Lebensdaten
1836 – 1908
Geburtsort
Braunschweig
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; Altorientalist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117024074 | OGND | VIAF: 3237549
Namensvarianten
  • Schrader, Eberhard
  • Schrader
  • Schrader, Eb.

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schrader, Eberhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117024074.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Conrad David Ludwig (1801–62), Kaufm., S d. Henning;
    M Johanna Franziska Dorothea Braunschweiger (1809–53);
    4 Geschw;
    – ⚭ Johanna Christine Richardine (Ida) Giltner (1839–1908), T e. Pastors in Berel;
    S Eberhard (1866–1932), Pastor in Reinickendorf b. Berlin (s. L), T N. N. ( Friedrich Cunze, Prof. in Braunschweig (s. L).

  • Biographie

    S. absolvierte in Braunschweig das Gymnasium Martino-Carolineum sowie das Collegium Carolinum, wo er durch den Hofrat Viktor Friedrich Leberecht Petri (1782–1857) ins Arabische eingeführt wurde. 1856 begann er in Göttingen bei dem Orientalisten und Alttestamentler Heinrich Ewald (1803–75)|Theologie und Semitische Sprachen zu studieren. Mit „De lingune Ethiopicae cum cognatis linguis comparatae indole universa“ errang er einen ersten Preis und wurde 1860 zum Dr. phil. promoviert. Nach zwei Jahren als Privatgelehrter in Braunschweig erhielt S. 1862 Rufe an die Domschule zu Reval und als Nachfolger des Alttestamentlers Ferdinand Hitzig (1807–75) an die Univ. Zürich. 1863 erschienen seine „Studien zur Kritik und Erklärung der biblischen Urgeschichte Genesis I-XI“, 1869 seine Neubearbeitung (8. Aufl.) des „Lehrbuchs der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen und apokryphen Bücher des Alten Testaments, sowie in die Bibelsammlung überhaupt“ von Wilhelm Martin Leberecht de Wette. Neben seiner alttestamentlichen Lehr- und Forschungstätigkeit unterrichtete S. Arabisch, Altäthiopisch und Koptisch. Er wurde mit der wissenschaftlichen Bearbeitung einiger beschrifteter neuassyrischer Reliefs aus Ninive, welche von der Züricher „Antiquarischen Gesellschaft“ gestiftet worden waren, betraut. Auf seine kritische Prüfung der Grundlagen in dem Aufsatz „Die Basis der Entzifferung der assyr.-babylon. Keilinschriften“ (in: Zs. d. Dt. Morgenländ. Ges. 23, 1869, S. 337-74) folgte als wesentlich umfangreichere Arbeit „Die assyr.-babylon. Keilinschriften, kritische Untersuchung der Grundlagen ihrer Entzifferung“ (ebd. 26, 1872, S. 1-393, 1872 auch als Monogr.). 1870 nahm S. als Nachfolger von August Dillmann einen Ruf auf einen alttestamentlichen Lehrstuhl in Gießen an. In „Die Keilinschriften und das Alte Testament“ (1872) stellte er den biblischen Texten in ihrer kanonischen Anordnung altoriental. Quellen gegenüber. Das Werk fand breite Resonanz und erlebte 1883 bzw. 1901-03 stark überarbeitete Neuauflagen (die letzte besorgt v. H. Winckler u. H. Zimmern; engl. Übers. d. 2. Aufl. 1885-88 u. d. T. „The Cuneiform Inscriptions and the Old Testament“). S. trug damit maßgeblich zur Grundlegung einer noch heute aktuellen Forschungsrichtung bei, die das Alte Testament und die Herausbildung der jüd. Religion in historisch-altoriental. Kontext zu verstehen sucht. Sie war in ihrer Anfangsphase von theol. und religionspolitischen Kontroversen begleitet. 1873 erhielt S. Rufe nach Kiel, Greifswald und Jena, wo er noch im selben Jahr einen alttestamentlichen Lehrstuhl übernahm. In Jena führte er Friedrich Delitzsch (1850–1922), der 1903 den „Babel-Bibel-Streit“ auslöste, in die Assyriologie ein. 1874 publizierte S. „Die Höllenfahrt der Ištar“, die erste gründliche Edition dieser bedeutenden altoriental. Dichtung. An der 1874 gegründeten „Jenaer Literatur-Zeitung“ beteiligte er sich als Redakteur für theol. Literatur, 1875 begründete er zusammen mit seinen Jenaer Kollegen Otto Pfleiderer (1839–1908) und Richard Adelbert Lipsius (1830–92) die „Jahrbücher für prot. Theologie“, deren Mitherausgeber er bis 1892 blieb. 1875 übernahm er eine Professur für semit. Sprachen in Berlin. Hier konzentrierte er seine Forschungs- und Publikationstätigkeit ganz auf den Alten Orient, sah sich jedoch bald Angriffen des Althistorikers Alfred Frhr. v. Gutschmid ausgesetzt; äußerst polemisch, aber in der Sache nicht ganz unbegründet, warf dieser ihm in „Neue Beiträge zur Geschichte des alten Orients, Die Assyriologie in Deutschland“ (1876) vor, die keilschriftlichen Quellen voreingenommen und unter Überspielung philologischer Probleme zu interpretieren. S. unterzog seine Forschungsergebnisse einer kritischen Sichtung und faßte sie zusammen in „Keilschriften und Geschichtsforschung, Ein Beitrag zur monumentalen Geographie, Geschichte und Chronologie“ (1878). Als Mitherausgeber beteiligte er sich 1886 an der Gründung der bis heute erscheinenden „Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete“ (seit 1939 „Zs. f. Assyriol. u. vorderasiat. Archäol.“). 1889 gründete er die Reihe „Keilschriftliche Bibliothek von assyr. und babylon. Texten in Umschrift und Übersetzung“ (letzter Band V/2, 1920). In über 100 Aufsätzen, Lexikonartikeln und Rezensionen sowie in zahlreichen Vorträgen (u. a. vor d. Ak. u. d. Berliner „Mittwochsgesellschaft“) behandelte S. historische, geographische, sprach- und kulturgeschichtliche Themen. Nach einem Schlaganfall fand S.s international anerkanntes Wirken ein vorzeitiges Ende.

    S.s hat durch seine Forschungs-, Lehr- und Horausgebertätigkeit die Altorientalistik in Deutschland begründet. Indem er die neu erschlossenen altoriental. Quellen in die alttestamentliche Wissenschaft einbrachte, gab er ihr ebenso wichtige Impulse wie sein Zeitgenosse Julius Wellhausen (1844–1918) durch seinen literarkritischen Ansatz. Als Theologe vertrat S. eine liberale, „kulturprot.“ Position, die in der Bedingtheit der biblischen Texte durch die altoriental. Umwelt keine Beeinträchtigung ihrer theologischen Substanz sah – im Gegensatz etwa zu F. Delitzsch, der die jüd.-christl. Tradition dadurch entwertet glaubte und in seiner Schrift „Die große Täuschung“ (1920) eine nationalistische Ersatzreligion propagierte.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Sächs. Ak. d. Wiss. (1874), d. Preuß. Ak. d. Wiss. (1875) u. d. Österr. Ak. d. Wiss. (korr.);|Ehrenmitgl. d. American Oriental Soc. u. d. brit. Royal Asiatic Soc.

  • Werke

    Weitere W Zur Frage nach d. Ursprung d. altbabylon. Kultur, 1884;
    The Cuneiform Inscriptions and the Old Testament [Two Volume Set], 1885;
    The Cuneiform Inscriptions and the Old Testament, Translated from the Second Enlarged German Edition, by Rev. Owen C. Whitehouse. 2 Bde., 1885-88 (1877);
    Die Keilschrr. u. d. AT, 3. Aufl. mit Ausdehnung auf d. Apokryphen, Pseudepigraphen u. d. NT, neu bearb. v. H. Zimmern u. H. Winckler, 1902;
    Ist d. Akkadische d. Keilinschrr. e. Sprache oder e. Schrift?, in: Zs. d. Dt. Morgenländ. Ges., 1875, S. 1-52;
    Die Namen d. Meere in d. assyr. Inschrr., in: Abhh. d. Kgl. Ak. d. Wiss. zu Berlin 1877, 1878.

  • Literatur

    Eberhard Schrader, in: Protestantenbl. 41, 1908, Nr. 43, S. 1011-13;
    H. Zimmern, in: Berr. u. Verhh. d. Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss. zu Leipzig, Philol.-hist. Kl. 60, 1908, S. 195-205;
    F. Cunze, in: Braunschweig. Magazin, 1908, S. 127-31 (P);
    C. Bezold, E. S., Eine Lebensskizze nebst e. Verz. seiner meisten Schrr., 1909;
    ders., in: Zs. f. Assyriol. 22, 1909, S. 355-85 (W);
    E. Meyer, in: Abhh. d. Kgl. Preuß. Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Cl., Jg. 1909, S. 1-15 (erneut in: ders., Kl. Schrr. z. Gesch.theorie u. z. wirtschaftl. u. pol. Gesch. d. Altertums, 1910, S. 525-38);
    ders., in: BJ 13, S. 156-63 u. Tl.;
    BBKL (W, L).

  • Autor/in

    Manfred Krebernik
  • Zitierweise

    Krebernik, Manfred, "Schrader, Eberhard" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 506-508 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117024074.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA