Lebensdaten
1864 – 1918
Geburtsort
Hannover
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Dichter ; Komponist ; Schauspieler ; Regisseur
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 118629867 | OGND | VIAF: 27072933
Namensvarianten
  • Wedekind, Benjamin Franklin (eigentlich)
  • Trenck, Hugo von (Pseudonym)
  • Trenck, Hugo Freiherr von (Pseudonym)
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Wedekind, Frank, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118629867.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus niedersächs. Juristen- u. Ärztefam.;
    V Friedrich Wilhelm (1816–88), Arzt, Schriftst. in San Francisco, seit 1864 in H., amerik. Staatsbürger (s. Dt.GB 187, 1982), S d. Wilhelm (1770–1838), Jur. in Esens, u. d. Friderike Dorothee Stock (1795–1870);
    M Emilie Friederike (1840–1916), Schausp., Sängerin, T d. Jakob Friedrich Kammerer (1796–1857), aus Ehningen, Fabr., Ing., Erfinder, Konstrukteur, Schriftst. in Ludwigsburg u. Zürich (s. NDB XI), u. d. Karoline Friederike Keck (1807–46);
    Tante-m Sophie Amic-Gazan de la Perriere, geb. Kammerer (1834–58), Sängerin in Wien;
    3 B Armin Franz (1863–1934), Arzt in Zürich, William Lincoln (1866–1935), Farmer, Schweizer Konsul in Johannesburg, Donald (1871–1908), Schriftst. in Zürich, M., Berlin, Rom u. Wien (s. BJ 13, Tl.; Biogr. Lex. Aargau; Kosch, Theater-Lex.), 2 Schw Erika (1868–1944, Walther Oschwald, 1864–1950, aus Lenzburg, Jur., Abt.leiter d. Reichsbahndirektion Dresden, Geh. Reg.rat), Opernsängerin (Sopranistin) 1894–1909 in Dresden (s. Biogr. Lex. Aargau; Kutsch-Riemens; Kosch, Theater-Lex.; BMLO), Emilie Richenza (1876–1969, Eugène Perré, 1873–1941), Lehrerin in Lenzburg;
    Berlin 1906 Tilly (eigtl. Mathilde) (1886–1970, kath.), aus Graz, Schausp. u. a. in Wien, Berlin u. M., 1905 Darstellerin d. Lulu in W.s Drama „Die Büchse d. Pandora“ in Wien, Vf. e. Autobiogr. „Lulu, d. Rolle meines Lebens“, 1969 (s. Kosch, Theater-Lex.), T d. Eduard Newes (1842–1920), Sparkassenbeamter u. Weinhändler in Graz, u. d. Mathilde Engländer (1857–1915);
    2 T (Anna) Pamela (1906–86, kath., 1] 1930 1934 Carl Sternheim, 1878–1942, Schriftst., s. NDB 25, 2) 1941 Charles Regnier, 1914–2001, Schausp., s. NDB 21), Schausp. u. a. in Hamburg, Berlin u. M. (s. Kosch, Theater-Lex.), Kadidja (eigtl. Epiphanie [Fanny] Mathilde Franziska, Ps. Anna Schmid) (1911–94, 1941 1952 Ulrich Biel [eigtl. Bielschowsky], 1907–96, Dr. iur., Jur., RA u. Notar in Berlin, Mitgl. im Berliner Abg.haus, Ernst-Reuter-Plakette, Gr. BVK 1987), Schausp., Kostümbildnerin, Theaterdir., Schriftst. (s. Kosch, Theater-Lex.);
    E Carola Regnier (1943–2011), Schausp., Anatol Regnier (* 1945), Schriftst., Komp., Chansonsänger (s. L), Adrienne Regnier (* 1946), Geigerin.

  • Biographie

    W. wuchs in Hannover auf. Nach dem Umzug der Familie auf das Schloß Lenzburg (Kt. Aargau) 1872 besuchte er seit 1875 die dortige Bezirksschule und 1879–84 die Kantonsschule in Aarau. Während dieser Zeit entstand ein beträchtlicher Teil seiner an Goethes und Heines Lyrik orientierten Gedichte. In seine Kindertragödie „Frühlings Erwachen“ (1891) flocht er viele Reminiszenzen an seine Schulzeit ein. 1884 begann W. in München ein Jurastudium, das er 1886 abbrach, um als Werbetexter für den Lebensmittelfabrikanten Julius Maggi (1846–1912) in Kempttal bei Zürich und als freier Journalist für die NZZ zu arbeiten. In Zürich schloß er sich dem literarischen Zirkel „Das junge Deutschland“ um Karl Henckell (1864–1929), John Henry Mackay (1864–1933), Carl (1858–1921) und Gerhart Hauptmann (1862–1946) an und nahm 1888 sein Studium wieder auf. Dieses brach er nach dem Tod seines Vaters erneut ab, zog 1889 nach Berlin und hoffte, Anschluß an die Berliner Literaturszene und den Kreis um Gerhart Hauptmann zu finden. Noch im selben Jahr mangels eines dt. Passes aus Berlin ausgewiesen, ließ sich W. als freier Schriftsteller in München nieder, wo er 1891 der „Gesellschaft für modernes Leben“ beitrat, deren führende Köpfe, Michael Georg Conrad (1846–1927), Otto Julius Bierbaum (1865–1910) und Oskar Panizza (1853–1921), die naturalistische Zeitschrift „Die Gesellschaft“ herausgaben.

    Nach vergeblichen Versuchen, für seine frühen Dramen (Der Schnellmaler, 1889; Kinder u. Narren, 1891; Frühlings Erwachen, 1891) einen Verleger oder eine Bühne zu gewinnen, ging W. Ende 1891 nach Paris. Seinen bis Ende 1894 dauernden Aufenthalt, der von einer mehrwöchigen Zwischenstation in London 1894 unterbrochen war, dokumentierte er in seinen Pariser Tagebüchern (Die Tagebücher, Ein erot. Leben, hg. v. G. Hay, 1986, Internetversion in d. Präsenz der F.-W.-Ges.). In Paris entstanden „Die Büchse der Pandora, Eine Monstretragödie“ (geteilt in die Doppeltragödie „Lulu“: „Der Erdgeist“, 1895, u. „Die Büchse der Pandora“, 1903) und die erste Fassung des Fragment gebliebenen Romans „Mine-Haha“ (1903).

    1898 wagte Carl Heine (1861–1927) in Leipzig die Uraufführung des „Erdgeists“, die erste Inszenierung überhaupt eines seiner antinaturalistischen Werke. Dieser Anfangserfolg wurde zunichte, als W. nach der Veröffentlichung des Gedichts „Im heiligen Land“ in der Zeitschrift „Simplicissimus“ wegen Majestätsbeleidung angeklagt wurde. Um sich der Verhaftung zu entziehen, floh er nach Zürich und Paris, entwarf während des Exils das Schauspiel „Der Marquis von Keith“, stellte|sich 1899 der dt. Polizei und wurde zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt, die er auf der Feste Königstein bei Leipzig verbrachte.

    Nach seiner Freilassung war W. Mitarbeiter der Zeitschrift „Die Insel“ und schloß sich 1901 dem neugegründeten Münchener Kabarett „Die Elf Scharfrichter“ an. Dort trug er u. a. die Balladen „Der Tantenmörder“, „Brigitte B.“ und „Der Zoologe von Berlin“ zur Laute vor. Ein erster großer Theatererfolg war die Inszenierung von „Erdgeist“ am Berliner „Kleinen Theater“ 1902 durch Richard Vallentin (1874–1908). Zu weiteren bedeutenden Publikumserfolgen verhalf 1905 die Münchner Uraufführung von „Hidalla“ („Karl Hetmann, der Zwergriese“, 1904 / 11) durch Georg Stollberg (1853–1926) mit W. in der Hauptrolle.

    Seit 1904 war W. eng mit Maximilian Harden (1861–1927) und Walter Rathenau (1867–1922) befreundet. Ein Gerichtsverfahren gegen W. und seinen Verleger Bruno Cassirer (1872–1941) in Berlin wegen Verbreitung der als unzüchtig geltenden Schrift „Die Büchse der Pandora“ endete 1906 mit Freispruch. Karl Kraus (1874–1936) führte „Die Büchse der Pandora“ 1905 in Wien in geschlossener Gesellschaft auf, nachdem die Uraufführung bereits 1904 im Nürnberger „Intimen Theater“ von Direktor Emil Meßthaler (1869–1927) gewagt worden war.

    Seit Sept. 1905 wohnte W. in Berlin, wo sich der Kontakt zu Max Reinhardt (1873–1943) intensivierte. Mit ihm schloß W. 1905 / 06 einen Schauspieler- und Autorenvertrag. Reinhardts Uraufführung von „Frühlings Erwachen“ verschaffte W. den endgültigen Durchbruch zu einem der meistgespielten Dramatiker der Vorkriegszeit. 1908 zog die Familie nach München, wo W. „Musik, Sittengemälde in vier Bildern“ (1908) schrieb, ein Stück gegen den Abtreibungsparagraphen 218 und zugleich eine Satire auf den Richard Wagner-Kult. Zudem verfaßte er mehrere Einakter, das Ehe- und Familiendrama „Schloß Wetterstein“ (1910 / 12, Aufführung verboten), das Emanzipations-Drama „Franziska, Ein modernes Mysterium“ (1912), das Beziehungsdrama „Simson oder Scham und Eifersucht“ (1914) und das Kriegsdrama „Herakles“ (1917). Nach Kriegsausbruch entstand W.s historisches Schauspiel „Bismarck“ (1915, Aufführung verboten), das erste dt. Dokumentarstück. Elemente epischen Stils zeichneten seine Dramen seit „Frühlings Erwachen“ aus: durch Prolog, Monolog, Gedicht- und Liedeinlagen, Tänze, Spiel im Spiel und Zitatmontage (v. a. in „Bismarck“). Wegen der gesellschaftskritischen und tagespolitischen Sujets über Geschlechterrollen, Erziehung, Ehe, Familie, Macht und Zensur war der politisch liberal eingestellte, pazifistische W. seinerzeit der von der Zensur am meisten verfolgte Theaterautor.

    W. war Avantgardist einer neuen Theaterkultur, die stark auf das entstehende expressionistische und politische Theater des frühen 20. Jh. einwirkte (Georg Kaiser, Carl Sternheim, Walter Hasenclever, Franz Werfel, Bertolt Brecht). Auch der Stummfilm nahm sich W.s Dramen an (L. Jessner, Erdgeist, 1923; W. Pabst, Die Büchse d. Pandora, 1929). Nach der durch den Nationalsozialismus unterbrochenen Rezeption seiner Werke wurden W.s Dramen wieder gespielt und seine Werke in Auswahl neu aufgelegt. Eine (auch literaturwissenschaftliche) W.-Renaissance setzte, unterstützt durch Filmadaptionen (R. Thiele, Lulu, 1962), seit 1960 ein. Aufführungen von Alban Bergs Oper „Lulu“ (1937) erreichten verspätet hohe Aufmerksamkeit (1979 P. Boulez u. P. Chereau) und erhöhten die Beachtung von W.s Werk. Inszenierungen von „Frühlings Erwachen“ (Bundesrep.: P. Zadek u. W. Minks, 1965; DDR: B. K. Tragelehn u. E. Schleef, 1974) und v. a. Zadeks Inszenierung der „Büchse der Pandora“ nach der Urfassung 1988 wirkten als Auslöser für ein starkes multi- und intermediales Interesse an W.s Stücken auf der Bühne, in der Musik (Lulu-Album: L. Reed u. Metallica, 2011), im Film (U. Janson, Lulu, 2006) und im Comic (N. Mahler, Lulu u. d. schwarze Quadrat, 2014). Der Geschlechterdiskurs bestimmte von Anfang an die Auseinandersetzung um W.s Werk. Erst spät wurde dessen politische Dimension, u. a. in W.s kritischen Liedern gegen das wilhelminische Kaiserreich („Simplicissimus“-Gedichte), erkannt. Die Verstrickung von Kunst, Politik und Kommerz, dargestellt u. a. in „Der Kammersänger“, „Marquis von Keith“ und „Oaha“, war eines von W.s Generalthemen.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Komitees Goethe-Bund, Schutzliga f. dt. Kunst u. Kultur (1901) u. d. Schutzverbands Dt. Schriftst. (1908);
    Ehrengabe d. Johannes Fastenrath-Stiftung, Köln (1913);
    Ehrengabe z. 50. Geb.tag (1914);
    Ed.- u. Forsch.stelle F. W. an d. Hochschule Darmstadt (seit 1987) u. d. Univ. Mainz (seit 2015);
    F.-W.-Ges. (seit 1989).

  • Werke

    Weitere W Die Fürstin Russalka, 1897 (Erzz., Gedichte, Tanzpantomimen);
    Ges. Werke, 9 Bde., 1912–20;
    Ges. Briefe, 2 Bde., 1924;
    Werke, Krit. Stud.ausg., 8 Bde. in 15 Teilbdn., 1994–2013;
    Nachlaß: Monacensia, Stadtbibl. München;
    Kt.bibl. Aarau (P);
    Schloßmus. Lenzburg (P);
    Bibliogr.: A. Jones u. L. R. Shaw, F. W., A Bibliographic Handbook, 2 Bde., 1996;
    Internetpräsenz d. F.-W.-Ges. (P). |L V. R. A. Kutscher, F. W., Sein Leben u. seine Werke, 3 Bde., 1922–31 (P);
    G. Seehaus, F. W. u. d. Theater, ²1973 (P);
    ders., F. W., 1974 (P);
    H. Vinçon, F. W., 1987;
    ders., „Am Ende war ich doch e. Poet …“, F. W., Ein Klassiker d. Lit. Moderne, Werk u. Person, 2013 (P);
    R. Kieser, B. F. W., Biogr. e. Jugend, 1990 (P);
    Prinzenstraße, Hannoversche Hh. z. Theatergesch., F. W. geb. 1864 in Hannover, 1995 (P);
    Anatol Regnier, F. W., Eine Männertragödie, 2008 (P);
    G. D. Stark, Banned in Berlin, Literary Censorship in Imperial Germany 1871–1918, 2009;
    W.s Welt, Theater, Eros, Provokation, hg. v. M. Mittermayer u. S. Begesser, 2014 (P);
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Metzler Autorenlex. (P);
    Zs.: Pharus I–V, 1989–96;
    W.-Lektüren 1–6, 2000–15.

  • Autor/in

    Hartmut Vinçon
  • Zitierweise

    Vinçon, Hartmut, "Wedekind, Frank" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 533-535 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118629867.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA