Lebensdaten
1655 oder 1652 – 1700
Geburtsort
Sankt Georgen im Attergau (Oberösterreich)
Sterbeort
Weißenfels
Beruf/Funktion
Komponist ; Konzertmeister ; satirischer Schriftsteller ; Musiker ; Dichter
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118508253 | OGND | VIAF: 17217452
Namensvarianten
  • Behr, Johann
  • Bär, Johann
  • Bähr, Johann
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Zitierweise

Beer, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118508253.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wolfgang Beer (1621–99), Gastwirt zu St. Georgen, später Wachtschreiber zu Regensburg;
    M Susanna (1623 oder 1624-94), T des Johann Stadlmair aus Schörfling/Attersee;
    Gvv Karl Beer, Gastwirt zu St. Georgen;
    Halle 1679 Rosina Elisabeth, T des Johann Paul Bremer, Müllerschreiber und Gastwirt zu Halle; 11 K.

  • Biographie

    B. verlebte seine erste Jugend in seiner Heimat, teils vielleicht als Page auf ländlichen Schlössern, teils als Zögling des Klosters Lambach. Früh wurde die Grundlage zu seiner musikalischen Ausbildung gelegt, der er, als seine protestantische Familie nach Regensburg ausgewandert war, 1670 eine Freistelle am dortigen Gymnasium verdankte. Dort erlebte er eine an Freundschaften, Schülerstreichen und ersten künstlerischen Erfolgen reiche Zeit. 1675 finden wir ihn in der Universitätsmatrikel von Altdorf, 1676 geht er als Theologiestudent nach Leipzig, wird aber noch im gleichen Jahr an die Sachsen-Weißenfelsische Hofkapelle nach Halle berufen, mit der er 1680 nach Weißenfels übersiedelt, wo er für sein vielseitiges Künstlertemperament eine kongeniale Atmosphäre findet und es bis zum Konzertmeister (1685) und zum herzoglichen Bibliothekar bringt. - Von B.s Kompositionen ist wenig erhalten, weit bekannt aber wurde er als Musikschriftsteller durch die Streitschriften, in denen er 1696-98 die Musik gegen den Pietisten Gottfried Vockerodt verteidigte, und besonders durch die postumen „Musikalischen Diskurse“, die wertvolle Zeugnisse zur Theorie und Praxis der barocken Musik enthalten. Zum Unterschied von diesen Schriften ist B.s literarisches Werk pseudonym erschienen und erst 1931 und 1932 zusammengestellt und als sein Eigentum erkannt worden. Soweit nachgewiesen, umfaßte es über zwanzig erzählende Schriften, die bis auf drei zwischen 1677 und 1683 erschienen, wobei große Unterschiede der Qualität nicht ausbleiben. Seine an Christian Weises und Johann Riemers „Politische Romane“ anknüpfenden Kleinbürgersatiren, seine grotesken parodierenden oder trivial travestierenden Ritterromane verlieren sich oft ins Platte oder Possenhafte. Unübertroffen ist B., wo ihm die zwanglose Form des pikaresken Romans gestattet, eine dichte Welt von Abenteuern zu weben, besonders in den zwei ersten Bänden des „Simplizianischen Welt-Kukker“, im „Corylo“, im „Jucundus Jucundissimus“, im „Narren-Spital“ und in seiner reifsten und eigenartigsten Schöpfung, dem Romanpaar „Teutsche Winternächte“ und „Die kurtzweiligen Sommer-Täge“. Volksglaube und Märchen, Sage und Ritterroman haben seine Phantasie genährt, Grimmelshausen und Christian Weise seine Feder geschult, aber das Beste verdankt der Erzähler dem Stoff des eigenen Lebens. Mit den lustigen oder gefährlichen Abenteuern junger Pagen und Musikanten, verliebter Gräfinnen und vergnügter Edelleute bevölkert er die Straßen und die Schlösser, die Seen und die Berge seiner oberösterreichischen Heimat. Er verleugnet nicht seine Abkunft aus einem naiven und sinnenfrohen Klima.|Ihm verdankte er das Musikantische und das Komödiantische seiner Natur, die überschäumende Laune und die ungebundene Phantasie. Ihm allein in diesem asketischen Zeitalter ist das Abenteuer weder eine Schmach noch eine Not, sondern eine unerschöpfliche Lust. Keinem in dieser entweder artistisch oder didaktisch gestimmten Literatur ist das Erzählen so sehr spontaner Trieb. Nirgends wie hier erscheint die natürliche Wirklichkeit des Lebens so ohne verschönende oder verzerrende Masken. So zeigt kein Dichter in diesem Zeitalter der Konventionen eine so persönliche Physiognomie und eine so unverwechselbare Handschrift.

  • Werke

    u. u. Musikal. Discurse, Nürnberg 1719, Neudr., in: Cäcilien-Kal., 1885, u. Kirchenmusikal. Jb., 1886–1889; Simplician. Welt-Kukker, 4 Bde., Halle 1677–79;
    Corylo, 2 Bde., Nürnberg 1679–80;
    Jucundus Jucundissimus, ebenda 1680;
    Narren-Spital, 1681;
    Teutsche Winternächte, Nürnberg 1682;
    Die kurtzweiligen Sommer-Täge, 1683.

  • Literatur

    ADB I (unter Bähr); H. F. Menck, Der Musiker im Roman, 1931, S. 8-28; R. Alewyn, J. B., Stud. z. Roman d. 17. Jh.s, 1932 (W, L); ders., Ein Hochzeitsscherz v. J. B., in: Ztschr. f. Bücherfreunde 37, 1932, S. 36 ff.;
    A. Hirsch, Bürgertum u. Barock im dt. Roman, 1934, S. 50-67 u. ö.; H. Krause, J. B., Zur Musikauffassung d. 17. Jh.s, Diss. Leipzig 1935;
    K. Winckler, in: Zendorii à Zendoriis Dt. Winternächte, 1943;
    A. Werner, in: MGG (W, L).

  • Porträts

    Kupf. v. Peter Schenk, 1699.

  • Autor/in

    Richard Alewyn
  • Zitierweise

    Alewyn, Richard, "Beer, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 736-737 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118508253.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Bähr: Johann B. (Beer), Concertmeister des Herzogs von Weißenfels, geb. 1652 zu St. Georg in Oberösterreich, 1700. Er kam im 10. Lebensjahre in das Benedictinerkloster zu Lambach, wo er Unterricht in Wissenschaften und Musik empfing, worauf er 20. Oct. 1670 nach Regensburg in das Alumneum und Gymnasium poeticum ging. Darauf setzte er in Leipzig seine theologischen Studien fort, doch gewann seine Liebe zur Musik die Oberhand, und da er ein guter Sänger, fertiger Componist, Violin- und Clavierspieler war, fand er Anstellung in Herzog Augusts Capelle zu Halle in Sachsen und wurde nach dessen Tode durch Johann Adolf nach Weißenfels als Concertmeister berufen. Bald hernach bei einem Vogelschießen ward er durch einen unglücklichen Schuß getödtet (Matthes. Ehrenpf. 14 f.). Er war ein origineller, scharfer Kopf, gut unterrichtet, dabei munter und zur Satyre geneigt, der er in seinen Schriften mit aller Lustigkeit die Zügel schießen ließ. Herausgegeben hat er „Ursus murmurat etc.“ 1696, 1697, und „Ursus vulpinatur, List wider List oder musikalische|Fuchsjagd“, 1697, beide gegen den gothaischen Gymnasialrector Vockerodt, dem er auch noch mit zwei anderen Schriften: „Ursus saltat“ und „Ursus triumphat“ gedroht hatte, die aber nicht erschienen sind; „Bellum musicum“, 1701; „Musikal. Discurse durch die Principia der Philosophie deducirt"; nebst einem Anhange: „Der musikal. Krieg zwischen der Komposition und Harmonie“, 1719. Im Mspt. hat er hinterlassen: „Schola Phonologica, sive Tract. doctrinalis de Compos. Harmon. etc.“ in 45 Cap. (s. Matthes. Crit. mus. II. 74); „Kurze Beschreib, der Composition“ (Ehrenpf. 107); „Der Wohl-Ehren-Veste-Bier-Fiedler"; „Musikal. Discurse anderer Theil“. Verschiedene nicht musikal. Schriften s. Gerbers N. Lex. Compositionen scheint er nicht hinterlassen zu haben.

  • Autor/in

    v. Dommer.
  • Zitierweise

    Dommer, Arrey von, "Beer, Johann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 1 (1875), S. 768-769 unter Bähr [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118508253.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA