Lebensdaten
1877 – 1939
Geburtsort
Anklam/Peene (Landkreis Ostvorpommern)
Sterbeort
Oslo (Norwegen)
Beruf/Funktion
Kommunalpolitiker ; Oberbürgermeister von Danzig und Berlin
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118750755 | OGND | VIAF: 15565065
Namensvarianten
  • Sahm, Heinrich Friedrich Wilhelm Martin
  • Sahm, Heinrich
  • Sahm, Heinrich Friedrich Wilhelm Martin

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Zitierweise

Sahm, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750755.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus ostpreuß. Handwerkerfam. d. Samlands, d. seit Ende d. 18. Jh. in Vorpommern ansässig ist;
    V Heinrich (1837–1901), Nadler u. Kurzwarenhändler in A., S d. Johann (1802–53), Reifschläger u. Seiler in A., u. d. Wilhelmine Menzel (1804-64), aus Demmin;
    M Wilhelmine (Minna) (1843–1920), T d. Josef Schußmann (1809–76), aus Lauingen (Deister), Bürstenmacher in Greifswald, u. d. Justine Lietke (1813–65);
    Ur-Gvv Johann, Reifschläger u. Seiler, kam zw. 1759 u. 1798 aus Ostpreußen nach A.;
    Berlin 1906 Dorothea (Dora) (1883–1964), T d. Heinrich Rolffs (1846–1932), aus Lippspringe (Westfalen), Apotheker in Weidenau b. Siegen, später in Stettin, u. d. Adele Tiemann (1850–1932);
    2 S, 2 T, u. a. Marianne (1907-88, 1927 Ulrich Wilhelm Gf. Schwerin v. Schwanenfeld, 1902-44 [hingerichtet], Landwirt u. Offz., s. Lex. d. Widerstandes; Munzinger], Detlef (1910–41), Dr., Kaufm., Ulrich (* 1917), Dr. iur., Dipl., 1969-72 Min.dir. im Bundeskanzleramt (Unterhändler b. Treffen Brandt-Stoph), 1972-82 Botschafter in Moskau, Ankara u. Genf (s. Munzinger; W, L);
    E Wilhelm Gf. Schwerin v. Schwanenfeld (* 1929), Landwirt, Präs. d. Johanniter-Unfallhilfe (s. Wi. 1995), Christoph Gf. Schwerin v. Schwanenfeld (1933–96), Schriftst., Sekr. v. Paul Celan.

  • Biographie

    S. studierte nach dem Abitur 1896 am Gymnasium zu Anklam in München, Berlin und Greifswald Rechts- und Staatswissenschaften. Das Referendarexamen bestand er 1900 in Stettin, das Assessorexamen 1904 in Berlin. Nach erster Verwaltungserfahrung als Magistratsassessor in Stettin 1905 wurde er 1906 zum hauptamtlichen Stadtrat in Magdeburg gewählt. 1912 folgte die Wahl zum (zweiten) Bürgermeister in Bochum. Während des 1. Weltkriegs war er 1915-18 Kommunalreferent in der dt. Zivilverwaltung Warschaus, daneben 1918/19 Geschäftsführer des Preuß. und Dt. Städtetages. Im Febr. 1919 wurde S. zum Oberbürgermeister von Danzig gewählt. Auch nach der Abtrennung vom Reich blieb S. in der dem Völkerbund unterstellten „Freien Stadt Danzig“ und stand als parteiloser Bürgerlicher 1920-30 drei überparteilichen Senaten als Präsident vor. Die Maxime seiner Politik war, Danzig „dem Deutschtum zu erhalten“. Reisen zum Völkerbund, Verhandlungen mit Polen und ein Staatsbesuch in der Sowjetunion machten ihn zu einem Akteur auf der diplomatischen Bühne. Das Verhältnis zu Polen war durch Kompetenzstreitigkeiten, etwa 1925 über das Anbringen poln. Briefkästen im Stadtgebiet oder die Begrüßung einlaufender ausländischer Schiffe, gekennzeichnet. Der 3. Senat S.s wurde 1930 von Deutschnationalen und Nationalsozialisten gestürzt, nachdem S. 1929 eine Veranstaltung des Stahlhelm in Danzig untersagt hatte.

    Am 14.4.1931 wurde der überparteilich akzeptierte S. gegen die Stimmen von DNVP und KPD bei Enthaltung der NSDAP (in Nachfolge v. Gustav Böß, 1873–1946) zum Oberbürgermeister von Berlin gewählt, in dessen Stadtverordnetenversammlung SPD und KPD seit 1929 die Mehrheit bildeten. 1932 organisierte er den 2. Reichspräsidentenwahlkampf Paul v. Hindenburgs. Obwohl S. in Danzig ständiger Kritik der Nationalsozialisten ausgesetzt gewesen war, trat er im April 1933 der NSDAP bei. Die Nationalsozialisten stellten ihm Julius Lippert (1895–1956) als Staatskommissar zur Seite und drängten ihn so zum Rücktritt (9.12.1935). 1937 wurde S. zum dt. Gesandten in Norwegen ernannt.

    S., von Zeitgenossen als ehrgeizig und entscheidungsschwach („Lang-Sahm“) beschrieben, akzeptierte die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen nach 1918, obwohl dem Modernen durchaus aufgeschlossen, nur zögernd und täuschte sich so auch über den verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus. Politische Entlassungen von Sozialdemokraten und Juden trug S. seit 1933 mit. Als Gesandter setzte er sich über Weisungen hinsichtlich der Überwachung politischer Emigranten, darunter Willy Brandt, hinweg. Am 21.8.2001 erkannte ihm der Senat von Berlin sein Ehrengrab ab, da S. „alle Maßnahmen zur Beseitigung demokratischer Einrichtungen mitgetragen“ habe und „neben seiner NSDAP-Mitgliedschaft bis zu seinem Tod Gesandter des NS-Regimes in Norwegen“ gewesen sei.|

  • Auszeichnungen

    E. K. II (1917);
    Rotkreuz-Ehrenzeichen;
    Dr.-Ing. E. h. (TH Danzig 1924);
    Dr. iur. h. c. (Königsberg 1928);
    Ehrensenator d. Univ. Tübingen (1928): preuß. Staatsrat (Juni 1933);
    Mitgl. d. Ak. f. Dt. Recht (1933) u. d. Senats d. KWG (1932–37).

  • Werke

    Die Entwicklung d. Hospitals St. Georgi zu Magdeburg in d. Zeit v. 1860-1910, 1911;
    Magdeburg, 1912 (mit H. Reimarus u. Erwin Stein);
    Entwurf v. Bestimmungen f. d. Friedensvertrag über d. Zugang Polens z. Meer, 1919;
    Entwurf e. Vfg. f. d. Freie u. Hansestadt Danzig, 1919;
    Materialien z. Gesch. d. Freien Stadl Danzig, 1930 (Nachdr. 1979);
    Erinnerungen aus meinen Danziger J., 1919–1930, 1955 (hg. u. mit e. biogr. Vorwort v. Ulrich Sahm);
    |

  • Nachlass

    Nachlaß: Hauptnachlaß während d. Krieges verlorengegangen, Teile (Mss., Tagebücher) b. Nachlaß Fam. Sahm, BA Koblenz; teilw. auch Duplikate im LandesA Berlin; Dok. zu d. Beziehungen Danzig-Reich u. Berr. S.s als Gesandter in Norwegen im Pol. Archiv d. Auswärtigen Amtes, Berlin (teilweise abgedr. in: Akten z. dt. ausw. Pol. 1918-1945).

  • Literatur

    E. Kaeber, Die Oberbürgermeister Berlins seit d. Steinschen Städteordnung, in: Jb. d. Ver. f. d. Gesch. Berlins, 1952, S. 108-14;
    E. Ziehm, Aus meiner pol. Arbeit in Danzig 1914-1939, 1957, S. 48;
    H. Sprenger, H. S., Kommunalpol. u. Staatsmann, 1969 (W-Verz., P);
    R. Ruhnau, Danzig, Gesch. e. dt. Stadt, 1971, S. 86-96 (P);
    ders., Die Freie Stadt Danzig 1919-1939, 1979, S. 14-21, 87-93 (P);
    H. J. Reichhardt, Berlin in d. Weimarer Rep., 1979, S. 107-18 (P);
    W. Ramonat, Der Völkerbund u. d. Freie Stadt Danzig 1920-1934, 1979, S. 389 f.;
    F. C. A. Lange, Groß-Berliner Tageb. 1920-1933, ²1982, S. 158 f., 164 ff., 178 f.;
    W. Brandt, Links u. frei, 1982, S. 264 f.;
    Gh. Engeli, Berlin u. d. Provinz Brandenburg 1933-1945, in: Verw.gesch. Ostdtld.s 1815-1945, 1992, S. 824 (P);
    Ulrich Sahm, „Diplomaten taugen nichts“, Aus d. Leben e. Staatsdieners, 1994, S. 13-14,52 ff., 56 ff.;
    F. Fuchs, Die Beziehungen zw. d. Freien Stadt Danzig u. d. Dt. Reich in d Zeit v. 1920 bis 1939, 1999, S. 16, 23-26;
    Das Dt. Führerlex., 1934 (P);
    Wi (1928, 1935);
    Rhdb. (P);
    Ulrich Sahm, in: Altpreuß. Biogrr. II;
    M. Mechow, Namhafte CCer, Kurzbiogrr. verdienter Landsmannschafter u. Turnerschafter, in: Historia Academica 8/9, 1976, S. 227-30;
    Ostdt. Gedenktage, 1989, S. 163-65 (W, L, P);
    Jeserich-Neuhaus (Qu, L, P);
    Mitgl.verz. d. KWG, 1991 (P);
    M. Sönnichsen, in: W. Ribbe (Hg.), Stadtoberhäupter, Biogrr. Berliner Bgm. im 19. u. 20. Jh., 1992, S. 235-53 (P);
    E. Dorst, Berliner Biogr. Lex., 1993;
    – Eigene Archivstudien.

  • Porträts

    Ölgem. v. F. Pfuhle (verschollen, ehem. Danzig, Rathaus), O. Dix (1928, verschollen, ehem. Danzig, Kunstmus.;
    Abb. in: W. Wolfradt, Danziger Bildnisse v. Otto Dix, in: Der Cicerone XXI, 1929, 137), K. v. Kardorff, H. Gf. v. Luclcner u. L. v. König (Abb. in: B. Kroll, Leo v. König, 1941);
    Bronzebüste v. P. Gruson (Berlin, Rathaus; 1955 noch mit diesem Standort in Vollmer verz.; 2003 Verbleib nicht mehr feststellbar).

  • Autor/in

    Martin Otto
  • Zitierweise

    Otto, Martin, "Sahm, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 353-355 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750755.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA