Lebensdaten
1861 – 1940
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Dresden
Beruf/Funktion
Archivar ; Germanist
Konfession
jüdisch
Namensvarianten
  • Wahle, Julius

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Zitierweise

Wahle, Julius, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138295.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jacob (1825–83), Handelsagent;
    M Barbara Schenk (1830–1911), aus Rosenberg (Rožmberk) b. Třeboň (Südböhmen);
    6 jüngere Geschw u. a. B Isidor (* 1867), Schw Friederike (* 1862), Laura (* 1869), Isabella (1871–1916, Arthur Glauber, * 1867, aus Prag, Handelsangest.);
    – ledig;
    N Elsa Glauber (1898–1944 vermutl. Auschwitz, Kurt Hirschel, 1892–1944 vermutl. Auschwitz, letzter Vorsteher d. jüd. Gde. in D.).

  • Biographie

    Den Traditionen des assimilierten österr. Judentums folgend, besuchte W. das renommierte Schottengymnasium in Wien. Nach der Matura 1880 studierte er bis 1884 an der Univ. Wien Klassische und Dt. Philologie, Literaturgeschichte, Anglistik und Philosophie. Von Anton Bruckner (1824–96) wurde er zusätzlich in den Fächern Kontrapunkt und Harmonielehre unterwiesen. Zu seinen akademischen Lehrern zählten der Anglist Alois Brandl (1855–1940) sowie die Germanisten Richard Heinzel (1838–1905), Jakob Minor (1855–1912) und Erich Schmidt (1853–1913), bei dem W. 1885 mit der Arbeit „Sprickmanns Eulalia und das literarische Nachleben der Emilia Galotti“ (ungedr.) zum Dr. phil. promoviert wurde. Schmidt, 1885 zum Direktor des Goethe-Archivs (seit 1889 Goethe- u. Schiller-Archiv) in Weimar berufen, bewog W. 1886, als wiss. Hilfsarbeiter (seit 1894 besoldeter Archivassistent) nach Weimar zu kommen. 1887 wurde W. anstelle von Bernhard Seuffert (1853–1938) Generalkorrektor der Weimarer Goethe-Ausgabe, für die er bis zu deren Abschluß 1919 tätig war.

    W. trug nicht nur Verantwortung für die stets auf Kollation der Quellen beruhende Exaktheit der Textwiedergabe und einen möglichst fehlerfreien Druck, sondern war auch (mit Fachkollegen) an der Herausgabe zahlreicher Einzelbände dieser bis heute einzigen vollständigen Goethe-Edition mit wissenschaftlichem Anspruch beteiligt; darin liegt seine größte Leistung. Am 28. 6. 1896, dem Tag der Eröffnung des Archivgebäudes, wurde ihm der Titel eines Archivars verliehen, verbunden mit fester Besoldung und Pensionsanspruch (Prof.titel 1908). Bis dahin hatte der wegen seiner exzellenten Kenntnisse hochgeschätzte W. ein Leben am Rande der Armut geführt und seine Einkünfte durch Honorare für Publikationen und Gutachten zu eingegangenen Bühnenmanuskripten für das Weimarer Theater aufgebessert. Nach dem Tod des Archivdirektors Rudolf Schlösser 1920 wurde W. de facto mit der Führung der Archivgeschäfte beauftragt; die Position des Archivdirektors blieb ihm de iure vermutlich seiner jüd. Herkunft wegen versagt. Neben seiner Leitungstätigkeit widmete er sich bis|1928 archivischen Erschließungs- und Verzeichnungsarbeiten.

    Im März 1933 schied W. mit „Rücksicht auf die Interessen der Gesellschaft“ aus dem Ortsvorstand (Mitgl. seit 1920) der Goethe-Gesellschaft aus; 1938 verließ er freiwillig die Gesellschaft, der er seit der Gründung 1885 angehört und deren Bibliothek er 1921–28 betreut hatte, und kam damit einer Austrittsaufforderung zuvor. 1936 war W. zu seiner Nichte Elsa Hirschel nach Dresden übergesiedelt, deren Ehemann Kurt Hirschel der letzte Vorsteher der dortigen jüd. Gemeinde war. W.s Abschied von Weimar bedeutete den erzwungenen Abschied aus dem wissenschaftlichen Leben. Fortan engagierte er sich im kulturellen Leben der jüd. Gemeinde in Dresden. Im neugegründeten jüd. Lehrhaus begann er am 14. 1. und 3. 2. 1937 einen Zyklus von Goethe-Vorträgen, der nicht fortgesetzt werden konnte.

  • Auszeichnungen

    |Rr.kreuz II. Kl. d. Ghzgt. Weimar (1903);
    Goldene Goethe-Medaille (1910);
    Mitgl. (1885) u. Ehrenmitgl. d. Goethe-Ges. Weimar (1922;
    zeitweise Vorstandsmitgl. u. Mitgl. d. geschäftsführenden Ausschusses);
    Mitgl. d. Shakespeare-Ges. Weimar (1892) u. d. geschäftsführenden Ausschusses d. Weimar-Slg. (1914).

  • Werke

    W Das Weimarer Hoftheater unter Goethes Ltg., Aus neuen Qu. bearb., 1892;
    Goethes Werke, hg. im Auftrage d. Ghzgn. Sophie v. Sachsen, 143 Bde., 1887–1919, I. Abt.: Bd. 9 (1891), 11 (1892), 12 (1892), 5,1 (1893), 16 (1894), 13,1 (1894), 24 / 25, 1,2 (1894–1904), 18 (1895), 37 (1896), 38 (1897), 13,2 (1901), 30–32 (1903–06), 34,2 (1904), 5,2 (1910), 53 (1914), II. Abt.: Bd. 1 (1887), 2 (1888), 3–5 (1889–93), 6–10 (1894–99), 11 (1900), 12 / 13 (1901 / 03), IV. Abt.: Bd. 8 (1890) (Mitarb.);
    Goethes Werke, Festausg. 18 Bde., im Ver. mit J. W. u. a. hg. v. R. Petsch, 1926;
    Meyers Klassiker-Ausgg., Bd. 9–14 krit. durchgesehen v. J. W., eingel. u. erl. v. O. Walzel, 1927;
    Hg.: Goethes Briefe an Frau v. Stein, hg. v. A. Schöll. 3., umgearb. Aufl. besorgt v. J. W., 2 Bde., 1899 / 1900;
    Aus Goethes Archiv, Die erste Weimarer Gedichtslg. in Facsimile-Wiedergabe, mit B. Suphan hg. v. J. W., 1908;
    Schrr. d. Goethe-Ges., Bd. 23: Gedichte Goethes an Frau v. Stein, In Faksimilenachbildung hg. u. mit e. Vorwort versehen v. J. W., 1924;
    Schrr. d. Goethe-Ges., Bd. 35,1, 1922, Bde. 36–45, 1923–32 (Mithg.);
    Vom Geiste neuer Lit.forsch., FS O. Walzel, 1924, (Hg. mit V. Klemperer) – Qu Univ.archiv Wien, Promotionsakte;
    HStA Dresden;
    Goethe- u. Schiller-Archiv u. Goethe-Ges., Weimar.

  • Literatur

    |Funde u. Forsch., Eine Festgabe f. J. W. z. 15. Febr. 1921, hg. v. W. Deetjen u. a., 1921;
    Ihrem Protektor Herrn Prof. Dr. J. W., Leiter d. Goethe- u. Schiller-Archivs (…) huldigt an seinem 60. Geb.tag (…) d. Stadelmann-Ges., 1921 (Privatdr.);
    J. Petersen, in: Voss. Ztg. v. 12. 2. 1931, Nr. 72;
    W. Deetjen, in: Allg. Thür. Landesztg. v. 14. 2. 1931, Nr. 45, S. 5;
    M. Hecker, in: Weimar. Ztg. v. 14./ 15. 2. 1931, Nr. 36;
    N. N., Ein Leben f. Goethe, in: Mitt.bl. d. Sächs. Isr. Gde.verbandes 7, 1931, 3, S. 1 f.;
    J. Hecker, J. W. (1861–1940), Archivdir. in schwieriger Zeit, in: Goethe-Jb. 114, 1997, S. 327–33 (P);
    S. Schulz-Beer, Ein Leben im Dienst am Erbe d. Weimarer Klassik, in: Dresdner Neueste Nachrr. v. 10. 11. 2000 (P);
    dies. u. V. Wahl, Der Lit.archivar J. W. (1861–1940), Leben u. Werk im Dienst an d. Weimarer Klassik, in: Weimar-Jena, Die gr. Stadt 9 / 1, 2016, S. 51–87;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Internat. Germanistenlex. (W, L);
    ÖBL.

  • Autor/in

    Jochen Golz
  • Zitierweise

    Golz, Jochen, "Wahle, Julius" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 259-260 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138295.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA