Lebensdaten
erwähnt 14. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Verfasser eines mittelhochdeutschen "Marienlebens"
Konfession
-
Namensvarianten
  • Wernher der Schweizer
  • Wernher
  • Wernher der Schweizer

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Zitierweise

Wernher, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140722.html [27.04.2024].

CC0

  • Biographie

    W.s Person ist urkundlich nicht nachgewiesen. Im Prolog zu Buch I seines „Marienlebens“ nennt er seinen Namen („ich, genant Wernher“). Zur Intention seines wohl in der ersten Hälfte des 14. Jh. entstandenen Werks äußert er dort wie schon in der Prosavorrede, daß er ein von ihm in lat. Sprache abgeschriebenes „Marienleben“ zur Belehrung und für das Seelenheil ungelehrter Laien in die dt. Sprache überführen wolle. Vermutlich war W. ein Weltgeistlicher, der, wie es zwei in den Erzähltext eingeflochtene Selbstaussagen anklingen lassen, Reisen nach Rom und eventuell nach Aachen unternommen hat. Aufgrund mundartlicher Merkmale des östlichen Niederalemannischen wurde W.s Herkunft in der Nordostschweiz verortet und er mit dem Beinamen „der Schweizer“ (Päpke 1908) versehen.

    Hauptvorlage für W.s in 14 914 höfischen Reimpaarversen verfaßtes „Marienleben“ war die von Walther von Rheinau gegen Ende des 13. Jh. und von Bruder Philipp (Philipp von Seitz) um 1300 ins Deutsche übertragene „Vita beate virginis Mariae et Salvatoris rhythmica“. Die anonym überlieferte Dichtung aus der Zeit vor 1250 erzählt in vier chronologisch angelegten, in übertitelte Abschnitte gegliederten Büchern im Umfang von insgesamt 8032 lat. Vagantenzeilen die Lebensgeschichte Marias. Gegenüber der quellennahen Version Walthers ging W. mit dem Prätext, dessen Verfasserschaft er in der Prosavorrede dem gemäß Apg 17,34 von Paulus bekehrten Dionysius (Areopagita) zuschreibt, weitaus freier um. Während er die Einteilung in vier von Prologen eingeleitete Bücher beibehielt, gab er die Abschnittsgliederung auf und arbeitete Prosa-Randglossen aus der ihm vorliegenden Handschrift mit explikativen Kommentaren in den narrativen Verstext ein. Stellenweise griff er auf den Wortlaut der kanonischen Evangelien und auf Texte der Liturgie zurück. Neben passagenweise kürzender und komprimierender Wiedergabe in den Büchern I und IV ist das Hauptkennzeichen seiner Aneignung die erhebliche Ausweitung der Bücher II und III zugunsten einer Dominanz der Jesusgeschichte. Bei den in den Handlungsgang eingelassenen Ergänzungen und Zusätzen, die bis etwa 100 Verse umfassen, handelt es sich v. a. um verständnisvertiefende Darlegungen zur heilsgeschichtli-| chen Bedeutung und zum theologischen Gehalt der berichteten Vorgänge. Durch den Wechsel vom auktorialen Erzähler zur Ich-Rolle des Predigers sollte mit appellativen Wendungen die Aufmerksamkeit seiner Adressaten auf die geistliche Nutzanwendung der aus dem Dargestellten zu beziehenden religiösen Lehre für das eigene Seelenheil gelenkt werden.

    Im gesamten Werk ist W.s leitende Absicht greifbar, den sich in allem irdischen und transzendenten Geschehen manifestierenden göttlichen Willen und die Vorherbestimmtheit des heilsgeschichtlichen Ablaufs zu vergegenwärtigen. Besonders exponiert und durch die ungewöhnliche metrische Form (meist zweihebige Verse und Vierreime statt der üblichen vierhebigen Reimpaare) deutlich aufeinander bezogen sind zwei an Maria als Königin gerichtete, sie mit gängigen Metaphern der Marienverehrung apostrophierende Lobpassagen des I. und IV. Buchs. Die Handlungsträger gestaltet W. so, daß er neben Maria und Jesus Figuren wie Joseph, Judas, den Jünger Johannes und den Teufel als Versucher Jesu in der Wüste durch differenziertere Personenzeichnung stärker profiliert und – in Anlehnung an den höfischen Roman – ansatzweise individualisiert.

    W.s Werk ist unikal in einer von einem schwäb. Schreiber 1382 angefertigten Sammelhandschrift überliefert. Offenbar wurde es im 14. Jh. weniger rezipiert als die „Vita“-Übertragungen Walthers und des nach Ausweis der reichen Überlieferung sehr erfolgreichen Bruders Philipp.

  • Werke

    |Das Marienleben d. Schweizers W., hg. v. M. Päpke, zu Ende geführt v. A. Hübner, 1920, Nachdr. 1967 (1. T.: M. Päpke, Diss. Berlin 1908);
    Qu Univ.bibl. Heidelberg, Cod. Pal. Germ. 372, Bl. 1ra–102va;
    Datierung durch d. Schreiber: 28. 4. 1382.

  • Literatur

    |Vita beate virginis Marie et Salvatoris rhythmica, hg. v. A. Vögtlin, 1888;
    M. Päpke, Das Marienleben d. Schweizers W., Mit Nachtrr. zu Vögtlins Ausg. d. Vita Rhythmica, 1913;
    M. E. Gössmann, Die Verkündigung an Maria im dogmat. Verständnis d. MA, 1957;
    A. Masser, Bibel, Apokryphen u. Legenden, Geburt u. Kindheit Jesu in d. rel. Epik d. dt. MA, 1969;
    ders., Bibel- u. Legendenepik d. dt. MA, 1976;
    H. Herkommer, Die Schönheit d. Gottessohnes u. d. Gottesmutter, Hist. Betrachtungen z. Ästhetik des Heiligen, in: Schönheit u. Maß, hg. v. E. Hornung u. A. Schweizer, 2007, S. 43–89;
    M. Miller u. K. Zimmermann, Die Codices Palatini germanici in d. Univ.bibl. Heidelberg (Cod. Pal. germ. 304–495), 2007;
    R. Gay-Canton, Zw. Zensur u. Selbstzensur, Verbesserungsappelle in d. „Vita beate Marie et Salvatoris Rhythmica“ u. ihren mhdt. Bearbeitungen, in: Kulturtopogr. d. dt.sprachigen Südwestens im späteren MA, hg. v. B. Fleith u. R. Wetzel, 2009, S. 41–60;
    H. Manuwald, „Nu sprechent wie er was gestalt!“ Der „Blick“ auf Jesus im „Marienleben“ W.s d. S., in: Sehen u. Sichtbarkeit in d. Lit. d. dt. MA, hg. v. R. Bauschke-Hartung u. a., 2011, S. 311–30;
    Ch. Lechtermann, Textherstellung in d. Marienleben Philipps v. Seitz, Walthers v. Rheinau u. W.s d. S., in: Erzz. v. schrifttragenden Artefakten in d. alttestamentl. u. ma. Lit., hg. v. F.-E. Focken u. M. Ott, 2016, S. 335–65;
    Vf.-Lex. MA² (W, L);
    Marienlex.;
    BBKL 17 (W, L);
    Lit.-Lex. MA;
    Killy1+2;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Autor/in

    Elke Ukena-Best
  • Zitierweise

    Ukena-Best, Elke, "Wernher" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 844-845 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140722.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA