Lebensdaten
1824 – 1881
Geburtsort
Moitzelfitz (Hinterpommern)
Sterbeort
Nizza
Beruf/Funktion
preußischer Diplomat
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118650297 | OGND | VIAF: 51678610
Namensvarianten
  • Arnim-Suckow, Harry Kurt Eduard Carl Graf von
  • Arnim-Suckow, Harry Graf von
  • Arnim-Suckow, Harry Kurt Eduard Carl Graf von
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Zitierweise

Arnim-Suckow, Harry Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118650297.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Christian Ernst von A. (1792–1842);
    M Auguste von Blankenburg (1795–1849);
    Gvv Georg Leopold Vivigenz von A. (1747–1828);
    Gmv Charlotte Gräfin zu Solms-Sonnenwalde (1759–1811);
    Ov Alexander Heinrich von Arnim-Suckow (s. 3);
    1) 28.12.1846 Elisabeth Louise von Prillwitz (1827–54), uneheliche T des Generals Prinz August von Preußen und der Tänzerin Auguste Arendt, 2) Berlin 21.4.1857 Sophie Adelheid (1836–1918), T des Adolf Heinrich Graf von Arnim-Boitzenburg (s. 2);
    1 S aus 1), 3 T aus 2), u. a. Margarethe (⚭ Bernd von A., preußischer Landwirtschaftsminister).

  • Biographie

    Nach juristischem Studium trat A. 1850 in die diplomatische Laufbahn, war 1853-55 Legationssekretär in Rom, seit 1862 Gesandter in Lissabon, dann in Kassel und München und seit Ende 1864 beim päpstlichen Stuhl in Rom. Während des vatikanischen Konzils bemühte er sich vergebens, die Entsendung von Gesandten der weltlichen Staaten und damit eine rechtzeitige Stellungnahme gegen die Unfehlbarkeitserklärung zu erreichen. Gegenüber der Besetzung Roms durch die Italiener nahm er eine nicht ganz eindeutige Haltung ein. Im Frühjahr 1871 führte er gemeinsam mit dem Gesandten L. von Balan die Friedensverhandlungen mit Frankreich in Brüssel und wurde dann von Bismarck zum endgültigen Abschluß nach Frankfurt/Main berufen. Im August 1871 wurde A. zunächst Gesandter, Anfang 1872 Botschafter des Reiches in Frankreich. Seine erste Aufgabe, die Regelung der Kriegsentschädigung, löste er mit der Konvention vom 29.6.1872 zur Zufriedenheit. Aber bald danach geriet er in Meinungsverschiedenheiten mit Bismarck. Dessen Unterstützung der Republik, die A. als nicht bündnisfähig betrachtete, hielt er für verfehlt; er trat vielmehr für die Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich ein, nicht zuletzt wegen der innerpolitischen Rückwirkungen der Republik auf Deutschland. Diese Ansicht verfocht er auch dem Kaiser gegenüber. Die Gunst, die A. beim Kaiser und der Kaiserin Augusta genoß, und die Verbindung, in der er mit den gegen Bismarcks liberale Reichs- und Kirchenpolitik opponierenden, altkonservativen Kreisen des preußischen Adels stand, weckten in Bismarck den Verdacht, daß er nach dem Reichskanzlerposten strebe, zumal da A. aus seinem starken Ehrgeiz auch ihm gegenüber früher kein Hehl gemacht hatte. Bismarck, der durch die Briefe des A. als Legationssekretär beigegebenen F. von Holstein über A.s Verhalten in Paris unterrichtet wurde, nahm den Kampf gegen ihn mit rücksichtsloser Energie auf. Er erteilte ihm scharfe Verweise wegen seiner über den Rahmen diplomatischer Berichterstattung hinausgehenden und mit der Aufgabe des leitenden Staatsmannes konkurrierenden Berichte, er kränkte ihn auch in einer sogar für die französische Regierung erkennbaren Weise, indem er im März 1873 die von A. mit seiner Genehmigung unmittelbar mit Thiers eingeleiteten Verhandlungen über eine frühere Räumung des noch besetzten französischen Gebietes plötzlich nach Berlin verlegte und hier abschloß. Aber A. hielt auf seinem Posten im Vertrauen auf den Kaiser aus. Indem er den monarchistischen Gegnern von A. Thiers zu verstehen gab, daß Deutschland ihre Bestrebungen begünstige, durchkreuzte er Bismarcks Politik ganz offen und trug zum Sturz von Thiers im Mai 1873 bei. Erst im Frühjahr 1874 gelang es Bismarck, beim Kaiser die Abberufung A.s durchzusetzen.

    Den ihm als Entschädigung übertragenen Posten eines Botschafters in Konstantinopel hat A. nicht angetreten, vielmehr begann er noch von Paris aus den Kampf gegen Bismarck mit Enthüllungen in der Presse, die sich auf die Zeit des Vatikanischen Konzils bezogen und beweisen sollten, daß A. auf kirchenpolitischem Gebiete größeren Weitblick als Bismarck gezeigt habe. Daß weitere Enthüllungen folgen würden, war zu erwarten, zumal da A. eine Anzahl Aktenstücke aus der Pariser Botschaft an sich genommen hatte. Mit diesen unzweifelhaften Verstößen gegen die Disziplin hat er sich die Gunst des Kaisers verscherzt; eine erbetene Audienz wurde ihm verweigert. So konnte Bismarck nun ohne alle Rücksicht gegen A. die Presse mobil machen und zugleich disziplinarisch und strafrechtlich vorgehen. Gleich nach den ersten Mitteilungen in der Presse wurde A. in den einstweiligen Ruhestand versetzt, und als er sich weigerte, einen Teil der Pariser Aktenstücke an das Auswärtige Amt abzuliefern, wurde er im Oktober 1874 verhaftet. Nachdem die erste Instanz A. wegen Vergehens gegen die Ordnung zu drei Monaten Gefängnis verurteilt hatte, erhöhte das Kammergericht die Strafe auf neun Monate. A. entzog sich der Verbüßung durch die Flucht ins Ausland und ließ hier anonym die Broschüre „Pro Nihilo, Vorgeschichte des Arnimschen Prozesses“ (Zürich 1876) erscheinen, in der er auch unter Berufung auf den Kaiser scharf über Bismarcks Verhalten gegen unabhängige Charaktere herzog, gegen Bismarcks Anspruch, daß seine Botschafter wie Unteroffiziere einzuschwenken hätten, das Recht und die Pflicht der Botschafter zur Geltendmachung von Bedenken gegen die Politik des vorgesetzten Ministers verfocht, die sachliche Richtigkeit seiner Ansichten gegenüber Bismarck, der sich in allen Punkten geirrt habe, behauptete und die Ehre Bismarcks durch Hinweis auf seine Beziehungen zu G. Bleichröder ebenso verdächtigte, wie Bismarck dies A. gegenüber in einem Bericht an den Kaiser, in Andeutungen in der Presse und im Gespräch getan hat. Wegen der Broschüre unter die Anklage des Landesverrates sowie der Beleidigung des Kaisers und Bismarcks gestellt, wurde A. vom Kammergericht in Abwesenheit zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Seither ist er nur noch mit zwei kirchenpolitischen Broschüren (Der|Nuntius kommt, 1878, Quid faciamus nos?, 1879) hervorgetreten; an dem weiteren Kampf seiner Standesgenossen gegen Bismarck hat er öffentlich nicht mehr teilgenommen. Daß A. sich gegen die Disziplin vergangen hat, ist unbestreitbar. Das Gerichtsverfahren gegen ihn aber stand von Anfang an auf schwachen Füßen, was am besten durch die 1876 erfolgte Aufnahme des sog. Arnim-Paragraphen ins Reichsstrafgesetzbuch (§ 353a) bewiesen wird. Erst durch ihn ist die Mitteilung amtlicher Schriftstücke zu einem strafbaren Vergehen geworden. Die Verurteilung zu Zuchthaus hat Bismarck selbst hinterher (Gedanken und Erinnerungen) mißbilligt, freilich ohne etwas zur Milderung zu unternehmen. Bismarcks Konflikt mit A. hat grundsätzliche verfassungsgeschichtliche Bedeutung; da der Kanzler nur am Herrscher, nicht am Parlament einen Rückhalt besaß, mußte er sich gegen unkontrollierbare Einflüsse schützen. Die Rücksichtslosigkeit seines Vorgehens hat schon bei seinen Zeitgenossen einen ungünstigen Eindruck hinterlassen.

  • Literatur

    Darst. d. in d. Untersuchungssache wider … A. stattgehabten öffentl. Verhandlungen, 1875;
    f. Dontenville, I.e Comte d'A. ambassadeur d'Allemagne en France au lendemain de la guerre 1870, in: La Nouvelle Revue, 4me Série 65, Paris 1923, S. 328 ff., 66, 1924, S. 44 ff.;
    E. v. Wertheimer, Der Prozeß A., Preuß. Jbb., Bd. 222, 1930;
    F. Hartung, Bismarck u. Gf. H. v. A., in: HZ 171, 1951, S. 47 ff.

  • Autor/in

    Fritz Hartung
  • Zitierweise

    Hartung, Fritz, "Arnim-Suckow, Harry Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 373-375 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118650297.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA