), die ihm zwar nicht durchaus folgten, aber öfters gute Dienste leisteten. Die Grafen und Freiherren suchten ihren Aufstieg eher an der Seite des Königs, nur wenige hielten zur Opposition. Die Reichsritter vermochten die Möglichkeiten, die ihnen eine „ritterliche“ Reichsreform (Rittergerichte und Rittermilizen zur Sicherung des Landfriedens) bot, wie sie M. plante, nicht wahrzunehmen; teils nahmen sie Sold als Landsknechtführer oder im Hof- und Verwaltungsdienst, teils widmeten sie sich weiterhin der „rechten“ Fehde. Die gefährlichsten Störer des Landfriedens, deren sich auch der Kaiser manchmal bediente, kamen aus diesen Kreisen.

    Auf dem Kölner Tag (Mai-Juli 1505) wurde von den Reichsständen M.s Hofregiment zwar nicht rechtlich anerkannt, aber doch hingenommen, indem man ihm versicherte, daß er „stets gut regiert“ habe. Die gemischt ständisch-monarchische Reichsverfassung lebte wieder auf, aber die Stände hielten an der Politik des Widerstandes fest, so daß monarchische Regierung und reichsständischer Widerstand eine gewisse Lähmung des Reichskörpers bewirkten. M. führte die Reformpolitik seit dem Kölner Tag auch gegen den Willen der Stände entschieden weiter. Nach dem Tode Kf. Bertholds von Mainz 21.12.1504 wurde Kf. Friedrich von Sachsen der Führer des reichsfürstl. Widerstandes. Die Reichsstände vertraten gegen M. zeit seiner Regierung eine beharrliche Politik der Ablehnung aller außenpolitischen Unternehmungen, was dem Reich nicht durchaus zum Vorteil gereichte. Auch in der inneren Reformpolitik ist M. seit 1506 führend vorangegangen: so durch den Vorschlag reichsritterlicher Schutztruppen zur Sicherung des Landfriedens, Verbesserung des Kammergerichts, Einrichtung der Reichskreise, Wiederherstellung eines Reichsregiments, Aufstellung einer Reichskriegsordnung und eines Reichsheeres, während die Fürsten fast alles als Eingriff in ihre Länderrechte ablehnten. Daher gelang es M. niemals, Verwaltungsbehörden für das ganze Reich einzurichten. Auch auf dem Höhepunkt der Macht konnte er den Verfassungskampf nicht zu seinen Gunsten entscheiden. Obwohl beide Teile zur Reform beitrugen, war das königl. Programm in manchem fortschrittlicher als jenes der Stände. Die Reichsreform hatte unter M. zwar Fortschritte gemacht, gelöst wurde sie allerdings nicht, woran die Reichsstände nicht geringere Schuld trugen als der König.

    M. lag vor allem die äußere Erhaltung des Reiches am Herzen. Als Karl VIII. in Italien einfiel und Neapel eroberte (1494/95), trat für M. die ital. Politik in den Vordergrund. Der Türkenkreuzzug wurde zurückgestellt; er schien erst nach der Sicherung Italiens möglich. Durch seine zweite Heirat mit Bianca Maria von Mailand (1493/94) wollte M. außer dem Mailänder Geld die Sforza-Dynastie als „Statthalter“ in Italien gewinnen. Italien erschien M. nächst der Deutschen Nation als Hauptstütze des Imperiums; er schloß daher zum Schutz Italiens und zur Vertreibung der Franzosen durch Vermittlung Spaniens die Hl. Liga von Venedig (31.3.1495); es war die erste Reaktion der Großmächte (M., Papst, Spanien, Venedig, England u. a.) auf eine Störung des europ. Gleichgewichts. M. ergänzte die Hl. Liga durch eine österr.-span. Doppelheirat zwischen dem Erzhzg. Philipp und der Infantin Johanna einerseits (20.10.1496) und dem span. Erbprinzen Juan und Erzhzgn. Margarethe andererseits (3.4.1497), die den Habsburgern unerwartet die Erbfolge in Spanien und in der Neuen Welt eröffnen sollte.

    Die Hl. Liga und die habsburg.-span. Doppelheirat leiteten jenen Kampf um Italien ein, der vor allem Frankreich auf der einen Seite, Spanien und Österreich auf der anderen Seite durch Jahrhunderte entzweien sollte. M. und Karl V. wurden als Erben der traditionellen Reichsrechte in Italien, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen in diese Auseinandersetzung zwangsläufig hineingezogen. Der Kampf gegen Frankreich um Italien wird zum Axiom der gesamten M.schen Außenpolitik. Sofort gegen Frankreich einzugreifen, hinderte ihn der Wormser Reichstag (1495). M. konnte zwar durch eine wirksame Propaganda Literaten und Humanisten für seine Politik gewinnen, nicht aber die Reichsstände überzeugen; sie wollten die kaiserl. Machtstellung im Reich nicht durch äußere Erfolge in Italien verstärken.

    Im Vertrauen auf die Hilfe der Hl. Liga unternahm M. im Sommer 1496 mit geringen eigenen Geldmitteln und Truppen den Italienzug (Juli-Dez. 1496) – und zwar als Anführer der verbündeten Heere und nicht als „Condottiere“ der Venezianer. Er empfing die Lehenshuldigung der meisten oberital. Fürsten, bestieg in Genua das Schiff, nahm Pisa für das Reich in Besitz, fuhr durch die Herbststürme vor das feindliche Livorno, konnte aber die Stadt nicht erobern, weil ihn die Bundesgenossen im Stich ließen. Ein noch weitergehender „großer Plan“, in der Provence zu landen und gemeinsam mit Spaniern und Niederländern gegen Paris zu marschieren und die franz. Monarchie zu vernichten, erwies sich als ebenso maßlos wie undurchführbar. Einen Romzug hatte der Papst von Anfang an nicht gewünscht. Die Reichsstände verweigerten jede Steuerhilfe; auch die Liga entzog ihm Hilfsgelder, Truppen und Schiffe, so daß M. mittellos nach Tirol zurückkehren mußte (Dez. 1496) –ein schwerer Schlag für sein Ansehen.

    Diese Niederlage führte zur allmählichen Auflösung der Hl. Liga. Der König von Frankreich entzündete wieder den Krieg in Geldern, der die Niederlande schwer heimsuchte. Von den Reichsständen verlassen, mußte M. nach verlorenem Schweizer Krieg im Baseler Frieden (22.9.1499) die Eidgenossen aus der Reichsgemeinschaft praktisch entlassen. Während M. gegen die Schweizer kämpfte, besetzten die Franzosen Mailand (1499/1500) und führten Hzg. Lodovico, M.s verläßlichsten und zahlungskräftigsten Bundesgenossen, gefangen nach Frankreich. Auch die Venezianer traten auf die Seite Frankreichs über. Die Franzosen vereinbarten mit den Spaniern die Aufteilung Italiens und besetzten Neapel. Auch die Jagellonen in Ungarn, Böhmen und Polen verbündeten sich mit Frankreich, wodurch die Einkreisung des Reiches auch von Osten her eingeleitet war. König und Reich hatten jedes Ansehen eingebüßt. Papst Alexander VI. äußerte öffentlich, die Kaiserkrone gebühre eigentlich dem König von Frankreich. Die Türken führten einen wuchtigen Angriffsstoß zu Lande und zur See gegen die Adria, Friaul und Venedig (1500/03). Ein Kreuzzug, den M. mit einem Großeinsatz von Propaganda (Wunderzeichen und Gottesstrafen vorbereitete, kam wegen des Verfassungskampfes nicht zustande. M. erlebte den Tiefpunkt seiner Politik.

    In dieser Lage eröffnete sich ganz unerwartet die Aussicht auf das span. Weltreich, das durch den überraschenden Tod der nächsten Erben freizuwerden schien. Aber die sehr eigenwillige Sonderpolitik Kg. Ferdinands machte die span. Erbschaft lange Zeit sehr ungewiß. Dagegen konnte die Gfsch. Görz an der Drau und am Isonzo sofort nach dem Aussterben der Görzer Grafen in Besitz genommen werden (April 1500).

    Nach der völligen Entmachtung im Reich und in Europa bedurfte M. einer längeren Ruhepause (1500–04), die er zur Fortführung von Reformen in der Verwaltung, im Kriegswesen und in den Finanzen benützte, wodurch seine Länder zu einem leistungsfähigen Gesamtstaat zusammengefaßt und zu einem „Königreich Österreich“ erhoben werden sollten. Mit der Steuerkraft und der Truppenhilfe seiner Länder mußte er die politischen Aufgaben meistern, da er vom Reich keine wirksame Hilfe erwarten durfte. M. verpachtete die österr. Finanzverwaltung dem Augsburger Unternehmer Jörg Gossembrot (1501/02), von dessen Geschäftstüchtigkeit er sich eine Sanierung des Staatshaushaltes erwartete (Gossembrot-Verträge). Der Versuch mißlang wegen Gossembrots vorzeitigem Tod. Die Kreditgeschäfte mit den süddeutschen Geschäftshäusern (Fugger) wurden immer schwungvoller. M. trieb Weltpolitik auf Vorschuß. Die Aufstellung eines stehenden Reiterheeres (Ordonnanzen) und einer Landsknechtstruppe nach burgund. Vorbild wurden vorbereitet, daneben die österr. Landesaufgebote erneuert. Durch das Tiroler Landlibell (23.6.1511) und das österr. Rüstungslibell (24.5.1518) erhielten seine Länder eine gemeinsame Verteidigungsordnung. Die Übertragung dieser Kriegsordnung auf das Reich wurde von den Kurfürsten und Fürsten abgelehnt.

    Eine ganz neue Finanzpolitik mit großen Anleihen der Handelsgesellschaften auf Silber und Kupfer, Verpfändungen, Vertragsgeldern, hohen außerordentlichen Steuern, maßlosen Judensteuern, Ausbeutung der Regale und Monopole, österr. Münzreform und Nutzung des Schlagschatzes führte einerseits zu einem engeren wirtschaftlichen Zusammenschluß der österr. Länder, andererseits zu deren heilloser Überlastung, während die Reichssteuern nur einen geringen Bruchteil einbrachten. Dazu kamen teilweise hohe Subventionen, die M. seinen Bundesgenossen laufend abbettelte oder abpreßte; er mußte durch Koalitionen ersetzen, was ihm das Reich versagte. Während des Venezianer Krieges zog M. aus seinen Ländern zwischen 500000 und einer Million Gulden jährlich heraus, was fallweise bis zu 70 % vom Krieg verschlungen wurde. „Die Pappelblätter ganz Italiens, in Gold verwandelt, hätten für M. nicht ausgereicht“, meinte Machiavelli. Finanzmänner wie G. Gossembrot, P. v. Lichtenstein und Jak. Villinger, welche die Kammer nach kaufmännischen Grundsätzen zu verwalten suchten, vermochten das Chaos nicht zu verhindern. Zu groß war das Mißverhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit der österr. Länder und den Anforderungen der M.schen Großmachtpolitik.

    Seine weitausholenden Pläne, die auch Moskau, Konstantinopel, Persien und Ägypten einbezogen und vorzüglich von Koalitionen lebten, erforderten einen fortwährenden Ausbau des Gesandtschaftswesens, wofür, je nach Wichtigkeit der Mission, Reichsfürsten, höchste Beamte (wie Matthäus Lang), aber auch Ritter und Humanisten eingesetzt wurden; außerdem stand das ganze burgund. Gesandtenkorps zur Verfügung, darunter der nachmals berühmte Gattinara, der schon M.s Italien- und Spanienpolitik zu beeinflussen suchte. Behielt der Kaiser auch alle Fäden in der Hand, wird man das Verdienst der Diplomaten doch nicht unterschätzen dürfen, die unter größten finanziellen Schwierigkeiten für die Vorbereitung des Weltreiches arbeiteten.

    Durch einen völligen außenpolitischen Systemwechsel, durch eine Annäherung an Frankreich, versuchte M. auf Drängen Erzhzg. Philipps aus seiner Isolierung herauszukommen. Der Krieg zwischen Frankreich und Spanien um die Aufteilung Unteritaliens (1500–03) gab ihm die Möglichkeit, sich als Friedensvermittler einzuschalten. In langwierigen Verhandlungen wurden die Gegensätze so weit abgebaut, daß in Hagenau ein aufsehenerregender Friede mit Ludwig XII. abgeschlossen werden konnte (4.-7.4.1505). Eine dynastische Heirat zwischen Karl (V.) und Claudia von Frankreich sollte das habsburg.-span. Heiratsbündnis ergänzen und die Eintracht aller christlichen Mächte gegen die Türken vorbereiten, vielleicht auch Eroberungen auf Kosten Venedigs ermöglichen. Aber der tiefsitzende Gegensatz zwischen Habsburg und Valois ließ sich niemals ganz überbrücken. Als Ludwig XII. sein Hauptziel, die Belehnung mit Mailand, erreicht hatte, kündigte er diesen|Friedensvertrag schon nach zwei Monaten wieder auf (31.5.1505).

    Doch sicherte die kurze Freundschaft die Neutralität Frankreichs während des Bayer.-Pfälz. Erbfolgekrieges (1504–05), der zwischen Oberbayern und Pfalz nach dem Tod Hzg. Georgs des Reichen von Bayern-Landshut (1503) ausgebrochen war. Nachdem die Pfälzer Erben das Königsgericht abgelehnt hatten, ergriff M. persönlich für Hzg. Albrecht IV. von Bayern-München die Waffen. Am Wenzenberg bei Regensburg schlug er, in vorderster Reihe kämpfend, den jungen Pfälzer (12.9.1504) und eroberte bald darauf mit seiner berühmten Artillerie die Festung Kufstein (17.10.1504). Im Kölner Spruch (30.7.1505) diktierte er dem Pfalzgf. Philipp, der kniefällig um Gnade bitten mußte, den Frieden. Das Landshuter Erbe erhielten zum größeren Teil die oberbayer. Wittelsbacher; Teile nördlich der Donau wurden als „junge Pfalz“ gnadenweise den „Pfälzer Kindern“ überlassen; für sich selber behielt M. sein „Interesse“: das bayer. Unterinntal (Rattenberg, Kitzbühel, Kufstein), außerdem Gebiete in Oberösterreich (Mondsee, St. Wolfgang. Neuhaus und Rannariedl). Bayern-München sollte nicht zu stark und die Pfälzer nicht ganz enterbt werden. M. befand sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Er benützte die Gelegenheit, das ewig aufsässige Geldern endgültig, wie er hoffte, zu unterwerfen. Die Pfälzer Kurwürde dem Land Tirol und seinem Sohn Erzhzg. Philipp zu übertragen, wagte er aber nicht.

    Die Neutralität Frankreichs und die versprochene Steuerhilfe des Kölner Tages ermöglichten M. einen raschen Feldzug gegen Ungarn (Mai-Juli 1506), wo eine nationale Partei die habsburg. Erbrechte bestritt. M. rückte mit drei Heeresgruppen in das Königreich ein und erzwang neue Heirats- und Erbverträge (1506/07), die zur weltgeschichtlichen Doppelheirat von 1515 führten.

    M. war aus tiefster Erniedrigung wieder zu europ. Machtstellung aufgestiegen. Erzhzg. Philipp nahm nach dem Tod Isabellas der Katholischen gegen den Willen Kg. Ferdinands das Kgr. Kastilien in Besitz (1504–06). In einem deutsch-kastil. Flottenunternehmen wollte M. Rom erreichen, für sich die Kaiserkrone und für Kg. Philipp die deutsche Königswahl sichern. Die universalkaiserl. Aufgabe sollte mit Hilfe der österr.-burgund.-span. Hausmacht gelöst werden.

    Der überraschende Tod Philipps in Burgos (25.9.1506) stellte alles in Frage. M. hielt die Kaiserstellung seines Hauses für verloren. Karl von Geldern brach wieder gegen die Niederlande los. Ferdinand der Katholische schloß eine „schändliche“ franz. Heirat, um dem erhofften Erben alle span. Länder zuzuwenden. Das span. Erbe und die Universalmonarchie gegen den Widerstand Frankreichs und die zeitweilige Sonderpolitik Kg. Ferdinands seinem Haus gesichert zu haben, gehörte zu den schwierigsten und zugleich größten Erfolgen M.s. Er war der eigentliche Begründer des österr.-span. Universaldominats, des „Jahrhunderts des Hauses Österreich“ (Lhotsky).

    Um seinem Haus das Kaisertum doch noch zu sichern, hielt M. beharrlich am Plan eines Romzuges fest. Aber der Papst. Frankreich und Venedig gestatteten nicht, daß er mit einem Reichsheer Italien betrete. Der Konstanzer Reichstag (April-Juli 1507) versprach ihm zwar eine größere Truppen- und Steuerhilfe, was aber wie stets nicht eingehalten wurde. Da M. die Grenzsperren der Venezianer und Franzosen entlang der Alpen nicht durchbrechen konnte, ließ er sich am 4.2.1508 im Trienter Dom zum „Erwählten Röm. Kaiser“ ausrufen. Der Papst bestätigte die Proklamation binnen weniger Tage. M. dachte nur an eine vorläufige Sicherung seines Kaisertitels gegen einen möglichen Übergriff Frankreichs, keineswegs an einen dauernden Verzicht auf die Kaiserkrönung durch den Papst in Rom.

    Mit dem Aufmarsch des schwachen kaiserl. Heeres an den Grenzen begann der große Venezianer Krieg (1508–16), einer der verwirrendsten, die je geführt wurden. Die Bündnisse wechselten wie Laufbilder, und keine Macht durfte der anderen trauen. Für M. begann es mit Landverlusten und Rückzügen. Um seine militärische Schwäche auszugleichen, verband er sich in rascher Wendung mit Frankreich und schloß mit dem Papst, Frankreich, Spanien und England die Liga von Cambrai (10.12.1508), die sich angeblich gegen die Türken, tatsächlich aber gegen Venedig richtete: Man wollte „die Fische in das Meer zurückwerfen“. Den Venezianern sollten ihre unrechtmäßigen Eroberungen wieder abgenommen werden. M. wollte das Reichs- und Hausgut in Istrien und Friaul sowie Verona, Vicenza und Padua zurückgewinnen. Obwohl vom Reich völlig im Stich gelassen – der Reichstag von Worms (April-Juni 1509) bewilligte nicht einen einzigen Landsknecht –, konnte er dank der franz. Waffenhilfe Verona, Triest, Görz und vorübergehend sogar Padua besetzen. Für M. war das wichtigste die allmähliche Aussöhnung mit Kg. Ferdinand, wodurch|das Erbrecht Karls (V.) endgültig gesichert war, und eine enge Freundschaft mit Spanien und England („Dreieinigkeit“) begründet wurde. Noch mehr als bisher rückte Italien als Bindeglied zwischen den österr. und span. Ländern in den Mittelpunkt ihrer gemeinsamen Interessen. Inzwischen war Papst Julius II. von der Liga abgefallen, hatte in jäher Wendung mit Venedig Frieden geschlossen und zur „Vertreibung der Barbaren“ aufgerufen, worin der Kaiser einen Hochverrat an der gemeinsamen Sache erblickte.

    Die Herrschaft über Kurie und Kirche hatte für M. zeitlebens etwas Bestechendes. In den Traditionen des österr. und burgund. Landeskirchenregiments aufgewachsen, stellte er sich als Schützer der Kirche mindestens neben den Papst, den er gelegentlich mit unaussprechlichen Grobheiten bedachte. Pfaffengut galt auch ihm, wie seinem Vater, als sein Kammergut. Während er seine österr. Landeskirche völlig beherrschte und finanziell ausbeutete, konnte er sich in der Reichskirche kaum durchsetzen; immerhin erreichte er eine stärkere Vertretung des Reiches im Kardinals-Kollegium. Eine „Legation für Germanien“ zu schaffen, ist ihm aber nicht gelungen. Von seinen geistlichen Beratern gewarnt, zögerte er, dem antipäpstl. „Konzil“ von Pisa beizutreten.

    Als Julius II. schwer erkrankte, faßte M. den überraschenden Plan, sich selbst der päpstl. Würde zu bemächtigen (Sept. 1511), sei es auch nur als Gegenpapst, wozu ihn das schismatische „Konzil“ von Pisa und der König von Frankreich aufforderten. Kaum rechnete der Kaiser damit, die päpstl. Gewalt über die ganze Kirche an sich zu bringen, aber als Gegenpapst hätte er sich in der deutschen Kirche wahrscheinlich durchsetzen können. Die Verwaltung der deutschen Kirchengelder, welche ihm die fehlende Reichssteuer ersetzen sollten, hatte er bereits den Fuggern zugedacht. M. wollte auch ein „priesterlicher“ Kaiser sein, dem die Reformatio Sigismundi die Herrschaft über die Welt prophezeit hatte. Aber der „Katholische König“ vermochte ihn von diesem verhängnisvollen Plan abzubringen, der ein neues Schisma, aber gewiß keine Kirchenreform gebracht hätte.

    Kg. Ferdinand, der nun ganz auf Habsburg setzte, plante eine span.-österr. Lösung der ital. Frage unter Ausschluß Frankreichs und vereinigte den Papst, Spanien, Venedig und die Schweizer in einer neuen Hl. Liga (4.10.1511), welche die Franzosen aus Italien vertrieb (1512). Der Gegensatz zwischen Habsburg und Valois trat immer wieder hervor. M. schloß Waffenstillstand mit Venedig, versöhnte sich mit dem Papst und dessen Lateran-Konzil und trat der Hl. Liga bei (19.11.1512), die sich unter dem neuen Papst Leo X. bald wieder auflöste. Die Franzosen, die nach Italien zurückgekehrt waren und sich wiederum mit den Venezianern verbündeten, wurden von Eidgenossen und Spaniern abermals vertrieben. M. verließ nun Italien und hoffte auf eine Kriegsentscheidung im Westen; er schlug die Franzosen mit Hilfe der Engländer bei Guinegate (= Therouanne) in Flandern (16.8.1513). Der öfter beschworene „große Plan“ eines gemeinsamen Vormarsches aller Bundesgenossen gegen Paris scheiterte an deren Uneinigkeit.

    Aber Italien schien gesichert. In einer grausamen Brand- und Plünderoffensive ließ der Kaiser das venezian. Festland verwüsten. Jörg v. Frundsberg bereitete den Venezianern eine schwere Niederlage bei Vicenza (7.10.1513). Venedig schien am Ende seiner Kräfte. Der König von Frankreich jedoch, völlig isoliert, konnte durch ein trügerisches Heiratsangebot den Einkreisungsring der „Dreieinigkeit“ durchbrechen. Er bot eine Heirat seiner Tochter Renate mit dem Infanten Ferdinand an und als Ausstattung ein habsburg.-span. Kgr. Lombardei-Italien, das die span.-österr. Länder territorial verbinden sollte. Ludwig XII. dachte aber nicht daran, dieses Angebot einzulösen. M. gab auf Drängen Spaniens das wiederholt feierlich bestätigte Verlöbnis Karls (V.) mit Maria von England preis, weil er einen Enkel dringend für die ungar. Heirat brauchte. Dieser aufreizende Vertragsbruch des Kaisers, der England tief verletzte, führte zur Auflösung der „Dreieinigkeit“. England schloß ein Bündnis mit Frankreich gegen den Kaiser.

    Während M. im Osten gebunden war, überstieg der kriegerische Kg. Franz I. von Frankreich die Alpen, schlug die Eidgenossen bei Marignano (13.9.1515) und stellte die franz. Herrschaft über Mailand wieder her. Würden die Franzosen von Mailand aus ganz Italien, Rom und die Kaiserkrone gewinnen? Dagegen schlossen Kg. Ferdinand, die Engländer und die Eidgenossen mit dem Kaiser eine neue Liga. Als M., alt und kränklich, das Heer der Bundesgenossen in die Lombardei führte (März-April 1516), mußte er vor der Festung Mailand den Feldzug abbrechen, weil sich die Armee wegen Soldmangels und Aussichtslosigkeit einer Belagerung auflöste. Der Papst, die Engländer und die Eidgenossen näherten sich wieder Frankreich an.|Auch von seinem Enkel Karl (V.), der inzwischen Herr der Niederlande und König von Spanien geworden war und sich den Franzosen als Friedensvermittler empfahl, hatte M. keine Unterstützung zu erwarten.

    Der Waffenstillstand von Noyon (13.8.1516) und der Friede von Brüssel (3.12.1516) sicherten dem Kaiser eine Kriegsentschädigung von 550000 Sonnenkronen zu, einen Bruchteil dessen, was ihn der Krieg gekostet hatte. Tirol erhielt als Entschädigung einige bescheidene Grenzgebiete (Riva, Rovereto, Ala und Cortina). Dieses armselige Ergebnis eines langen Krieges trug dem Kaiser harten Tadel ein; aber er hätte Italien kaum ganz kampflos an Frankreich preisgeben dürfen, zu einer Zeit, da sich das europ. Gleichgewicht vorzüglich in Italien zu entscheiden begann und der Wohlstand des süddeutschen und rheinischen Handels auf der Verbindung mit Italien beruhte. Zwar konnte M. die Reichsrechte in Italien nicht wiederherstellen, aber er vermochte den Anspruch an Karl V. weiterzugeben.

    Der mißglückte Mailänder Feldzug hat M.s Ruf als Feldherr stark verdunkelt. Aber einige unverdächtige Zeitzeugen wie Kg. Heinrich VIII. von England, Machiavelli, Guicciardini und der franz. Feldherr Bayard lobten den Kaiser als großen Kriegsmeister. Die Anlage seiner Feldzüge, getrennter Aufmarsch, umfassende Zange. Vereinigung und Entscheidung kennzeichnen seinen Führungsstil. Sein öfter wiederkehrender „großer Plan“ gegen Frankreich oder die Kreuzzugsplanungen von 1490 und 1518, die den ganzen Mittelmeerraum einbezogen, ließen es wohl am nötigen Maß fehlen. Seine Einzelunternehmungen bevorzugten das Zusammenspiel aller Waffen, Schnelligkeit, Überraschung und wuchtigen Entscheidungsschlag, wobei er nicht selten als Vorkämpfer voranritt. Unübertreffliches leistete er in der Aufstellung der Landsknechte, im Aufbau einer leistungsfähigen Rüstungsindustrie, besonders in der Entwicklung der Artillerie. Angeblich liebte er den Frieden, glaubte aber, ihn nur durch den Krieg erhalten zu können. Am Ende bedauerte er, durch allzu viele Kriege „nur dem Teufel gedient zu haben“.

    Auch die Ostpolitik, die M. zeitlebens geringer einschätzte, brachte ihm weltgeschichtliche Erfolge. Hier ging es um drei große Fragen: um die Abwehr der Türken, die Erwerbung Böhmen-Ungarns und um den Schutz des Deutschen Ordens gegen Polen. Die Hansestädte vermochten ihren Ostseehandel selber zu schützen; gleichwohl ließ M. ihre Interessen in Moskau beharrlich vertreten.

    Im Vordergrund stand stets das Interesse an Ungarn, der Vormauer gegen die Türken. Seit den Doppelheiratsverträgen von 1506/07 erblickte Kg. Wladislaw in einem Schutz- und Trutzbündnis mit den Habsburgern die einzige Rettung Ungarns vor den Türken, während sein Bruder, Kg. Sigismund von Polen, auf die jagellon. Vorherrschaft im Donauraum nicht verzichten wollte. Um Polen gefügiger zu machen und den Deutschen Orden, der ihm aus vielen Gründen besonders am Herzen lag, zu schützen, versuchte M. eine antipoln. Koalition aufzubauen (1514), welche den Großfürsten von Moskau, Dänemark, Brandenburg. Sachsen, den Deutschen Orden in Preußen und Livland sowie die Moldau, die Walachei und die Krimtataren einschließen sollte.

    Durch wiederholte Gesandtschaften und Bündnisse konnte M. auch den Großfürsten von Moskau, den er als erster mit dem Titel eines „Zaren“ auszeichnete (4.8.1514), in das habsburg. System einbeziehen und Polen für die Annahme der Wiener Verträge gewinnen. Der Wiener Kongreß schloß mit der weltgeschichtlichen Doppelhochzeit vom 22.7.1515 zwischen den ungar. Königskindern und den Enkeln M.s (Ferdinand wurde, von M. vertreten, mit Anna, Ludwig mit Erzhzgn. Maria verheiratet). Der Heiratsvertrag wurde durch einen habsburg.-jagellon. Erb- und Adoptionsvertrag, durch die Verleihung des Reichsvikariats an den Prinzen Ludwig (wozu der Kaiser nicht berechtigt war) und ein Bündnis gegen die Türken ergänzt. Bereits 1526 trat unerwartet der Erbfall ein, wodurch die Donaumonarchie begründet war.

    Für ein „Linsengericht“ (so der poln. Historiker Baczkowski), ohne echtes Zugeständnis M.s in der Frage des Deutschen Ordens, hatte auch der König von Polen zugestimmt und den Donauraum den Habsburgern überlassen. Die kleindeutsche Geschichtsschreibung erhob den Vorwurf, M. habe bei den Wiener Verhandlungen den Deutschen Orden zugunsten habsburg. Hausinteressen an Polen ausgeliefert (Ulmann). Tatsache ist, daß M. in dieser Frage nur für seine Person Neutralität versprach, um die Sache hinauszuschieben, was auch gelang; er hörte aber nie auf, den Orden zu unterstützen. Auch dem Reichstag, dem Kurverein und dem Kammergericht blieb es weiterhin staatsrechtlich unbenommen, sich für den Orden|einzusetzen. Aber die Reichsstände rührten dafür keinen Finger. Erst die Säkularisierung und die Lehenshuldigung Hzg. Albrechts (1525), weswegen ihn viele Mitbrüder als Verräter bezeichneten, hat das Ordensland endgültig dem König von Polen unterstellt. Im übrigen durfte M. das Kgr. Böhmen als altes Kurfürstentum des Reiches und Ungarn als Vormauer der Christenheit gegen die Türken nicht geringer einschätzen als das Ordensland Preußen.

    Bei den Heiratsverhandlungen mit Ungarn plante M., die österr. Länder zu einem Königreich zu erheben, und ließ bereits die dafür nötige Urkunde entwerfen; der Plan scheiterte am Widerstand Karls (V.).

    Gewiß hat M. sein eigenes Haus bei jeder sich bietenden Gelegenheit gefördert; aber seine Erbländer waren für ihn nur Ausgangspunkt seiner großen Pläne, die Hausinteressen nicht einziges und letztes Ziel. Immer wieder hat er politische Heiraten zielbewußt dafür eingesetzt. Österreich, das Reich und das Imperium erschienen ihm als eine kaum trennbare Gesamtaufgabe, wofür er seinen Ländern die Hauptlast auferlegte.

    Der Kaiser pflegte zeitlich und räumlich auf weiteste Sicht zu planen, Erreichbares und Unerreichbares einzubeziehen. Seit Karl (V.) die span. Länder und die Neue Welt geerbt hatte (1516), begann sich die Universalmonarchie abzuzeichnen. Zwei portugies. Heiraten sollten die Vereinigung des span. mit dem portugies. Weltreich vorbereiten. Diesen universalen Plänen entsprach der Eifer M.s für die Wahl Karls (V.) zum künftigen Kaiser, der mit den vereinigten Mitteln Österreichs. Burgunds, Spaniens und des Reiches die politischen Gründungen M.s vollenden sollte; auch sollte das habsburg. Erbreich gesichert werden. Zwar konnte er auf dem Augsburger Reichstag (Juli-Okt. 1518) mit dem Einsatz großer Geldmittel die meisten Kurfürsten für die Wahl Karls gewinnen und die franz. Konkurrenz schlagen; aber der Papst versagte ihm eine Kaiserkrönung im Reich oder an der Grenze Italiens, so daß vorderhand auch kein Röm. König gewählt werden konnte.

    M. hatte als einziger die Kreuzzugspläne des Papstes und des Lateran-Konzils aufgegriffen: Drei christliche Heere sollten innerhalb von drei Jahren Konstantinopel erobern, die Mittelmeerküsten, Nordafrika und Ägypten besetzen und Jerusalem erreichen. Nochmals flammte der Wunsch auf, ähnlich dem Kaiser Barbarossa, seinem verehrten Vorbild, an der Spitze der christlichen Fürsten und Könige gegen die Türken zu ziehen. Bald mußte der Kaiser erkennen, daß der Kreuzzug nicht nur auf den Widerstand des Augsburger Reichstages stieß. Dieses Unternehmen wurde zwar von den Mächten als Antwort auf die Eroberung Konstantinopels (1453) allgemein befürwortet, scheiterte aber am gegenseitigen Mißtrauen.

    M. reiste von Augsburg über Innsbruck nach Wels in Oberösterreich, wo er nach kurzer Krankheit starb. Das ganz unpolitische Testament bezeichnete Karl und Ferdinand als Erben und ließ ihnen sonst völlig freie Hand; außerdem traf es Verfügungen über die Aufstellung des Grabmals, den Bau von acht Spitälern, die Versorgung von Armen und die Abzahlung der „ungeheuren“ Schulden. Der neue Hofrat und die alten Regimente sollten bis zur Ankunft der Erben im Amt bleiben, ein Befehl, der in fast allen österr. Ländern Rebellionen gegen die straffe Beamtenherrschaft und die finanzielle Mißwirtschaft auslöste. Die Liquidierung der Schulden durch den Generalschatzmeister Gabriel Salamanca glich einem Staatsbankrott, da vieles einfach nicht zurückbezahlt wurde.

    Die Entwicklung der Kaiser- und Reichsidee M.s wurde bereits angedeutet. Stark war die „mittelalterlich“ gefärbte Kaiseridee, die er von seinem Vater übernahm; ihm verdankte er auch den mystischen Erwählungsglauben des A E I O U, außerdem die zähe Beharrlichkeit, mit der er seine Ideen verfolgte. Burgundischen Traditionen entlehnte er den gottähnlichen Herrscher, der sich mit Christus, dem Welterlöser, verglich. Der Humanismus und Italien vermittelten ihm den verweltlichten Herrschaftsgedanken der Antike, der den absoluten Kaiser betonte, und Italien neben der Deutschen Nation als Hauptstütze des Reiches hervorhob. Die Idee des Weltreiches, das Gott den Deutschen übertragen habe („Translatio Imperii“) erfüllte ihn ganz und gar. Er wollte der „größte Kaiser nach Karl d. Großen“ sein, wie seine Gegner spotteten. Die Einheit der christlichen Welt unter dem Kaiser, Wiederherstellung der Deutschen Nation, die Größe des kaiserl. Hauses, die Erhaltung Reichsitaliens als eines wesentlichen Teiles des Imperiums, wozu ihn Gattinara mahnte, die Kaiserkrönung in Rom. Schutz der Kirche und des Papstes, der Kreuzzug gegen die Türken, später auch die Sicherung des span. Erbes als eines wichtigen Teiles der Christenheit und als Krönung der ewige Friede der Christenheit – das waren die politischen Leitlinien, die M. von Anfang bis ans Ende mit gleicher Beharrlichkeit verfolgte. Die österr.-span. Weltmonarchie, die er an Karl V. vererben konnte, wäre ohne die Kaiserkrone und ohne die ideologische Anlehnung an das Heilige Reich kaum zustande gekommen. Umgekehrt hat die habsburg. Großmacht dem verfallenden Reich das Selbstbewußtsein einer großen Nation und den Anschein eines gesamtchristlichen Imperiums zurückgegeben.

    M.s Persönlichkeit ist auf Grund reicher Quellen gut erkennbar. M. war gewiß alles eher als „eine unkomplizierte Natur von beträchtlicher Trägheit des Denkens“ (Bader). Bei aller Volkstümlichkeit war ihm ein hohes Majestätsgefühl zu eigen. Über allem stand ihm die Ehre: Er wollte „der Größte“ sein. Dabei verfolgte ihn eine düstere Furcht vor der Ungunst der Gestirne, vor Teufeln und Hexen, die zum Verderben der Seelen in der Welt umhergingen. Der Kaiser war sehr fromm, er pflegte den täglichen Gottesdienst und religiöse Übungen. In Trier trug er im härenen Gewand das Kreuz durch die Straßen und ließ den „Hl. Rock“ zur allgemeinen Verehrung ausstellen. Mit gläubiger Zuversicht auf die Gnade Gottes überwand er die Anwandlungen seiner Melancholie, die als geistige Anlage des Genies angesehen wurde (Pirckheimer). Über vieles half ihm sein sprichwörtlicher Humor hinweg, den er nicht selten spöttisch gegen sich selber kehrte. Andererseits suchte er „das Leben zu stürmen“ und liebte das Wagnis mehr als die berechnende Vernunft, nicht nur als Turnierkämpfer und Jäger, sondern auch in der Politik und im Krieg, was öfter zu schweren Rückschlägen führte. Als „Soldatenkaiser“ schätzte er Befehl und Gehorsam nicht nur im Feldlager, sondern auch bei seinen Beamten. Widerstand konnte ihn maßlos erzürnen. In einem Anflug von Grausamkeit sah er sogar dem Blutgericht von Kufstein zu. Seinen Dienern war er aber ein gnädiger Herr und hielt treu an ihnen fest: weniger Ehre machte er sich mit der beschämenden Behandlung seiner Gemahlin Bianca Maria. Ausgeprägt war sein Mißtrauen. Als Meister der Simulation verstand er es, die Umgebung durch die verschiedensten Aussagen über seine eigentlichen Pläne zu täuschen, was ihm zu Unrecht den Ruf eines wankelmütigen Menschen eintrug, der nie wisse, was er wolle. Auf sein Wort konnte man sich eher verlassen als auf das der meisten Fürsten seiner Zeit; aber die „clausola francese“ war ihm nicht fremd.

    M. verband Naturkraft und Bildung auf seltene Weise. Unter den Kaisern gibt es keinen, der als Freund der Künste und Wissenschaften so hervorgetreten wäre wie er. Geistes- und Naturwissenschaften, Geschichte und Geographie (Anfertigung von Erd- und Himmelskarten), Medizin und Geheimwissenschaften interessierten ihn gleichermaßen. Er begann den Aufbau einer Hofbibliothek, ähnlich der burgundischen. Seine „Kantorei“ und ihr großer Orgelmeister P. Hofhaimer erregten allgemeine Bewunderung. Dem Humanismus bereitete er die Wege, obwohl er selber mehr der spätmittelalterlichen Bildung zuneigte (Reform der Univ. Wien, Gründung der Sodalitas Danubiana und des Collegium poetarum et mathematicorum). M.s Hofakademie versammelte bedeutende Humanisten (S. Brant, U. v. Hutten, K. Celtis, J. Cuspinian, J. Grünpeck, K. Peutinger, W. Pirckheimer, H. Bebel, Geiler v. Kaisersberg, J. Wimpfeling, J. Trithemius, J. Spiegel u. a.), welche die eigentlichen Herolde der Reichs- und Kaiseridee wurden. Er begriff die Wichtigkeit der Geschichtsschreibung für Kaiser und Reich. Seine Hofmaler und Graphiker (A. Dürer, A. Altdorfer, B. Strigel, J. Kölderer, H. Burgkmair u. a.) verbreiteten seinen Ruhm durch große Holzschnittfolgen (Ehrenpforte, Triumph) und zahlreiche Porträts (besonders berühmt die Kohlezeichnung und das Porträtgemälde von A. Dürer). Die Hofkanzlei und ihr literarischpublizistischer Dienst besorgten eine so wirksame Werbung für Kaiser, Reich und Haus, daß daneben gegnerische Stimmen kaum aufkamen.

    Im Mittelpunkt stand die Pflege des „Gedächtnisses“: M. wollte nicht „mit dem Glockenton vergessen werden“; er entwarf eine deutsche und eine lat. Autobiographie, die mit origineller Verkleidung und Symbolik in sein Leben und in die Welt seiner Ideen einführen. Als „letzter höfischer Epiker“ (Joachimsen) ließ er nicht nur die mittelalterlichen Heldensagen sammeln (Ambraser Heldenbuch), sondern schuf auch eigene Werke in diesem Stil: das Geheime Jagdbuch, Freydal, Theuerdank und den Weißkunig, die Geschichte seines Lebens nach Art burgund. Bilderchroniken. Der Kaiser diktierte die Entwürfe, denen seine Sekretäre die letzte literarische Form zu geben hatten. Von der Hofkanzlei gingen auch Anstöße zur Bildung der neuhochdeutschen Schriftsprache aus. Selbst Handbücher der Verwaltung, die Jagd- und Fischereibücher oder die Zeugbücher, besonders aber die Gebetbücher, wurden zu graphischen Kunstwerken. Seine besondere Vorliebe galt der „Stammchronik“ seines Hauses und den „Heiligen der (habsburg.) Sipp- und Magschaft“, die von Suntheim, Manlius und Stabius verfaßt wurden. Von diesem genealogischen Werk nahmen andere künstlerische Unternehmungen ihren Ausgang: die Ehrenpforte, der Triumphzug und das Grab, das „großartigste Kaisergrab des Abendlandes“ (Egg), die in Erz gegossene Idee des habsburg. Stammes und seiner kaiserl. Berufung.

    Das Reich, dem er sich tief verbunden fühlte, nach seinen Vorstellungen zu erneuern, scheiterte am Widerstand der Fürstenstaaten; aber M. vermochte doch in breiten Kreisen ein neues Reichsbewußtsein zu wecken. Obwohl manche Seiten, insbesondere seine finanzielle Mißwirtschaft, Anlaß zu Verwunderung und Tadel boten, war er einer der volkstümlichsten Kaiser: originell als geistig schöpferische Persönlichkeit und als Kunstmäzen, hervorragend als Feldherr und Feldzeugmeister, erfolgreich als Verwaltungsreformer in den österr. Ländern, weltgeschichtlich von langer Nachwirkung als Gründer des habsburg. Universalreichs und der Donaumonarchie. „In M. lebte ein höchst lebendiges Vorgefühl der kommenden Dinge“ (Ranke).

  • Werke

    Theuerdank, Faks. d. Ausg. 1517, hrsg. v. S. Laschitzer, in: Jb. d. Kunsthist. Slgg. 8, 1888;
    Kaiser M.s I. Theuerdank, hrsg. v. Th. Musper, H. Engels. E. Geck, 1968;
    Freydal, Des Kaisers M. I. Turniere und Mummereien, hrsg. v. Q. v. Leitner, 1880-82;
    Weißkunig nach d. Diclaten u. eigenhändigen Aufzeichnungen Kaiser M. I. zus.gestellt v. Marx Treitzsaurwein v Ehrentreitz, hrsg. v. A, Schultz, in: Jb. d. Kunsthist. Slgg. 6, 1888;
    Neudr. 1966 (S. 421-46: Fragmente e. lat. Autobiogr. Kaiser M.s I.);
    Kaiser M. I. Weißkunig, 2 Bde., hrsg. v. H. Th. Musper in Verbindung mit R. Buchner. H. O. Burger u. E. Petermann, 1956;
    Kaiser M.s I. geh. Jagdbuch, hrsg. v. Th. v. Karajan, 1858;
    S. Laschitzer, Die Genealogie d. Kaisers M. I., in: Jb. d. Kunsthist. Slgg. 7, 1888. – Auch an d. graph. u. plast. Kunstwerken war M. durch Anweisungen bis ins einzelne unmittelbar beteiligt: Kaiser M.s I. Triumph, hrsg. v. F. Schestag, in: Jb. d. Kunsthist. Slgg. 1, 1883;
    Die Miniaturen z. Triumphzug Kaiser M.s I., 2 Bde., hrsg. v. V. F. Winzinger, in: Veröff. d. Albertina 5, 1972/73;
    Die Ehrenpforte Kaiser M.s I., hrsg. v. E. Chmelarz, in: Jb. d. Kunsthist. Slgg. 4, 1886 mit Suppl.bd.;
    V. Oberhammer, Die Bronzestatuen am Grabmal M.s. 1947, ²1955.

  • Werke

    Wichtigste Quellendrucke: Urkk., Briefe u. Actenstücke z. Gesch. M.s I., hrsg. v. J. Chmel. in: Bibl. d. literar. Ver. in Stuttgart 10, 1845;
    Mon. Habsburgica, Slg. v. Actenstücken u. Briefen z. Gesch. d. Hauses Habsburg 1473-1576. Abt. 1: Das Za. M.s I., 3 Bde., hrsg. v. J. Chmel. 1854-58;
    RTA, Mittlere R., Bde. 3/1 u. 3/2, bearb. v. E. Bock, 1972 f., Bd. 5/1-3, bearb. v. H. Angermeier, 1981, Bd. 6, bearb. v. H. Gollwitzer, 1979;
    RTA, Jüngere R., Bd. 1, bearb. v. A. Kluckhohn, 1893;
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    Des Hl. Röm. Reichs, Teutscher Nation, Reichs-Tags-Staat v. 1500–08, hrsg. v. J. J. Müller, 1709;
    Des Hl. Röm. Reichs, Teutscher Nation, ReichsTags-Theatrum, unter Keysers M.s I., 2 T., hrsg. v. dems., 1718 f.;
    Neue u. vollst. Slg. d. Reichs-Abschiede, 4 T., hrsg. v. J. J. Schmauß u. H. C. Senckenberg, 1747. – Von d. alten Darstellungen sind außer M.s autobiogr. Werken zu erwähnen: Gerardus de Roo. Ann. rerum belli domique. ab Austriacis Habsburgicae gentis principibus, 1592;
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    ders., in: Kaisergestalten d. MA, hrsg. v. H. Beumann, 1984.

  • Porträts

    Gem. v. A. Dürer (Wien, Kunsthist. Mus.);
    Gem. v. B. Strigel, um 1510/15 (ebd.);
    Silberstiftzeichnung (M. im Reisekleid) v. H. Holbein d. Ä., um 1510/13 (Berlin, Staatl. Museen Preuß. Kulturbes.). – Porträts u. deren gegenwärtige Standorte finden sich in d. angegebenen Katalogen u. b. Wiesflekker; zur Ikonographie:
    L. Baldaß, Die Bildnisse Kaiser M.s I., in: Jb. d. Kunsthist. Slgg. 31, 1913/14.

  • Autor/in

    Hermann Wiesflecker
  • Zitierweise

    Wiesflecker, Hermann, "Maximilian I." in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 458-471 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118579371.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Maximilian I., römischer König und erwählter Kaiser, geb. am 22. März 1459 zu Wiener-Neustadt, Sohn des Habsburgers Kaiser Friedrich III. und seiner Gemahlin Leonore von Portugall. Seine Kindheit verfloß unter Ereignissen, welche nicht voraussehen ließen, daß die deutsche Geschichte dereinst Veranlassung haben würde, in hervorragender Weise von seinem Dasein Notiz zu nehmen. Nur der Umstand, daß sein Vater Friedrich III. (s. Band VII) alle seine Widersacher, im eigenen Haus wie überhaupt, vor sich ins Grab sinken sah, hat die Zukunft des nicht allzu früh sich entwickelnden, aber an Körper und Geist reich begabten Kaisersohnes erfreulicher gestaltet. Eine strenge, nach dem vorzeitigen Tod der Mutter, vom Vater allein geregelte Erziehung entwickelte sorgsam die natürlichen Keime. Dieselbe hat trotz mancher pedantischer Fehlgriffe eine ausreichende Grundlage des Wissens geschaffen und es verstanden, jenes Interesse für alles Hohe und Schöne in der Seele des Knaben zu wecken, von dem sein Lebtag der Mann erfüllt war. Daneben wurden in bevorzugter Weise die ritterlichen Tugenden gepflegt und jenes praktische Sehvermögen, jene Findigkeit im Können ausgebildet, die wol der hervorstechendste Charakterzug sind. Im übermüthigen, zum Theil verbotenen Spiel, dann auf der Jagd und in mannhafter Waffenübung tobte sich in der Jugend der ungestüme Thatendrang des kraftvoll und anmuthig erblühten Fürstensohnes aus, dessen Herz übrigens frühzeitig die Geheimnisse der Liebe zu erkunden strebte. Eben war er 18 Jahre geworden, als ein Plan reif wurde, der seit Langem einen Hauptgesichtspunkt habsburgischer Familienpolitik ausgemacht hatte. Seit Jahresfrist stand es fest unter den Vätern, daß M. und Marie, die Erbtochter des Herzogs Karl des Kühnen von Burgund ein Paar werden sollten, als der Letztere bei Nancy einen unerwarteten Tod fand. König Ludwig XI. von Frankreich, obwohl Pathe der verwaisten Fürstin, entriß derselben das Herzogthum Burgund, die Franchecomté und einzelne niederburgundische (belgisch-holländische) Gebiete und legte es darauf ab, den Rest durch eine erzwungene Heirath Maria's mit seinem Dauphin zu erwerben. Auch andere innere und äußere Feinde waren auf dem Plan. Aber Maria blieb ihrem Wort treu, wenn sie auch nicht verhehlte, daß langes Ausbleiben des ersehnten Verlobten auf ihr Verhalten von Einfluß sein müßte. Obwohl schon im Februar 1477 der Tod Karls den Habsburgern bekannt war, konnte doch erst Ende Mai der junge Herzog, mittelst mühsam zusammengeliehenen Geldes ausgerüstet, seinen Brautritt antreten. Am 19. August fand, nachdem schon Ende April durch Procuration die Vermählung stattgehabt, die Hochzeit des Paares statt. M. war damit an die Spitze eines der blühendsten, freilich auch schwer leitbarsten Länder getreten. Innere und äußere Bedrängnisse wechselten in den nächsten Jahren: mit Frankreich führten weder verschiedene Waffenstillstände, noch die derbe Lection, die M. 1479 den Franzosen bei Guinegate ertheilte, zu einem gesicherten Verhältniß. Die Unbotmäßigkeit der privilegienstolzen Niederländer fand stets an Ludwig XI. eine Stütze. M. war nicht beliebt unter diesem Volk. Um so glücklicher war er in seiner Ehe. Mit Recht durfte er schreiben: „Hätten wir hier Frieden, wir säßen im Rosengarten.“ Maria hatte ihrem Gemahl zwei überlebende Kinder: Philipp (geb. 1478) und Margarethe (geb. 1480) geschenkt, als im J. 1482 ein Sturz vom Pferde auf der Jagd sie dem Gatten entriß. Sofort zeigte sich der unversöhnliche Gegensatz der Anschauungen und Interessen der Niederländer, insbesondere der Flandrer, und des trauernden Wittwers. Der Letztere sah sich gezwungen, seine Zustimmung zu ertheilen zum Vertrage von Arras, mittelst welches zur Befestigung der Freundschaft mit Frankreich die Prinzessin Margarethe als Braut des Dauphins Karl an Ludwig XI. ausgeliefert wurde, während zugleich die Franchecomté und andere Landschaften als künftiger Brautschatz in den Händen der Franzosen blieben. Zugleich entrissen die Stände dem Vater die Vormundschaft über ihren kleinen Landesherrn. Erst nach drei Jahren, nachdem M., ganz auf sich gestellt, alle Gegner, auch das stolze Gent, gedemüthigt hatte, ward 1485 der Sohn dem Vater zurückgegeben. Dieser Erfolg hat nicht zum Wenigsten dazu beigetragen, daß im folgenden Jahre ein längst angezettelter Plan gelang, nach Ueberwindung aller Hindernisse, deren stärkstes die Abneigung des Kaisers gegen jede Machtschmälerung war. Am 16. Februar 1486 wählten zu Frankfurt die deutschen Kurfürsten den jungen Erzherzog zum römischen König, am 9. April wurde er zu Aachen gekrönt. Es war kein glücklicher Umstand für seine künftige Regierung, daß ihm bis zum Antritt derselben, die erst mit dem Tod des Vaters erfolgen konnte, noch eine so lange Probezeit bestimmt war, welche, wie er einmal war, alle Schattenseiten seines Wesens den Großen offenbarte, ehe er die Zügel in die Hände genommen hatte. Die nächsten drei Jahre lang ist er ganz in der niederländisch-französischen Politik aufgegangen. Seine Unvorsichtigkeit brachte ihn am 1. Februar 1488 zu Brügge in die Gewalt der empörten Flandrer. Es bedurfte eines Reichsheerzugs, um ihn unter drückendsten|Bedingungen dieser gefahrvollen Gefangenschaft zu entreißen. Die Nichteinhaltung des Versprochenen erhöhte gewaltig die Gährung der Niederlande, zu deren Erstickung ein vierjähriger, hauptsächlich durch Albrecht von Sachsen, als Generalstatthalter, geführter Krieg kaum genügte. M. war, dieser niederländischen Kämpfe überdrüssig, schon 1489 nach Deutschland zurückgekehrt, wohin schon längst sein der Uebermacht Ungarns erliegender Vater ihn hatte ziehen wollen. Zunächst versuchte auch M. vergeblich einen Ausgleich zwischen dem landberaubten Vater und dem glücklichen Sieger Matthias von Ungarn. Als der Letztere jedoch am 6. April 1490 starb, gelang es M. rasch mit der sympathisirenden Unterstützung der Bevölkerung die an Ungarn verlorenen österreichischen Erblande zurückzuerobern. Dagegen vermochte er die vertragsmäßigen Ansprüche der Habsburger auf die ungarische Krone weder durch Unterhandlung noch durch Waffen zur Anerkennung zu bringen. Zwar drang er im Spätherbst 1490 mit Heeresmacht ins Land, es fehlte ihm nicht an offenen und heimlichen Anhängern, mit kühner Waffenthat ward am 17. November Stuhlweißenburg, die ungarische Krönungsstadt, erobert: aber Geldmangel und Meuterei der Landsknechte zwangen zur Umkehr auf der Siegesbahn. Der Preßburger Friede vom 7. November 1491 sicherte M. oder seinen Söhnen nur die Nachfolge, falls der von den Magyaren erkorene Wladislav ohne eheliche Manneserben stürbe. — Inzwischen war M. mit Genehmigung seines Vaters durch Resignation seines Vetters Sigmund Herr von Tirol und den österreichischen Vorlanden geworden. Damit war für die Zukunft die endliche Wiedervereinigung aller habsburgischen Lande angebahnt. Sein Verhältniß zu dem argwöhnischen Kaiser, in dessen unbestreitbare landesherrlichen Rechte er sich bei der Wiedereinnahme der Erblande unvorsichtige Eingriffe erlaubt hatte, war nicht das beste. Das mußte er alsbald zu seinem Schaden erfahren, als ein ganz persönlicher Conflict mit seinem präsumptiven Schwiegersohn Karl VIII. von Frankreich ihn in die übelste Lage brachte. Wenige Wochen vor dem Tode des Königs Matthias von Ungarn, der den Habsburgern ganz neue unabweisbare Aufgaben stellte, hatte M. Bevollmächtigte entsendet, um einen Heirathscontract abzuschließen mit Anna, Herzogin von Bretagne, Tochter weiland Franz II. von Bretagne, eines alten Verbündeten von den Niederlanden her. Nur politische Länderspeculation trieb ihn an zu dieser Verbindung, mit welcher er in die Rechte des französischen Oberlehnsherrn und die Interessen Frankreichs gleich verhängnißvoll Einbruch übte. Der jugendlichen Fürstin schmeichelte der Gedanke eine künftige Kaiserin zu sein: noch vor Ende 1490 schloß sie mit dem fernen M. mittelst der in fürstlichen Häusern üblichen Form der Procuration den Ehebund. Schon im Januar 1491 hatten sich in Folge dieser Vorgänge die Franzosen nahezu zu Herren des Landes gemacht, so daß im October Anna sich auf ihre Stadt Rennes beschränkt sah. M. aber fand, in Anspruch genommen durch den damals noch ungeschlichteten ungarischen Conflict, gehemmt durch Mangel an Geld und den Widerspruch seines Vaters, in sich selbst nicht die Kraft, Alles zu setzen an die Einlösung seines so feierlich verpfändeten Wortes. Somit mußte die Herzogin von Bretagne thun, was ein halbes Menschenalter früher Maximilian's erste Verlobte als wahrscheinliche Folge zu langer Säumniß ihres Bräutigams hingestellt hatte. Nicht ein Brautraub seitens Karls VIII. hat, wie man sich in Deutschland erzählte, stattgefunden! Durch die Gunst des Papstes hatte sich Karl von Frankreich im Voraus mit den nöthigen Dispensen versehen können, um (ungehindert durch den Verspruch mit der noch im Kindesalter stehenden Margarethe von Oesterreich und andererseits die Procura-Verbindung Annas mit M.) am 6. December 1491 Anna seine Hand zu reichen. M. war durch diesen Schachzug als Gatte wie als Vater, durch eigene Schuld, gleich|hart getroffen. Mit England und Spanien verbunden, suchte er seinen Gegner, der anfangs nicht einmal die verstoßene Margarethe herausgeben wollte, zu züchtigen: aber der Separatfriede beider Bundesgenossen, die kaltsinnige Nüchternheit seines Vaters und der übrigen Reichsfürsten hinderte umfassendere Erfolge. M. mußte froh sein, durch den Sieg bei Dournon (in der Nähe von Salins) die bestrittene Franchecomté zu behaupten. Das statuirte auch der Friede zwischen ihm und Frankreich, der unter schweizerischer Vermittlung endlich im Mai 1493 zu Senlis zu Stande kam und Margarethens Rückkehr nach Burgund zur weiteren Folge hatte. Die Einschiebung der Freigrafschaft zwischen das in sich zerrissene Deutschland und das machtvoll erstarkende Frankreich war unzweifelhaft auch für das Reich ein Gewinn. Ohne dieses Stoßkissen hätte das letztere leicht ein Jahrhundert früher die Tage Ludwigs XIV. erleben mögen!

    Mit solcher Morgengabe gleichsam betrat M. die Stufen des Thrones, welcher durch den Tod des Kaisers Friedrich am 19. August 1493 erledigt war. Die ersten Regierungsjahre des Königs erhalten meines Erachtens ihre Signatur durch den Plan die Türken wieder aus Constantinopel zu drängen, einen Gedanken, dem er von der Jugend bis zum Grabe mit aller Gluth nachgehangen hat. Wahrscheinlich hängen mit dieser Absicht die Emancipation seines Sohnes Philipp in den Niederlanden, des Königs eigene Vermählung mit Blanca Maria Sforza, deren Ohm Lodovico er mit Mailand belehnte, u. a. m. zusammen. Dieser Gesichtspunkt bedingt mit seine Stellung zu der epochemachenden neapolitanischen Heerfahrt seines früheren Gegners Karls VIII. im J. 1494, dem er jetzt bereitwillig in Italien Raum ließ, geködert noch durch die ihm erweckte Hoffnung erwünschter Vergrößerung auf Kosten Venedigs. Freilich hat er wohl noch vor Schluß desselben Jahres seinen Irrthum begriffen und gehörte darum zu der Liga von Venedig, die sich zur Herstellung der Verhältnisse Italiens am 31. März 1495 bildete. An den Operationen war er insbesondere vor Novara durch eine Truppensendung betheiligt. Selbst dahin zu eilen, hinderte ihn der Stand der Reichsangelegenheiten. Dafür ließ er sich aber 1496 durch den einmüthigen Widerspruch von Deutschland und Burgund nicht abhalten, bei dem Gerücht von dem Wiederauftreten Karls in Italien als Condottiere Venedigs und Mailands, auf deren Wunsch und doch bei jedem Schritt von ihnen gehemmt, jenseits der Alpen zu erscheinen. Ohne Erfolg und mit starker Einbuße an der Würde des Königthums verlief diese Heerfahrt. Die Eifersucht der Verbündeten hinderte einen Angriff auf die französische Alpenstellung, der Kriegszug gegen das florentinische Livorno mißlang, ein Angriff auf das französirende Florenz erwies sich als ebenso unthunlich als der (zur rechten Zeit unterlassene) Marsch nach Rom zur Erlangung der kaiserlichen Krone. Auch aus dem Project, mit Spanien verbunden Frankreich selbst anzugreifen, ward nichts. Doch hatte die seit Jahren gemeinsame Gegnerschaft wider letzteren Staat wohl mit dazu gedient, den Gedanken einer Familienverbindung zwischen beiden Häusern zu befördern. Zwar gewann die erst 1497 geschlossene Ehe zwischen Maximilians Tochter Margarethe und dem spanischen Thronfolger Don Juan wegen des noch im gleichen Jahre eintretenden Todes des Letzteren nicht die erwartete Bedeutung. Dafür sicherte seltene Gunst des Geschicks der ehelichen Nachkommenschaft Philipps von Burgund mit Donna Juana, Tochter des spanischen Königspaares dadurch die Erbschaft Spaniens und aller Nebenländer, daß wie jener einzige Bruder so auch eine zweimal nach Portugall verheirathete ältere Schwester und ihr Sohn Don Miguel zeitig dahinstarben. —

    Längst hat man sich mit Recht entwöhnt, M. als den Urheber jener Reform der Reichsverfassung anzusehen, welche jenes Zeitalter so berühmt gemacht hat. Er hat nur mit Rücksicht auf die vom Reich erwartete Unterstützung seiner|Pläne, die im Grunde alle die Machterhöhung, ja die Weltstellung seines Hauses bezweckten, zeitweise Nachgiebigkeit gegen die Ansprüche der ständischen Reformpartei geübt, übrigens durch sein Thun und Lassen das Möglichste geleistet, um das schwierige Werk im Keim zu ersticken. Auf seinem ersten Reichstag zu Worms 1495 gelang die Proclamirung des ewigen Landfriedens und seine Handhabung durch eine jährlich zusammentretende Reichsversammlung, die Errichtung des ständigen Kammergerichts, die Auslegung des gemeinen Pfennigs, d. i. die allgemeine Reichssteuer auf vier Jahre, deren Einsammlung und Verwendung gleichfalls zur Competenz jenes periodischen Reichstags gehören sollte. Kein Reichsstand, auch der König nicht, sollte fernerhin ohne Zustimmung jenes Organs Krieg führen oder Bündnisse schließen. Ungern hatte der König sich die in jenen Einrichtungen liegende Beschränkung seiner „Obrigkeit“ gefallen lassen, und nur in der Hoffnung alsbald auf Grund jener Reichssteuer Geld flüssig gemacht zu sehen für seine auswärtige Politik. Als das Anstand fand, störte er nicht nur durch willkürliche Maßnahmen den geregelten Gang jener Institution, er ließ sie absichtlich verfallen. Auf dem Reichstag zu Lindau seit Ende 1496 kam es daher zum Conflict zwischen seinen Gesichtspunkten und denen der Reichsstände, deren Führer, Erzbischof Berthold von Mainz, wenn ich mich nicht täusche, darauf bestand, die „Wormser Ordnung“ durchzuführen, wesentlich auch nach der Richtung, daß auch die durch privilegirte Stellung gefreiten Habsburgischen Erblande ihre Schultern mit unterstemmen sollten, um die Last des Reichs zu tragen. So verfiel aufs Neue Recht und Frieden und damit der Rest der Neigung für die Gesammtheit Opfer zu bringen. Vergebens verhandelte man jahrein jahraus: auf dem Reichstag zu Freiburg 1498 schien es einen Augenblick zur Annäherung zu kommen, doch stand man sich bald wieder ferner wie je. M. suchte damals dem neuen König Ludwig XII. von Frankreich das Herzogthum Burgund zu entreißen, doch verliefen zwei kurze Feldzüge ohne Resultat und führten, da Friedensversuche von verschiedenen Seiten keinen Ausgleich bewirkten, nur dazu, daß das in sich gefestigte Frankreich überall mit den Gegnern Maximilians gemeinsame Sache machte. Seine geheime Unterstützung machte es dem König unmöglich mit Hülfe seines Sohnes und einiger deutscher Fürsten endlich Geldern, das sich um Karl von Egmont als angestammten Herrn schaarte, dauernd zu unterwerfen. In dieser Lage kam im J. 1499 der Schweizerkrieg zum Ausbruch. M. hat denselben nicht gewünscht, aber doch durch sein Verhalten, theils als König, theils als habsburgischer Erbfürst, bald versprechend, bald drohend, neben anderen dazu beigetragen, daß das längst vorausgesehene Ungewitter nicht sich verziehen konnte. Nur zögernd hat er sich herbeigelassen, in den unglücklich genug verlaufenden Kampf einzugreifen, jetzt freilich entschlossen, nunmehr gründlich alle die reichsrechtlichen oder dynastischen Fragen zu lösen, die in der Schwebe waren. Doch ist weder den Von ihm bestellten Generalen das Kriegsglück hold gewesen, noch hat sich ihm selbst die Möglichkeit geboten durch eine siegreiche Entscheidung seine ganze Stellung mit frischem Glanz zu umgeben, wenn es auch unrichtig ist, in seinem Auftreten am Schwaderloch eine Demüthigung des Königthums erkennen zu wollen. Die unzweifelhafte Ueberlegenheit der Schweizer und die Lage der europäischen Verhältnisse überhaupt nöthigten im September zum Abschlusse des Friedens zu Basel, durch den faktisch die Lösung der Schweiz vom Reichsverband eintrat. Dieser Krieg hatte dem König von Frankreich Gelegenheit gegeben, im Bund mit Venedig seine alten Ansprüche auf das Reichslehen Mailand gegen Lodovico Moro mit Glück geltend zu machen. Den vertriebenen Herzog, seinen Verwandten und Bundesgenossen, wieder einzusetzen, betrachtete M. als seine nächste Aufgabe.|Um für dieselbe die Unterstützung des Reichs zu gewinnen, berief er für das Jahr 1500 einen Reichstag nach Augsburg. Aber zu derselben Zeit, als dieser im April zusammenkam, war der voreilig ins Mailändische eingefallene Lodovico der Gefangene des Königs von Frankreich geworden. Die Frage, wie man sich zu der gewaltsamen Occupation Mailands durch Frankreich stellen müsse, sollte nach Maximilians Meinung in Augsburg eine rasche Entscheidung im kriegerischen Sinn erfahren. Doch die Stände, längst der schlecht vorbereiteten und ohne nachhaltige Kraft geführten Unternehmungen müde, zu welchen des Königs Ungestüm sich immer wieder hingerissen fühlte, banden die Gewährung einer ausgiebigen und für die Dauer berechneten Kriegsvefassung an Bedingungen, welchen der hülfsbedürftige und in seinem Renommé als Politiker und Feldherr stark mitgenommene M. sich diesmal nicht wieder, wie dereinst zu Worms 1495 gelungen war, zu entziehen vermochte. So erhielt denn Deutschland ein ständisches Reichsregiment, dessen Besetzung vorzugsweise dem Einfluß der Kurfürsten zu Gute kam. Die gesammte innere und äußere Politik sollte von demselben geleitet werden. Dem König war das Präsidium vorbehalten: nur als „König im Rath“ sollte er fortan regieren. Das Regiment sollte nicht dem Hof, wie Max gewünscht zu haben scheint, folgen, sondern er an jenes Sitz, zu Nürnberg, sich einstellen. Dem König, dessen Leitstern lediglich die von ihm begründete zukünftige Größe Oesterreichs war, vor dessen Augen das ungarisch-österreichisch-burgundisch-spanische Weltreich fertig stand, behagte es wenig, dem ihm gesetzten Regiment — so faßte er es auf — gehorsam zu sein. Das war der entscheidende Grund, daneben das Nichtaufstellen der versprochenen Reichshülfe. Daß das Regiment bemüht war, im Frieden mit Frankreich auszukommen, trieb den König, der nur ganz flüchtig in Nürnberg zweimal erschienen war, vollends auf andere Bahnen. Wenn das Regiment das Reichsbedürfniß und seine Subsistenz begründen wollte auf die vertragsmäßig ihm zustehende Quote des im Reich damals gepredigten Jubelablasses, so wußte M. mittelst directer Verhandlung mit der Curie diese Gelder in seine Kasse zu leiten; wenn das Regiment sich Frankreichs Wünschen nicht abgeneigt gezeigt hatte, so war M. aus Opposition dagegen unter Vermittlung seines Sohnes dahin gekommen, durch Abreden zu Trient und Blois (1501) seinerseits Ludwig XII. die Belehnung mit Mailand zuzusagen. Im J. 1502 war somit nicht nur das Reichsregiment in Auflösung, auch das Kammergericht feierte, die Kurfürsten standen in erklärter, feindseligster Opposition zum König, dem wol sogar die Absetzung gedroht hat. Dazu ist es nicht gekommen: M. war stark genug nicht nur sich zu behaupten, sondern auch die Errichtung einer ständischen Mitregierung unmöglich zu machen: ein mehreres: die Aufrichtung einer wirklich königlichen Regierung in Deutschland vermochte er nicht. Eine solche war im heiligen Reich fortan überhaupt nur denkbar getragen durch außerdeutsche Kräfte. Den Hauptgewinn aus der vereitelten Reform zog nicht das Königthum, sondern der Territorialismus. — M. dachte wol demnächst daran, den hadernden Elementen durch einen Türkenkrieg, zu dem auch Frankreichs Mitwirkung gesichert schien, einen Einigungspunkt zu geben. Auch ein Auftreten in Italien ward theils durch den Wechsel auf dem päpstlichen Stuhl und dadurch erleichterte Erlangung der kaiserlichen Krone, theils durch sein Verlangen in der neapolitanischen Sache die Partei Spaniens gegen Frankreich zu ergreifen, wieder in seinen Gesichtskreis gerückt. Doch kam es zu nichts, weil von burgundischer Seite Alles daran gesetzt wurde, im Gegentheil seine Verbindung mit Frankreich enger zu knüpfen. Diese Bestrebungen sicherten Wenigstens seinen Rücken, als im J. 1504 der Krieg über das Erbe des Verstorbenen Herzogs Georg von Baiern-Landshut ausbrach.

    M. wollte von Vornherein nichts davon wissen, daß eine der streitenden Linien des wittelsbachischen Hauses, die münchener oder die pfälzische, einen unbestreitbaren Rechtstitel aufzuweisen hätte. Er unterwarf die Entscheidung seiner oberherrlichen Vermittelung, wobei er zugleich für sich (d. h. für Habsburg und nicht etwa fürs Reich) bestimmte Forderungen an die Verlassenschaft als sein sog. „Interesse“ nachdrücklich geltend machte. Da Albrecht von München sich zu solchem Opfer willig finden ließ, während Ruprecht, der pfälzische Prätendent und Schwiegersohn des verstorbenen Georg, jede Schmälerung des Erbes seiner Gemahlin zurückwies und schließlich trotzig dem Vermittelungstag den Rücken kehrte, schickte sich M. an zur rechtlichen Entscheidung zu schreiten. Da überhob ihn friedbrüchige Gewaltthat des heißspornigen Pfälzers dieser Nothwendigkeit. Gegen letzteren und seinen gleichfalls geächteten kurfürstlichen Vater entbrannte nun der Krieg, an dem als König und Mitglied des schwäbischen Bundes auch M. auf Albrechts Seite, dem er von Anfang an im Herzen in dieser Sache gewogen gewesen, sich betheiligte. Außer seinem siegreichen Auftreten in der (Pfalz gehörigen) Landvogtei Hagenau und in dem bis dahin baierischen Nordtirol — Beides gehörte zu seinem „Interesse“ — ist hier vor Allem seine Theilnahme an dem entscheidenden Sieg über die von Pfalz gedungenen Böhmen bei Menzesbach in der Nähe Regensburgs hervorzuheben. Der Verlauf des Kriegs, während dessen Berthold von Mainz gestorben, während der mächtigste Laiengegner Maximilians auf den Knieen während des Reichstages zu Köln 1505 die Gnade des Kaisers anstehen mußte, hob die Bedeutung des Königthums, abgesehen selbst von dem eimgeheimsten Landgewinn. Freilich war der Umschwung doch nicht so stark, daß Maximilians Plan, seinen Sohn Philipp mit Tirol als Kurfürstenthum auszustatten, sich hätte durchführen lassen; auch nicht so angewachsen die Centripetalkraft, daß die Stände sich jetzt statt des aristokratischen ein monarchisch construirtes Regiment hätten auflegen lassen müssen. Höflich lehnten sie 1505 zu Köln einen dahin zielenden Vorschlag ab.

    M. hatte gleichzeitig mit dem Erbfolgekriege seine Blicke nach Geldern richten müssen, wo der alte Störenfried Karl von Egmont wieder einmal losgelassen war. Hier wie dort konnte er nur durch sein gebessertes Verhältniß zu Frankreich zum Ziel gelangen. Ein solches war durch das unablässige Bemühen seines Sohnes Philipp herbeigeführt worden, welchem zum Antritt der durch Isabella's Tod offenen, aber von Ferdinand dem Katholischen gleichfalls für sich erstrebten, Erbschaft in Castilien ein leidliches Verhältniß mit Frankreich Bedürfniß war. M. ward geködert durch den für sein Denken berauschenden Wunsch, mit Frankreichs Hülfe auf Venedigs Kosten sich zu vergrößern. Die Verlobung zwischen seinem Enkel Karl und Claudia, Tochter des französischen Königspaares, sollte der vorgegebenen Anschauung zu Folge auf alle Zeiten Freundschaft zwischen den verschwägerten Häusern stiften, indem in der Zukunft jenes Paar als Besitzer der wichtigsten Territorial-Streitobjecte gedacht wurde. (Verträge zu Blois September 1504.) Wie ernst jede der Parteien es mit ihrem Wort in dieser Beziehung nahm, kann hier nicht erörtert werden. Genug, daß M. im April 1505 zu Hagenau die Zusage ausführte, den französischen König mit Mailand zu belehnen. Letzterer hat bekanntlich bald die vertragsmäßige Verlobung unmöglich gemacht, indem er die mit dem künftigen Thronerben Frankreichs vorzog, und dann in enge, den Habsburgern feindliche, Verbindung trat mit Ferdinand von Aragon. Es kann hier nicht darauf eingegangen werden, wie sehr durch diese treulose Politik die Lage Philipp's des Schönen, der 1506 sich mit seiner schon durch Geistesnacht bedrohten Gemahlin nach Castilien verfügt hatte, erschwert wurde. Bekanntlich erlag dieser einzige Sohn Maximilian's im September 1506 einer tückischen Krankheit. Seinem sechsjährigen Sohn Karl|galt fortan das Machtstreben Maximilian's, dessen wichtigste Sorge es fortan blieb, alle durch glückliche Heirathspolitik erworbenen Ansprüche der Habsburger diesem einen (mit Ausschluß der Anrechte des jüngeren Ferdinand) zuzuwenden. Die von M. selbst abgelehnte Vormundschaft über Karl, ward von ihm seiner Tochter Margarethe (bereits auch in zweiter Ehe mit dem Herzog von Savoyen verwittwet und hartnäckig, wie M. meinte, durch Einfluß ihrer von Frankreich bestochenen Umgebung, einer neuen Ehe mit Heinrich VII. von England widerstrebend) übertragen. Auch auf Ungarn und Böhmen bezog sich obige Politik, wo er im J. 1506 mittelst eines Feldzuges zu verhindern strebte, daß nicht die von einer mächtigen Partei betriebene Vermählung der bis dahin einzigen Tochter des Königs mit einem einheimischen Magnaten, die seit 1491 aufs Neue anerkannten Anrechte Habsburgs verdunkeln oder vernichten möchte. Sein Unstern wollte nun, daß gerade während des übrigens nicht zu ernsten Waffenlärms ein Sohn und Erbe dem ungarischen Königspaar geboren wurde. Doch wußte er auch daraus mit Hülfe seiner so virtuos geübten Heirathspolitik Gewinn zu ziehen. Eine Reihe von Unterhandlungen und Verabredungen ziehen sich durch die folgenden Jahre mit dem immer deutlicher hervortretenden Ziel durch eine habsburgisch-jagellonische Doppelheirath den Anfall Ungarns und Böhmens an die Habsburgische Ländermasse entscheidend einzuleiten. Diplomatisch gelang das auf dem gefeierten Congreß in Wien im J. 1515, wo durch M., Wladislaus von Ungarn-Böhmen und dessen Bruder Sigismund von Polen der junge Ludwig von Ungarn als Gatte der habsburgischen Maria anverlobt wurde, während der alternde M. feierlich gelobte, der einzigen Schwester Ludwig's Anna seine Hand zu reichen, falls nicht in gemessener Frist einer seiner Enkel Karl oder Ferdinand die Prinzessin ehelichen würde. Bekanntlich ist dem letzteren dies Loos und damit (in Folge später eintretender Umstände) als erstem Habsburger die Krone Böhmen-Ungarns zugefallen.

    M. hatte 1506 die Absicht gehabt, unmittelbar von Ungarn aus mit der zu Köln ihm bewilligten Reichshülfe und gestützt auf den von seinem Sohn von Granada aus zu gewährenden Beistand nach Rom zur Erlangung der Kaiserkrone zu ziehen. Der Tod des Sohnes lähmte ihn in doppelter Beziehung, insofern auch der Wiederlosbruch des von Frankreich angestachelten Karl von Geldern seine Aufmerksamkeit und Kräfte in Anspruch nahm. Die Mächte und auch der Papst wollten nichts wissen von seinem kriegerischen Auftreten in Italien: dem guten Willen derselben und besonders Frankreichs und Venedigs, die einer Romfahrt in der Art Sigismund's und Friedrich's nichts in den Weg legen zu wollen betheuerten, wagte er sich und seine Krone nicht anzuvertrauen. Ein Reichstag, der deshalb hauptsächlich 1507 nach Constanz berufen wurde, sollte da Rath schaffen. Auf demselben sah sich der König in der That einmal von beeiferter Huldigung der Stände umdrängt: alte Gegner hatten gelernt sich zu beugen und systematisch war von M. bei jeder Gelegenheit dafür gesorgt worden, ergebene Männer insbesondere auf die Bischofsstühle zu bringen. Eine verhältnißmäßig bedeutende Kriegshülfe ward bewilligt, selbst die Schweizer (gegen Anerkennung ihrer Unabhängigkeit von der Reichsjurisdiction) versprachen Söldner zu stellen, freilich nicht wider Frankreich. Aber die lässige Entrichtung des Verheißenen Reichsanschlags, die fortgesetzte Weigerung der Mächte, die in Italien Fuß hatten, M. anders denn als eine Art vornehmen Wanderers durch die geschlossenen Pässe zu lassen, führten ihn schon Ende 1507 zu einem veränderten Plan. Er trat in Unterhandlung mit dem Papst, der die Krönung durch Legaten an den Confinien Deutschlands und Welschlands vollziehen lassen sollte. Auch dazu ist es nicht gekommen. Vielmehr hat M. — der erste deutsche König, der das unternahm — aus eigener Bewegniß am 4. Februar 1508 zu|Trient den Titel eines erwählten römischen Kaisers angenommen. Dem Papst Julius gegenüber ward das Unternehmen gerechtfertigt durch den Hinweis, daß es zweckmäßig erschienen, um das deutsche Kriegsvolk freudiger zu machen zur Romfahrt. Diese also blieb vorbehalten. Der Papst, der aufs Bereitwilligste schon am 12. Februar zu dem Geschehenen seinen Segen gab, unterließ doch nicht, wiederholt dringend von dieser Kaiserfahrt im alten Sinne abzumahnen. — M. hat den Gedanken, wenn er ihn ernstlich festgehalten, auch nicht durchführen können, da der umgehend gegen die Venetianer begonnene Krieg — an dem er selbst übrigens kaum einen Tag lang sich betheiligte, den unerfreulichsten Verlauf nahm. Man mußte froh sein, im Juni 1508 von Venedig einen drei jährigen Waffenstillstand zu erlangen. Derselbe schloß zwar Frankreich, nicht jedoch das demselben Verbündete Geldern mit ein, so daß M. dem Prätendenten gegenüber freie Hand zu haben vermeinte. Als er jedoch merkte, wie sehr die Erfolge Venedigs seinem Ansehen im Reich aufs Neue schadeten, warf er sich mit der äußerlich überraschendsten, innerlich aber wohl erklärbaren Wendung seines Lebens plötzlich in die Arme Frankreichs. Er zeigte sich jetzt geneigt, auf die Verabredung von Blois und Hagenau auch ohne die dynastische Verbindung zurückzugreifen. Aus längeren Verhandlungen ging im December 1508 die Liga von Cambray zwischen dem Kaiser, Frankreich, Spanien und dem Papste hervor, die speciell die Beraubung der Republik Venedig zum Ziel hatte. M. griff damit blos auf eine Politik zurück, welche ihn schon 1494 und erneut 1501 und 1504 verblendet hatte. Diese Tendenz auf Vernichtung Venedigs ist der feste Punkt in dem Wandel der nächsten Jahre, und in dem Wechsel der Allianzen. 1509 begann der Krieg. M., dem der Reichstag zu Worms (beflissen nicht mitzuthaten, wo er nicht mitgerathen) Unterstützung verweigert hatte, kam mit seiner Rüstung wieder erst zurecht, als seine Bundesgenossen durch Erwerb der ihnen zugesprochenen Raubantheile bereits stark abgekühlt waren und die vom Papste gebannten Venetianer, die im ersten Schrecken auch von deutscher Seite erlittenen Schäden großentheils wett gemacht hatten. Dagegen vermochte im Herbst 1509 M. das von Venedig wieder eingenommene Padua nicht zu bezwingen. Nur Verona blieb in deutschen Händen, freilich nur durch französische (und dann seit 1512 spanische) Unterstützung. 1510 sah sich nach der Aussöhnung des Papstes und Spaniens mit Venedig M. allein mit Frankreich, mit dem er zu Blois die Bündnisse bekräftigte und erweiterte. In dieser Phase ist der Papst Hauptgegner, gegen den M. 1510 den Gedanken deutscher Kirchenreform mit einem nationalen Primas ebenso rasch erfaßt wie fallen läßt und gegen den er dann 1511 gemeinsam mit Frankreich das Concil von Pisa zur Reform der Kirche und des Papstthums berief. Damals — er war inzwischen verwittwet — hörte man in diplomatischen Kreisen von seinem Plan, für sich selbst an Stelle des bekämpften und schwer erkrankten Julius II. das „Papstthum“ zu erwerben. Wenn ich nicht irre, handelte es sich dabei um nichts anderes als die Besitznahme des Kirchenstaates durch den Kaiser, der, nachdem Mailand dahingegeben, auf andere Weise in Italien festen Fuß zu behaupten wünschte. Bekanntlich hat M., der 1511 noch vom Pusterthal aus in Person, doch ohne Erfolg, das venetianische Gebiet hatte überziehen wollen, obige Richtung nicht mehr lange innegehalten. Nachdem sich 1511 die heilige Liga aus dem Papste, Spanien und Venedig gebildet, hat sich im folgenden Jahre M. an dieselbe (mit Ausschuß des wieder mit Frankreich liirten Venedig, welches nicht gewillt war, dem Kaiser die auch vom Papste geforderten Opfer zu bringen) seinerseits angeschlossen. M. erkannte das von Julius berufene lateranische Concil an, ebenso die Einsetzung Maximilians Sforza in Mailand an Stelle des französischen Königs. Der Kampf gegen Venedig ward von seinen|Feldhauptleuten vorwiegend durch Beihülfe der Erblande, aber jetzt auch mit Unterstützung spanischer Truppen ohne ausschlaggebende Erfolge fortgeführt. Das Reich stand trotz aller Mühe, welche sich M. gab, es für diesen dynastischen Krieg zu interessiren, fast ganz bei Seite. Weder auf dem Reichstage in Augsburg (1510), noch auf dem zu Trier und Köln (1512), berühmt durch Grundlegung der zehntheiligen Kreisverfassung, kam es zu genehmen Beschlüssen. Der Kaiser ging dann ohne Rücksicht aufs Reich seines Weges. 1513 kämpfte er als Truppenführer Englands, das inzwischen der heiligen Liga beigetreten war, bei Terouenne in Belgien siegreich gegen die Franzosen. Das hinderte aber nicht, daß König Heinrich VIII. von England es für vortheilhaft fand, die zwischen seiner Schwester Maria und des Kaisers Enkel Karl getroffene Eheberedung fallen zu lassen und mit Ludwig XII. von Frankreich ein dynastisches Band zu schlingen. Aber die so geschaffene Perspective schwand rasch durch den Tod des französischen Königs. Ein ganz neues Bild entrollte sich durch die Wiedereroberung Mailands durch den neuen König Franz I. von Frankreich. Diesen Erfolg zu vernichten, stieg der alternde Kaiser noch einmal im Frühjahr 1516 an der Spitze eines vorzugsweise mit englischem Gelde bezahlten Heeres in die lombardische Ebene hinab. Am 25. März stand er vor Mailand. Doch er konnte angesichts der Unzuverlässigkeit seiner Truppen seine bisherigen Erfolge nicht ausbeuten. Fast flüchtig sein sich dann auflösendes Heer verlassend, kam er nach Tirol. Dennoch wollte er sich noch nicht zum Frieden bequemen. Erst nach langem Zaudern entschloß er sich im Brüsseler Frieden (4. December 1516) dem von seinem Enkel Karl (inzwischen bereits König von Spanien, dank der Politik seines Habsburgischen Großvaters) geschlossenen Vertrag mit Frankreich sich zuzugesellen. Mit Venedig kam es 1517 formell nur zum Waffenstillstand, der indessen immer wieder verlängert worden ist. M. erhielt für die Uebergabe des bis zuletzt tapfer behaupteten Verona eine Summe Geldes. Er bewahrte Roveredo und einige Bezirke am Gardasee, dazu die nicht bedeutenden Eroberungen in Friaul. Also mit einigen unerheblichen Grenzberichtigungen für die Erblande schloß der achtjährige Krieg, der Maximilian's Ruf als Politiker und Feldherr so schwere Wunden geschlagen, der die Verpfändung fast des gesammten Kammerguts und eine ansehnliche Schuldenlast nach sich gezogen hatte. Vom Reich und der Beibringung der dereinst ihm zugehörigen Gebiete war nicht mehr die Rede. Trauriger war es, daß diese Eroberungspolitik nach Welschland hin dem Herrscher Kraft und Möglichkeit benahm für ein wesentlich deutsches Interesse einzustehen, den Schutz des von Polen bedrängten deutschen Ritterordens in Preußen. Trotz eines anscheinend gewaltigen Anlaufs, Polen durch eine Coalition östlicher deutscher und außerdeutscher Fürsten zur Nachgiebigkeit zu drängen, erlahmte M. doch bald und hat dann gar unter dem Einfluß dynastisch habsburgischer Gesichtspunkte vertragsmäßig darauf verzichtet, dem Orden gegen seinen Bedränger ferner Hülfe zu leisten. Den unruhigen Karl von Geldern hat M. nicht vermocht, trotz mehrfach günstiger Chancen zu bändigen: die Verleihung der Potestatenwürde in dem freien Westfriesland an den um Habsburg verdienten Herzog Albrecht von Sachsen, hat sich nur als ein Uebergangsstadium zum Erwerb dieser Landschaft durch Maximilian's Enkel ausgewiesen. In diesem Habsburgischen Hausinteresse und dem was er für die Schöpfung des werdenden Großstaates Oesterreich mehr durch Verträge und Heirathen als durch die Waffen geleistet, liegt überhaupt seine weltgeschichtliche wie nationale Bedeutung. Unausgesetzt, immer neue Fäden in das Gewebe an Stelle abgerissener einschlagend, weder seine Person noch seine Reputation schonend, jagt er jenem Ziele nach, insbesondere noch während seiner letzten Lebensjahre. Da flammt wohl noch einmal in ihm der alte Wunsch auf, an der Spitze der zur Harmonie gelangten Fürsten Europas|gegen die Türken zu kämpfen, deren bedrohliche Machtentfaltung ja gerade Oesterreichs Stellung als Ostmacht beeinträchtigte; zur Herbeiführung dieser politisch-religiösen Unternehmung wird noch 1518 ein Reichstag nach Augsburg berufen. Aber schon seit 1517 wie auf der genannten Reichsversammlung ist es die Triebfeder der kaiserlichen Politik, welche jetzt ältere Velleitäten, wie die Nachfolge Ludwig's von Ungarn oder Heinrich's VIII. von England weit von sich gestoßen hat, die Wahl des kaiserlichen Enkels Karl zum römischen König und künstigen Kaiser durchzusetzen. Wichtige Schritte auf dieser Bahn waren zurückgelegt, aber noch standen schwere Hindernisse im Wege, als der längst kränkelnde Monarch am 12. Januar 1519 zu Wels (in Oberösterreich) schmerzlos sein thatenreiches Dasein beschließen mußte.

    Ist M. auch weder ein Staatsmann noch ein Feldherr ersten Ranges gewesen, so hat er doch die Grundlagen eines großen Reiches durch seine diplomatische Arbeit legen dürfen. Dazu verdanken ihm die Erblande die freilich noch unbefestigten Anfänge einer modernen Verwaltungsordnung und eine Reihe einzelner Fortschritte, den Aufschwung des Universitätsstudiums in Wien, die erste Einrichtung der Post u. a. m., die zum Theil auch dem Reiche zu Gute kamen. In militärischer Hinsicht ruht seine Bedeutung auf seinem unbestreitbar großen Organisationstalent. Die deutschen Landsknechte, deren weitere Ausbildung allerdings erst nach seiner Zeit erfolgte, verehren in ihm ihren Vater. Im Geschütz- und Befestigungswesen, in der Ausbildung der Cavallerie verdankt man ihm wichtige Erfindungen und Fortschritte. Ueberhaupt schied in ihm eine reichangelegte Persönlichkeit von dem Thron. Gottesfürchtig, aber von freiem Blick und Wort auch in religiösen Fragen, begabt mit gutem Gedächtniß, nützlichen Kenntnissen und dabei von lebhafter Empfänglichkeit des Geistes hat er nach vielen Richtungen hin anregend und befruchtend gewirkt. So liebte er neben der leidenschaftlich betriebenen Jagd und allen Formen ritterlichen Kampfes die edle Musika, der sein Hof zu allen Zeiten ein Asyl geboten hat. Im Stillen erbaute er seine hochstürmende Phantasie gern an alten Heldendichtungen deutscher Vorzeit, aber nicht minder liebte er die Geschichte. Letztere freilich nicht ganz uneigennützig: sie sollte ihm, wie er wiederholt ausgesprochen hat, die Gewähr verschaffen für seinen Nachruhm. Denn er wollte nicht mit dem Glockenton seines Leichenbegängnisses vergessen sein, er begriff die Wichtigkeit der Historie für Pflege eines Staatsbewußtseins, dessen Mangel zum Umsturz der Staaten führe. Es ist vielleicht noch nicht hinlänglich beachtet, wie sehr die rühmliche Anregung, die er den Wissenschaften und Künsten gegeben hat, ausgeht von ähnlichen Gesichtspunkten. Fast alle durch ihn veranlaßten mehr oder weniger gelungenen Productionen, man denke an Theuerdank, Weißkunig, Freydal, Ehrenpforte, Triumphzug, Grabmal u. s. w. — haben die Verherrlichung seiner Person und seiner Dynastie zum Gegenstand. Wie er ferner die Forschung über die Heiligen seines Geschlechts mit Beflissenheit förderte, so sind auch die von ihm ins Auge gefaßten und durch Stabius, Suntheim, Peutinger u. a. unternommenen historischen Arbeiten wesentlich ausgegangen von dem Gedanken „seine Chronik“, das ist eine habsburgische Hausgeschichte zu Stande zu bringen. Auch durch solche Schöpfungen glaubt er seinen Nachkommen, ein nutzbringendes Vermächtniß zu hinterlassen. Ueber seinen persönlichen Antheil an all diesen Arbeiten ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Durch Anregung, Entwerfung des Planes, eigenhändige Aufzeichnungen und Dictate über sein Leben qualificirt er sich ohne Zweifel als Mitarbeiter: andererseits aber erscheint er auch öfters in dem kleinen Drama der Entstehung eines jener Werke gewisser massen als inscenirender Regisseur. Unablässig ist er bemüht, die besten Kräfte zu gewinnen, unaufhörlich bessert er an den fast gleichzeitig gepflegten Entwürfen, mahnt er, straft er und schafft trotz aller Finanznöthe schließlich doch die nöthigen Mittel. Wenn man den Herrscher lieb gewinnen will, muß man ihn bei diesem künstlerischen und litterarischen Treiben aufsuchen.

    Bei seinen Lebzeiten hat es ihm an Liebe der Bevölkerung nicht gefehlt. Sein gleichzeitig von Kraft und Würde wie von Liebenswürdigkeit zeugendes Auftreten riß die Herzen selbst Widerstrebender zu ihm hin. Er war wirklich populär auch im Reiche, so ernsthaft politische Gegner und andere einsichtige Männer über sein Wesen und Treiben die Köpfe schüttelten. Seinen Dienern war er ein gnädiger, wohl nur zu nachsichtiger Herr. Aber seine wichtigsten Geheimnisse behielt er meistens für sich. Dagegen hörte er bei der Ausführung des im Stillen Beschlossenen gern nach Links und Rechts, und gerieth dadurch, nachdem er vorher zu wenig sich hatte berathen lassen, in ein oft für seine Pläne verhängnißvolles Schwanken. Diese seinem Thun anhaftende Unsicherheit und die daraus entspringende Planmacherei verbunden mit der dauernden Geldnoth, die theils durch seine Schuld, theils durch die der Umstände sein Leben begleitete, haben seinem Ruf und seinem Erfolg gleichmäßig geschadet. Alles in Allem eine vielseitig angelegte Natur von unverwüstlicher Frische, ein Fürst, der ohne überall den Ansprüchen seiner complicirten Stellung zu genügen, doch eine geschichtliche Bedeutung behauptet durch seine Lebensarbeit für die Weltmacht des Hanses Habsburg und durch die befruchtende Anregung, welche in Deutschland Kunst und Wissenschaft von ihm erfuhr.

    • Literatur

      Von Monographien über M. hat nur die von Hegewisch (erschienen 1782) einen dem wissenschaftlichen Standpunkt ihrer Zeit entsprechenden Charakter. Mächtig ist die Kenntniß seiner Zeit gefördert worden durch Ranke's Geschichten der romanischen und germanischen Völker, sowie dessen deutsche Geschichte im Reformationszeitalter. Die allgemeine Politik ist dargestellt von Lanz: Einleitung zu den Monumenta Habsburgica, 2. Abtheil. Erster Band. In neuester Zeit hat durch Werke zeitgeschichtlicher Natur wie durch eine freilich nicht sehr umfassende Reihe specieller Untersuchungen über M. der Gegenstand Förderung erfahren. Zuletzt ist von dem Unterzeichneten der Versuch einer Darstellung gemacht worden: Kaiser Maximilian I. Erster Band. 1884.

  • Autor/in

    Ulmann.
  • Zitierweise

    Ulmann, Heinrich, "Maximilian I." in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 725-736 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118579371.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA