Lebensdaten
1598 – 1662
Geburtsort
Großbreesen bei Guben (Niederlausitz)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
lutherischer Kirchenliedkomponist ; Musikdirektor in Berlin
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118834967 | OGND | VIAF: 100255545
Namensvarianten
  • Krüger, Johannes
  • Krüger, Johann
  • Crüger, Johann
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Zitierweise

Crüger, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118834967.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Georg, Gastwirt in G.;
    M Ulrike, T des Pfarrers Jonas Kohlheim (1572–1617) in Göhlen b. G.;
    ⚭1) Berlin 1628 Maria, T des Bernauer Bgm. Beling, Wwe des Berliner Ratsverwandten Aschenbrenner, 2) Berlin 22.1.1637 Elisabeth Schmidt, Gastwirts-T aus Berlin;
    3 S, 2 T aus 1), 8 S, 6 T aus 2), u. a. aus 2) wahrscheinlich Sophia ( Hofmaler Mich. Conr. Hirt, 1613-71, s. ADB XII, ThB).

  • Biographie

    Nach Schulbesuch in Guben bis 1613 unternahm C. eine mehrjährige Schulwanderung: Breslau, Olmützer Jesuitenkollegium, Regensburger Poetenschule (Schüler des Kantors P. Homberger, 1560–1634, der bei G. Gabrieli in Venedig gelernt hatte), über Österreich nach Preßburg, über Mähren und Böhmen nach Freiberg (Sachsen). Während eines ersten Berliner Aufenthalts 1615-20 war er Hauslehrer in der Familie des kurfürstlichen Hauptmanns Christoph von Blumenthal. Dann folgte ein zweijähriges Theologiestudium in Wittenberg, bis er wohl besonders auf Grund der Herausgabe des I. Teils seines „Meditationum musicarum Paradisus“ (Berlin 1622) als Kantor an die Berliner Sankt|Nikolai-Kirche und Lehrer ans Graue Kloster berufen wurde.

    Schul-und Kirchenmusik Berlins erlebten unter C.s Führung eine Blütezeit, besonders dank seiner organisatorischen Fähigkeiten (Gesangbuchausgaben, seit 1640) und dank einer Liedbegabung, die ihn zum „bedeutendsten Melodienschöpfer der evangelischen Kirche nach Luther“ werden ließ (Ch. Mahrenholz). Rastlos tätig für die Pflege einer geordneten Kirchenmusik, stand er in hohem Ansehen beim Großen Kurfürsten, in dessen Auftrage er 1657/58 seine „Psalmodia sacra“, eine Bearbeitung des Lobwasser-Psalters, herausgab. Sein musiktheoretisches und kompositorisches Schaffen war mit seinem Kantoren- und Lehramt aufs engste verbunden. Für den Schulunterricht schrieb er nach dem Vorbilde H. Fabers und N. Listenius' mehrere musikalische Elementarlehren. Seine „Synopsis musica“ (Berlin 1630, 2. veränderte Auflage 1654) ist eine der bedeutenden Kompositionslehren des 17. Jahrhunderts, gekennzeichnet - der Zeitstufe entsprechend - durch Herausstellung des Dreiklangs als Grundform aller Zusammenklänge, Vierstimmigkeit als wichtigste Satzform, Zurückführung der Kirchentonarten auf die Dur-Moll-Tonalität, Einbeziehung der Generalbaß- und der barocken Affektenlehre in den Kompositionsunterricht. Als Komponist steht C., deutscher Kantorentradition gemäß, im Dienste der mit seinem Schülerchor durchzuführenden gottesdienstlichen Vokalmusik. Dabei knüpft er allenthalben an den frühbarocken konzertierenden Stil der italienischen Schule an: in seiner ersten Veröffentlichung, den beiden 8stimmigen Hochzeitsgesängen (für Caspar Goltzen, „Concentus musicus“ Berlin 1619, und für den Berliner Buchdrucker Johann Kallen, Berlin 1620) huldigt er der doppelchörigen Schreibweise; in den 2-8stimmigen Magnificats des „Meditationum musicarum Paradisus“ II (Berlin 1626) wechselt die Behandlung der Magnificatverse zwischen Doppelchörigkeit und solistisch konzertierenden Stimmen. Einfachere Besetzung zeigen die Magnificat-Vertonungen der „Laudes dei vespertinae“ (Berlin 1645). In seinen Choralbearbeitungen, den „Geistlichen Kirchenmelodien … in 4 Vocal- und 2 Instrumental-Stimmen, als Violinen und Cornetten übersetzt“, Berlin 1649 (weitere Sammlungen 1657/58), ist das konzertierende Prinzip auf den homophonen Choralsatz übertragen, über den sich in lebhafterem Figurenspiel Instrumentalstimmen pro complemento (ad libitum) bewegen. Mit den Choralbearbeitungen ist jenes Schaffensgebiet berührt, auf dem vor allem und über die Zeiten hin C. bedeutsam ist: das evangelische Kirchenlied. Deklamatorische Ausdruckskraft und schlichte Volkstümlichkeit verbinden sich zu einem zeitlos gültigen Liedtypus, der innerhalb der Geschichte des Kirchenliedes an der Schwelle des „individuellen Erbauungsliedes“ des späteren 17. Jahrhunderts steht. Das Liedschaffen ist eng verbunden mit der Herausgabe von Kirchengesangbüchern, in denen seine neuen Weisen erstmalig erschienen. Sein „Newes vollkömliches Gesangbuch“ von 1640 enthält unter 248 Liedern mit 135 Melodien 20 neue Weisen von ihm selbst nach Texten besonders von J. Heermann, wobei statt des bisher üblichen 4stimmigen Vokalsatzes jetzt Melodie und Generalbaß geboten werden. (Eine 4stimmige Ausgabe für den Schulchor erschien 1641 gesondert.) In der 2. Auflage unter dem Titel „Praxis pietatis melica“ (Berlin 1647) begegnen in C.s Vertonung erstmalig 15 Texte des ihm befreundeten Paul Gerhardt. Weitere Textdichter sind besonders Johann Franck und Johann Rist. Bis 1736 erlebte jenes Gesangbuch in Berlin 44 Auflagen. Von den rund 70 originalen Weisen C.s gehört eine größere Zahl heute wieder zum wohl unverlierbaren Bestand des evangelischen Kirchenliedes, unter ihnen „Wie soll ich dich empfangen“, „Nun danket alle Gott“, „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen“, „Jesu, meine Freude“, „Fröhlich soll mein Herze springen“.

  • Werke

    Weitere W Praecepta musicae practicae figuralis, Berlin 1625;
    Kurzer u. verständlicher Unterricht, recht u. leichtlich singen zu lernen, Berlin 1625;
    Quaestiones musicae practicae, Berlin 1650;
    Musicae practicae praecepta brevia, Berlin 1660;
    Recreationes musicae, das ist neun poetische Amorösen, Leipzig 1651;
    Hymni selecti in gratiam studiosae iuventutis Gymnasii Berolinensis ad modulandum simul et precandum, Berlin 1680;
    Mitarb. b. d. Geistl. Liedern u. Psalmen … mit ihren notwendigen Melodien versehen, Berlin 1653.

  • Literatur

    ADB IV;
    L. Bode, Die Kirchenmelodien J. C.s, in: Mhh. f. Musik-Gesch. 5, 1873, S. 57 ff., 65 ff.;
    J. Zahn, Die Kirchenmelodien J. C.s, ebd. 12, 1880, S. 202 ff.;
    S. Kümmerle, J. C., in: Enc. d. ev. Kirchenmusik I, 1888, S. 292 ff.;
    E. Fischer-Krückeberg, J. C., Diss. Leipzig 1919 (ungedr.);
    dies., J. C. als Musiktheoretiker, in: Zs. f. Musikwiss. 12, 1929/30, S. 609 ff.;
    dies., Zur Gesch. d. ref. Gesangbücher d. Berliner Kantors J. C., in: Jb. f. Brandenburg. KG 25, 1930, S. 156 ff.;
    dies., J. C.s Praxis pietatis melica, ebd. 26, 1931, S. 27 ff.;
    dies., J. C.s Choralbearbeitungen, in: Zs. f. Musikwiss. 14, 1931/32, S. 248 ff.;
    O. Brodde, J. C, sein Weg u. sein Werk, 1936 (S. 17 über C.s Kinder);
    W. Blankenburg, in: MGG (W, L, P).

  • Porträts

    Gem. v. C.s Schwieger-S Michael Conr. Hirt, 1663 (bis 1944 in d. Nikolaikirche, jetzt im Ev. Konsistorium Berlin-Brandenburg, Berlin), Abb. in: MGG II, Tafel 61.

  • Autor/in

    Hans Heinrich Eggebrecht
  • Zitierweise

    Eggebrecht, Hans Heinrich, "Crüger, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 428-429 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118834967.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Crüger: Johann C., Cantor an der Nicolaikirche zu Berlin, Tonsetzer und Lehrer, berühmter Componist geistlicher Liedermelodien, geb. 9. April 1598 zu Groß-Breese bei Guben in der Niederlausitz, 23. Febr. 1662. Bis 1613 besuchte er die Schule seines Geburtsortes und kam, nach einer Wanderung durch Oesterreich Ungarn, Böhmen und Sachsen, im J. 1615 nach Berlin als Hofmeister der Kinder des kurfürstl. Hauptmanns auf dem Amte Mühlenhof, Chr. v. Blumenthal. Nachdem er noch eine Studienreise gemacht hatte und wieder nach Berlin zurückgekehrt war, bezog er 1620 die Universität Wittenberg, um sich der Theologie zu widmen, doch verschafften ihm seine guten musikalischen Kenntnisse schon 1622 eine Berufung nach Berlin als Cantor an der Nicolaikirche und Lehrer am Gymnasium zum grauen Kloster, in welchem Amte er mit großen Ehren 40 Jahre lang, bis zu seinem Tode verblieb. Vgl. Langbecker, Joh. Crüger's Choralmelodien etc. mit sorgfältig gearbeitetem Lebensabrisse, Berlin 1835; Winterfeld, Kirchenges. II. 159—183. — Wer Crüger's eigentlicher Lehrer gewesen, oder ob er einem solchen überhaupt sich angeschlossen, weiß man nicht; doch hat die bald nach 1600 von Italien auch zu uns herübergekommene neue concertirende Setzmanier wenigstens auf seine ersten Arbeiten erkennbaren Einfluß geübt, und besonders war es Joh. Herm. Schein, durch dessen Vorbilder C. auf jene neuen Wege geführt wurde. Seine Componistenthätigkeit bewegt sich fast ausschließlich auf kirchlichem Gebiete, und es wird nur eine Sammlung augenscheinlich weltlicher Lieder von ihm genannt, die „Recreationes musicae, d. i. Neue poetische Amorösen“, 33 Stücke, Leipzig 1651. Aber auch mit der freien kirchlichen Composition hat er nur wenig und nur zu Anfang seiner Laufbahn als Tonsetzer sich befaßt; von dieser Art ist nur sein erstes Werk, die zwei Theile der „Meditationum musicarum“, welche Leipzig 1622 und Berlin 1626 erschienen; der erste enthält dreistimmige Stücke, der zweite deutsche Magnificats über die acht Töne. Letztere bestehen aus motettenartigen achtstimmigen Chören und aus Sologesängen für eine und zwei Stimmen mit Generalbaß, nach dem von Viadana aufgebrachten concertirenden Stil. C. zeigt sich darin als solider achtbarer Tonsetzer; sein eigentliches Fach aber, worauf seine ganze Naturanlage ihn hinwies und dem er nun auch seine ganze Kraft zuwandte, war das geistliche Lied. Hierin war seine Wirksamkeit sehr umfänglich und erstreckte sich über sein ganzes ferneres Leben, während ihre Nachklänge weit darüber hinaus reichten und noch in unseren Tagen vernommen werden. Zwar erscheint er auch dem Kirchenliede gegenüber nicht hervorragend als Tonsetzer oder Contrapunktist, vielmehr sind nicht nur seine Harmonisirungen älterer, sondern selbst auch seiner eigenen Lieder von Anderen weit übertroffen worden. Um so glücklicher aber war er in der Erfindung neuer schöner Melodien, und er ist der erste protestantische|Componist, von dem nachweislich eine erhebliche Anzahl eigener Melodien dauernde Aufnahme in die Kirche gefunden hat. Nach Winterfeld a. a. O. 170 beläuft sich die Anzahl der von ihm erfundenen (und verbesserten) Liedermelodien auf 72, zu Dichtungen von Paul Gerhardt, Johann Frank, Johann Heermann, Martin Rinckart, Kurfürstin Louise, Simon Dach, Rist, Albert, Ringwaldt und Anderen. Etwa ein Jahrhundert lang sind sie in den Kirchen Norddeutschlands gesungen worden, und 17 haben bis auf die Gegenwart als eine Zierde unseres Gemeindegesanges im kirchlichen Gebrauche sich erhalten, darunter „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen"; „Von Gott will ich nicht lassen" (1640); „Herr, ich habe mißgehandelt"; „Nun danket Alle Gott"; „Schmücke dich o liebe Seele"; „Du o schönes Weltgebäude"; „O wie selig seid ihr doch ihr Frommen" (1649); „O Gott du frommer Gott" (1653); „Jesu meine Freude“ (1656); „Jesus meine Zuversicht“ (1658). Die von C. veröffentlichten Gesangbücher, worin neben vielen anderen Psalmen- und Liedermelodien auch seine eigenen vorkommen, enthalten dieselben theils in mehrstimmigen Bearbeitungen ohne und mit Instrumenten, theils nur die Melodien mit Grundbaß und sind folgende: 1) „Neues vollkömmliches Gesangbuch Augsb. Confession“, Berlin 1640, enth. 137 Mel. 4 voc. 2) „Geistliche Kirchen-Melodien“, Berlin 1649, enth. 161 Gesänge 4 voc., davon 109 mit Instrum.; 3) „Geistliche Lieder und Psalmen“, Berlin 1653, nur Melodienbuch, enth. 92 Nummern; 4) „Psalmodia sacra“, der Lobwasser’sche Psalter und 319 geistliche Lieder mit 184 Melodien 4 voc., 3 Instrumenten, B. C., Berlin 1657, 1658, 1700; 5) „Praxis pietatis melica“, Melodienbuch mit Grundstimme, Wittenb. 1656, Berlin 1658, erlebte bis 1733 nicht weniger als 43 Aufl.; die 23. von 1688 enth. 1114 Lieder mit 374 Mel. Kommen nun Crüger's Melodien an Kraft des Tonganges und Mannigfaltigkeit der Rhythmik auch nicht mehr den früher entstandenen gleich, so sind sie doch würdig, frisch und klar, schließen den Formen der Dichtungen fließend sich an und sind treffend im Ausdrucke, woraus ihre ehemalige große Verbreitung und die Wertschätzung, deren sie ja zum Theil heute noch sich erfreuen, von selbst sich erklärt. Die Regeln und den Charakter der alten Tonarten hat C. nur noch in seinen Magnificats festgehalten, in seinen Melodien und harmonischen Bearbeitungen sind sie so gut wie aufgelöst und dem modernen Dur und Moll gewichen. Neu ist bei ihm übrigens noch eine Art der Instrumentalbegleitung zu mehrstimmig gesetzten Kirchenliedern: sie besteht aus obligaten Stimmen und schließt, in ähnlicher Weise wie unsere Orgelbegleitung des Gemeindegesanges beim Gottesdienste, ohne Vor-, Zwischen- oder Nachspiele einfach der strophischen Form der Gesänge sich an. Auch als Musikschriftsteller und Lehrer hat C. Spuren seines Wirkens durch Herausgabe einiger Lehrbücher hinterlassen: „Synopsis Musices, cont. rationem constituendi et componendi melos harmonicum“, Berlin 1624, 1630, 1634; 2) „Praecepta musicae practicae figuralis“, Berlin 1625; 3) „Quaestiones musicae pract.“, Berlin 1650.

  • Autor/in

    v. Dommer.
  • Zitierweise

    Dommer, Arrey von, "Crüger, Johannes" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 623-624 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118834967.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA