Lebensdaten
1738 – 1821
Geburtsort
Petznick bei Stargard (Pommern)
Sterbeort
Breslau
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; Romanschriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11877414X | OGND | VIAF: 61643991
Namensvarianten
  • Bothe, F. (Pseudonym)
  • Cyllenius (Pseudonym)
  • Meister, H. (Pseudonym)
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Zitierweise

Hermes, Johann Timotheus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877414X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gg. Vivigenz (1702–77), Pastor in P., S d. Daniel (s. Gen. 1);
    M Lukrezia (1712–71), T d. Heinr. Becker, Pastor an St. Jacobi in Rostock, Chemiker u. Physiker, u. d. Christine Marg. Schomerus;
    B Herm. Daniel (1734–1807), 1766 Prof. d. Theol., 1771 Propst, 1787 Ob.konsistorialrat in B., 1791 Konsistorialrat in Berlin, 1792 unter Wöllner Präs. d. Geistlichen-Immediat-Examenskomm. Der Versuch, die Theol. Fak. Halle zu maßregeln, führte zu unerquickl. Auseinandersetzungen. Nach s. Rücktritt (Wöllners Sturz) sammelte H. in Berlin um sich d. „Christentumsges.“, die d. Erweckungsbewegung vorbereiten half, 1805 Prof. d. Theol. in Kiel (s. L), Ernst Frdr. (* 1736), Konsistorialrat u. Pfarrer in Königsberg/Pr. (s. Meusel, Gel. Teutschland);
    Vt Joh. August (s. 1);
    - Breslau 1769 Christiane Caroline ( 1835), T d. Gottlieb Benj. Bräuer, Wareninsp. b. d. Oberakzise in B.;
    10 S (8 früh †), 6 T (2 früh †).

  • Biographie

    Den ersten Unterricht erhielt H. zusammen mit seinem Bruder Hermann Daniel vom Vater, einem begeisterten Orientalisten und Anhänger der Wolffschen Philosophie. Ein Hauslehrer bereitete beide Söhne auf den Besuch des Stargarder Gymnasiums vor, das H. mit hervorragenden Kenntnissen des Französischen und als großer Bücherliebhaber verließ. In Königsberg begann er 1756 das Studium der Theologie. Als Buch-Auktionator und durch französische Privatstunden in Königsberger Familien verdiente sich der mittellose, kluge und scharf beobachtende H. seinen Unterhalt. 1764 wurde er Lehrer an der Ritterakademie in Brandenburg, 1766 Feldprediger des von Krockowschen Dragonerregiments in Lüben (Schlesien), 1769 Hofprediger, deutscher Pastor Primarius und Inspektor der Schulen in Pleß, 1772 in Breslau Ekklesiast bei Sankt Maria Magdalena, 2. Inspektor und Professor des Realgymnasiums (Magdalenengymnasium), 1775 Pastor an Sankt Bernhardin und Propst zum Heiligen Geist, 1791 Pastor an Sankt Maria Magdalena, 1808 Pastor von Sankt Elisabeth; 1809-14 war er 1. Professor (für Dogmatik) an den Gymnasien Maria Magdalena und Elisabeth und an der Trivialschule (dem späteren Gymnasium zum Heiligen Geist). 1809 wurde er städtischer Kircheninspektor, 1810-17 war er Superintendent des Fürstentums Breslau.

    Schon als Student hatte H. begonnen, moralische Themen dichterisch zu bearbeiten. Seine literarhistorische Bedeutung beruht vor allem auf dem vielgelesenen Brief-Roman „Sophiens Reise von Memel nach Sachsen“, der gegen Ende des 18. Jahrhundert ein Hausbuch des deutschen Bürgers war. H. knüpfte an die moralischen Zeitschriften, an die Romane von Richardson und Gellert an, indem er die aristokratisch-„lasterhafte“ Gattung des Romans zur bürgerlich-moralischen umfunktionierte. „Sophiens Reise“ erzählt in episodischer Form die Geschichten zahlreicher Personen; daran knüpfen sich jeweils vielstimmige Diskussionen über das richtige bürgerliche Verhalten in gesellschaftlicher, moralischer und religiöser Hinsicht. Im Mittelpunkt steht das Thema Ehe. Inhaltlich wie formal steht der Roman im Übergang zwischen dem Normativen und dem Individuellen; die schon in der Briefform enthaltene Mehrdeutigkeit, die Raum für Kritik ließ, trug zum Erfolg ebenso bei wie die individualisierende Charakterisierung der Personen, die Verwendung von Umgangssprache und Dialekt, das Lokalkolorit in der Schilderung von Ort (Königsberg, Danzig) und Zeit (um 1760). „Es ist und bleibt ein Buch für sich, einzig in seiner Art“, schrieb Wieland in einer Rezension 1776. – Großen Beifall fanden auch die von Johann Adam Hiller vertonten „Lieder und Arien aus Sophiens Reise“ (Leipzig 1779). Aus „Sophiens Reise“ fand in die Gesangbücher Eingang: „Ich hab von ferne Herr deinen Thron erblickt.“

    Dem Geist von Weimar stand H. ohne Verständnis gegenüber, die Befreiungskriege haben bei ihm kaum Spuren hinterlassen. Seine letzten Lebensjahre waren von Leid und schwerer Krankheit beschattet.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (1803), D. theol. (Breslau 1816).

  • Werke

    Weitere W Romane: Gesch. d. Miß Fanny Wilkes …, 2 Bde., Leipzig 1766, ²1781;
    Sophiens Reise v. Memel nach Sachsen, 5 Bde., ebd. 1769-73, 2. vermehrte Aufl., 6 Bde., ebd. 1776, ³1778 (engl., franz. u. holl. Überss.), Neuausg. (Ausw.), hrsg. v. F. Brüggemann, = Dt. Lit. in Entwicklungsreihen 13, 1941 (mit Einl.);
    Für Töchter edler Herkunft, 3 Bde., Leipzig 1787;
    Manch Hermäon im eigentl. Sinn d. Wortes, 2 Bde., ebd. 1788;
    Für Eltern u. Ehelustige …, 5 Bde., ebd. 1789;
    Zween Litterar. Märtyrer u. deren Frauen, 2 Bde., ebd. 1789;
    Anna Winterfeld …, 1801;
    Verheimlichung u. Eil. …, 2 Bde., 1802, ²1821;
    Mutter, Amme u. Kind, in der Gesch. Herrn Leopold Kerkers, 1809, ²1811;
    - Briefe u. Erzz., 2 Bde., 1808;
    - Andachtsschrr., 2 Bde., Leipzig 1781 f.;
    |Lieder f. d. besten bekannten Kirchenmelodien, 1800;
    - zahlr. Predigtslgg.

  • Literatur

    ADB XII;
    R. Prutz, Menschen u. Bücher, 1862, H. 5, S. 1-164;
    K. L. Cholevius, Die Verkehrssprache in H.s Sophiens Reise …, 1873;
    R. Hermes, in: Christl. Welt 12, 1898, S. 342-46;
    G. Hoffmann, J. T. H., 1911 (P);
    K. Muskalla, Die Romane v. H., 1912;
    A. van Rinsum, Der Roman „Sophiens Reise …“ v. J. T. H. als geistesgeschichtl. u. kulturhist. Ausdruck s. Zeit, Diss. Marburg 1949 (ungedr.);
    G. Schulz, H. u. d. Liebe, in: Jb. d. Schles. Friedr.-Wilh.-Univ. zu Breslau 6, 1961, S. 369-86;
    Meusel, Gel. Teutschland III, XIV, XVIII, XXII, 2;
    Goedeke IV, 1, S. 584 f. (W, L), VII, S. 424 f.;
    Kosch, Lit.-Lex. - Zu B Herm. Daniel: ADB XII;
    G. Hoffmann, H. D. H., 1914 (W, L);
    P. Schwarz, Der 1. Kulturkampf in Preußen, 1925;
    RGG³.

  • Porträts

    in: J. C. Lavater, Physiognom. Fragmente, 1948.

  • Autor/in

    Erich Beyreuther
  • Zitierweise

    Beyreuther, Erich, "Hermes, Johann Timotheus" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 669-670 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877414X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hermes: Johann Timotheus H., des vorigen jüngerer Bruder und zu besserer Unterscheidung „Sophien-H.“ genannt, ist 1736 in Petznik geboren und den 24. Juli 1821 als Pastor von St. Elisabeth und Inspector der Breslauer Kirchen und Schulen gestorben. Von seinem Vater für die Universität vorbereitet, studirte er von 1758—61 in Königsberg, wurde alsdann Lehrer an der Ritterakademie in Brandenburg, 1763 Feldprediger bei einem in Schlesien stehenden Reiterregiment und 1769 fürstlich anhaltischer Hofprediger und deutscher Pastor in Pleß in Oberschlesien. Durch seine Romane „Miß Fanny Wilkes“, 1766, zweite Auflage 1770 (nach dem Vorbilde Fielding's) und „Sophiens Reise von Memel nach Sachsen“, 1769—73, mit der er den psychologischen Roman in der Manier Richardson's in Deutschland einbürgerte, bereits berühmt, wurde H. vom Rathe in Breslau 1771 in die durch seines Bruders Beförderung zum Propste in der Neustadt vacant gewordene Professur am Magdalenäum berufen. Mag der Werth seiner sittlich-empfindsamen Romane auch sehr vergänglich erscheinen, so haben sie doch zur Bildung eines besseren Geschmacks nicht wenig beigetragen, und mit welchem Beifall sie von der seineren Lesewelt ausgenommen worden sind, ist aus den wiederholten Auslagen ersichtlich, welche in kurzer Zeit nöthig wurden; von Sophiens Reise erschienen bis 1778 bereits fünf Auflagen; bald auch Uebersetzungen ins Holländische und Dänische. Die „Lieder und Arien“ daraus erschienen 1779 mit Musik von J. A. Hiller. Kein Wunder, wenn sich H. über die Größe seines Ruhmes täuschte; als er sich 1790 während Goethe's Aufenthalt in Breslau diesem als Verfasser von Sophiens Reise vorstellte, mußte er die laconische Frage hören: „und wer ist der?“ Wie in der Professur am Magdalenäum folgte H. seinem Bruder 1775 auch als Propst in der Neustadt und 1791 im Pastorat an der Magdalenenkirche nach, welches er nach Gerhards Tode 1809 mit dem von Elisabeth vertauschte. Als Theologe ist H. ohne Bedeutung, und seine Weigerung, sich an der Gerhard übertragenen Redaction des neuen Breslauer Gesangbuchs zu betheiligen, wird ihm schwerlich als Verdienst angerechnet werden können. Auch seine weiteren Schriften ("Für Töchter edler Herkunft", 1787; „Manch Hermäon", 1788; „Für Eltern und Ehelustige“, 1789; „Zween litterar. Märtyrer und deren Frauen“, 1789; „Anne Winterfeld", 1801; „Verheimlichung und Eile“, 1802; „Mutter, Amme und Kind“, 1811, die letzteren unten den anagrammatischen Pseudonymen H. Meister und T. S. Jemehr) fanden wenig Beachtung.

    • Literatur

      Ehrhardt, Presbyterologie, I. 393. Kahlert, Schlesiens Antheil an deutscher Poesie, Bresl. 1835, S. 85, 89. Goedeke, Grundr.

  • Autor/in

    Schimmelpfennig.
  • Zitierweise

    Schimmelpfennig, Adolf, "Hermes, Johann Timotheus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 12 (1880), S. 197-198 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11877414X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA