Lebensdaten
1827 – 1914
Geburtsort
Winterberg (Westfalen)
Sterbeort
Obermais bei Meran
Beruf/Funktion
Kanonist ; Professor des Kirchenrechts in Bonn
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 11861133X | OGND | VIAF: 32057913
Namensvarianten
  • Schulte, Johann Friedrich (bis 1869)
  • Schulte, Friedrich Ritter von
  • Schulte, Johann Friedrich (bis 1869)
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Zitierweise

Schulte, Friedrich Ritter von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861133X.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Friedrich S. (1788-1877), Dr. med. et chir., prakt. Arzt in Belecke, dann in W., wanderte 1850 n. New York aus, S e. Kaufm. u. Grundbes. in Fredeburg (Westfalen);
    M Franziska, T d. Levin Franz Linde (1740–1801), aus Rheine, Dr. iur., Advokat in Brilon, kurköln. Hof- u. Reg.rat, münster. Gaugf., u. d. Anna Schönemund;
    Om Justin(us) Frhr. v. Linde (1797–1870, hess. Adel 1839, liechtenstein. Frhr. 1859 mit Prädikat „v. Linden zu Dreyß“, österr. Frhr. 1866), Jur., Gesandter b. d. Frankfurter Nat.verslg., WGR (s. NDB 14; P. E. Sensburg, Die gr. Juristen d. Sauerlandes, 2002);
    - 1854 Anna Therese, T d. Franz Josef Schmitz, Kreisger.rat in Fredeburg;
    2 T u. a. Anna (* 1858, Julius Hofmeier, Dr., Fabrikbes. in Wien).

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Gymnasien in Brilon und Coesfeld studierte S. seit 1847 Klassische und Oriental. Philologie, seit 1849 Jura in Berlin. 1851 wurde er hier bei Friedrich Julius Stahl (1802–61) mit der Dissertation „De rerum ecclesiasticarum domino secundum praecepta iuris ecclesiastici catholicorum communis“ zum Dr. iur. utr. promoviert und absolvierte anschließend das Referendariat in Fredeburg und Bonn. 1853 mit der Arbeit „De impedimento matrimonii vis ac metus“ an der Bonner Juristischen Fakultät habilitiert und zum Privatdozenten ernannt, wurde S. 1854 als ao. Professor für Dt. Reichs- und Rechtsgeschichte sowie Kirchenrecht an die Univ. Prag berufen, erhielt hier noch im selben Jahr ein Ordinariat (Dekan 1858/59, 1863/64, 1865/66, Rektor 1868/69) und widmete sich zivilrechtlichen und kanonistischen Studien. 1856 vom Prager Fürstebf. Friedrich Kard. v. Schwarzenberg zum Konsistorialrat an seinem Offizialat ernannt, erwarb sich S. als führender kath. Laie und als kompromißloser Vorkämpfer kirchlicher Interessen das Vertrauen vieler Bischöfe.

    Eine tiefe Zäsur in S.s Leben verursachte das I. Vatikanum 1869/70. Als entschiedener Gegner des Dogmas der päpstlichen Unfehlbarkeit und neben Ignaz v. Döllinger (1799–1890) schärfster Konzilskritiker, wurde er mit diesem Initiator der altkath. Bewegung, deren Kongresse in München (1871) und Köln (1872) er leitete. Anders als Döllinger, der davor warnte, „Altar gegen Altar“ zu stellen, trat der als ausgezeichneter Redner und Organisator bekannte S. spätestens 1872 aus der Kirche aus und gehörte neben Joseph Hubert Reinkens, Franz Heinrich Reusch, Eduard Herzog u. a. zu den Gründern einer institutionalisierten (hierarchisch verfaßten) altkath. Bewegung als eigenständiger Kirchengemeinschaft, deren Synodal- und Gemeindeordnung er verfaßte.

    In seinen nachkonziliaren kirchenrechtlichen und kirchenrechtshistorischen Publikationen polemisierte S. gegen das Papsttum und dessen Machtansprüche. Nach seiner Rückkehr 1873 an die Juristische Fakultät der Univ. Bonn (Rektor 1881/82, em. 1906), die zu einem Zentrum der altkath. Bewegung geworden war. ließ er sich, nunmehr kompromißloser Verfechter des preuß. Kulturkampfs, als Mitglied der antikirchlichen Nationalliberalen Partei Deutschlands in den Reichstag wählen (1874-79). Gleichwohl war S., so dezidiert kämpferisch er sich auch zu kirchlichen und gesellschaftspolitischen „Tagesfragen“ äußerte, ein durch zahlreiche Veröffentlichungen ausgewiesener Rechtshistoriker, dessen Lehrbücher mehrere Auflagen erreichten. Zu Standardwerken erster Hand wurden seine quellengesättigten und enzyklopädischen Überblicksdarstellungen „Geschichte der Quellen und Literatur des canonischen Rechts von Gratian bis auf die Gegenwart“ (3 Bde., 1875–80, Nachdr. 1956) und „Der Altkatholizismus, Geschichte seiner Entwicklung, inneren Gestaltung und rechtlichen Stellung in Deutschland“ (1887, Nachdr. 2002).

  • Auszeichnungen

    ao. Mitgl. d. kgl. böhm. Ges. d. Wiss. (1856);
    Mitgl. d. Ac. de législation (Toulouse 1868) u. d. Österr. Ak. d. Wiss. (korr. 1872);
    Orden d. Eisernen Krone (1869);
    preuß. GJR.

  • Werke

    Lehrb. d. dt. Reichs- u. Rechtsgesch., 1861, ⁶1892;
    Lehrb. d. kath. Kirchenrechts. 1863;
    Die Macht d. röm. Päpste über Fürsten, Länder, Völker u. Individuen, 1871, ³1896;
    Die Stellung d. Conzilien, Päpste u. Bischöfe vom hist. u. canonist. Standpunkte u. d. päpstl. Constitution v. 18. Juli 1870, 1871, Nachdr. 1976;
    Lehrb. d. kath. u. ev. Kirchenrechts, 1886;
    Lebenserinnerungen, 3 Bde., 1908-09.

  • Literatur

    J. Fessler, Die wahre u. falsche Unfehlbarkeit d. Päpste, 1870, ³1871;
    A. Vraetz, Die Lehre v. d. päpstl. Unfehlbarkeit u. ihre Anwendung auf d. Staatsrecht. 1871;
    C. Meurer, Die jur. Personen nach dt. Recht, FS f. J. F. Rr. v. S., 1901, Nachdr. 1977;
    M. Menn, F. v. S. als altkath. Schriftst., in: Revue Internat, de Théologie 15, 1907, S. 222-59;
    N. Hilling, in: Archiv f. kath. Kirchenrecht 95, 1915, S. 519-27;
    U. Stutz, in: ZSRGK 5, 1915. S. 558 f.;
    Marie v. Schulte, F. v. S.'s Lebensabend, Mit e. biogr. Einl., 1920;
    R. v. Scherer, Die Rhein. Friedrich-Wilhelms-Univ., Ihre Rektoren u. berühmte Professoren, 1943, S. 154 f. (P);
    H. Gollwitzer, in: Westfäl. Zs. 122, 1972, S. 9-50;
    P. Neuner, Stationen e. Kirchenspaltung, Der Fall Döllinger, Ein Lehrstück f. d. heutige Kirchenkrise, 1990;
    A. Berlis, Das Nachwirken Zeger Bernhard van Espens in d. altkath. Kirche Dtlds. mit bes. Blick auf J. F. v. S., in: G. Cooman u. a. (Hg). Zeger-Bernard van Espen at the Crossroads of Canon Law, History. Theology and Church-State Relations, 2003, S. 375-404;
    DBJ I, S. 86-88 u. Tl.: Dict. de théologie catholique, hg. v. A. Vacant u. E. Mangenot, 14. 1941;
    Berühmte Bonner Professoren, 1943, S. 154 f. (P);
    P. E. Sensburg, Die gr. Juristen d. Sauerlandes, 2002. S. 166-84 (W. L. P);
    Stintzing-Landsberg III/2, S. 579 f.;
    Dt. u. Europ. Juristen aus neun Jhh.: Westfäl. Köpfe (P);
    Biogr. Lex. Böhmen;
    LThK2+3;
    BBKL 19 (W.L).

  • Autor/in

    Manfred Weitlauff
  • Zitierweise

    Weitlauff, Manfred, "Schulte, Friedrich Ritter von" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 689-690 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861133X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA