Lebensdaten
1859 – 1938
Geburtsort
Požega (Slawonien)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Folklorist ; Sittengeschichtler ; Sexualwissenschaftler, Ethnologe ; Schriftsteller ; Verleger
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118927663 | OGND | VIAF: 69728332
Namensvarianten
  • Krauss, Friedrich Salomo
  • Krauss, Friedrich S.
  • Kraus, Fridrih S.
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Zitierweise

Krauss, Friedrich Salomo, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118927663.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm, Kaufm.;
    M Eva Herzog;
    ⚭ Maria Rösler ( 1928);
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    K. studierte in Wien 1877–81, unter anderem bei Th. Gomperz und K. Schenkl, klassische Philologie und Geschichte (Dr. phil. 1882). Sein Interesse an den folkloristischen und ethnographischen Besonderheiten seiner südslaw. Heimat ließ ihn jedoch bald seinen ursprünglichen Studienfächern den Rücken kehren. Im Auftrag des Kronprinzen Rudolf und der Wiener Anthropologischen Gesellschaft betrieb er 1884/85 richtiggehende Feldstudien in Bosnien und Herzegowina, wobei ihm sein außergewöhnliches Sprachtalent – K. war auch Gerichtsdolmetscher für sämtliche südslaw. Idiome in Wien – von Nutzen war. Die quantitativ wie qualitativ überaus bedeutsame Ausbeute dieser Sammlertätigkeit, darunter insbesondere eine große Anzahl von Guslarenliedern (Heldengesängen mit Kniegeigenbegleitung) der islamisierten Balkanslawen, bildete auch den Grundstock und die Hauptquelle für seine weiteren Arbeiten als Herausgeber und Übersetzer ebenso wie als eigenständiger Forscher auf volkskundlichem und kulturhistorischem Gebiet. Namentlich durch seine Veröffentlichungen des Märchen- und Sagengutes sowie der Volksepik der Südslawen hat er sich um die balkanische – aber auch die vergleichende indogermanische – Erzählforschung große Verdienste erworben, was ihm schon zu Lebzeiten den Ehrentitel eines „größten Kenners (süd-) slawischer Folklore“ (J. Belović) eintrug.

    Das ausgeprägt erotische Element sehr vieler der von ihm gesammelten Texte scheint ihn sodann vor allem bewogen zu haben, sich seit der Jahrhundertwende in immer stärkerem Maße auch dem Studium der ihnen zugrundeliegenden Vorstellungen ebenso wie der diesen korrespondierenden Sitten und Gebräuche zuzuwenden, was einen Wandel des wissenschaftlichen Gesichtskreises und Arbeitsfeldes eines zunächst balkanozentrischen Folkloristen und Philologen zu einem fortan universell orientierten Ethnographen und Kulturhistoriker mit sich brachte. Zum Zwecke der genaueren Erforschung und wahrheitsgetreuen Darstellung sämtlicher, also auch der ungewöhnlichen und abartigen, Manifestationsweisen des Eros bei allen Völkern aller Zeiten und Zonen begründete K. zusammen mit einigen gleichgesinnten Sittengeschichtlern 1904 das „Anthropophyteia“-Jahrbuch, das, in zehn stattlichen Bänden bis 1913 erscheinend, auch heute noch eine interessante Material-Fundgrube bildet. Daneben schuf er, der bereits in den 90er Jahren als Herausgeber einer volkskundlichen Zeitschrift entsprechende Erfahrungen sammeln konnte, zwei weitere, das Hauptperiodikum durch die Veröffentlichung umfänglicherer Texte ergänzende Publikationsreihen: die „Beiwerke“ (1907-29) in neun monographischen Bänden, deren einer K.s Arbeit über das Geschlechtsleben der Japaner (1907, ²1911) enthält, und die vier Bände der „Historischen Quellenschriften“ (1906 f.), die hauptsächlich der Edition deutscher Schwänke der frühen Neuzeit vorbehalten waren. K. hat sich auch auf diesem zweiten Feld seiner Forschungen durch seine vorurteilslose Haltung große Verdienste erworben, so wenig dies zu jener Zeit, in der ein Erotologe noch leicht in den Geruch eines Erotomanen geraten konnte, hinreichend anerkannt worden sein mag. Diese Verdienste sind es auch, die K. neben Blümml, Gugitz, Pachinger und Stern (-Szana) sowie Wesselski, Hovorka und Kronfeld als führenden Repräsentanten der österreichisch Schule der ethnographisch-folkloristisch begründeten Sittengeschichte und Sexualwissenschaft erkennen lassen. Im Unterschied zu den primär von der Medizin und Neurologie/Psychiatrie herkommenden Freud und Krafft-Ebing, mit denen er gleichwohl bekannt war und mannigfache Kontakte unterhielt, war es daher sein Bestreben, sich den als Forschungsgebiet erkorenen Problemkreis mit den Materialien und Methoden der Geistes- und Kulturwissenschaften zugänglich zu machen – eine Vorgehensweise, die ihn, auch hinsichtlich seiner Bedeutung und Wirkung, Forschern wie|Hermann Heinrich Ploss, Iwan Bloch (Eugen Dühren) , Magnus Hirschfeld oder Paolo Mantegazza ebenbürtig an die Seite stellt.

  • Werke

    Weitere W u. a. Artemidoros aus Daldis, Symbolik d. Träume, 1881;
    De praepositionum usu apud sex scriptores historiae Augustae, Diss. Wien 1882;
    Sagen u. Märchen d. Südslaven in ihrem Verhältnis zu d. Sagen u. Märchen d. übrigen indogerman. Völkergruppen, 2 Bde., 1883 f.;
    Sitte u. Brauch d. Südslaven, 1885;
    Die vereinigten Königreiche Kroatien u. Slavonien, 1889;
    Mehmed's Brautfahrt (Smailagić Meho), Ein Volksepos d. südslav. Mohammedaner, 1890;
    Volksglaube u. rel. Brauch d. Südslaven, 1890;
    Böhm. Korallen aus d. Götterwelt, Folklorist. Börseberr. v. Götter- u. Mythenmarkte, 1893;
    Streifzüge im Reiche d. Frauenschönheit, 1903, ²1924;
    Die Anmut d. Frauenleibes, 1904, ²1923;
    Zigeunerhumor, 250 Schnurren, Schwänke u. Märchen, 1907;
    Slav. Volksforschungen, Abhh. üb. Glauben, Gewohnheitsrechte, Sitten, Bräuche u. d. Guslarenlieder d. Südslaven, 1908;
    Tausend Sagen u. Märchen d. Südslaven I, 1914. -
    Hrsg.: Am/Der Ur-Quell, Mschr. f. Volkskde., 1890-98;
    Bibl. ausgew. serb. Meisterwerke, 6 Bde., 1903-06;
    Roman. Meistererzähler, 10 Bde., 1905 f.;
    Der Volksmund, Alte u. neue Btrr. z. Volksforschung, 13 Bde., 1906 f.

  • Porträts

    Phot. in: Enc. Jud. X, Sp. 1247.

  • Autor/in

    Nikolaus Mikoletzky
  • Zitierweise

    Mikoletzky, Nikolaus, "Krauss, Friedrich Salomo" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 714-715 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118927663.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA