Lebensdaten
1560 – 1627
Geburtsort
Antwerpen
Sterbeort
Bierhelderhof bei Heidelberg
Beruf/Funktion
Philologe ; Jurist
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 115672060 | OGND | VIAF: 61599137
Namensvarianten
  • Gruterus, Jan
  • Gruterus, Janus
  • Gruter, Janus
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Zitierweise

Gruter, Jan, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd115672060.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Wahrsch. Nachkomme d. seit 1300 gen. fläm. Adelsgeschl. de Gruutere (Gruyter);
    V Wouter de Gruytere ( 1588), Kaufm. u. Schöffe in A., Mitunterzeichner d. Adelskompromisses v. 1565, S d. Niklas, Kaufm. in Breda u. A.;
    M Katharina Tishem ( 1595) aus Norwich;
    - 1) Heidelberg 12.6.1592 Johanna (1570–94), T d. Heinr. Smetius (de Smet) (1535–1614), Prof. d. Med. in H., Philol. (s. ADB 34), u. d. Johanna van den Corput, 2) Heidelberg 1595 Anna ( 1599), T d. Jakob Kimedoncius ( 1596), Prof. d. Theol. in H. (s. ADB XV), u. d. Maria Akermans, 3) Heidelberg 10.5.1601 Katharina (um 1583–1607), T d. Dr. iur. Joh. Stöckle ( 1588), Advokat u. Prokurator am Reichskammerger. in Speyer, u. d. Ottilia zum Lamb, 4) Heidelberg 1612 N. N. van den Corput ( 1613);
    1 S, 3 T, u. a. aus 1) Joh. Katharina ( Oswald Smend, 1585–1635, Schultheiß in Bretten), aus 2) Agnes Sibylla (⚭ Christoph Welling, * 1582, Lic. iur., Hofgerichtsadvokat in Tübingen).

  • Biographie

    Der niederländische Aufstand und seine Folgen vertrieben G. und seine Familie aus der Heimat. Nach dem Besuch der Lateinschule in Norwich bezog er 1577 das Gonville-and-Caius-College in Cambridge. Als die Genter Pazifikation von 1576, das Ewige Edikt von 1577 und der Religionsfriede des folgenden Jahres die Rückkehr ermöglichten, Schwierigkeiten in England sie vielleicht sogar nahelegten, setzte G. seine juristischen Studien bei Hugues Doneau in Leiden fort, hörte dort aber auch Janus Douza und wurde von Justus Lipsius endgültig für die Altertumswissenschaften gewonnen. 1584 zum Dr. iur. promoviert, entkommt er aus dem bereits von den Spaniern belagerten Antwerpen, aus dem die Familie nach dem Fall der Stadt nach Lübeck und Danzig flüchten wird, und überläßt sich|einem mehrjährigen Reise- und Wanderleben, das ihn nach Frankreich, der Schweiz, Italien und schließlich durch Nord- und Ostdeutschland führt. In Heidelberg erscheinen unterdessen die ersten poetischen Werke – als neulateinischer Dichter neigt G. in der Schule seines Lehrers Lipsius zur Übertreibung in Stil und Sprache, zu bewußter Altertümelei und mythologischem Prunk, so daß seiner Lyrik fast stets etwas Frostig-Gezwungenes anhaftet! 1590 erhält er eine Geschichtsprofessur in Wittenberg, muß sie aber schon 1592 wieder aufgeben, da er sich nach dem Tod Kurfürst Christians I. von Sachsen weigert, die Konkordienformel zu unterschreiben. Aus einem häßlichen Gelehrtenstreit mit Dionysius Gothofredus über Seneca holt ihn eine Berufung durch Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz zum außerordentlichen Professor historiarum an die Universität Heidelberg, mehr oder weniger gegen deren Willen. G. wird hier seßhaft, erlebt zwar viel häusliches Leid, knüpft aber, gerade durch seine 4 Ehen, zahlreiche Verwandtschafts- und Freundschaftsbande, vor allem auch mit Georg Michael Lingelsheim, der sein Verbindungsmann zum Hof ist. Der Kurfürst macht ihn 1602 als Nachfolger von Paul Schede Melissus auch noch zum Bibliothekar der Palatina, neben der er sich eine bedeutende eigene Bibliothek aufbaut, und neben der Bibliothekstätigkeit stehen die vielen philologischen, poetischen und historischen Sammelwerke und Editionen (Plautus, Cicero, Sallust, Livius, Velleius Paterculus, Plinius der Jüngere, Martial, Sueton, Florus, Apuleius, Scriptores Historiae Augustae, Aurelius Victor, Ammianus Marcellin, Jordanis, Theophylaktos Simokattes, Paulus Diaconus und andere) des fleißigen Polyhistors, der mit dem ganzen humanstisch-gelehrten Europa seiner Zeit korrespondiert, mit Rittershusius, Kaspar Hofmann, Scipio Gentilis und Scioppius, mit Bernegger, Zincgref, Opitz, Meursius, Heinsius und Grotius, mit Camden, Casaubon, Claude de Saumaise, Jacques Bongars und den Jesuiten Sirmond und Andreas Schott, dem das unter dem Pseudonym Johannes Gualterius erschienene „Chronicon chronicorum ecclesiastico-politicum…“ (4 Bände, Frankfurt/Main 1614) gewidmet ist. – G. ist calvinischer Humanist, seit seiner Studienzeit mit Jacobus Arminius befreundet, in Paris mit dem Verfasserkreis der „Satyre Ménippée“ bekannt und von dem eifernden Philipp Pareus des Atheismus verdächtigt! Der beginnende 30jährige Krieg, die Eroberung Heidelbergs durch Tilly, die Verschleppung der Palatina nach Rom und die Vernichtung und Zerstreuung von G.s eigenen Bücherschätzen bereiten diesem bei aller reizbaren Heftigkeit des von früh an kränklichen Mannes irenisch-bescheidenen Gelehrtenleben ein jähes Ende. Nach Exiljahren in Tübingen und Bretten stirbt G. kurz nach der Übersiedlung auf das am Geisberg gelegene Gut Berhelden seines Schwiegersohnes Smend, wo der leidenschaftliche Gärtner Arbeit und Erholung zu finden hoffte, Gerhard Vossius' Nachricht von einem Ruf an die Universität Groningen in Händen, nachdem er früher Berufungen nach Leiden, Padua, Beuthen, Franeker und Kopenhagen erhalten und abgelehnt hatte. – G.s bedeutendstes Werk sind die auf der Grundlage der von Lipsius, Leiden 1588, edierten Inschriftensammlung des Martin Smetius entstandenen und auf Markus Welsers Veranlassung Kaiser Rudolf II. gewidmeten „Inscriptiones Antiquae Totius orbis Romani, in corpus absolutißimum redactae“ (Heidelberg 1602 f., ²1616, ediert J. G. Graevius und P. Burmann, 4 Bände, Amsterdam 1707 [P]), die für damalige Verhältnisse riesenhafte Sammlung aller bekannten lateinischen und griechischen Inschriften, bei deren Erstellung sich der Verfasser des hilfreichen Sammeleifers seiner vielen gelehrten Freunde erfreute. Vor allem hat Josef Justus Scaliger, der eigentliche Anreger des großen Werks, die sieben 24 Kapitel umfassenden Indices beigesteuert. Ein Anhang enthält darüber hinaus das erste auf zwei Handschriften beruhende Verzeichnis tironischer Noten. Mit zahlreichen Flüchtigkeiten und Druckfehlern behaftet, sind die „Inscriptiones“ doch Fundament und Vorbild aller folgenden Inschriftensammlungen gewesen und bis zu August Boeckhs „Corpus Inscriptionum Graecarum“ und Theodor Mommsens „Corpus Inscriptionum Latinarum“ für die antike Epigraphik unentbehrlich geblieben.

  • Werke

    Weitere W u. a. Pericula, id est Elegiarum libri IV…, Heidelberg 1587;
    Suspicionum libri IX…, Wittenberg 1591;
    Animadversiones in L. Annaei Senecae opera…, Heidelberg 1593 u. ö.;
    Lampas, sive Fax artium liberalium, hoc est Thesaurus criticus in quo infinitis locis theologorum, jurisconsultorum, medicorum … scripta supplentur…, 7 Bde., Frankfurt/M. 1602–23, 2 Bde., Florenz 1737-39;
    Varii discursus … ad aliquot insigniora loca Taciti atque Onosandri, 2 Bde., Heidelberg 1604 f.;
    Florilegium ethico-politicum…, 3 Bde., Frankfurt/M. 1610-12;
    Delitiae poetarum Germanorum hujus superiorisque aevi illustrium, 6 Bde., ebd. 1612;
    In nuptias … Friderici V… cum… Elisabetha gratulatoria, Heidelberg 1613;
    Bibl. Exulum, Seu Enchiridion divinae humanaeque prudentiae, Frankfurt/M. 1625.

  • Literatur

    ADB X;
    L. v. Urlichs, Grundlegung u. Gesch. d. klass. Altertumswiss., in: Handbuch d. klass. Altertumswiss., ed. I. v. Müller u. R. v. Pöhlmann, I, ²1892, S. 71 ff.;
    E. Hübner, Röm. Epigraphik, ebd., S. 637;
    W. Lahrfeld, Griech. Epigraphik, = ebd. 1, 5, ³1914, bes. S. 18;
    Ch. Johnen, Gesch. d. Stenogr. … I, 1911;
    H. Dessau, Lat. Epigraphik, in: A. Gercke u. E. Norden, Einl. in d. Altertumswiss. I, 10, 1925, S. 4 f.;
    G. Ellinger, Gesch. d. neulat. Lyrik in d. Niederlanden v. Ausgang d. 15. b. z. Beginn d. 17. Jh., = Gesch. d. neulat. Lit. Dtld.s im 16. Jh. III, 1, 1933, S. 303-09;
    G. Smend [Nachkomme G.s], J. G., Sein Leben u. Wirken, 1939 (ausführl. W- u. L-Verz., P);
    P. Fuchs, Palatinatus Illustratus, Die hist. Forschung a. d. kurpfälz. Ak. d. Wiss., 1963.

  • Porträts

    Ölgem., nd.länd., Ende 16. Jh. (Heidelberg, Kurpfälz. Mus.);
    Ölgem., um 1610 (Heidelberg, Univ.-bibl.), Abb. in Dt.GB 100 u. b. G. Smend (s. L), vgl. ebd. S. 110 f.;
    Kupf. v. J. van d. Heyden, 1627 (ebd., Kurpfälz. Mus.), Abb. in: Die Heidelberger Univ., Ausstellung z. Gedächtnis d. 150. J.tages ihrer Neugründung…, 1953;
    Kupf. in: J. F. Foppens, Bibl. Belgica, sive virorum in Belgio vita, scriptisque illustrium catalogus… I, Brüssel 1739, n. S. 548;
    H. W. Singer, Allg. Bildniskat. V, 1931, 35060-65.

  • Autor/in

    Peter Fuchs
  • Zitierweise

    Fuchs, Peter, "Gruter, Jan" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 238-240 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115672060.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gruter: Janus G., einer der fleißigsten und angesehensten Philologen des 17. Jahrhunderts, wurde am 3. December 1560 zu Antwerpen als Sohn|des dortigen Bürgermeisters Walter Gruytere geboren. Seine Mutter, Catharina Tishem, Engländerin von Geburt, war eine hochgebildete, ja gelehrte Frau, von welcher der Sohn den ersten Unterricht nicht nur in den modernen, sondern auch in den classischen Sprachen erhielt. Seine Kinderzeit verlebte er von seinem siebenten Jahre an in England, wohin seine Eltern aus politischen Gründen sich geflüchtet hatten, begann seine Universitätsstudien in Cambridge und setzte sie später in Leyden fort, wo besonders Hugo Donellus in der Jurisprudenz und Justus Lipsius in den philologischen Fächern seine Lehrer waren; hier erwarb er sich die juristische Doctorwürde. Von 1586 an hielt er sich im nördlichen Deutschland auf, hauptsächlich in Rostock, wo er auch über historische Gegenstände Vorlesungen hielt, und folgte dann (wahrscheinlich im Herbst 1589) einem Rufe als Professor der Geschichte an die Universität Wittenberg, wurde aber bereits im Frühjahr 1592 in Folge seiner Weigerung, die sogenannte Concordienformel zu unterschreiben, aus dieser Stellung wieder entlassen. Hier in Wittenberg hat G. im J. 1591, nachdem früher schon eine Sammlung lateinischer Gedichte von ihm im Druck erschienen war, sein erstes wissenschaftliches Werk veröffentlicht, die „Suspicionum libri IX“, deren erste acht Bücher Emendationen und Erklärungen zahlreicher Stellen des Plautus und Apulejus, gelegentlich auch anderer Schriftsteller (z. B. des Petronius) enthalten, während das letzte an den Juristen Dionysius Gothofredus (mit welchem er dadurch in eine heftige litterarische Fehde verwickelt wurde) gerichtete sich ganz mit der Kritik und Interpretation der Werke des Philosophen Seneca (nur gelegentlich auch des Rhetors) beschäftigt. Von Wittenberg wandte sich G. nach Heidelberg, das damals durch seine an Handschriften classischer Schriftsteller außerordentlich reiche Bibliotheca Palatina, wie auch durch die Theilnahme, welche die Fürsten der Pfalz und einige ihrer einflußreichsten Räthe den historischen und philologischen Studien widmeten, eine große Anziehungskraft auf auswärtige Gelehrte ausübte. G. wurde hier schon Ende 1592 oder Anfang 1593 zum ordentlichen Professor der Geschichte, daneben 1602 zum Bibliothekar der Bibliotheca Palatina ernannt und entwickelte nun eine sehr umfängliche, von wahrhaft erstaunlicher Arbeitskraft zeugende litterarische Thätigkeit, indem er die reichen handschriftlichen Schätze jener Bibliothek für die Verbesserung der Texte einer großen Anzahl lateinischer Schriftsteller (von Griechen hat er nur das στρατηγιϰός betitelte Büchlein des Kriegsschriftstellers Onosandros, Heidelberg 1600, herausgegeben) nutzbar machte. Allerdings hat er diese und andere ihm von auswärtigen Bibliotheken zugekommene Hülfsmittel nur sporadisch, ohne strenge Consequenz und ohne jene genaueren Angaben der Lesarten, welche es anderen Gelehrten möglich machen, die Thätigkeit des Kritikers zu controliren, benutzt; allein diesen Mangel theilt er mit allen Kritikern jener Zeit. Wenn man ferner ihm auch weder Schärfe des Urtheils noch glückliche Divinationsgabe nachrühmen kann, so muß doch anerkannt werden, daß er durch seinen Eifer in der Herbeischaffung und Verwerthung der handschriftlichen Hülfsmittel die Herstellung der Texte in den von ihm besorgten Ausgaben durchgängig um ein Bedeutendes gefördert hat. Die von ihm meist in wiederholten Ausgaben bearbeiteten Schriftsteller sind folgende: „Seneca“, Heidelberg 1593 (andere Exemplare tragen, wie dies häufig bei den Gruter’schen Ausgaben der Fall ist, die Jahrzahl 1594), ed. II. 1603 (1604). „Plauti Querolus sive Aulularia ad Camerarii codicem veterem denuo collata; eadem a Vitale Blesensi elegiaco carmine reddita et nunc primum publicata“. Heidelberg 1595. „Martialis“, Frankfurt 1596, vielfach verbessert ebdas. 1602. „Florus“, Heidelberg 1597. „L. Annaei Senecae tragoediae. L. Annaei Senecae et P. Syri mimi, forsan et aliorum singulares sententiae“, Heidelberg 1604. „Velleius Paterculus“, Frankfurt 1607. Sallustius, ebds. 1607. „Tacitus“ ebds. 1607. „XII Panegyrici veteres“, ebds. 1607. „Livius“, ebds. 1609, wiederholt 1619, vermehrt mit notae criticae 1627. „Historiae Augustae scriptores latini minores a Julio fere Caesare ad Carolum Magnum“, 2 Bde., Hanau 1611 (1610), (Bd. I enthält Florus, Vellejus, Suetonius und die Scriptores historiae Augustae; Bd. II Ammianus Marcellinus, Messalla Corvinus de progenie Augusti, Julius Exsuperantius, Aurelius Victor, Paullus Diaconus et Landulphus Sagax auctores historiae miscellae, Jornandes de regnorum ac temporum successione und de rebus Geticis, Paullus Warnefridus de gestis Langobardorum, Sextus Rufus; dazu Gruter's Notae zu sämmtlichen in beiden Bänden gedruckten Texten und einen reichhaltigen Index). — Plinii epistolarum libri X“. Frankfurt 1611. „Cicero“ II Bde., Hamburg 1618 (mit Benutzung des von J. Gulielmius gesammelten handschriftlichen Apparates und der Bemerkungen desselben). „Plautus“ (mit Taubmann's Commentar), Wittenberg 1621: die letztgenannte Ausgabe enthält eine Reihe hämischer Bemerkungen gegen die Ausgabe des Plautus von Philipp Pareus, gegen dessen Erstlingsschrift, die „Electa Plautina“ (Neustadt 1617) G. im J. 1619 eine grobe pseudonyme Schmähschrift unter dem Titel „Asini Cumani fraterculus e Plauti electis electus per Eustathium Swartium“ veröffentlicht hatte. Ungedruckt blieben seine „Suspiciones in Statii Thebaidem“, von denen F. Hand in einem Programm der Universität Jena zum 1. Februar 1851 eine Probe (Jani Gruteri suspiciones in Statii Theb. libr. I cum animadversionibus F. Handii) bekannt gemacht hat. Nur der Vollständigkeit halber erwähnen wir noch Gruter's „Discursus politici in C. Cornelium Tacitum“, Heidelberg 1604 (eine Art sachlicher Commentar in Form weitschweifiger Excurse zu einzelnen Stellen des Tacitus), ferner das umfängliche rein compilatorische Werk über die politische und Kirchen-Geschichte von Christi Geburt bis zum J. 1613, das er unter dem Titel „Chronicon Chronicorum ecclesiastico-politicum collectore Johanne Gualterio Belga“, Frankfurt 1614 in 4 Bänden erscheinen ließ; das zahlreiche Abhandlungen verschiedener Gelehrten des 15. und 16. Jahrhunderts, ohne eigene Zuthaten Gruter's, umfassende Sammelwerk „Lampas sive fax artium liberalium h. e. thesaurus criticus in quo infinitis locis theologorum, philosophorum, oratorum, historicorum, poetarum, grammaticorum scripta supplentur, corriguntur, illustrantur, notantur“, Frankfurt 1602—12, 6 Bände (ein siebenter ist 1634 von J. Ph. Pareus hinzugefügt worden); die Sammlung von Denksprüchen und Sprüchwörtern in den verschiedensten Sprachen, welche er unter dem Titel „Florilegium ethico-politicum — accedunt gnomae paroemiaeque Graecorum, item proverbia Germanica, Italica, Belgica, Gallica, Hispanica“, Frankfurt 1610, und die Sammlungen neulateinischer Dichtungen von Italienern, Franzosen und Niederländern, die er unter dem Pseudonym Ranutius Gherus als „Deliciae poetarum Italorum, Gallorum, Belgicorum“ (im Ganzen 9 Bände, Frankfurt 1608—14) herausgegeben hat. — Dasjenige Werk, welches G. bei Mit- und Nachwelt wol den größten Ruhm und Dank eingebracht hat, ist die große Sammlung lateinischer und griechischer Inschriften (der auch einige umbrische und gothische Sprachdenkmäler eingefügt und die tachygraphischen Noten der Römer angehängt sind), welche er auf Anregung und unter thätiger Mitwirkung Joseph Scaliger's (der nicht nur einen großen Theil des Materials geliefert, sondern auch bei der Ausarbeitung des Werkes G. fortwährend durch briefliche Mittheilungen unterstützt und geleitet, endlich die trefflichen der Sammlung beigegebenen 24 Indices angefertigt hat) und mit Unterstützung einiger anderer Gelehrten, besonders des Augsburgers Marcus Welser, veröffentlicht hat unter dem Titel „Inscriptiones antiquae totius orbis Romani in corpus absolutissimum redactae ingenio ac cura Jani Gruteri: auspiciis Josephi Scaligeriac Marci Velseri. Ex officina Commeliniana“, 2 Bde., 1602 und 1603. (In einer zweiten Ausgabe ohne Jahresangabe [1616] sind nur der Titel, die Dedication und die Vorrede des ersten Bandes neu gedruckt und verändert, alles Uebrige ist völlig unverändert geblieben.) — Ein schwerer Schlag für G. war die Erstürmung von Heidelberg durch die Truppen Tilly's am 16.—19. Septbr. 1622 und die Wegführung der Bibliotheca Palatina, mit welcher zugleich auch der größte Theil der Privatbibliothek Gruter's dem Sieger als Beute zugefallen war. G., der sich beim Heranrücken der Feinde zu seinem Schwiegersohne Oswald Smend nach Bretten, von da nach Tübingen, von da wieder nach Bretten geflüchtet hatte, kehrte einige Zeit nach dem Abzug der Feinde nach Heidelberg zurück und kaufte sich ein Landhaus in der Nähe der Stadt, wo er hauptsächlich mit Gartenbau beschäftigt lebte; an schriftstellerischen Arbeiten hat er, abgesehen von der oben erwähnten dritten Ausgabe seines Livius, nur noch einen zweiten Theil der Gnomensammlung ("Florilegii magni seu Polyantheae tomus II“, Straßburg 1624) und eine von ihm während seiner Verbannung aus Heidelberg zusammengestellte Sammlung von Spruchversen nach alphabetischer Ordnung der Stichworte ("Bibliotheca exulum seu enchiridion divinae humanaeque prudentiae“, Frankfurt 1625) veröffentlicht. Er starb während eines Besuches bei seinem Schwiegersohne auf dessen Landhause Berhelden auf dem Capellenberge am 20. September 1627.

    • Literatur

      Fr. Herm. Flaydes, Vita, mors et opera maximi virorum Jani Gruteri, Tübingen 1528. Balth. Venator, Panegyricus Jano Grutero scriptus, Genf 1531. (Diese beiden sehr wortreichen, aber an thatsächlichen Mittheilungen sehr armen, von maßloser Bewunderung Gruter's überfließenden Lobschriften sind wiedergedruckt hinter Jani Gruteri Discursus politici in C. Corn. Tacitum et notae maxima ex parte politicae in T. Livium Patavinum historicorum principes, Leipzig 1679.) — F. A. Eckstein in der Allgem. Encyklopädie der Wiss. u. K., S. I, Bd. 95, S. 356 ff.

  • Autor/in

    Bursian.
  • Zitierweise

    Bursian, Conrad, "Gruter, Jan" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 68-71 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115672060.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA