Lebensdaten
1871 – 1914
Geburtsort
München
Sterbeort
Meran-Untermais
Beruf/Funktion
Dichter ; Übersetzer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11881169X | OGND | VIAF: 68933209
Namensvarianten
  • Morgenstern, Christian
  • Mo gen si teng
  • Mogensiteng
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Morgenstern, Christian, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11881169X.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Carl Ernst (1847–1928), Landschaftsmaler, Prof. an d. Kgl. Kunstschule in Breslau (s. DBJ X, Tl.; ThB), S d. Christian (s. 1);
    M Charlotte (1849–80, kath.), T d. Josef Schertel (1810–69, s. ADB 31; ThB), Landschaftsmaler, befreundet mit M.s Großvater, u. d. Emma Zeitler (* 1814) aus München; 1. Stief-M (seit 1881, 1894) Amalie (1852–1922), T d. Gutsbes. Augustin v. Dall'Armi (1823–1903) u. d. Viktoria Poelt (1828–54), 2. Stief-M (seit 1894) Elisabeth Reche (um 1870–1913);
    Meran 1910 Margareta (1879–1968), T d. Theodor Gosebruch (1828–87), Architekt in Berlin, u. d. Lida Jacobi (1848–1925, 2] Friedrich Frhr. v. Liechtenstern, 1843–1906, preuß. Gen.lt., s. BJ XI, Tl.); kinderlos.

  • Biographie

    M. verlebte seine Kindheit in München, wo die Familie allerdings nur während der Wintermonate wohnte, denn der Vater zog als Naturmaler den ganzen Sommer über in die ländliche Umgebung. Dort erhielt das Kind seine ersten elementaren Eindrücke. M. war sein „Malererbe“ (Gedichttitel) zeitlebens bewußt. Hinweise darauf finden sich in seiner Naturlyrik und in seinen aphoristischen Beobachtungen wieder: „Ich bin ein Maler bis in den letzten Blutstropfen hinein. – Und das will nun heraus ins Reich des Wortes, des Klanges; eine seltsame Metamorphose“. Die Schulzeit verlief anfangs durch das Herumreisen des Vaters in einem dauernden Wechsel zwischen verschiedensten Stadt- und|Dorfschulen. Mit neun Jahren verlor M. seine Mutter, die an Lungentuberkulose starb – einer Krankheit, die später bei dem 22jährigen erstmals auftrat, die ihn sein ganzes ferneres Leben immer wieder zu Bettlägerigkeit, zu Kuraufenthalten und Klimawechseln zwang und schließlich zu seinem frühen Tode führte. Nach dem Tod seiner Mutter verbrachte M. zunächst ein Schuljahr bei seinem Paten, dem Kunsthändler Arnold Otto Meyer, in Hamburg, dann zwei harte Jahre (1882–84) in einem Internat in Landshut. Seit April 1884 besuchte er das Gymnasium Maria Magdalena in Breslau, wohin sein Vater inzwischen als Leiter der Landschaftsklasse und der Klasse für graphische Künste der Kgl. Kunstschule berufen worden war. Nach einem halbjährigen Versuch in einer Militär-Vorbereitungsschule, wozu ihn der Vater gedrängt hatte, setzte er seine Gymnasialzeit 1890 in Sorau (Niederschlesien) fort und schloß Ostern 1892 mit dem Abitur ab. In diese Zeit fallen seine dauerhaften Freundschaften mit dem späteren Schauspieler Friedrich Kayssler, dem Dichter und Lektor Oskar Anwand, der Pfarrersfamilie Göttling und dem Maler Fritz Beblo. Er beginnt mit Gedichten und Essays in einer Schülerzeitung, sucht sich in einem zweiten Leben außerhalb der Schule autodidaktisch seinen Weg in die Literatur und Philosophie (Schopenhauer) und verachtet den meist geistlosen gymnasialen Unterricht.

    1892-93 war M. als Jurastudent an der Breslauer Universität immatrikuliert und studierte bei Ludwig Elster, Felix Dahn und Werner Sombart Nationalökonomie. Während dieser Zeit publizierte er mit seinen Freunden eine kulturkritische Zeitschrift „Deutscher Geist“. Als er im Sommersemester 1893 sein Studium in München fortsetzen wollte, traf ihn dort der erste Anfall seiner Krankheit, die ihn bis April 1894 im Zimmer festhielt. In dieser Periode der Abgeschiedenheit hatte er die entscheidende Begegnung mit den Schriften Nietzsches, der ihm mit seiner Kulturanalyse und Zeitkritik neue Aspekte für die Zukunft eröffnete und ihm zu seiner geistigen Selbstbefreiung verhalf. M.s enttäuschte Ablehnung der gründerzeitlich bornierten Gesellschaft im Wilhelminischen Deutschland wurde durch Nietzsche auf ein philosophisches Niveau gehoben. Nietzsches Impuls, die Grenzen des modernen Bewußtseins zu sprengen, kam den Hoffnungen des jungen M. entgegen. Aus der dithyrambischen Sprache des großen Anregers fand er den neuen Klang seiner eigenen Lyrik und Prosa. Von jetzt an stand sein Entschluß fest, eine literarische Existenz als freier Schriftsteller zu suchen. Dazu ging er im April 1894 nach Berlin, wo er Anschluß an den Friedrichshagener Kreis der Brüder Heinrich und Julius Hart fand und bald die Bekanntschaft fortschrittlicher Literaten machte (W. Bölsche, M. Reinhardt, J. H. Mackay, O. E. Hartleben, C. Flaischlen, H. v. Gumppenberg, O. Bie, P. Scheerbart, Fidus u. a.). Er schrieb regelmäßig Kulturberichte aus der Hauptstadt und Literaturkritiken für die Zeitschriften „Der Zuschauer“, „Neue Deutsche Rundschau“ (später: „Die Neue Rundschau“) und „Der Kunstwart“ und veröffentlichte Beiträge und Glossen in der „Vossischen Zeitung“ und in anderen Kulturzeitschriften wie „Jugend“ oder „Die Gesellschaft“ (1894-99). Sein erster Lyrik-Band „In Phantas Schloß, Ein Zyklus humoristisch-phantastischer Dichtungen“ entstand 1894/95 und brachte ihm neben hoher Anerkennung, z. B. durch Rilke, weitere Freundschaften in der literarischen Welt Berlins. Diese Entwicklung wurde von M.s Vater abgelehnt, der sich von der materiellen Verantwortung zu befreien suchte, es kam 1895 zum endgültigen Bruch, dem ein 14 Jahre dauerndes Schweigen folgte.

    Im Sommer 1897 beauftragte der Berliner Verleger Georg Bondi M. mit der Übersetzung aus dem Französischen der soeben erschienenen autobiographischen Tagebuchbearbeitung „Inferno“ von August Strindberg. Außerdem bot im Oktober desselben Jahres der S. Fischer Verlag einen Übersetzungsvertrag für Dramen und Gedichte Henrik Ibsens in der deutschen Gesamtausgabe an (10 Bände 1898-1904). Die Wahl war durch Empfehlung des Herausgebers P. Schienther auf M. gefallen, weil das Unternehmen sich die Aufgabe gestellt hatte, Ibsens Werke in originalen deutschen Nachdichtungen darzubieten. In kurzer Zeit arbeitete sich M. in die norweg. Sprache ein und begann noch in Berlin mit dem Drama „Das Fest auf Solhaug“. Von Mai 1898 bis September 1899 lebte er in Christiania (Oslo), Molde und Bergen und traf öfter mit Ibsen zusammen, der seine poetischen Übertragungen besonders schätzte und ihn bei den Herausgebern unterstützte. In der Folge kamen zu dieser Arbeit noch Übersetzungen von Hamsun und Björnson für den Münchener Verlag Langen hinzu. In diesen Jahren erschienen die schon früher abgeschlossene humorvolle Travestiensammlung „Horatius travestitus“ und die Gedichtbände „Auf vielen Wegen“ (1897), „Ich und die Welt“ (1898), „Ein Sommer“ (1900) – als Reflex der Norwegenreise –, „Und aber ründet sich ein Kranz“ (1902). Die Jahre 1900-02|verbrachte M. nach einer Verschlimmerung seiner Krankheit vor allem in der Schweiz (Davos, Arosa), wo er neben Gedichten und Übersetzungen satirische Szenen und Parodien für die neu gegründeten Berliner Kabaretts „Überbrettl“ (Ernst v. Wolzogen) und „Schall und Rauch“ (Max Reinhardt) schrieb. Nach zwei Italienaufenthalten (1902/03) war er seit Mai 1903 wieder in Berlin und übernahm von Oktober 1903 bis Juni 1905 im Verlag von Bruno Cassirer die Redaktion der Zeitschrift „Das Theater“, die sich besonders der Erläuterung von Reinhardts Bühnenreform und der Rezension seiner Theaterproduktionen widmete. Wertvoll für M.s materielle Sicherung war jetzt und in den folgenden Jahren auch die freie Mitarbeit als beratender Lektor für Cassirer, aus der zahlreiche Gutachten zu eingesandten Manuskripten zeitgenössischer Dichter hervorgegangen sind (vgl. Briefbände der Stuttgarter Ausgabe).

    Charakteristisch für M.s Doppelveranlagung zu ernster und humoristischer Poesie waren der Band „Melancholie“ (1906) mit Lyrik aus den Jahren 1901-06 und die zuvor erschienenen „Galgenlieder“ (1905), seine bald berühmt gewordene Gedichtsammlung, die ein völlig neuartiges humoristisch-ironisches Spiel mit Klang, Bedeutung, Grammatik und Rhythmus der Sprache vorführte. Die Galgenpoesie war ursprünglich aus dem Ritual eines Bundes von „Galgenbrüdern“ entstanden, die sich im April 1895 bei einem Ausflug nach Werder bei Potsdam auf dem dortigen „Galgenberg“ zusammengefunden hatten und seither in regelmäßigen Sitzungen ein komisch-gruseliges Reglement zelebrierten. M. trug dazu die Gedichte bei, die gesungen und bis zur Auflösung des Bundes 1896 von sechs auf fünfzehn vermehrt wurden. Diese machten zwar den Kern der späteren Sammlung aus, führten aber in den Jahren bis 1905 durch immer neu entstehende Gedichte zu einer wesentlich größeren Vielfalt sprachlicher Gestaltungsmöglichkeiten. „Ein Galgenbruder ist die beneidenswerte Zwischenstufe zwischen Mensch und Universum. Nichts weiter. Man sieht vom Galgen die Welt anders an und man sieht andre Dinge als Andre.“

    M. hat diese neue Art humorig verspielter Poetisierung der Welt bis in sein letztes Lebensjahr fortgesetzt. 1910 folgte noch der Gedichtband „Palmström“; und nur wegen der zögernden Haltung des Verlegers Cassirer konnten weitere Sammlungen, von seiner Frau aus dem reichen Nachlaß zusammengestellt, erst postum erscheinen: „Palma Kunkel“ (1916), „Der Gingganz“ (1919) und der satirische Eigenkommentar „Über die Galgenlieder“ (1921). M.s hümoristische Sprache löst die Wörter und Sätze aus ihrer gewohnten Ordnung, macht sie beweglich, veränderlich, lebendig, schöpferisch, bringt sie zum Tanzen. So entstehen neue Wesen aus reiner Phantasie (Nachtschelm, Zwölf-Elf, Vierviertelschwein, Auftakteule, Nasobem, Steinochs, Weinpintscher usw.), wobei das Physische ins Geistige hinüberspielt oder sogar, in totaler Umwertung der bürgerlichen Realität, das Geistige als das eigentlich Wirkliche zur Erscheinung kommt („Umwortung aller Worte“). Die Zivilisation und Fortschrittsgläubigkeit der Wilheminischen Ära werden in abgründiger Ironie durch die Phantasiegestalten Palmström (das luftige Ideal) und v. Korff (der Blick auf die Dinge, wie sie sind) in eine Gegenwelt verwandelt, in der sie sich in Lachen auflösen. Der Hintergrund dieses Humors ist das Leiden des Dichters an der Zeit, der scharfsichtige Blick auf ihre Defekte, ihre Technikbesessenheit, ihren kaiserlichen Hurrapatriotismus und Flottenenthusiasmus, die Mechanisierung des Lebens, die brutale Anwendung der Todesstrafe durch die Justiz und die Unterdrückung der Frau in einer maskulinen Gesellschaft, wie M. sie in seinen Aphorismen, Kritischen Schriften, Epigrammen und Briefen zum Ausdruck brachte. Die Kehrseite seines Humors ist deshalb Melancholie. M.s Veranlagung zu einer hohen und reinen Ansicht der Menschheit gerät mit der Wirklichkeit in einen Gegensatz, dessen Spannung sich schließlich im Komischen löst. „Es gibt nur eine Rettung: Vor dem Ekel muß man sich durch Lachen schützen.“ Dabei betrachtete der Dichter selbst seine humoristischen Gedichte nur als „Beiwerkchen, Nebensachen“ und wunderte sich über ihren Erfolg (21 Auflagen bis 1914). Sie wurden in der Folge trotz der Schwierigkeiten, die deutschen Doppelbedeutungen und Lautmalereien in anderen Sprachen wiederzugeben, ins Französische, Schwedische, Ungarische, Englische, Italienische, Tschechische, Lateinische, Rumänische und Dänische übersetzt.

    Im Winter 1905/06 verschlimmerte sich M.s Krankheit wieder, so daß er ein Sanatorium in Birkenwerder bei Berlin aufsuchen mußte. In der Abgeschiedenheit des Krankenzimmers brachte ihm die Vertiefung in das Johannes-Evangelium eine Fülle unerwarteter mystischer Erfahrungen und Einsichten in die göttliche Grundnatur des ganzen Seins. „Natur und Mensch hatten sich ihm endgültig vergeistigt“ („Autobiographische Notiz“). In|diesem Erlebnis konnte M.s religiöse Veranlagung zum Durchbruch kommen. Sie fand später ihren Ausdruck in dem Kapitel „Tagebuch eines Mystikers“ innerhalb der Aphorismen (postum) und in der Gedichtsammlung „Einkehr“ (1910). Seit 1901 hatte M. sich mit den „Deutschen Schriften“ Paul de Lagardes beschäftigt, die ihn vor allem wegen ihrer Kulturkritik beeindruckten. Später (1908) befaßte er sich mit der Lehre Buddhas als Anleitung zur Selbsterziehung und suchte nach einer „Technik zur Hervorbringung contemplativer Zustände“, um in sich den „inneren Herrscher“ zu finden.

    Bei einem Aufenthalt in Bad Dreikirchen (Südtirol) lernte M. im August 1908 seine spätere Frau kennen. Sie regte ihn zu neuen Dichtungen an, unterstützte ihn bei der Redaktion seiner Manuskripte und übernahm seine Pflege bis zu seinem Tode. Aus der ersten Zeit dieser Lebensbegegnung stammen die Gedichte der Sammlung „Ich und Du“ (1911). Nach Berlin zurückgekehrt, hörte M. auf Anregung Margaretas im Januar 1909 einen Vortrag Rudolf Steiners und war so beeindruckt, daß er in den folgenden Monaten auch die Vortragszyklen in Düsseldorf, Koblenz, Christiania (Oslo), Budapest, Kassel und München besuchte. M., dem der Reinkarnationsgedanke seit seiner Jugend vertraut war, fand in der Anthroposophie Steiners die Ideen, die seine eigenen künstlerischen, philosophischen und religiösen Bestrebungen in einer Gesamtanschauung zusammenführten. Seine innere Entwicklung war über Nietzsche, die Mystik und den Pfad Buddhas an ein „Ende“ gekommen, das nach einer Neuorientierung verlangte (Materialien zur „Autobiographischen Notiz“). Er fühlte sich „am Tor“ und betrachtete den neuen Weg als „Erfüllung“ seines Lebens. Soweit es sein Zustand erlaubte, verfolgte er Steiners Vortragstätigkeit auch weiterhin. In der nun immer stärker von ihm Besitz ergreifenden Krankheit löste sich sein körperliches Dasein langsam auf und erlaubte ihm eine Läuterung und Spiritualisierung seiner poetischen Bilder bis zu seinen letzten Gedichten der Sammlung „Wir fanden einen Pfad“, die wenige Wochen nach seinem Tod erschienen. Schon als 24jähriger hatte er in sein Tagebuch geschrieben: „Der Dichter muß 77mal als Mensch gestorben sein, ehe er als Dichter etwas wert ist“.

    M., dessen Leben von Kindheit an durch ständige Ortswechsel bestimmt war, konnte sich niemals an einer festen Stelle beheimaten. Auch sein Verhältnis zur materiellen Zivilisation seiner Zeit entwickelte sich stets nur unter Vorbehalten; er fühlte sich als Fremdling, als Einsamer in einer ungeistigen Welt. „Wenn ich unter Menschen bin, bin ich wie auf Ferien.“

    Die Stellung M.s in der Geschichte der deutschen Literatur um 1900 ist nicht einfach zu bestimmen. Schon seine Schaffenszeit 1895-1914, d. h. die Epoche zwischen Naturalismus und Expressionismus, zeigt sich als eine Vielfalt verknüpfter und getrennter, paralleler und antinomischer Strömungen, die mit Bezeichnungen wie Impressionismus, Fin de siècle, literarischer Jugendstil, Symbolismus, Neuromantik, Neuklassik u. a. immer nur in Teilaspekten beschrieben werden kann. M. wird dabei öfter zu den Neuromantikern und hier wiederum gelegentlich unter die sog. Kosmiker, wie Spitteler, Mombert oder Däubler, gerechnet, mit denen er doch allenfalls in Anklängen seines ersten Gedichtzyklus „In Phantas Schloß“ (1895) etwas zu tun hat. Durch seinen radikalen Antinaturalismus, seine Freisetzung der poetischen Phantasie bis in die Klangqualität der Sprache hinein mag er – allerdings auf anderer historischer Stufe – bestimmte romantische Elemente wiederaufnehmen; mit seiner scheinbar widersprüchlichen Verbindung von Mystik, Groteske, Kritik und Humor erscheint sein Werk in der Zeit um 1900 jedoch als solitäres Phänomen. M. war ein Autor der kleinen Form: Lyrik, Aphorismus, Kurzgeschichte, dramatische Szene, kabarettistischer Sketch, kritischer Essay. Pläne für einen humoristischen Roman oder ein fünfaktiges Drama („Savonarola“) gediehen nie bis zur Vollendung. M.s literarische Wirkung zu seinen Lebzeiten war anfangs gering. Die Selbstgefälligkeit der Wilhelminischen Gesellschaft hatte für solche Geister keine Sympathie. Seine Zeit kam erst mit dem 1. Weltkrieg, mit der Wende zum Expressionismus und anderen verwandten Kunstströmungen, die das Bestehende in Frage stellten.

  • Werke

    Weitere W u. a. Stufen, Eine Entwickelung in Aphorismen u. Tagebuchnotizen, 1918;
    Epigramme u. Sprüche, 1920;
    Klein Irmchen, 1921;
    Mensch Wanderer, 1927;
    Die Schallmühle, 1928;
    Alle Galgenlieder, 1932;
    Böhmischer Jahrmarkt, 1938;
    Klaus Burrmann, d. Tierweltphotograph, 1941;
    Oswald Hahnenkamm, Komödie (mit Oskar Anwand), 1942;
    Ostermärchen, 1945;
    Ein Leben in Briefen, 1952 (Auswahl);
    Das Theater, 1981 (kommentierte Faks.ausg.);
    O greul! O greul! O ganz abscheul! Beil u. Hufeisen d. Scharfrichter, 1989;
    Sämtl. Dichtungen, 17 Bde. u. Verz., 1971-80;
    Jubiläumsausg., 4 Bde., 1979;
    Werke u. Briefe, Stuttgarter Ausg., kommentierte Ausg., 9 Bde., 1987 ff. (enthält alles bisher Erschienene u. d. Unveröff. aus d. Nachlaß ohne d. Überss.). – Weitere Überss. u. a.: Henrik Ibsen,|Komödie der Liebe, 1898;
    Wenn wir Toten erwachen, 1900;
    Brand, 1901;
    Peer Gynt, 1901;
    Gedichte, 1902-03;
    Catilina, 1903;
    Knut Hamsun, Abendröte, 1904;
    Spiel d. Lebens, 1910;
    Björnstjerne Björnson, Gedichte, 1908. – W-Verz.: Wilpert-Gühring ²1992. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Marbach, Dt. Lit.archiv.

  • Literatur

    Bibliogr.: E. Kretschmer, C. M., 1985 (W-Verz., L). – Gesamtdarst.: F. Kayssler, in: DBJ I;
    Michael Bauer, C. M.s Leben u. Werk, 1933 u. ö. verändert, zuletzt in: ders., Ges. Werke III, 1985 (P);
    H. Gumtau, C. M., 1971;
    K. Schuhmann, Leben u. Werk C. M.s, in: C. M., Ausgew. Werke, 1975, S. 5-62;
    M. Beheim-Schwarzbach, C. M., Selbstzeugnisse u. Bilddokumente, 1964 u. ö. (P);
    Michael Schulte (Hrsg.), Das große C. M. Buch, 1976;
    E. Hofacker, C. M., Boston 1978;
    E. Kretschmer (Hrsg.), C. M., Ein Wanderleben in Text u. Bild, 1989 (P). – Einzelstud.: A. Liede, Dichtung als Spiel, 1963, ²1992;
    J. Walter, Sprache u. Spiel in C. M.s Galgenliedern, 1966;
    R. Eppelsheimer, Mimesis u. Imitation Christi b. Loerke, Däubler, Morgenstern, Hölderlin, 1968;
    H. Hesse, C. M., in: ders., Ges. Werke XII, 1970, S. 421-25;
    R. Alewyn, C. M., in: Probleme u. Gestalten, 1974, S. 397-401;
    R. M. Mazur, The Late Lyric Poetry of C. M., University of Michigan, Phil. Diss. 1974;
    R. Piper, Erinnerungen an meine Zusammenarbeit mit C. M., 1978;
    E. Kretschmer, Die Welt d. Galgenlieder, C. M. u. d. viktorian. Nonsense, 1983;
    M. Cureau, C. M. humoriste, 2 Bde., 1986;
    C. Platritis, C. M., 1992. – Zur Fam.: Der Morgenstern, Sippenzeitung d. dt. Morgenstern-Familien, Hamburg-Altona 1, 1938, Nr. 5. – Heiner Schmidt, Qu.lex. d. Interpretationen u. Textanalysen V, ²1985, S. 300-05, XI, 1987, S. 277-80;
    Bode;
    W. Kosch, Lit.-Lex.³;
    KLL²;
    Killy;
    BBKL.

  • Autor/in

    Reinhardt Habet
  • Zitierweise

    Habel, Reinhardt, "Morgenstern, Christian" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 104-108 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11881169X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA