Lebensdaten
1807 – 1848
Geburtsort
Köln
Sterbeort
Wien-Brigittenau
Beruf/Funktion
Politiker ; Publizist
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118511947 | OGND | VIAF: 27116900
Namensvarianten
  • Blum, Robert
  • Μπλουμ, Ρόμπερτ
  • Блум, Роберт
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Zitierweise

Blum, Robert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118511947.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Engelbert (1780–1815), zum Theologen bestimmt, dann Faßbinder, schließlich Fabrikaufseher, S des Faßbindermeisters Robert ( 1810) in Köln;
    M Katharina Brabender (in 2. Ehe verheiratet mit dem Schiffer Kasp. Georg Schilder in Köln);
    1) Leipzig 1838 Adelheid Mey (1819–38), 2) ebenda 1840 Eugenie (Jenny, evangelisch), T des Kattunfabrikanten Günther in Prag, Schw des Schriftstellers Johann Georg Günther, der mit Blum 1848 Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung und Mitherausgeber der „Reichstagszeitung“ war;
    3 S, 1 T (evangelisch), u. a. Hans (1841–1910), Rechtsanwalt, Historiker und Schriftsteller, 1867-71 nationalliberaler Reichstagsabgeordneter, 1871-79 Herausgeber des „Grenzboten“, Biograph seines Vaters, heftiger Gegner der Sozialdemokratie und Anhänger Bismarcks, Alfred (1847–1920), Eisenbahnfachmann;
    E Otto s. (1).

  • Biographie

    Der hochbegabte B., der bereits mit zehn Jahren an der Pfarrschule Mathematikunterricht gab, mußte aus Geldmangel mit 13 Jahren das Kölner Jesuitengymnasium verlassen. Da er wegen seiner seit der frühen Kindheit stark beeinträchtigten Sehkraft in keinem Handwerk vorwärtskommen konnte, diente er sich vom kaufmännischen Gehilfen (längere Aufenthalte in München und Berlin) und dann vom Theaterdiener in Köln durch zum Theatersekretär, -bibliothekar (1832-40) und -kassierer (1840-47) in Leipzig, nebenher durch Schriftstellerei seinen Unterhalt verbessernd. Dabei arbeitete er unermüdlich an der Erweiterung seiner Bildung und entwickelte sich mit einem zunächst schöngeistig orientierten Freundeskreis mehr und mehr zur politischen Betätigung hin. So wurde er seit 1839 in planmäßiger Zusammenarbeit mit der Landtagsopposition der rührigste Agitator Sachsens: Als mitreißender Redner und geschickter Publizist wie als ausgezeichneter Organisator wußte er trotz aller Schikanen der Behörden durch Petitionen und Adressen, Veranstaltung demonstrativer Feiern und Vereinsgründungen für die liberalen und nationalen Ideen zu werben. Vor allem aber gab er als einer der ersten in Deutschland der liberalen Bewegung einen relativ festen organisatorischen Zusammenhalt und knüpfte Verbindung mit den Gesinnungsgenossen in ganz Deutschland an. In ihrem Auftrag und mit ihrer Unterstützung konnte er 1847 eine eigene Verlagsbuchhandlung gründen. Ebenso diente sein Eintreten für den Deutschkatholizismus in erster Linie seinen politischen Zwecken, wie er auch mit den polnischen Freiheitskämpfern sympathisierte und sie unterstützte. Als sich auch in Sachsen die liberale Bewegung aufzuspalten begann, wurde B. mehr und mehr der Führer des radikalen Flügels, während der gemäßigte sich um Karl Biedermann sammelte. Jedoch hat allein B., als es bei den Leipziger Augustunruhen 1845 zu ungerechtfertigtem gewaltsamem Einschreiten des Militärs gekommen war, kraft seiner Popularität die empörte Leipziger Bevölkerung von Unbesonnenheiten zurückgehalten. Gleichwohl wurde ihm, der Ende desselben Jahres zum Stadtverordneten gewählt worden war, 1847 die Bestätigung als Stadtrat verweigert.

    Zu Beginn der Revolution trat B. zunächst gemeinsam mit Biedermann für liberale Reformen ein. In Frankfurt, wo er Vizepräsident des Vorparlaments wie des 50er-Ausschusses und dann in der Nationalversammlung u. a. Mitglied des Verfassungsausschusses war, gab er der Linken als erster Fraktion eine feste organisatorische Grundlage. Als Führer des “Deutschen Hofes“ bestimmte er weitgehend ihr taktisches Verhalten, so z. B. in der Polendebatte und bei der Ablehnung des Malmöer Waffenstillstandes; auch ihr Organ, die „Deutsche Reichstagszeitung“, wurde von ihm zusammen mit J. G. Günther und W. Schaffrath redigiert. In mehreren Reden trat er von Anfang an für ein konsequentes Festhalten am Prinzip der Volkssouveränität, ja für die Einführung der Republik - jedoch nur auf gesetzlichem Wege - ein. Während er dabei anfänglich allein der Frankfurter Nationalversammlung die Befugnis über die Verfassung zu bestimmen zugestand, beanspruchte er später, als sich die Linke in der Paulskirche immer weniger durchsetzen konnte, ein Zustimmungsrecht der einzelstaatlichen Landtage, in denen die Radikalen noch vielfach tonangebend waren. Auch spielte er während des Sommers mit der Hoffnung auf einen Krieg gegen Rußland, der Deutschland zur Einheit verhelfen und die Revolution weitertreiben sollte. Gedanklich war er überhaupt unklar und führte auch nicht über die sozialpolitischen Ideen der in dieser Hinsicht aufgeschlossenen Liberalen hinaus. Da er einerseits unbedingter Vertreter des Mehrheitsprinzips und damit Gegner einer Sezession der Linken wie auch jeder gewaltsamen Erhebung war, andererseits doch nicht von oft gehässigen Angriffen gegen die Mehrheit abstand, die seiner Meinung nach nicht mehr den wahren Volkswillen ausdrückte, verlor er mehr und mehr die Gefolgschaft der Linken, deren extremem Flügel er zu gemäßigt war, während er bei den weiter rechts Stehenden als „roter Republikaner“ galt. So war er in seiner Frankfurter Tätigkeit im Grunde festgefahren und zutiefst deprimiert über die Entwicklung der Revolution - wozu noch schwere finanzielle Sorgen um seine Familie kamen -, als er am 12.10. von der Linken zusammen mit J. Fröbel u. a. zur Überbringung einer Sympathieadresse nach dem aufständischen Wien abgeordnet wurde, dem die Anwesenheit der Delegierten einen starken Prestigegewinn bedeutete. B.s Hoffnungen auf die Wiener Erhebung wurden jedoch bald enttäuscht; er hat sich am Widerstand gegen Windischgrätz zwar durch Reden und Artikel wie auch gleich Fröbel als Hauptmann des „Corps d'élite“ beteiligt, indessen - von der Aussichtslosigkeit des Unternehmens überzeugt - bereits am 29.10. die Waffen abgelegt. Obwohl sich beide gleich nach ihrer Verhaftung (2.11.) auf ihre Unverletzlichkeit als Abgeordnete beriefen, wurde B. auf eine Anweisung Schwarzenbergs hin von Windischgrätz vor ein Kriegsgericht gestellt, am 8.11. zum Tode durch den Strang verurteilt und standrechtlich erschossen, während Fröbel begnadigt wurde.

    Die Erschießung B.s war ein rein politischer Akt: Schwarzenberg, beraten von einem persönlichen Feind B.s, dem ehemaligen österreichischen Generalkonsul in Leipzig, Alexander von Hübner, wollte in ihm den Exponenten des revolutionären Prinzips treffen und durch seine Hinrichtung die Frankfurter Nationalversammlung brüskieren. So ist das Ereignis, das - abgesehen von den ausgesprochen konservativen Kreisen - in ganz Deutschland ungeheure Entrüstung auslöste (eine Nationalsammlung für die Hinterbliebenen ergab fast 40 000 Taler), zu einem Wendepunkt in der Geschichte des ersten deutschen Parlaments geworden, dessen völlige Machtlosigkeit nach der erzwungenen Anerkennung des Malmöer Waffenstillstands nun zum zweiten Mal dokumentiert war durch die gänzliche Fruchtlosigkeit des Protestes der Zentralgewalt bei der österreichischen Regierung. Wie sehr die Erschießung B.s zu der wachsenden Entfremdung zwischen Frankfurt und dem in seiner Eigenstaatlichkeit wiedererstarkenden Österreich, vor allem aber auch zur Radikalisierung der revolutionären Energien beigetragen hat, liegt auf der Hand. Auf Grund dieser Auswirkungen ist indessen B. als politische Persönlichkeit lange Zeit überschätzt worden: Seine Bedeutung liegt ausschließlich im Organisatorischen und in der Popularität als echter Volksführer und Märtyrer der Revolution von 1848, deren ganze Tragik sich in seinem Schicksal symbolisiert.

  • Werke

    Zahlr. Zeitungsartikel, Broschüren, Erzählungen, Gedichte u. Dramen (nur eines gedr.: Die Befreiung v. Candia, 1836);
    Ein Blick in d. Leben d. Erzgebirges, 1847 (Flugschr. üb. d. Teuerung);
    Hrsg.: Theaterlex., 7 Bde., 1839–42, ²1840-45 (mit H. Marggraff u. K. Herloßsohn, zahlr. Artikel v. B.);
    Sächs. Vaterlandsbll., 1840-45 (mit J. G. Günther);
    Verfassungsfreund, 1840-43 (Lieferungswerk, mit L. Steger);
    Vorwärts, 1843-47 (Taschenbuch, mit dems.);
    Offizielle Verhh. d. dt. - kath. Konzils in Leipzig, 23.-26.3.1845 (mit F. Wigard);
    Dt. - kath. Gesangbuch, 1845;
    Das volkstüml. Hdb. d. Staatswiss. u. Politik, Ein Staatslex. f. d. Volk, Bd. 1 u. 2, 1848-51 (verschiedene Artikel v. B.).

  • Literatur

    ADB II;
    H. Blum, R. B., Ein Zeit- u. Charakterbild f. d. dt. Volk, 1878 (W, L, P);
    ders., R. B. im Tageb. d. Gf. v. Hübner, in: Nord u. Süd, Bd. 58, 1891, S. 35-56;
    M. Schalck de la Faverie, R. B., in: Revue Rhénann, Jg. 3, 1923;
    W. Liebknecht, R. B. u. seine Zeit, 1888, ²1890, ³1896;
    L. Bergsträßer, Das Frankfurter Parlament in Briefen u. Tagebüchern, 1929;
    V. Valentin, Gesch. d. dt. Revolution 1848/49, 2 Bde., 1930/31 (vgl. a. d. dort verz. allg. u. Memoirenlit.);
    E. Heyne, Die öffentl. Meinung üb. B.s Erschießung, in: Wiss. Beil. d. Dresdner Anz., Jg. 9, 1932;
    H. Stengel, R. B. u. sein Kreis in d. Paulskirche, Diss. Erlangen 1948 (ungedr.);
    Kosch, Lit. -Lex. I (L);eine objektive, wiss. zuverlässige Biogr. fehlt. - Zu Hans B.:
    W. A. Hammer, in: BJ XV, S. 35-40 (W, u. Totenliste 1910, L);
    Kosch, Lit. -Lex. I (W).

  • Porträts

    Holzschnitte in: LIZ 6, 1846, Beil. v. 4.4., 11, 1848, S. 349;
    Gem. (Berlin [?], Slg. Hans B.), danach Holzschnitt in: LIZ 111, 1898, S. 655.

  • Autor/in

    Erich Angermann
  • Zitierweise

    Angermann, Erich, "Blum, Robert" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 322-324 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118511947.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Blum: Robert B., Schriftsteller und politischer Agitator, wurde 10. Nov. 1804 in Köln unter ärmlichen Verhältnissen geboren, 1848. Der Vater, erst verfehlter Theologe, dann Böttcher, konnte kaum das Nöthigste zum Unterhalt seiner Familie beschaffen, so daß diese häufig dem bittersten Mangel preisgegeben war. Robert, bereits 10 Jahre alt, hatte noch keinen Schulunterricht genossen, da die Eltern diesen nicht bezahlen konnten, dagegen wurde er von ihnen wiederholt zum Betteln angehalten, wogegen sich aber sein Gefühl stets sträubte. Erst jetzt nahm sich die Schwester des längst verstorbenen Vaters des verwahrlosten Knaben an und schickte ihn in die sogenannte Jesuitenschule. Der geistigen Richtung Blums wird in seiner Jugend eine mystisch-pietistische Lügenhaftigkeit, als Ausgeburt seiner reichen Phantasie, nachgesagt; doch bald verdrängte diese Gebilde der nüchterne Verstand. Als Meßdiener an der katholischen Kirche Groß-Martin erhielt er den ersten bescheidenen Verdienst, womit er die Seinen unterstützte. Dabei genoß er auch den freien Schulunterricht der Pfarrkirche. B. besuchte darauf das Jesuitengymnasium, da er aber die weiteren Mittel zum Studiren nicht erschwingen konnte, so mußte er zum Handwerk greifen und wählte das eines Goldschmiedes, dann wurde er, als ungeschickt vom Meister abgewiesen, Gärtnerlehrling. Nach der Lehrzeit ging B. auf die Wanderschaft, kehrte dann wieder nach Köln zurück, wo er in einer Laternenfabrik Arbeit fand. Der Besitzer beschäftigte ihn, als guten Rechner besonders, bald auf dem Comptoir, dann schickte er ihn auf Reisen. Später übersiedelte B. mit seinem Chef nach Berlin, wo er Gelegenheit hatte, sich geistig mehr auszubilden. Diese benutzte er bei seinem 16monatlichen Aufenthalt (1829—1830) in bester Weise und so legte er den Grund zu seinem späteren Wissen. Durch die Militärpflicht eine Zeit lang in seiner bisherigen Thätigkeit unterbrochen, befand sich B. bald wieder so mittellos, daß er genöthigt war, in seine Vaterstadt Köln zurückzukehren und hier die bescheidene Stelle eines Theaterdieners anzunehmen. B. hatte bereits die Schriftstellerbahn betreten und schon in Berlin Beiträge, meist Gedichte, zu|der damals von Saphir redigirten „Schnellpost“ geliefert. Auch in Köln setzte er sein Schreiben und Selbststudium fort, so wenig ihm auch in seiner Stellung Zeit übrig blieb. Die im J. 1830 in Deutschland eingetretene politische Bewegung hatte auf Blum's Feuerseele einen gewaltigen Einfluß, durch den er mehr zur Politik hingedrängt wurde. Seine Schwärmerei für die Freiheitsidee gab er vorzugsweise in seinen Gedichten kund. Dabei wagte er sich auf das Gebiet der Dramatik. Als in den Sommermonaten das Theater eingestellt wurde, verdingte sich B. bei einem Gerichtsvollzieher als Schreiber, mit monatlich 6 Thaler Gehalt, worauf er bei wieder beginnender Theatersaison abermals als Theaterdiener fungirte. Mit der Truppe ging B. später nach Leipzig, wo er nun einen anderen Wirkungskreis finden sollte. Der Theaterdirector ernannte ihn zum Secretair, Hülfscassirer und Bibliothekar bei seiner Truppe, worauf er 1840 Cassirer am Leipziger Stadttheater wurde, in welcher Stellung er bis 1847 verblieb. Hier setzte er seine schriftstellerische Thätigkeit nach mancher Richtung hin fort und stand auch mit der sehr gelesenen „Abend-Zeitung“ in näheren Beziehungen, die damals von Karl Winkler (Theodor Hell) redigirt wurde. Dann lieferte er auch Beiträge zu anderen beliebten Blättern, besonders zum „Kometen“ und zur „Zeitung für die elegante Welt“. Als Dramatiker war er bereits 1835 mit seinem Schauspiel „Die Befreiung von Candia“ vor die Oeffentlichkeit getreten. Auch schrieb er noch mehrere Novellen. Dann gab er ein „Theater-Lexikon“ heraus, das vielen Anklang fand und woran sich die Schriftsteller Marggraf und Herloßsohn mit betheiligten. Mit gleichem Eifer legte sich B. auch auf die Politik. Die in der zweiten Kammer mehr und mehr hervortretenden liberalen Kundgebungen übten auf ihn einen mächtigen Eindruck. Als öffentlicher Sprecher trat B. auf, als den Führern der Linken von der Menge öffentliche Huldigungen dargebracht wurden. B. strebte zugleich, das politische Leben auf die unteren Volksschichten mehr auszudehnen und diese dazu besser heran zu bilden, wozu eine faßliche Lectüre das meiste beitragen sollte. Er verband sich zu diesem Zwecke mit dem Litteraten Dr. Fr. Steger, mit dem er den „Verfassungsfreund“ herausgab, der aber von der Censur bald niedergehalten wurde. Darauf gaben Beide das Taschenbuch „Vorwärts“ heraus, von dem vier Jahrgänge mit einzelner Unterbrechung, veranlaßt durch die Censur, erschienen. Als im J. 1840 das Schillerfest in Leipzig gefeiert wurde, gründete man hier einen „Schillerverein“, bei dem B. Vorsitzender wurde. Ebenso betheiligte er sich an der Bewegung auf dem religiösen Gebiet, die aus Ronge's bekanntem Auftreten hervorging, in Wort und Schrift. Es erschienen in Bezug darauf seine Schriften: „Der Kampf zwischen Licht und Finsterniß", „Die Wunder des heiligen Rockes", „Rede bei der ersten Versammlung der Deutsch-Katholiken“. Auch gab er die Zeitschrift „Blätter für die Interessen der deutsch-katholischen Kirche“ heraus. B. wurde Deutschkatholik. Als im J. 1845 jener bedauerliche Vorfall vom 13. Aug. eintrat, indem bei der Anwesenheit des Prinzen Johann von Sachsen in der Weise Ruhestörungen vorkamen, daß vom Militair auf die Massen gefeuert wurde, gelang es B., diese zu beruhigen und auf dem Boden des Gesetzes zu erhalten. Darauf erhielt er von Leipzigern eine Dankadresse und wurde auch zum Stadtverordneten erwählt. Auf politischem Gebiete arbeitete er an der „Constitutionellen Staatsbürger-Zeitung" und als er die Stelle eines Theatercassirers 1844 aufgegeben hatte, gründete er eine Buchhandlung, aus der das „Staatslexikon für das deutsche Volk" hervorging. Mit Gleichgesinnten gründete er den „Redeübungsverein“. Der bedeutendste Wendepunkt in Blum's Leben sollte im J. 1848 eintreten: er warf sich der so gewaltig hervorbrechenden Bewegung völlig in die Arme. Um seiner Partei mehr Halt zu geben, bildete er den „Vaterlandsverein“, der bald zu 40000 Mitgliedern anwuchs, und ließ|dabei die unterdrückten „Vaterlandsblätter“ wieder erstehen. Von der Stadt Zwickau in das Vorparlament entsandt und zu einem der Präsidenten gewählt, beherrschte er durch sein energisches Auftreten, seine imponirende Gestalt, besonders aber seine kernigen Reden fast die ganze Versammlung. Weiterhin auch in das deutsche Parlament gewählt, suchte er als Führer der Linken die Aufgeregtesten in Schranken zu halten, wobei er mannigfach anstieß. Ein weiteres Zerwürfniß mit der äußersten Linken brachte ihn in eine noch schiefere Lage. Ruge behauptete nämlich, B. sei zu seiner Partei übergetreten, dem dieser vor einer zahlreichen Volksversammlung widersprach. Als sich nun doch herausstellte, daß B. mit der äußersten Linken in näheren Beziehungen gestanden und er dieses selbst schließlich zugeben mußte, so wurde das Vertrauen zu ihm noch mehr erschüttert und man zweifelte sogar an seiner politischen Redlichkeit. Auch gab sich bei ihm nicht selten ein Schwanken kund, und weiter wurde ihm zum Vorwurf gemacht, daß er nach verschiedenen Seiten hin, vielleicht durch Eitelkeit verleitet, geliebäugelt habe. Als die Nachricht von den Wiener Octobervorgängen in Frankfurt eintraf, beantragte B. mit einigen Anderen eine Adresse an die Wiener. Linke und äußerste Linke waren hierbei zusammengetreten und B. und Fröbel gewählt worden, die Adresse nach Wien zu überbringen, und beide trafen daselbst am 17. October ein. B. schloß sich der Aula an und nahm auch an den Kämpfen derselben Theil, als die bewaffnete Macht gegen Wien vorrückte und den Aufstand niederwarf. B., der die Mannschaften einer Batterie befehligt und diese mit vielem Muth vertheidigt hatte, wurde, als er sich wieder in sein Gasthaus begeben, daselbst verhaftet, vor ein Kriegsgericht gestellt und von diesem zum Strang verurtheilt. Nachdem aber dieses Urtheil gemildert worden war, wurde B. am Morgen des 9. November in der Brigittenau erschossen. Diese Hinrichtung erregte nach allen Seiten hin eine gewaltige Sensation, zumal sich B. vergeblich auf seine Stellung als Parlamentsmitglied berufen hatte. Von seinen Genossen, die ihm, als einem Märtyrer der Freiheit, ihre vollste Sympathie wieder zuwendeten, wurde für seine Hinterbliebenen eine Nationalsubscription veranstaltet, die gegen 40000 Thaler ergab. B. war unstreitig ein geistig befähigter Mann, dabei energisch und männlich muthig. Aber bei all seinem Streben, die Lücken seines Wissens möglichst auszufüllen und nachzuholen, was er in der Jugend versäumt, konnte ihm dies nicht gelingen, und so ging ihm auch die tiefere staatsmännische Kenntniß ab, die ihn in seiner hervorragenden Stellung hätte unterstützen müssen. Um so mehr stand ihm aber die Macht der Rede zu Gebote, die oft genug auch seine Gegner mit hinzureißen wußte. Der Ernst seiner Worte, verbunden mit Klarheit, Schärfe, aber auch Gemüthlichkeit, ergriff unwillkürlich das Innerste der Hörenden.

  • Autor/in

    v. Eelking.
  • Zitierweise

    Eelking, Max von, "Blum, Robert" in: Allgemeine Deutsche Biographie 2 (1875), S. 739-741 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118511947.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA