Lebensdaten
1637 – 1707
Geburtsort
Oldesloe (?)
Sterbeort
Lübeck
Beruf/Funktion
Komponist ; Organist
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118665685 | OGND | VIAF: 37101174
Namensvarianten
  • Buxtehude, Dieterich
  • Buxtehude, Dietrich
  • Buxtehude, Dieterich
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Zitierweise

Buxtehude, Dietrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118665685.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Die Fam. stammt aus Oldesloe, wo der Urgroßvater väterlicherseits Johannes 1565 bis 1590 Bürgermeister war;
    V Johannes (Hans) Jenssen B. (1602–74), später Organist in Helsingborg u. Helsingör;
    Lübeck 1668 Anna Marg. (1646–1715), T des Komponisten u. Organisten Franz Tunder (1614–67);
    5 T, u. a. Anna Marg. ( Joh. Christian Schiefferdecker [1679–1732], B.s Nachfolger an St. Marien in Lübeck, während J. Mattheson, G. F. Händel u. J. S. Bach darauf verzichtet hatten, sich die Stelle durch Heirat einer der 5 T zu sichern).

  • Biographie

    Nach dem Tode des Organisten Franz Tunder bewarb sich B. um dessen Stelle an Sankt Marien zu Lübeck und wurde 1668 in das Amt gewählt. Gleichzeitig wurde er Werkmeister,|das ist Rechnungs- und Verwaltungsbeamter der Kirche. Beide Ämter verwaltete er bis zu seinem Tode. - Die kirchlichen Aufgaben als Organist waren nicht sehr umfangreich. Weithin berühmt wurden die Abendmusiken, die aus den Bedürfnissen der „commerzierenden Zünfte“ hervorgegangen waren, nachweisbar seit 1646 und fortgesetzt bis 1810. B. nennt sie ein sonst nirgends gebräuchliches Werk. Auch sonst hatte er für die Versammlung der Kaufleute zu musizieren. Nach einer Textsammlung von 1700 sind diese Abendmusiken eine Mischung von Instrumentalmusik und kantatenartigen Kompositionen. Viele seiner Kantaten mögen dort aufgeführt worden sein. Nicht zu den Abendmusiken dürften die Oratorien zu rechnen sein, von denen Textbücher (Die Hochzeit des Lammes), an Musik nur das 1927 aufgefundene „Jüngste Gericht“ erhalten sind, letzteres wohl identisch mit dem Werk „Das Allerschröcklichste und Allererfreulichste, nemlich das Ende der Zeit und der Anfang der Ewigkeit“. Diese Kompositionen stehen den Anfängen der Hamburger Oper (Johann Theile) nahe.

    Heute wird B. als Kantatenkomponist am höchsten geschätzt. Die meist in Abschrift des ihm nahestehenden Organisten der Deutschen Kirche in Stockholm Gustaf Düben überlieferten erhaltenen 116 Kantaten (dazu 8 Hochzeitskantaten) auf biblische Texte, Choräle und freie Dichtungen, darunter lateinische, stammen aus der Zeit von 1676-87, stellen also nur einen kleinen Teil der komponierten Kantaten dar. Unter den Hochzeitscarmina ist eines für Karl XI. von Schweden (1680). Auf den Tod Kaiser Leopolds I. (1705) schrieb der Meister ein Castrum doloris, zur Krönung Josephs I. (1705) einen Templum honoris. Ein Carmen saeculare (1700) für die Stadt Lübeck wurde in größter Besetzung aufgeführt. Die Kantaten zeigen einen überwältigenden Reichtum an Formen und Ausdrucksmitteln; sie spiegeln zum Teil die pietistischen Strömungen der Zeit wider. An Phantasiereichtum, Kraft des Ausdrucks seiner oft visionären Gesichte steht B. hoch über den Zeitgenossen. Den Kantaten treten eine Missa Brevis, eine kontrapunktische Studie, ein Magnificat und eine 24stimmige Motette, wohl zu einer Festlichkeit geschaffen, zur Seite. Überragend in der Zeit ist auch B.s Orgelwerk. Choralvorspiele (unter anderem 30 kleine) und Choralvariationen schließen an Georg Böhm und Johann Pachelbel an. Eine große Choralphantasie weist auf die norddeutschen Sweelinckschüler und ihre Nachfolge (J. A. Reincken, andererseits Böhm). Die cantusfirmus-freien Werke, Toccaten, diese nach dem Vorbild des älteren Frescobaldischen Variationsricercares verschiedene Fugen über ein nun sonatenmäßig abgewandeltes Thema zusammenfassende Präludien und Fugen, sind von kühner Phantastik. An Klavierwerken sind nur 19 Suiten und 6 Variationen, ein Teil wahrscheinlich des Geschaffenen, erhalten. Verloren sind unter anderem Suiten, „in denen die Natur und Eigenschaften der Planeten artig abgebildet“ waren. An Kammermusikwerken sind überliefert 18 Sonaten für 2 Violinen, Gambe und Cembalo, davon 14 in zweimal 7 Sonaten als op. 1 und 2 gedruckt waren (Druck nicht erhalten), ferner eine Suite. Sie stehen mit der norddeutschen Kammersonate (Reincken) in Beziehung.

  • Werke

    124 Kantaten, in: Gesamtausg., hrsg. v. d. Glaubensgemeinde Ugrino, 1925-37 (bisher 7 Bde.);
    Missa brevis, 5stimmig, neuentdeckte Kantaten u. d. erhaltene Abendmusik (Bärenreiter-Verlag), o. J.;
    Kantaten (Ausw.), in: Denkmäler d. Tonkunst XIV, 1903;
    Triosonaten (Ausw.), ebenda XI, 1903;
    Orgelwerke, Gesamtausg. v. Ph. Spitta, 2 Bde., 1876/77, neu bearb. u. hrsg. v. M. Seiffert, 1903/04;
    Klavierwerke, hrsg. v. E. Bangert, Kopenhagen 1942.

  • Literatur

    ADB III;
    A. Pirro, D. B., Paris 1913;
    S. E. A. Hagen, D. B., Kopenhagen 1920;
    W. Stahl, F. Tunder u. D. B., in: Archiv f. Musikwiss. 8, 1926;
    ders., D. B., 1937, ²1952;
    F. Blume, Die Kantatenwerke D. B.s, in: Jb. d. Musikbibl. Peters, 1940;
    J. Hennings, Neues üb. F. Tunder u. D. B., in: Dt. Musikkultur, 1942;
    J. Hedar, D. B.s Orgelwerke, 1951;
    H. Lorenz, Die Klavierwerke D. B.s, Diss. Kiel 1952;
    Dansk Leks. IV, 1934, S. 381-83 (L);
    F. Blume, in MGG (W-Verz.). - Zu Joh. Ch. Schiefferdecker:
    Riemann.

  • Autor/in

    Hans Engel
  • Zitierweise

    Engel, Hans, "Buxtehude, Dietrich" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 82-83 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118665685.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Buxtehude: Dietrich B., einer der größten Orgelmeister und Instrumental-Componisten vor Seb. Bach, geb. 1637 zu Helsingör auf Seeland (wo sein Vater, Johann B., 32 Jahre lang Organist an der Olaikirche war) und gest. 9. Mai 1707. Ueber seinen Bildungsgang weiß man nichts näheres, wahrscheinlich aber haben wir ihn als einen Abkömmling der besonders in Norddeutschland so verbreiteten Sweling’schen Schule anzusehen; den ersten Grund zu seiner nachmaligen Orgelkunst wird er schon bei seinem Vater gelegt haben. Daß Johann Theile, wie Walther im gleichn. Art. angibt, sein Lehrer gewesen sei, ist unwahrscheinlich; denn Theile war erst 1646, mithin 9 Jahre später geboren als B. Dieser muß aber schon früh berühmt geworden sein, was man|daraus schließen darf, daß er bereits 11. April 1668 in eins der damals angesehensten Organistenämter Deutschlands, an der Marienkirche zu Lübeck, eingesetzt wurde. Hier zeichnete er sich nicht allein als Orgelspieler aus, sondern wirkte bis zu seinem Tode auch segensreich durch eine ausgebreitete Musikpflege und Bildung tüchtiger Sänger- und Instrumentalchöre, womit er große Musikaufführungen in seiner Kirche veranstaltete und das damalige Lübecker Musikleben auf eine vorher dort nicht gekannte Höhe brachte. Daß der junge Seb. Bach Ende 1705 von Arnstadt aus auf ein Vierteljahr nach Lübeck verschwand, um dort B. zu hören und von ihm zu lernen, ist bekannt, und der von diesem Meister auf ihn geübte Einfluß ist sehr merklich und weit in Bach's fernere Entwickelung hinein zu verfolgen, und zwar mehr noch in der freien Instrumentalmusik als im Choral. Bei alledem sind die älteren Musikschriftsteller sehr arm an bestimmten Nachrichten über ihn; selbst Mattheson, der doch ganz in der Nähe seines Wirkungskreises lebte, erwähnt ihn zwar an vielen Stellen (Ehrenpforte, Capellmeister, Organistenprobe), doch immer nur mit allgemein rühmenden Worten. In der Ehrenpforte 94 erzählt er, daß man 1703 beabsichtigt habe, dem vortrefflichen Organisten B. einen künftigen Nachfolger auszumachen, weshalb er mit Händel nach Lübeck reiste, wo sie wohlgedachtem Künstler in seiner Marienkirche mit würdiger Aufmerksamkeit zuhörten. Es war aber eine Heirathsbedingung dabei, auf welche weder Händel noch Mattheson einzugehen Lust hatten, und Joh. Christian Schieferdecker, der sich williger finden ließ, erhielt später den schönen Dienst. Adlung rühmt von B. nur, daß er die Choräle sehr schön ausgeführt habe (Gelahrth. 693), doch lag seine Stärke weit mehr in der freien Composition als in der Choralbehandlung. Seine Compositionen aber scheinen nur wenig unter die Leute gekommen zu sein, und Mattheson klagt im Capellm. 130, wie schade es sei, daß von dieses braven Künstlers gründlichen Claviersachen, darin seine meiste Kraft steckte, wenig oder nichts gedruckt wäre. Auch Walther, der eine Anzahl Choralbearbeitungen Buxtehude's sich handschriftlich zusammentrug, weiß in seinem Lexikon nur drei gedruckte Werke zu nennen. Doch sind deren noch zu Buxtehude's Lebenszeit weit mehr erschienen, und die vollständigste Aufzählung derselben, sowie die meisten älteren Nachrichten von diesem Künstler überhaupt, finden sich in Moller's Cimbria literata, (eine eingehende Besprechung seiner Compositionen gibt Spitta, J. Seb. Bach I. S. 252 ff.): „Unterschiedliche Hochzeits-Arien", 1672; „Fried- und Freudenreiche Hinfahrt des alten Simeons, bei Absterben seines Vaters" etc., 1674; „Abend-Musik" in 9 Theilen, 1678—87; „Hochzeit des Lammes“, 1681; „Sieben Sonaten für Violine, Violdigambe mit Cemb.“, 1696; „Anonymi 100jähriges Gedicht für die Wohlfahrt Lübecks“, 1700; „Castrum doloris Leopoldo und Templum honoris Josepho I.“, 1705. Im Drucke erscheinen sollten noch: „Himmlische Seelenlust“ etc., und „Das Allererschrecklichste und Allererfreulichste etc., gesprächsweise vorgestellt“. Walther erwähnt zwei Opera für Violine, Violdigambe und Cemb., das zweite Hamburg 1696 (sind aber vielleicht die obigen Sonaten aus demselben Jahre), und Mattheson nennt noch sieben Claviersuiten, darin die Natur oder Eigenschaft der Planeten artig abgebildet. In neuerer Zeit hat S. W. Dehn ein Heft Choralbearbeitungen für die Orgel von Dietrich B. (Leipzig bei Peters) herausgegeben, außerdem sind verschiedene Stücke von Commer und Körner in Erfurt veröffentlicht worden. Zu Werkmeister stand er in näheren Beziehungen, er widmete ihm auch ein in dessen Harmonologia musica, Frankf. und Leipz. 1702, abgedrucktes Akrostichon, wo er ihn in der Unterschrift seinen hochgeschätzten Freund nennt.

  • Autor/in

    v. Dommer.
  • Zitierweise

    Dommer, Arrey von, "Buxtehude, Dietrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 667-668 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118665685.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA