Lebensdaten
1578 – 1639
Geburtsort
Ehingen (Schwaben)
Sterbeort
Rom
Beruf/Funktion
Jesuit ; Dramatiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118510665 | OGND | VIAF: 29576425
Namensvarianten
  • Bidermann, Jakob
  • Bidermann, Jacob
  • Bidermann, Jakob
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Zitierweise

Bidermann, Jacob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118510665.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    B. besuchte seit 1586 das Augsburger Jesuitengymnasium, das durch Jakob Pontanus (Spanmüller) und Matthäus Rader seine poetische Begabung und theatralische Neigung weckte und entwickelte. Nach dem Noviziat in Landsberg (1594–96) wurde er 1596 in den Orden aufgenommen. In Ingolstadt studierte er Philosophie 1597-1600 und wurde 1600 Choragus (Regisseur) des Theaters des dortigen Kollegs. Als Lehrer wirkte er 1600-02 an seiner alten Schule unter dem Rektorat Raders, seines Lieblingslehrers und väterlichen Freundes. Hier schrieb er ein lateinisches Epos über den bethlehemitischen Kindermord „Herodias“ in 4000 Hexametern, eine Lebensbeschreibung seines Ordensstifters Ignatius, sowie den satirisch-didaktischen Roman „Utopia“ (beide 1604 abgeschlossen). Die Marianische Kongregation führte 1602 seinen „Cenodoxus“ mit großem Erfolg auf. Nach dem Studium|der Theologie (1603–06) in Ingolstadt lehrte er am Münchener Jesuitenkolleg 1604–14. Ihm unterstand auch die Leitung der Schulbühne, und für sie schrieb er die meisten seiner Dramen. Aufführungen sind belegt für 1606 S. Adrianus martyr, 1607 Belisar, 1609 Cenodoxus, 1613 Macarius, 1615 Josephus, Aegypti prorex. Sein Joannes Calybita wurde 1618 in Dillingen uraufgeführt (1621 auch in Neuburg) und 1619 ein Josaphat. B. war 1615 dorthin als Professor berufen, zunächst für Philosophie, 1618-26 für Theologie. Erst 1666 erschien eine Buchausgabe in München, „Ludi theatrales sacri“, der Cenodoxus fand einen Übersetzer in deutsche Knittelverse in Joachim Meichel (1625). B.s Laufbahn endete in Rom, wo er als Theologe und Zensor des Ordens wirkte.

    Seine eigentlichste Leistung sind seine Dramen. Sie sind erfüllt vom barocken Grunderlebnis der Vergänglichkeit und Nichtigkeit alles Irdischen, von der Ergriffenheit über die jähen Zusammenbrüche aller Menschenherrlichkeit. So sitzt schließlich Belisar geblendet als Bettler an der Straße, durch die er kürzlich als Triumphator zog. Cenodoxus, das Wunder an Gelehrtheit, wird vor Gottes Gericht wegen seines Eigendünkels verdammt, während seine Freunde dem Leichnam höchste Ehre erweisen. Das positive Gegenbild dazu zeigt Johannes Calybita, der den Reichtum des Elternhauses freiwillig verläßt, auf eine glänzende Laufbahn verzichtet und als unbekannter Bettler seine Selbstentäußerung standhaft bis zum Tode bewährt. B. legt auf die inneren Entscheidungen größtes Gewicht und verkörpert die verschiedenen Triebkräfte und ihr Streiten. Wirksam unterstützt Komik als Kontrast und Entlastung die aufrüttelnde Wucht des Geschehens. Die Mittel der Bühne werden zur Versinnlichung ausgiebig benutzt. Für das Auge gab es Prunk- und Massenszenen, für das Ohr musikalische Einlagen. B.s Dramen stellen die dramatisch bedeutendste Leistung des Jesuitenstückes auf deutschem Boden dar.

  • Werke

    Weitere W Epigrammatum libri III, Dillingen 1620;
    Herodias, Epos, Antwerpen 1622;
    Epigrammatum libri IV, Rom 1633;
    Heroum Epistulae, Rom 1633;
    Utopia, mehrmals, Dillingen 1640;
    Cenodoxus v. J. Meichel, Neudr. b. W. Flemming, in: Dt.Lit., Reihe Barockdrama II, 1930.

  • Literatur

    ADB II;K. v.
    Reinhardstöttner, Jesuitendrama in München, in: Jb. f. Münchner Gesch. 3, 1889, S. 88-97;
    M. Sadil (OSB), J. B., ein Dramatiker d. 17. Jh., Wien 1900;
    A. Dürrwächter, J. B. u. d. Jesuitentheater, in: Kultur 4, Wien 1903, S. 144 ff.;
    B. Duhr, Gesch. d. Jesuiten in d. Landen dt. Zunge II/2, 1907/13, S. 293 ff.;
    W. Flemming, Gesch. d. Jesuitentheaters, 1923, S. 37-44;
    B. Bischof (OSB), J. B.s „Calybita“, in: Lit. Jb. d. Görres-Ges. 4, 1929, S. 103-14;
    Joh. Müller, Das Jesuitendrama, 1930, I, S. 43 ff., II, S. 16-21;
    Dictionnaire d’Histoire et de Géographie Ecclésiastiques VIII, 1935, Sp. 1424 f.;
    s. a. Körner, S. 193.

  • Autor/in

    Willi Flemming
  • Zitierweise

    Flemming, Willi, "Bidermann, Jacob" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 218-219 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118510665.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Bidermann: Jakob B., neulatenischer Dichter, geb. zu Ehingen im J. 1577, zu Rom 1639. Nachdem er zu Dillingen und Augsburg (hier unter Leitung des Matth. Rader) die Humaniora betrieben, ging er 1594 ins Jesuitennoviciat zu Landsberg, lehrte dann einige Zeit in den niederen Schulen und wurde 1606 als Professor der Rhetorik an das Gymnasium zu München versetzt, welche Stelle er zehn Jahre lang mit großem Lobe bekleidete. In diese Periode fallen die meisten seiner dramatischen Arbeiten (ludi theatrales sacri, erst nach seinem Tode 1666 veröffentlicht). Als die besten darunter galten „Belisar" (1607), „Cenodoxus" (1609), „Joseph Aegyptius“ (1615), „Calybita“ (1618). Sie sind rasch hingeworfen, zeugen aber von großer Bühnenkenntniß und machten|ungemeinen Eindruck. Er ließ dieselben durch seine talentvollsten Schüler aufführen; der bairische Hof lieh gewöhnlich die Costüme und Herzog Max I. fand sich gerne unter den Zuschauern ein. — Im Spätherbste 1615 wurde B. von seinen Obern nach Dillingen berufen, wo er Theologie vorzutragen hatte; zu seiner Erholung beschäftigte er sich hier mit dem altdeutschen Kirchenliede und gab um 1620 ungenannt eine Sammlung solcher Lieder unter dem Titel: „Himmelglöcklein“ heraus. 1627 erschien davon die dritte Auflage „in der Academischen Truckerey bey Jacob Sermodi“. Abt Corner hat offenbar daraus geschöpft. 1624 erhielt B. einen Ruf nach Rom als Assistent seines Ordensgenerals. Er starb vom Schlage gerührt 20. Aug. 1639. An lateinischen Gedichten jeder Gattung war B. sehr fruchtbar und zeigt dabei anerkennenswerthen Geschmack. 1620 erschienen von ihm zwei Bücher „Epigrammata“, 1622 ein Epos „Herodias“, 1634 „Silvulae hendecasyllaborum“, 1633 und 1638 „Heroum et heroidum epistolae.“ An dem satirischen Romane „Utopia“, der das müssige Studentenleben persifflirt, einem von B. nachgelassenen Werke, beging ein gewisser Christ. Andre Hörl von Spärz bei Traunstein ein starkes Plagiat, indem er ihn unter dem Titel „Bacchusia oder Faßtnacht Land“ (München 1677) verdeutscht, als eigene Erfindung zum Besten gab.

    • Literatur

      Agricola-Kropf, Hist. prov. Soc. J. Germ. sup. tom. V. p. 453 s. Naumann's Serapeum 1864, S. 192 und 208.

  • Autor/in

    G. Westermayer.
  • Zitierweise

    Westermayer, Georg, "Bidermann, Jacob" in: Allgemeine Deutsche Biographie 2 (1875), S. 617-618 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118510665.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA