Lebensdaten
1801 – 1883
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Ober-Döbling bei Wien
Beruf/Funktion
Bankier ; Diplomat
Konfession
jüdisch
Namensvarianten
  • Wertheimstein, Leopold Ritter von
  • Wertheimstein, Leopold Ritther von

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Zitierweise

Wertheimstein, Leopold Ritter von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140808.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl Simon (Samson), bis 1791 Wertheimer (1773–1812, erbländ. österr. Adel 1791, Edler v. W.), Bankier in W., S d. Josef Samuel, bis 1791 Wertheimer (um 1743–1811, erbländ. österr. Adel 1791, Edler v. W.), k. k. priv. Großhändler in W., u. d. Merle Wertheimer (um 1745–80, Cousine);
    M Fanny (Francisca, Frumet, Veronika) (1780 / 81–1818), aus W., T d. Joachim Chajim Leidesdorf(er) (1738–1834), aus W., u. d. Eleonora Lea Wertheimer (1744 / 47–82);
    1843 Josephine (1820–94, s. ÖBL), T d. Philipp Joshua Feibelmann Gomperz (1782–1857), Großhändler in Brünn, u. d. Henriette Auspitz (1792–1881);
    1 S Carl (1847–66), Bildhauer in W., 1 T Francisca (Franzi) (1844–1907), Salonière, Mäzenin in W. (s. BJ 13, S. 55–58 u. Tl.; Hist. Lex. Wien);
    Verwandter Samson Wertheimer (1658–1724), Hoffaktor, Bankier, Rabbiner (s. 1).

  • Biographie

    W. entstammte der jüd. Familie der Wertheim(ber), die seit 1680 in Wien ansässig war. Die Familie Wertheimstein war eine der ältesten jüd. Familien Wiens, aus der Ende des 18. Jh. drei Mitglieder in den Adelstand erhoben wurden, darunter W.s Großvater Josef Samuel (1791 erbländisch-österr. Adel als Edle v. Wertheimstein). W. begann seine berufliche Tätigkeit 1820 in dem von Salomon Rothschild (1774–1855) im selben Jahr gegründeten Bankhaus Rothschild, wo er von Beginn an in führenden Stellungen arbeitete und zum Prokuristen aufstieg. Er wurde zum Vertrauten Rothschilds, der ihm auch die Präsentation des Bankhauses im öffentlichen Leben übertrug; seine enge Verbindung zu Rothschild wird auch in ihrer in dt. Sprache mit hebr. Buchstaben geführten Korrespondenz deutlich. W. wurde Eisenbahnexperte der Bank: 1830 unternahm er mit dem österr. Eisenbahntechniker und Professor am Wiener k. k. polytechnischen Institut, Franz Xaver Riepl (1790–1857), eine von Rothschild finanzierte Studienreise nach England, 1836 / 37 reiste er mit dem späteren Konstrukteur der Semmeringbahn, Carl Ghega (1802–60), zu Studienzwecken durch Westeuropa und England sowie die Metropolen Brüssel, Köln, Paris und London. 1835 sicherte W. als Rothschilds Bevollmächtigter in den Verhandlungen mit den staatlichen Stellen dem Bankhaus die Genehmigung für die Finanzierung und den Bau der „Ausschl. priv. Kaiser Ferdinands Nordbahn“, an der Gründung der Aktiengesellschaft zum Bau der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn 1836 war er neben Rothschild als Hauptfinancier mit sieben weiteren Subskribenten beteiligt und übernahm als „rechte Hand“ Rothschilds einen Posten im Direktorium der Bahn, den er bis zu seinem Tod innehatte. Das von ihm 1837 begonnene Hauptbuch gibt Aufschluß sowohl über seine Investitionen als auch über seine Tätigkeit als Verwalter der Vermögen seiner Frau und Tochter, weiterer Verwandter sowie von Freunden und Angehörigen des Hochadels.

    1847–73 vertrat W. die Handelsinteressen des Kgr. Bayern als bayer. Konsul in Wien. 1853–63 war er im Vorstand der Isr. Kultusgemeinde Wien aktiv. Als Mitbegründer der von Anselm Frhr. v. Rothschild (1803–74) gegründeten „k. k. priv. Österreichische Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe“ 1855 trat er als einer der Investoren in deren Verwaltungsrat ein; er behielt diese Position bis zu seinem Tod. W. übernahm Vertretungen des Bankhauses Rothschild und der Credit-Anstalt in den Verwaltungsräten und Direktorien von Unternehmen, an deren Gründung beide Bankhäuser beteiligt waren; anhand seiner Positionen läßt sich der bestimmende Einfluß der Rothschilds auf die Industrialisierung der Habsburgermonarchie nachvollziehen. W. führte auch oft im Namen des Bankhauses Verhandlungen mit dem österr. Staatskanzler Klemens Fürst Metternich (1773–1859).

    1868 mietete W. als Wohnsitz eine Biedermeiervilla in Wien-Döbling und erwarb diese zwei Jahre später (heute Villa Wertheimstein). Seine Frau Josephine führte hier den bereits in der Wiener Innenstadt begonnenen Salon weiter, in dem die literarischen und künstlerischen Kreise Wiens verkehrten, besonders Dichter, mit denen W. z. T. von Jugend an befreundet war, u. a. Franz Grillparzer (1791–1872), Ferdinand v. Saar (1833– 1906), Eduard v. Bauernfeld (1802–90), Hugo v. Hofmannsthal (1874–1929), aber auch Mitglieder des Wiener Großbürgertums und Vertreter der mit den Wertheimsteins verwandten Familien Gomperz, Todesco, Auspitz und Lieben. Nach dem Tod ihrer Mutter setzte Francisca die Tradition des Salons fort. Sie vermachte die Villa und das Anwesen der Gemeinde Wien mit der Auflage, daß in der Villa eine Volksbibliothek eingerichtet und der Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde, was 1908 verwirklicht wurde. Die Villa beherbergt seit 1964 das Bezirksmuseum Döbling und u. a. die 1912 eingerichteten Bauernfeld- und Saar-Zimmer.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Verw.rats u. d. Direktoriums d. k. k. Actien-Ges. d. Innerberger Hauptgewerkschaft, d. Actienges. d. Judenburger Eisenwerke u. d. k. k. priv. Ersten Oesterr. Versicherungsges.;
    Rr.kreuz d. kfl.hess. Hausordens v. Goldenen Löwen (1852);
    Orden d. Eisernen Krone III. Kl. (1862);
    Komturkreuz d. bayer. Verdienstordens z. Hl. Michael (1871);
    bayer. Geh. Finanzrat (1871).

  • Literatur

    |E. März, Österr. Ind.- u. Bankpol. in d. Zeit Franz Josephs I., 1968;
    J. Bartl, Villa Wertheimstein, Vom geistigen Treffpunkt z. musealen Gedanken, Dipl.-Arb. Univ. Wien 1990;
    E. Kobau, Rastlos zieht d. Flucht d. Jahre, Josephine u. Franziska v. Wertheimstein – Ferdinand v. Saar, 1997;
    K. Rossbacher, Lit. u. Bürgertum, Fünf Wiener jüd. Fam. v. d. lib. Ära z. Fin de Siècle, 2003, S. 65–113 (P);
    G. Gaugusch, Wer war einmal d. jüd. Großbürgertum Wiens 1800–1938, Bd. 1, 2011, S. 974 f., Bd. 2, 2016, S. 1816;
    B. Staudinger, Salon Austria, Die gr. Köpfe österr.-jüd. Kultur, 2013, S. 39 ff. u. 98;
    H. Peham, Die Salonièren u. d. Salons in Wien, |2014, S. 142–72 (P);
    P. Eigner u. a., Gesch. d. österr. Privatbanken, 2018;
    ÖBL;
    Qu Wienbibl., Hss.slg., L. v. W., Mein Bes. u. alle Engagements in div. Effectie (1857–1862) u. Hauptbuch.

  • Porträts

    |Photogr. n. e. Gem. v. F. v. Lenbach (Wien, Österr. Nat.bibl., Bildarchiv).

  • Autor/in

    Charlotte Natmeßnig
  • Zitierweise

    Natmeßnig, Charlotte, "Wertheimstein, Leopold Ritter von" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 862-864 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140808.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA