Lebensdaten
1647 – 1720
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
Tübingen
Beruf/Funktion
lutherischer Theologe ; Kanzler der Universität Tübingen
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 100181473 | OGND | VIAF: 76656778
Namensvarianten
  • Jäger, Johann Wolfgang
  • Jäger, Johann Wolfgang
  • Jaeger, Joannes Wolfgangus
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Zitierweise

Jäger, Johann Wolfgang, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd100181473.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Friedrich (1619–89), Kirchenrats-Expeditionsrat, S d. Bgm. Joh. Christoph in Brackenheim u. d. Margarethe Scheyhing;
    M Margarete Maurer (1622–80) aus St.;
    B Christian Friedrich ( 1715), Dir. d. Ritterak. in Erlangen;
    - 1) Tübingen 1679 Anna Magdalena (1652–1706), T d. Joh. Adam Osiander ( 1697), Prof. d. Theol., Kanzler d. Univ. Tübingen, u. d. Magdalene Schipper, 2) ebd. 1707 Maria Kath. (1669–1739), Wwe d. David Scheinemann (1662–1702), Prof. d. Rechte in T., T d. Albrecht Ludwig v. Gülich ( 1671), Kammergerichtsadvokat, u. d. Sophia Magdalene Stieber;
    2 T aus 1), u. a. Anna Magdalena ( Joh. David Frisch, 1676–1742, Prälat z. Adelberg, Stiftsprediger u. Konsistorialrat in St.).

  • Biographie

    J. besuchte die Klosterschulen Hirschau und Bebenhausen, dann das Stift in Tübingen (1669 Mag.). Im Febr. 1671 zum Stiftsrepetenten ernannt, trat er dieses Amt jedoch nicht an, da er zum Prinzen-Informator und Reise-Prediger der Söhne Eberhards III. an den Stuttgarter Hof beordert wurde. Dort blieb er bis 1678, um dann eine Professur in der phil. Fakultät Tübingen zu übernehmen, die er bis 1692 innehatte. Seit 1690 gleichzeitig auch Mitglied der theol. Fakultät, wurde er 1704 deren 1. Ordinarius und übernahm im selben Jahr das Kanzleramt der Universität, das er bis 1720 verwaltete. Daneben nahm er zahlreiche hohe kirchliche Ämter wahr.

    J. verdiente sich seine wissenschaftlichen Lorbeeren vor allem im Kampf gegen mytisch-chiliastische Lehrer wie Madame de Bourignon und P. Poiret, Jakob Böhme, Gottfried Arnold und Johann W. Petersen. Man hat ihn mit Recht zur „Übergangstheologie“ gerechnet (M. Brecht), die das orthodoxe altwürtt. Luthertum von zwei Seiten her erweichte und umstrukturierte. Er übernahm wie schon vor ihm der Tübinger Stiftspropst Chr. Wölfflin die ref. Föderaltheologie, näherte so die lutherische an die ref. Dogmatik an und bereitete damit u. a. auch den späteren Einfluß des coccejanisch-heilsgeschichtlichen (biblizistischen) Denkens auf die württ. Theologie, vor allem auf Bengel, vor. J. lehnte sich an das rationalistische Naturrechtssystem des Hugo Grotius an und verhalf dadurch neuen Ideen zum Eingang in die Tübinger Fakultät.

    Bei durchaus aufrichtiger persönlicher Hochachtung für Spener übersah er dessen Gefährdungen durch Mystizismus und Separatismus nicht und bekämpfte in Württemberg mit Entschiedenheit alle separatistischen und schwärmerischen Auswüchse des Pietismus in Lehre und Leben. J. trieb – mit Hilfe seiner guten Beziehungen zum Stuttgarter Hof – aktiv Kirchenpolitik und brachte u. a. 1715 den Entwurf eines Generalreskriptes, das von einer pietistenfreundlichen Gruppe im Stuttgarter Konsistorium ausgearbeitet worden war, durch persönliche Intervention beim Herzog zum Scheitern. Harte Polemik orthodoxer Observanz steht bei J. neben irenischen Zügen. Erstere trug ihm in der Literatur manche Kritik ein. Er hat aber in seinem „Compendium theologiae positivae …“, das 1702 amtlich in Württemberg eingeführt wurde und älteren Lehrbüchern von M. Hafenreffer und J. G. Sigwart ablöste, durchaus den Versuch gemacht, die erstarrte orthodoxe Dogmatik durch Übernahme der Föderalmethode und durch engeren Anschluß an die biblische Theologie zu überwinden. In dieser Hinsicht besteht Weizsäckers Urteil zu Recht: „Mit J. war ein neuer Geist und Ton in die Facultät eingezogen.“

  • Werke

    W Verz. in: Würt. Nebenstunden I, 1718, S. 1-71 (nach e. v. J. selbst verfaßten Ll.);
    vgl. auch: Jöcher II, 1828 f.

  • Literatur

    ADB 13;
    C. v. Weizsäcker, Lehrer u. Unterricht an d. ev.-theolog. Fac. d. Univ. Tübingen, 1877, S. 81 ff.;
    H. Hermelink, Gesch. d. ev. Kirche in Württemberg v. d. Ref. b. z. Gegenwart, 1949;
    Ch. Kolb, in: Bll. f. württ. KG 51, 1951, S. 56;
    W. Angerbauer, Das Kanzleramt an d. Univ. Tübingen u. s. Inhaber 1590-1817, 1971.

  • Porträts

    4 versch. Bildnisse (Stuttgart, Landesbibl.);
    Ölgem. v. C. Kayser, 1718 (Tübingen, Univ.).

  • Autor/in

    Gotthold Müller
  • Zitierweise

    Müller, Gotthold, "Jäger, Johann Wolfgang" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 269-270 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100181473.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Jäger: Johann Wolfgang J., Professor der Theologie und Kanzler der Universität Tübingen, wurde den 17. März 1647 zu Stuttgart geboren, wo sein Vater Kanzlei-Expeditionsrath war. Er besuchte zuerst das Gymnasium zu Stuttgart, dann die Klosterschule zu Hirschau und Bebenhausen, bezog, 16 Jahre alt zur Universität reif erklärt, die Hochschule Tübingen und studirte, in das theologische Stift aufgenommen, nebst Philologie und Philosophie, die theologischen Wissenschaften. Durch Fleiß und Fortschritte sich auszeichnend wurde er 1669 Magister und am 10. Februar 1671 zum Repetenten des theologischen Convicts ernannt. Diese Stelle anzutreten verhinderte ihn jedoch ein fürstlicher Befehl, der ihm die Stelle eines Informators bei dem älteren Prinzen Karl Maximilian und später auch (1676) bei dessen Bruder Georg Friedrich übertrug. Diese begleitete er vorerst als Erzieher auf die Universität Tübingen, machte dann mit denselben bis 1678 zugleich als Reiseprediger Reisen durch die Schweiz und Italien und begleitete sie 1678 als Feldprediger in das Lager nach Philippsburg. Zurückgekehrt erhielt er 1680 die außerordentliche Professur der Geographie und der lateinischen, dann 1681 die ordentliche der griechischen Sprache zu Tübingen, wurde 1684 Lehrer der praktischen Philosophie und Ephorus des theologischen Stiftes, 1688 der Logik und Metaphysik und Visitator aller niederen Schulen in Ober-Württemberg ("ob der Steig"), 1689 Licentiat und 1692 Doctor der Theologie wie auch Superintendent des theologischen Stiftes und 1698 Abt und General-Superintendent des Klosters Maulbronn. Im J. 1699 erhielt er die Stelle eines Stiftspredigers, Visitators der Universität und Consistorialraths zu Stuttgart, kehrte aber, 1702 zum Kanzler der Universität ernannt, von Stuttgart wieder nach Tübingen zurück, wo er Professor primarius der Theologie, Propst bei der St. Georgenkirche und 1709 zum Abt zu Adelberg und General-Superintendenten des Landes ernannt wurde und starb zu Tübingen den 20. (nicht 2.) April 1720. J. verdient unter den gelehrtesten Theologen seiner Zeit und nützlichsten akademischen Lehrern einen hervorragenden Platz. Zugleich aber war er ein überaus orthodoxer Theolog und, worin seine Hauptstärke lag, ein ebenso heftiger Polemiker, was fast alle seine Schriften, die meistens die Dogmatik betreffen, bezeugen. Unter diesen, sämmtlich in lateinischer Sprache geschrieben, nehmen die erste Stelle ein sein theologisches Lehrsystem, das bekannteste unter seinen Werken, welches sogar in England unter dem Titel „Corpus doctrinae federalis“ bekannt wurde: „Systema theologicum dogmatico-polemicum“ (1725, 4) und das oft gedruckte und in Württemberg lange Zeit amtlich eingeführte: „Compendium theologiae ... pro scholis in Ducatu Wirtembergico“, obgleich in beiden gute Ordnung, genauer Zusammenhang und Gleichheit der Abhandlungsart vermißt wird. Auch die neuere Kirchengeschichte im Parallelismus mit der weltlichen ist von ihm unter dem Titel: „Hist. eccl. c. parallelismo profanae“ (1692 und später vermehrt: 1709, 1717) „ex speciali Seren. Würtem. Ducis jussu scripta“ bearbeitet worden. Unter seinen übrigen philosophischen, besonders moralischen Schriften verdienen Erwähnung: „Defensio Imperatoris Josephi contra curiae Romanae bullas“ (1709) und seine Dissertation: „De Bened. Spinozae vita et doctrina“ (1710).

    • Literatur

      Vgl. A. Fr. Bök, Gesch. d. Univers. Tübingen, S. 141—42. Würtemberg. Nebenstunden I, 1—71 (nach einem von J. selbst 1718 geschriebenen Lebenslaufe und Verzeichniß seiner bis dahin verfaßten Schriften). Jöcher. Saxi Onomast. V, 413—14.

  • Autor/in

    J. Franck.
  • Zitierweise

    Franck, Jakob, "Jäger, Johann Wolfgang" in: Allgemeine Deutsche Biographie 13 (1881), S. 651 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100181473.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA