Lebensdaten
1880 – 1953
Geburtsort
Bischweiler (Elsaß)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Chef des Büros des Reichspräsidenten
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118782959 | OGND | VIAF: 69725518
Namensvarianten
  • Meißner, Otto
  • Meissner, Otto

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Zitierweise

Meißner, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118782959.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Die Fam. stammt ursprünglich aus Osttirol, von wo sie 1684 vertrieben wurde;
    V Gustav (1847–1921), aus Schneidemühl (Westpreußen), Postbeamter in B., S d. Johann (1807–90) aus Krojanke (Westpreußen), Regimentsschuster, u. d Juliane Klocke (1824–50) aus Schweidnilz;
    M Albertine (1846–89) aus Bavilliers (Elsaß), T d. Ludwig Hetzel (1800–65) aus Basel u. d. Magdalene Friedrich (1809–95) aus B.;
    Stief-M (seil 1890) Maria (Mieze) Leibrock; Verwandte d. Stief-M General Joh. Bapt. Kleber (1753–1800. s. NDB XI), Adolf Leibrock, Maler. Prof. an d. Kunstak. Straßburg, Gertrud Fauth (1886–1932), Dr. phil., Schriftstellerin (s. Kosch. Lit-Lex.³);
    Straßburg 1908 Hildegard (1889–1952) aus Boulay (Lothringen). T d. Adolf Roos (1854–1927) aus Rhaunen (Hunsrück), Zollbeamter in Rappoltsweiler u. Straßburg. u. d. Cäcilie Saas (1862–1928) aus Altmünsterol (Elsaß);
    1 S, 1 T, u. a. Hans-Otto (*1909). Dr. iur., Diplomat, seit 1950 freier Schriftsteller (s. Kosch, Lit.-Lex.³).

  • Biographie

    M. besuchte das Lyzeum in Straßburg und studierte seit 1898 Jura in Straßburg und Berlin; 1903 wurde er in Erlangen zum Dr. iur. promoviert. Er schloß sich der Burschenschaft „Germania“ an und gehörte zu den Gründern des „Akademischen Sportclubs Straßburg“. Sein Studium finanzierte er durch Übersetzungen für das Wolff’sche Telegraphenbüro. 1908 wurde M. Reichsbahnbeamter in Straßburg. 1915 zog er mit dem Infanterieregiment 136 ins Feld. Anfang 1917 wurde er dem Generalkommando der Militäreisenbahn in Bukarest unterstellt. Im folgenden Jahr war er, nunmehr im Auswärtigen Dienst, in Kiew tätig; im Januar 1919 wurde er deutscher Geschäftsträger bei der|ukrain. Regierung. M. kehrte nicht mehr in seine Heimat zurück, obwohl er in den franz. Eisenbahndienst übernommen worden wäre, sondern ging nach Berlin. Rudolf Nadolny, der ihn sehr schätzte, nahm ihn im April als Vortragenden Rat in das Büro des Reichspräsidenten mit.

    Am 1.4.1920 trat M. im Rang eines Ministerialdirektors die Nachfolge Nadolnys als Leiter des Büros des Reichspräsidenten an; 1923 wurde er zum Staatssekretär ernannt. M.s Aufgabe war es, den Reichspräsidenten, dem nach der Weimarer Verfassung eine starke Stellung zukam, umfassend zu unterstützen und zu beraten, vor allem in staats- und verwaltungsrechtlichen Fragen. Dafür brachte M., wie seine einschlägigen Publikationen 1919-21 beweisen, die besten Voraussetzungen mit. Da er 1920-39 mit seiner Familie im Palais des Reichspräsidenten in der Wilhelmstraße 73 wohnte, kam es zu einer fast familiären Verbundenheit mit dem Staatsoberhaupt. Wendig und stets beflissen, überaus fleißig und einsatzbereit, aber auch ehrgeizig und ehrsüchtig (er besaß noch mehr Orden als Göring), verkörperte M. den Beamtentypus, der sich für patriotisch und unpolitisch hielt. Daher war es ihm möglich, so unterschiedlichen Präsidenten wie Ebert, Hindenburg und Hitler zu dienen. Obwohl von deutschnationaler Gesinnung, ließ er keinen Zweifel an seiner Loyalität gegenüber dem Sozialdemokraten Ebert aufkommen und verteidigte ihn gegen Verleumdungen von rechts. Mit Hindenburg verband M. ein enges, herzliches Einvernehmen. Er beriet ihn in politischen Fragen, verfaßte seine Reden und war bei allen wichtigen Unterredungen des Reichspräsidenten anwesend. So ist es weitgehend M. zu verdanken, daß Hindenburg die Außenpolitik Stresemanns und die Kanzlerschaft Brünings unterstützte. Allerdings war er auch mitverantwortlich für die politischen Entscheidungen des Präsidenten 1932/33. Er teilte zwar die Abneigung Hindenburgs gegenüber Hitler, riet ihm aber schließlich, diesen mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Eine Mitwirkung am politischen Testament Hindenburgs bestritt er jedoch.

    Nach Hitlers Machtergreifung und Hindenburgs Tod blieb M. in seinem Amt, in welchem er – nach eigener Aussage (1950) – „gesetzeswidrige Maßnahmen verhindern, Unrecht abwenden und für Maß und Vernunft eintreten zu können glaubte“. Von den Massenmorden an Juden will er nichts gewußt haben. M. wurde zwar nicht Parteimitglied, paßte sich aber – ähnlich wie 1918/19 – rasch an die neuen Gegebenheiten an. 1935 veröffentlichte er mit Georg Kaisenberg das Buch „Staats- und Verwaltungsrecht im Deutschen Reich“ – „dankbaren Herzens“ gegenüber Adolf Hitler, „der die innere Zerrissenheit Deutschlands begraben und seine äußere Ehre wieder hergestellt hat“. Im August 1935 – ein Jahr nach Hindenburgs Tod – wurde M.s Büro in „Präsidialkanzlei“ umbenannt. Der Aufgabenbereich wurde auf die repräsentativen und formellen Angelegenheiten des Reichsoberhaupts beschränkt (Beamtenernennungen, Gnadengesuche, Ordens- und Titelverleihungen), während alle politischen Angelegenheiten der Reichskanzlei unter Leitung Hans Heinrich Lammers' zugeordnet wurden. Hitler dankte M. seine blinde Solidarität und Beflissenheit, indem er ihn 1937 zum Staatsminister im Rang eines Reichsministers ernannte.

    Von der Regierung Dönitz übernommen, wurde M. am 23. Mai 1945 von den Alliierten verhaftet und in Bad Mondorf (Luxemburg), dann in Dachau und Plattling interniert. Im Nürnberger „Wilhelmstraßen-Prozeß“ wurde er am 14.4.1949 freigesprochen, ebenso später von drei Entnazifizierungskammern. Im Gefängnis begann M. – beschönigend und rechtfertigend – seine Memoiren zu schreiben.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Reichsverfassung, 1919;
    Das Staatsrecht d. Reiches u. s. Länder, 1921, ²1923;
    Grundriß d. Vfg. u. Verw. d. Reichs u. Preußens, 1922;
    Staatssekretär unter Ebert. Hindenburg. Hitler, Der Schicksalsweg d. dt. Volkes v. 1918-1945, wie ich ihn erlebte, 1950, ³1958 (P):Hrsg.: Elsaß u. Lothringen. Dt. Land, 1940;
    Dt. Elsaß, Dt. Lothringen, 1941.

  • Literatur

    J. Stöcker, Männer d. dt. Schicksals, 1949, S. 140-55;
    R. Kempner u. C. Haensel, Das Urteil im Wilhelmstraßen-Prozeß, 1950;
    Hans-Otto Meißner (S), So schnell schlägt Dtld.s Herz, 1951 (P);
    ders., Die Machtergreifung, 1958 (P);
    ders., 30. Januar '33, Hitlers Machtergreifung, 1976 (P);
    ders., Straßburg, o Straßburg, Eine Fam.gesch., 1986 (P);
    ders., Junge Jahre im Reichspräs.palais, Erinnerungen an Ebert u. Hindenburg 1919–34, 1988 (P);
    W. Görlitz, Hindenburg, 1953;
    H. Mommsen. Beamtentum im Dritten Reich, 1966;
    J. W. Wheeler-Bennett. Der hölzerne Titan, Paul v. Hindenburg, 1969;
    Th. Vogelsang, Reichswehr, Staat u. NSDAP, 1962;
    R. Kempner. Das Dritte Reich im Kreuzverhör, 1969;
    H. Brüning, Memoiren 1918–34, 1970;
    R. Wistrich, Wer war wer im Dritten Reich?, 1983 (P);
    Rhdb. (P).

  • Autor/in

    Franz Menges
  • Zitierweise

    Menges, Franz, "Meißner, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 702-703 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118782959.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA