Lebensdaten
1896 – 1927
Geburtsort
Lodz (Łódź )
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Filmproduzent
Konfession
jüdisch
Namensvarianten
  • Wagowski, Erich

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Zitierweise

Wagowski, Erich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138284.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Max (Moska) (1876–1923), aus poln. Fam. in Ł., Zigarettenfabr. in Ulm, S d. Zelig Ber (* 1858) u. d. Rucha Aijenszmid (* um 1853);
    M Regina (Yaka-Laïa) Karnovskaïa (1875–1957), aus Kalisch (Kalisz, Polen), zuletzt in Brumath (Elsaß), T d. David Karnowski u. d. Golda N. N.;
    B Jacques (1898–1951, Elisabeth Kalmanowska, 1903–88), zuletzt in Paris, Artur (1905–83), zuletzt in San Francisco (Kalifornien, USA), Schw Rosa (Rosl) (1901–42 Minsk, Siegfried Kluger, 1899–1943 Minsk), Selma (1902–35 Verkehrsunfall), Hedwige (* 1907, Maurice Friedlander, 1942 Auschwitz);
    Verwandter Adolf (Abraham) Frenkel (1904–42 Salaspils b. Riga), Tabak- u. Zigarettenhändler in Ulm u. Stuttgart.

  • Biographie

    1918 kaufte W. von Georg Echter den Filmverleih „Bavaria-Filmhaus KG“ in München. Seit 1919 produzierte er auch Filme und ließ sich von dem Ingenieur Otto Bartsch das erste Münchner Glasatelier bauen (Bavaria-Atelier). 1920 fusionierte es zu 50 % mit der „Bayerischen Filmgesellschaft“ von Isidor Fett (1874–1933) und Karl Wiesel (1881–1939) und wurde damit Teil des EMELKA-Konzerns von Peter Ostermayr (1882–1967). 1923 trat W. aus der EMELKA aus und gründete zunächst die „Bavaria-Film AG“, die 1925 in Konkurs ging. Als die Nachfolgegründung „Ewe-Film AG“ 1927 ebenfalls Konkurs anmelden mußte, beging W. Selbstmord.

    W.s kurze Karriere ist filmhistorisch beachtlich; es gelang ihm, wie Ostermayr, der Berliner Filmproduktion Gleichwertiges entgegenzusetzen. Seine bekanntesten Produktionen sind „Der heilige Haß“ (1921), „Die Schiffbrüchigen“ (1921 / 22), „Nathan der Weise (1922) und „Helena“ (1923 / 24), alles Großproduktionen unter der Regie von Manfred Noa (1893–1930), die von namhaften Kollegen der Filmbranche wie Karl Wolffsohn (1881–1957), Richard Hutter oder Claire Rommer (1904–96) hoch gelobt wurden. Ein besonderes Anliegen war W. die Lessing-Aktualisierung „Nathan der Weise“, die bis heute einzige Kinoproduktion dieses Theaterstücks, die lange als verschollen galt und erst 1997 als Kopie in Moskau wiederentdeckt wurde (Drehbuch Hans Kyser, 1882–1940, Hauptrolle Werner Krauß, 1884–1959). Der Film wurde jedoch am 21. 9. 1922 aus explizit antisemitischen Gründen von der für Süddeutschland zuständigen Zensur in München verboten, später aber von der Oberprüfstelle in Berlin freigegeben. Ein Versuch, den Film doch noch in München herauszubringen, scheiterte am Vandalismus von SA-Leuten. Dies führte zu den ersten finanziellen Verlusten von W.s Firma.

    W. spekulierte auf Produktionen, die mit billigem Inflationsgeld hergestellt und gegen teure Devisen ins Ausland verkauft wurden. Als Ende 1923 die Inflation abbrach, konnten die enormen Produktionskosten von „Helena“ nicht mehr hereingeholt werden. Diese zweiteilige Ilias-Verfilmung nach einem Drehbuch von Kyser mit Starbesetzung (u. a. Edy Darclea, Wladimir Gaidarow, Albert Steinrück, Adele Sandrock, Hanna Ralph, Fritz Ulmer, Albert Bassermann) umfaßte eine Seeschlacht mit fast 100 griech. Schiffen am Wörthsee, Tausenden von Statisten bei Kämpfen mit Streitwagen und Belagerungstürmen, einer wetterfest gebauten Burg von Troja und weiteren Großbauten, realisiert von Otto Voelckers (1888–1957) und Peter Rochelsberg (* 1881). W. arbeitete mit vielen Größen der Münchner Filmszene zusammen und förderte deren Karrieren, darunter Franz Seitz Senior (1888–1952), Ludwig Beck (1887–1962), Toni Attenberger (1882–1949), Alfred Stranz, Géza v. Bolváry (1897–1961), Inge van Heer, Ellen Kürty (* 1903) und Helene Hallier (* 1906). 1923 drehte er einen Werbefilm für die väterliche Firma (heute verloren), der als Dokumentarfilm über Zigarettenproduktion Beachtung fand.

  • Werke

    Weitere W Vampyr, Regie A. Stranz, 1919;
    Die Königsgrenadiere, Regie G. v. Bolváry, 1924;
    Mädchen, die man nicht heiratet, Regie G. v. Bolváry, 1924;
    Das dt. Mutterherz, Regie G. v. Bolváry, 1926;
    Fräulein Mama, Regie G. v. Bolváry, 1926;
    Hotelratten, Regie J. Speyer, 1927;
    Wie heirate ich meinen Chef, Regie E. Schönfelder, 1927.

  • Literatur

    |Der Kinematograph v. 10. 9. 1922;
    I. Quaas, Die Zwanziger J. in München (Film), Diss. München|1965;
    M. Loipertinger, Nathan d. Weise, Faschist. Filmzensur, Antisemitismus u. Gewalt anno 1923, in: Lessing Yearbook, 1982, S. 61–69;
    S. Wolf u. U. Kurowski, Das Münchner Film- u. Kinobuch, 1988;
    R. Aurich, Der noble Noa, in: Filmwärts, Nr. 27, 1993, S. 18–24;
    P. Putz, Waterloo in Geiselgasteig, 1996;
    St. Drößler (Hg.), Helena, Der Untergang Trojas, 2001;
    ders., Ein klass. Drama u. d. öff. Gewalt, in: I. Stratenwerth u. H. Simon (Hg.), Pioniere in Celluloid, 2004, S. 214–19;
    M. Metz u. G. Seeßlen, E. W. u. seine „Filmhaus Bavaria GmbH“, Eine jüd. Kinogesch., Hörbild u. Feature Land u. Leute, Bayer. Rundfunk, 2008.

  • Porträts

    |Photogr. (Filmmus. München;
    Cinémathèque Suisse, Lausanne).

  • Autor/in

    Thomas Brandlmeier
  • Zitierweise

    Brandlmeier, Thomas, "Wagowski, Erich" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 256-257 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138284.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA