Lebensdaten
1702 – 1742
Geburtsort
Schmelzdorf (Oberschlesien)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 132937441 | OGND | VIAF: 65181287
Namensvarianten
  • Liberda, Johann
  • Frey, Johann
  • Liberda, Jan

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Zitierweise

Liberda, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd132937441.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Berlin 1738 Luise (Lucie Dorothea), T d. Amtsverwalters Christian Cammann in Dostädt;
    K.

  • Biographie

    L., ein deutschstämmiger Schüler A. H. Franckes, zählt zu den Zentralfiguren der großen tschech. Emigration in Deutschland zu Beginn des 18. Jh. Er unterrichtete zuerst an der ev.-pietist. Jesusschule, einem Gymnasium der ev. Parochie in Teschen. Ihr fühlten sich damals gegen 60 000 sog. Kryptoprotestanten deutscher, tschech. und poln. Nationalität zugehörig. Nach kurzer Tätigkeit mußte L. 1725 flüchten. Man beschuldigte ihn, ein 12jähriges Judenmädchen, eine Waise, die evangelisch werden wollte, dem Einfluß der Katholiken entzogen zu haben. 1726 holte ihn Henriette Sophie v. Gersdorff nach Großhennersdorf b. Herrnhut als Prediger und Seelsorger der tschech. ev. Emigrantengemeinde, die sich vor allem durch Spinnen und Weben einen kargen Unterhalt verdiente. Diese setzte sich 1732 bis auf eine Minderheit fluchtartag nach Berlin ab, um einer erneut drohenden Leibeigenschaft zu entgehen. L. selbst weilte trotz deutlicher Mißbilligung seiner Herrin in dieser Zeit in Schlesien. Allem Anschein nach nahm er dort die Verbindung mit jenen 6000 leibeigenen tschech. Bauern auf, die ihre böhm. Grundherren vergeblich um Toleranz gegenüber ihrer hussitisch-brüderischen Glaubensgesinnung oder, sofern diese abgelehnt würde, um freien Abzug in ein ev. Territorium gebeten hatten. Als L. nach Großhennersdorf zurückkehrte, ließ ihn Frau v. Gersdorff verhaften. Selbst in Rußland, wo man sich stark für das Schicksal der tschech. Exulanten interessierte, erregte dies unliebsames Aufsehen. L. kam für 4 Jahre ins Waldheimer Zuchthaus. Die tschech. Brüder in Berlin vergaßen ihn nicht. Nachdem alle Interventionen Friedrich Wilhelms I. durch seinen Gesandten in Dresden, wo L. zuletzt im Arresthaus saß, vergeblich gewesen waren, vermochten sie 1737 mit geheimer preuß. Unterstützung seine Flucht nach Berlin zu organisieren. Der König nahm ihn in seinen persönlichen Schutz und ernannte ihn zum Pfarrer an der Berliner tschech. Emigrantengemeinde, die bereits 1732 über 500 Glieder umfaßte und ständig zunahm. Für sie errichtete der König die Bethlehemskirche sowie Pfarrhaus und Schule und übernahm das Patronat.

    Das auffallend starke Engagement Friedrich Wilhelms I. für L. als Zentralgestalt innerhalb der tschech. Emigration war auch politisch begründet. Der König versuchte, die Opposition hussitisch gesonnener Tschechen in Böhmen zu fördern. In Kursachsen bestanden seit 1650 sechs tschech. Emigrantengemeinden mit eigenen Kirchen und Gottesdiensten, die in Dresden, Zittau und vorübergehend in Pirna bis zu 5000 Mitglieder umfaßten. Indem L. diesen neuen Auftrieb und eine Erneuerung hussit. Erbes vermittelte, empfahl er sich auch Friedrich II. Dieser berief ihn 1741 zum Inspektor aller tschech. Exulantengemeinden in Brandenburg-Preußen als Nachfolger von Bischof Daniel Ernst Jablonski. Unter dem Schutz der preuß. Armee warb L. tschech.-hussit. Geheimprotestanten in Böhmen zur Auswanderung nach Schlesien und siedelte in kurzer Zeit ca. 2000 von ihnen in Münsterberg in Schlesien an. Die Herrnhuter Gemeine gründete 1742 in Verbindung mit L. den Ort Niesky für die Tschechen, die sich ihr angeschlossen hatten, wie auch Klein-Welka b. Bautzen. Das bereits 1746 in Niesky gegründete Pädagogium gewann bald als Musterschule eine große Bedeutung vor allem für die Söhne des prot. Adels in Schlesien und behielt diese Bedeutung bis ins 20. Jh. hinein. – L. erkrankte und starb nach der Rückkehr von einer seiner gewagten Reisen nach Kursachsen, während der er, wie er selbst und seine Begleiter meinten, vergiftet worden sein soll.

  • Werke

    Tschech. Neues Testament, 1730;
    Pravidlo Hennersdorffske …, 1731, 1748, 1770 (pietist.-luth. Glaubenslehre). - Liederslgg.: Klič Dawidu|(Davidschlüssel), 1729, ²1742;
    Harffa nowa na hore Sion … (Neue Harfe auf d. Berg Zion), 1732, 1735.

  • Literatur

    D. Cranc, Alte u. Neue Brüder-Hist. od. kurz gefaßte Gesch. d. Ev. Brüder-Unität, ²1772, S. 190, 199, 202, 290, 518;
    C. Meusel, Die Einwanderung böhm. Brüder in Grosshennersdorf b. Herrnhut in Sachsen, in: Btrr. z. Sächs. KG, 1885, H. 3, S. 30 ff.;
    E. Winter, Die tschech. u. slowak. Emigration in Dtld. im 17. u. 18. Jh., 1955;
    G. A. Skalský, Der Emigrantenprediger J. L., in: Jb. d. Ges. f. d. Gesch. d. Protestantismus in Österreich 31, 1910;
    E. Beyreuther, Die Bedeutung d. tschech. Exulantengemeinde Na kopečku im Nachbarort Herrnhuts 1724–32, in: Communio viatorum, 1959, S. 2 f.;
    O. Wagner, Mutterkirche vieler Länder, Gesch. d. Ev. Kirche im Hzgt. Teschen 1545 - 1918/20, 1978 (L).

  • Autor/in

    Erich Beyreuther
  • Zitierweise

    Beyreuther, Erich, "Liberda, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 442-443 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd132937441.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA