Lebensdaten
1825 – 1895
Geburtsort
Freyburg/Unstrut
Sterbeort
Wasserburg am Bodensee
Beruf/Funktion
Physiologe ; Chemiker ; Professor der physiologischen Chemie
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116982438 | OGND | VIAF: 54297137
Namensvarianten
  • Hoppe, Felix (bis 1864)
  • Hoppe, Ernst Felix Immanuel (bis 1864)
  • Hoppe-Seyler, Ernst Felix Immanuel
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Hoppe-Seyler, Felix, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116982438.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ernst (s. Gen. 1); Schwager u. Adoptiv-V (seit 1864) Pastor Dr. Georg Seyler;
    B Carl (s. 1), Reinhold (s. 2);
    - Berlin 1858 Marie (1831-um 1900), T d. Schlächtermeisters Joh. Christian Borstein u. d. Marie Elisabeth Höpfner;
    S Georg (1860–1940), Prof. d. inneren Med. in Kiel, beschäftigte sich mit Erkrankungen d. Leber, Nieren, Pankreas, mit Diphtherie d. Rachens u. Kehlkopfs (s. Fischer);
    E Felix Adolf (1898–1945), Prof. d. Physiolog. Chemie in Greifswald (s. Pogg. VI, VII a).

  • Biographie

    Früh verwaist, wird H. in der Franckeschen Stiftung zu Halle erzogen und unterrichtet. Ab 1846 studiert er Medizin in Halle, dann in Leipzig, veranlaßt durch seine Bekanntschaft mit den Brüdern Weber, den Anatomen Ernst Heinrich und Eduard und dem Physiker Wilhelm Weber. Bei K. G. Lehmann hört er physiologische Chemie. Zum klinischen Studium geht er 1850 nach Berlin, wo er mit einer Arbeit über die Struktur des Knorpels und die Chemie des Chondrin promoviert. 1851 erfolgt die Approbation zum Arzt und Wundarzt. Nach Studienbesuchen in Prag und Wien übt er 1852-54 in Berlin ärztliche Praxis aus. 1854 ist er Prosektor bei Carl August Sigmund Schultze, dem Greifswalder Anatomen, und habilitiert sich hier über Fibrin. 1856 geht er nach Berlin als Prosektor an das Pathologische Institut der Charité unter Virchow und übernimmt die Leitung des ersten physiologisch-chemischen Universitäts-Laboratoriums. 1860 wird er zum Extraordinarius ernannt. 1861 wird er als Nachfolger J. E. Schloßbergers als ordentlicher Professor für angewandte Chemie nach Tübingen berufen und übernimmt das Laboratorium im Schloß Hohentübingen. 1872 geht er als ordentlicher Professor für das Fach der physiologischen Chemie nach Straßburg. Sein Labor liegt zunächst im Erdgeschoß der alten École de Médecine. 1873 ist er Rektor. Nach 11 Jahren zieht H. in das erste, neu erbaute, selbständige Institut für Physiologische Chemie ein. Es enthält einen Hörsaal für circa 100 Studierende und etwa 48 Laborplätze.

    Es war H.s besonderes Anliegen, das Interesse für den Gegenstand und das Fach der physiologischen Chemie zu fördern, es von der organischen Chemie zu trennen und als selbständige Disziplin in der Medizinischen Fakultät zu verankern. Das ist ihm weitgehend gelungen, zumal durch die vielen hervorragenden Mitarbeiter. Unter ihnen waren in Berlin Willy Kühne, Alexander Schmidt, E. von Leyden, A. Botkin, in Tübingen F. Miescher, E. Salkowski, E. Baumann, in Straßburg die Russen V. Paschutin, Sokoloff, A. Tarchanoff, dann L. Frédéricq, J. von Mering, A. Kossel, H. Thierfelder. Viele von ihnen wurden Ordinarien des jungen Fachs der physiologischen Chemie.

    H.s Augenmerk richtete sich stets auf die Entwicklung neuer und genauer Analysen- und Nachweismethoden. Davon zeugt sein „Handbuch der physiologisch- und pathologisch-chemischen Analyse“ (1858, ⁵1883). Er führte die Spektralanalyse und die Kolorimetrie in die physiologische Chemie ein. Die Arbeitsergebnisse der jüngeren Jahre erschienen zusammengefaßt als „Medizinischchemische Untersuchungen“ (4 Hefte, 1866–71) mit den Themen: Diffusions-Erscheinungen, Blutfarbstoff unter H2S -Einwirkung, optisches Verhalten des Traubenzuckers, Blausäurewirkungen, Haeminkristalle. H.s Spezialuntersuchungen galten Fragen aus sämtlichen Gebieten der physiologischen Chemie. Sein größter Erfolg lag auf dem Gebiet der Blutfarbstoffe (Haemin, Haematin, Haematoporphyrin). Er beschrieb das Spektrum von Oxyhaemoglobin und reduziertem Haemoglobin, die lockere, druckabhängige Bindung von O2 und die viel festere von CO an das Haemoglobin; er entdeckte auch das Methaemoglobin (1864). Er vertrat die Auffassung, daß sich die Energie liefernden Oxydationen nicht im Blut, sondern in den Geweben abspielen (1866). Seine Analysen von Blut, Harn, Eiter und Transsudaten erbrachten neue Einsichten in das Vorkommen von Lezithin und Cholesterin und anderen chemischen Stoffen. Mit Miescher fand er das Nuklein in den Zellkernen. Knorpel, Knochen und Zahngewebe wurden chemisch analysiert. Er fand die Beziehungen der Gallensäuren zum Blutfarbstoff (seit 1867), erkannte das Vorkommen von Indikan und Phenolen im Harn. Seit 1870 untersuchte er besonders die chemischen Prozesse bei Gärung und Fäulnis. So bearbeitete er mit größtem Erfolg viele bisher ungelöste Fragen der physiologischen Chemie.

    Nach Auffassung der Nachwelt war H. einer der hervorragendsten Vertreter der physiologischen Chemie, nach Lieben einer der bedeutendsten Biochemiker aller Zeiten, dem das Fach sowohl an Erkenntnissen als auch an Geltung Außerordentliches verdankt. Er begründete mit der „Zeitschrift für physiologische Chemie“ das erste Publikationsorgan seines Fachs (1877). H. hat seine Auffassungen über die Bedeutung der physiologischen Chemie sehr lebendig in seiner Rede zur Eröffnung des neuen physiologisch-chemischen Instituts der Universität Straßburg dargelegt: „Über die Entwicklung der Physiologischen Chemie und ihre Bedeutung für die Medizin“ (1884).

  • Literatur

    ADB 50;
    H. Thierfelder, in: Berliner Klin. Wschr. 32, 1895, S. 928-30;
    R. Virchow, in: Archiv f. pathol. Anatomie 142, 1895;
    E. Baumann u. A. Kossel, in: Zs. f. physiolog. Chemie 21, 1895/96 (W-Verz., P);
    A. Gürber, in: Münchener med. Wschr. 43, 1896;
    F. Lieben, Gesch. d. physiolog. Chemie, 1935;
    K. E. Rothschuh, Gesch. d. Physiol., 1953 (P);
    H. Simmer, Zur Entwicklung d. physiolog. Chemie, in: Ciba-Zs. Nr. 91, Bd. 8, 1958 (P);
    BLÄ;
    Pogg. I, III, IV.

  • Autor/in

    Karl E. Rothschuh
  • Zitierweise

    Rothschuh, Karl E., "Hoppe-Seyler, Felix" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 615-616 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116982438.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hoppe: Ernst Felix Immanuel H.-Seyler zu Straßburg i/E., Arzt und Chemiker, geb. zu Freiburg a. U. am 26. Dec. 1825, besuchte die Universitäten Halle, Leipzig, Berlin, Prag, Wien als Schüler von E. H. und Ed. Weber, Oppolzer, Erdmann, Marchand, Joh. Müller, Lehmann, wurde in Berlin 1850 Doctor mit der Dissertation: „De cartilaginum structura et chondrino“, ließ sich dann hier als Arzt nieder, war Arzt am Arbeitshause 1852—54 und beschäftigte sich gleichzeitig mit physiologisch-chemischen Arbeiten und physikalischer Diagnostik. 1854 übernahm er die Stellung als Prosector in Greifswald, habilitirte sich daselbst, kehrte aber bereits 1856 nach Berlin zurück, wo er als Assistent Virchow's im pathologischen Institut für pathologische Chemie bis 1864 thätig war und 1860 Professor e. o. wurde. 1861 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor der angewandten Chemie nach Tübingen und 1872 siedelte er als ordentlicher Professor der physiologischen Chemie nach Straßburg über. In dieser Stellung verblieb er bis zu seinem Lebensende. H., der am 10. August 1895 auf seiner Besitzung Wasserburg am Bodensee während eines Ferienaufenthaltes am Schlaganfall gestorben ist, gehört zu den Begründern der neueren physiologischen Chemie, um die er sich nicht bloß durch eine unübersehbare Zahl eigener Forschungen in allen ihren Theilen, sondern auch durch eine umfassende Lehrthätigkeit verdient gemacht hat. Die Mehrzahl der deutschen Universitätslehrer der physiologischen Chemie und viele ausländische sind aus Hoppe's Schule hervorgegangen. Von seinen Schriften seien zunächst erwähnt: „Handbuch der physiologisch- und pathologisch-chemischen Analyse“ (Berlin 1858—83, 5 Aufl.); „Physiologische Chemie" (Ib. 1877 bis 81); „Medicinisch-chemische Untersuchungen“ (4 Hefte, 1866—71); „Zeitschrift für physiologischo Chemie“ (I—XVIII, 1877—94). Außerdem veröffentlichte H. Arbeiten über die Eigenschaften der Blutfarbstoffe, der Eiweißstoffe, über Gährungen, Activirung des Sauerstoffs, Bestandtheile der Protoplasmen u. s. w. in Virchow's Archiv und Pflüger's Archiv und in der oben genannten Zeitschrift. Von diesen Einzelarbeiten haben namentlich diejenigen über die Eiweißkörper (Vitellin, Ichthin, Globulin, Albumin) und über die Chemie der Zelle in allerjüngster Zeit den Anstoß zu weiteren sehr wichtigen Forschungen gegeben. In Bezug auf die Blutfarbstoffe kommt H. das Verdienst zu, die Bedeutung des Hämoglobins für die innere Athmung, den Zusammenhang des Blutfarbstoffs mit dem Lecithin, das Nuklerin in den Blutkörperchen, das Hämochromogen nachgewiesen zu haben. H. gab Methoden zur Analyse des Hämoglobins an, untersuchte dessen Spaltungsproducte und förderte namentlich auch die Lehre von den Beziehungen der rothen Blutkörperchen zu den Gallenfarbstoffen. In den Zellen wies H. die Globuline, Albumine, Glykogen, die Verbreitung des Lecithins u. s. w. nach. Wichtig sind auch Hoppe's Studien über die Bedeutung der Cholesteaine und des Fetts in den Zellen.

    • Literatur

      Vgl. Pagel, Biogr. Lex. hervorr. Aerzte d. 19. Jahrhs., S. 728.

  • Autor/in

    Pagel.
  • Zitierweise

    Pagel, Julius Leopold, "Hoppe-Seyler, Felix" in: Allgemeine Deutsche Biographie 50 (1905), S. 464-465 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116982438.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA