Lebensdaten
1549 – 1622
Geburtsort
Paris
Sterbeort
Straßburg
Beruf/Funktion
Jurist ; Philologe
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 100154042 | OGND | VIAF: 41966487
Namensvarianten
  • Godefroy, Denis
  • Godefroy, Dionysius
  • Godefroy, Denys
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Zitierweise

Gothofredus, Dionysius, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd100154042.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus alter franz. Adelsfam.;
    V Léon, Herr von Guignecourt;
    M Marie Lourdel Fauchet;
    1578 Denise de Saint-Yon;
    5 K, u. a. Théodore (1580–1649), franz. Historiker u. Diplomat, Jacques (Jacobus) (1587–1652), Prof. d. röm. Rechts in Genf, seinen V an wiss. Bedeutung überragend, Hrsg. d. Cod. Theodosianus;
    E Denis u. Ur-E Denis, beide franz. Historiker; verwandtschaftl. Beziehungen zu d. berühmten Bibliophilen u. Historiker Jacques-Auguste de Thou (1553–1617).

  • Biographie

    G. studierte in Löwen, Köln und Heidelberg. Er war in Löwen Schüler des fortschrittlichen bedeutenden Rechtslehrers Ramus. Nach Abschluß seiner Studien war er wahrscheinlich einige Zeit als Advokat am Pariser Cour de Parlament tätig. Infolge seines Übertritts zum Calvinismus mußte G. 1579 Paris verlassen. Er begab sich nach Genf, wo er 10 Jahre als Professor für römisches Recht hochangesehen lehrte, das Genfer Bürgerrecht erhielt und 1587 in den Rat der Zweihundert aufgenommen wurde. Wahrscheinlich stammen aus der Genfer Zeit persönliche Beziehungen zu Johannes Althusius. 1589 wurde G. von Heinrich IV. zum grand bailli (Gouverneur) von Gex, Ternier und Gaillard (heute im Departement Ain, nahe Genf am Fuße des Jura gelegen) ernannt, konnte jedoch dieses Amt nur kurze Zeit verwalten. Er mußte, von savoyischen Söldnern ausgeplündert, nach Basel fliehen, von wo er 1591 nach Straßburg berufen wurde. Straßburg beauftragte ihn 1594 mit einer Gesandtschaft beim französischen König Heinrich IV. Zahlreiche Universitäten suchten den inzwischen zu großem Ansehen gelangten Gelehrten für sich zu gewinnen, so sollte er in Altdorf die Nachfolge des Donellus, in Bourges diejenige des Cujas antreten. Schließlich entschloß sich G. 1600, nach Heidelberg zu gehen, kehrte jedoch noch einmal 1601 nach Straßburg zurück, um 1604 wieder einem Ruf nach Heidelberg zu folgen. Dort veranlaßte er eine Modernisierung der juristischen Lehrmethode. 1618 übernahm er noch einmal eine Gesandtschaft beim französischen König Ludwig XIII., diesmal im Auftrag des Pfalzgrafen Friedrich V., des Winterkönigs. Der politische Zusammenbruch des Pfalzgrafen nach der Schlacht am Weißen Berge überschattete auch das Lebensende G.. Er mußte 1621 vor den Truppen Tillys aus Heidelberg nach Straßburg fliehen.

    G. gehört zu der Gruppe rechtsgelehrter französischer Emigranten, die wegen ihres calvinistischen Glaubens Frankreich verlassen mußten und sich nach Deutschland wandten. Hier haben sie das deutsche Geistesleben im allgemeinen, die deutsche Rechtswissenschaft und den juristischen Unterricht im besonderen, wesentlich beeinflußt. Sie waren Vertreter einer modernen „eleganten“ (humanistisch geschulten) Jurisprudenz und einer ihr entsprechenden Art des akademischen Unterrichts (mos Gallicus), nicht nur Juristen, sondern auch gelehrte Philologen. Die Bedeutung G. für die Rechtswissenschaft beruht in erster Linie auf seiner Herausgabe des Corpus juris civilis. Sie umfaßte erstmals alle Bücher des Justinianischen Gesetzgebungswerkes und|war von G. mit einem Kommentar versehen, der vor allem in der Praxis großes Ansehen genoß. In unzählig vielen Auflagen wurde das Werk seit seinem ersten Erscheinen 1583 bis in das 18. Jahrhundert hinein immer wieder nachgedruckt. Trotz mancher Schwächen – insbesondere wurde die Heranziehung sich widersprechender Stellen in den Noten ohne Erklärung des Widerspruchs gerügt – behauptete es seine führende Stellung zwei Jahrhunderte hindurch. Es kennzeichnet G. nicht als genialen Juristen, aber als einen philologisch geschulten Gelehrten, dessen emsiger Fleiß das von den vorangegangenen Generationen überkommene humanistische Wissen sorgfältig gesammelt und für das Verständnis des römischen Rechts fruchtbar gemacht hat. Stintzing sieht in G. einen Epigonen, aber auch zugleich einen großen Polyhistor. Infolge der modernen Ausgabe des Corpus juris civilis von Theodor Mommsen und Paul Krüger (1899 ff.) geriet G. in Vergessenheit.

  • Werke

    u. a. Corpus juris civilis, cum notis, Lyon 1583, immer wieder aufgelegt, berühmt 2 Elzeviersche Ausgg. ohne Noten, Amsterdam 1664 ff.;
    neben d. zahlr. jur. Werken 2 philolog.: Notae in M. T. Ciceronem, Lyon 1588, 1590;
    Authores Latinae linguae in unum redacti corpus, cum notis, Genf 1595, 1602, 1622. - Verz. b. Jugler u. Haag, s. L.

  • Literatur

    ADB IX;
    J. F. Jugler. Btrr. z. jur. Biogr. VI, Leipzig 1780, S. 240 ff., 381 (W);
    Eugen u. Émile Haag, La France Protestante V, Paris 1855, S. 283 ff. (W);
    Marquis de Godefroy-Méniglaise, Les savants Godefroy, Paris 1873;
    O. Stobbe, Gesch. d. dt. Rechtsqu. II, 1864, S. 15;
    F. Wieacker, Privatrechtsgesch. d. Neuzeit, 1952, S. 81, 87, 113;
    Stintzing-Landsberg I, S. 208 f., 386 ff., 768;
    Enc. Italiana XVII, Mailand 1933, S. 454;
    Larousse du XXe Siècle III, Paris 1941, S. 812;
    Enc. of the Social Sciences VI, New York 1950, S. 684 f.;
    Enc. Hoepli III, Mailand 1956, S. 957;
    Enc. Britannica X, Chicago 1959, S. 460 f. (Lexika auch f. Fam.).

  • Porträts

    Kupf. (Veste Coburg).

  • Autor/in

    Hans Liermann
  • Zitierweise

    Liermann, Hans, "Gothofredus, Dionysius" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 656-657 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100154042.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gothofredus: Dionysius G. (Denys Godefroy), berühmter Rechtsgelehrter, wurde geboren am 17. October 1549 zu Paris, studirte daselbst unter Baudouin ( 1573), in Löwen, Köln und Heidelberg, dann vielleicht kurze Zeit Advocat an der Pariser Cour de Parlament, wandte sich, trotz seiner verwandtschaftlichen Beziehungen namentlich mit den de Thou und stets Frankreich und seinen Königen ergeben, dem Calvinismus zu. Er ging 1579 mit seiner Gattin Denyse de Sainct-Yon nach Genf, wo er, bei 500 Florins (nach Heyer = 235 Francs) und freier Wohnung, neben Pacius über römisches Recht las und an seinem „Corpus jur. civilis“ zu arbeiten begann. 1580 durch Verleihung des Bürgerrechts geehrt, trat er 1587 in den Rath der Zweihundert ein. 1589 durch Heinrich IV. zum grand bailli de Gex, Ternier et Gaillard ernannt, mußte er schon nach fünf Monaten, da sein Haus durch die savoischen Truppen zerstört, seine Bibliothek verbrannt war, für einige Zeit nach Basel flüchten, bis er 1591 Anstellung in Straßburg erhielt, wo seine Vorlesungen großen Beifall fanden. Ehrenvolle Rufe nach Altorf, Franeker und Montpellier lehnte er ab und trat eine durch die Bemühungen de Thou's für ihn erlangte Rathsstelle am Pariser Parlament gegen 1000 Thaler an einen Protestanten d'Allicoust ab, indem er vorzog, einem Rufe des Pfalzgrafen nach Heidelberg zu folgen. Allein er fand hier nicht alles, wie er gehofft, nahm deshalb schon nach einem Jahre (1601) eine Stelle in Straßburg an mit 450 Florins (= 1000 Francs) Gehalt, freier Wohnung und 50 Viertel-Malter Getreide. Nachdem er neue Anerbieten eines Lehrstuhls in Bourges (wo Cujas 1590 gestorben) und Genf schließlich abgelehnt, zog es ihn wieder nach Heidelberg, wo er denn auch trotz weiterer Rufe nach Franeker, Angers, Valence blieb, wahrscheinlich aus Besorgniß, mit den Jesuiten in Frankreich in Conflict zu gerathen. Da die Erziehung seiner fünf Kinder viel gekostet, er wol auch sonst bei seinen Arbeiten|den ökonomischen Fragen nicht besondere Aufmerksamkeit hatte schenken können, er auch schwer von Heidelberg aus die Nachdrucker seiner Werke in Frankreich im Auge behielt, wäre ihm eine Anstellung in Frankreich recht erwünscht gewesen und trug er sich mit manchen Plänen finanzieller Reformen in der Hauptstadt. Wie er 1594 von Straßburg und dem Markgrafen von Brandenburg an Heinrich IV., so wurde er 1618 vom Pfalzgrafen, der ihn in seinen Rath berufen, an Louis XIII. abgesandt, bei dem er eine glänzende Aufnahme fand. Der ausbrechende Krieg, in welchem Heidelberg 1621 zerstört wurde, zwang ihn nach Straßburg zu flüchten, wo er langsam hinsiechte. Er starb in dem Hause seines Freundes Bernegger am 7. September 1622 und hielt dieser auch die glänzende Leichenrede (in Ant. Loisel, Opuscules, 1652, p. 584). Ein schönes Zeugniß seines edlen Sinnes und seiner treuen Liebe zu Frau und Kindern ist sein Testament vom 7. Januar 1622 (S. 35—37 der unten citirten Schrift des letzten männlichen Nachkommens der Godefroy, Marquis de Godesroy-Ménilglaise). Von seinen zahlreichen Schriften (deren Liste bei Jugler, Beiträge, 6, 246—263, Senebier, Hist. littér. de Genève, 1786, II. 3—6, und Haag. La France protestante, tome V. [1855] 285—288, einzusehen) sind hauptsächlich zu nennen seine heute noch berühmte und benutzte Ausgabe des „Corpus juris civilis cum notis“, Lugd. 1583 u. öfter (die besten Genf 1624 von Jacobus Gothofredus besorgt und die von Simon van Leeuwen, Amst. 1663; dazu G. A. Struve „D. Gothofredi Immo“, Francof. 1696 — ohne Noten die Elzevir’schen Ausgaben von 1664 ("pars secundus"), 1681, 1687 und 1700, vgl. Spangenberg, Einleitung, S. 839 ff. — „Paratitla, variae lectiones et nomenclator graecus ad Constantini Harmenopuli Promptuarium juris, interprete Jo. Mercero", Genev. 1587.„Antiquae hist. ex XXVII authoribus contextae libri VI", Basil. 1590, Lugd. 1591, Argent. 1604.„Praxis jur. civilis", Francof. 1591.„Autbores latinae linguae S. Gerv." (Genev.) 1595, 1602, 1622.„Consuetudines civitatum et provinciarum Galliae“, Francof. 1597.„Institutiones Theophilo antecessore graeco interprete“, Genev. 1620. — Briefe von ihm im British Museum, auf den Bibliotheken von Basel und Paris; sein Porträt auf der Genfer Bibliothek, auf der École de droit in Paris, im historischen Museum von Versailles, in Freher, Theatrum.

    • Literatur

      Les savants Godefroy. Mémoires d'une famille pendant les XVI., XVII. et XVIII. siècles, Paris 1873, p. 21—63.
      Dictionnaire biographique des Genevois et Vaudois par Montet, Lausanne 1877, t. I.
      Stobbe, Gesch. d. deutschen Rechtsquellen, I. 606, II. 15. —
      Rivier in der Jenaer Litt. Ztg., 1874, S. 211. 212.

    • Korrektur

      Korrektur: In der Handbibliothek des Kgl. Sächs. Hauptstaatsarchivs (Ke 930) befindet sich das Dedicationsexemplar für den Kurfürsten Johann Georg I. zu Sachsen der Schrift: De tutelis electoralibus testamentariis legitimas excludentibus, libri VI (1611).

      Auch die zwei Jahre später hierauf erschienene Gegenschrift Johann Zechlin's wird daselbst aufbewahrt.

  • Autor/in

    Teichmann.
  • Zitierweise

    Fürstenau, Moritz, "Gothofredus, Dionysius" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 448 r-448 s [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100154042.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA