Lebensdaten
1912 – 2002
Geburtsort
Elberfeld
Sterbeort
Ulmiz bei Köniz (Kanton Bern)
Beruf/Funktion
Dirigent ; Komponist
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118764268 | OGND | VIAF: 114975373
Namensvarianten
  • Wand, Josef Günter
  • Wand, Günter
  • Wand, Josef Günter
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Zitierweise

Wand, Günter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118764268.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Bauernfam. im Eichsfeld;
    V Paul (um 1876–n. 1938, kath.), Kaufm. in E., S e. Bauern;
    M Lydia Ortmann (um 1870–n. 1934, ref.);
    1 Stief-Schw Lily ( Josef Wand, Bauer in Weißenborn, B d. Paul Wand, s. o.), 1 B Kurt (* 1910), techn. Kaufm., gründete e. eigene Fa., 1 Schw (früh †);
    1) Allenstein 1934 1957 Liesel (Auguste Maria Luise) (um 1914–91), T d. Wilhelm Jüttemeier, Beamter, u. d. Jola N. N., 2) 1957 Anita Westhoff, Sängerin (Sopran), bis 2009 Mitgl. d. Stiftungsrats d. Günter u. Anita Wand Stiftung in Murten;
    1 S aus 1) Peter (* 1939);
    N Uwe, Regisseur, 1970–2005 Mitgl. d. Oper Leipzig, 1985–91 Operndir., 1997–2001 Chefregisseur, 1996 Prof. an d. Hochschule f. Musik Leipzig, bis 2017 Mitgl. d. Stiftungsrats d. Günter u. Anita Wand Stiftung in Murten (Kt. Freiburg).

  • Biographie

    Nachdem W. bereits als Sechsjähriger Klavierunterricht erhalten und später am Realgymnasium Elberfeld das Schülerorchester geleitet hatte, nahm er ab 1929 privat Dirigierunterricht bei dem Wuppertaler Generalmusikdirektor Franz v. Hoesslin (1885–1946).

    1930 legte er das Abitur ab, und studierte danach in Köln Philosophie, Germanistik sowie Musikwissenschaft, außerdem besuchte er die Rheinische Musikschule in Köln. Gegen den Willen des Vaters entschied er sich für die Musik und ging im Sommer 1931 für ein Semester an die Akademie der Tonkunst nach München, wo er bei Franz Dorfmüller (1887–1974) Klavier und bei Walter Courvoisier (1875–1931) Komposition studierte. Im Wintersemester 1931 / 32 setzte er seine Ausbildung an der Kölner Musikhochschule bei Carl Ehrenberg (1878–1962) im Dirigieren und bei Philipp Jarnach (1892–1982) in Komposition fort. Ohne sein Studium abgeschlossen zu haben, übernahm W. 1932 eine Stelle als Korrepetitor mit Dirigierverpflichtung in Wuppertal. 1934 ging er an das Landestheater in Allenstein (Ostpreußen) und betreute dort als 2. Kapellmeister (1. Kapellmeister 1937) das Operettenrepertoire. Zahlreiche Bewerbungen blieben aufgrund seiner Weigerung, der NSDAP beizutreten, erfolglos. Erst 1938 / 39 fand er eine Anstellung als musikalischer Oberleiter am Lippischen Landestheater in Detmold – und konnte 1939 an die Oper Köln wechseln, wo er neben Generalmusikdirektor Karl Dammer (1894–1977) als 1. Kapellmeister tätig war. Nach der Zerstörung des Kölner Opernhauses unterschrieb W. im Juni 1944 einen Vertrag in Salzburg; hier dirigierte er am 30. 4. 1945 das letzte öffentliche Sinfoniekonzert im Dt. Reich vor Kriegsende. Im Spätsommer 1945 kehrte W. nach Köln zurück, wo er 1946 zum Gürzenich-Kapellmeister und Generalmusikdirektor ernannt wurde. Seine Verpflichtungen in der Kölner Oper gab er jedoch schon 1948 auf und trat bis 1972 nur noch selten als Operndirigent auf, zum letzten Mal 1972 in Bern mit Bizets „Carmen“. Neben dem Gürzenich-Orchester leitete er 1953–56 das Wiesbadener Städt. Orchester als Nachfolger von Karl Schuricht (1880–1967). 1974 verließ er das Gürzenich-Orchester und zog in die Schweiz nach Ulmiz (bei Bern). Fortan war er jahrelang als Gastdirigent bei verschiedenen Orchestern tätig. 1982 übernahm er die Position des Chefdirigenten des NDR-Sinfonieorchesters, die er bis 1991 innehatte.

    Schon früh war W. international bekannt: Sein erstes Auslandskonzert gab er 1948 in Lausanne, 1950 unternahm er mit dem Gürzenich-Orchester eine Tournee in die Schweiz und dirigierte in Paris, ein Jahr später trat er erstmals mit dem London Symphony Orchestra auf; schließlich war er 1958 der erste dt. Dirigent, der in die Sowjetunion eingeladen wurde. Sein Kölner Engagement sah er aber als Hauptaufgabe, weswegen er erst im Alter internationalen Ruhm erlangte. So war er seit 1982 Chief-Guest-Conductor des BBC Symphony Orchestra und debütierte 1989 in den USA mit dem Chicago Symphony Orchestra. Mehrmals leitete er ab den späten 1970er Jahren das NHK Symphony Orchestra Tokyo. In Deutschland war er v. a. bei den Bamberger Symphonikern, den Berliner Philharmonikern, dem Symphonieorchester des Bayer. Rundfunks und den Münchner Philharmonikern zu Gast.

    W. pflegte ein breites Repertoire: Als junger Kapellmeister dirigierte er viel Oper und Operette, zog sich aber schon bald aus dem Theaterbetrieb zurück und trat mit zunehmendem Alter immer mehr als Konzertdirigent auf, wobei ihm auch die Pflege des modernen Repertoires am Herzen lag (Strawinsky, Bartok, Schönberg etc.). Freundschaften verbanden ihn mit Bernd Alois Zimmermann (1918–1970), von dem er unter anderem das „Scherzo Sinfonico“ aus der „Sinfonia prosodica“ (1946) uraufführte, und mit Olivier Messiaen (1908–1992), dessen Werke er schon in den Nachkriegsjahren in Deutschland dirigierte, so 1950 in Köln Teile aus der „Turangalîla-Sinfonie“. 1957 leitete er die Uraufführung der „Bluthochzeit“ von Wolfgang Fortner (1907–1987).

    Stets standen die Aufführungen des der dt. Kapellmeistertradition verbundenen W. im Dienst des Werks; dessen formale Gestalt, Klangbild und inneren Sinn setzte er mit unbestechlicher Klarheit und Leidenschaft um. Eitelkeit oder Starallüren waren ihm fremd. Mozarts Musik war ihm ein großes Anliegen, intensiv widmete er sich u. a. auch Berlioz, Tschaikowsky, Richard Strauss und Debussy. In seinen späten Jahren avancierte er zum bedeutendsten Bruckner-Dirigenten seiner Zeit – bewundert wurde er auch für seine Aufführungen der Sinfonien Beethovens, Brahms’ und Schuberts.

  • Auszeichnungen

    |Prof.;
    BVK (1971);
    Staatspreis d. Landes NRW (1987);
    Johannes-Brahms-Medaille, Hamburg (1988);
    Komturkreuz d. Rep. Italien;
    Ehrenring u. Ehrendirigent d. Gürzenich-Orch. (1992);
    Jahrespreis d. dt. Schallplattenkritik;
    Gr. BVK mit Stern u. Schulterband (1994);
    – G. W.-Haus d. Hochschule f. Musik u. Tanz Köln in Wuppertal (seit 2010).

  • Werke

    W Komp.: Musik z. Nacht f. Alt u. Orch. (n. R. M. Rilke), 1935;
    Die Braut unterm Hammer (Opernfragm., 1. Akt), 1935;
    Harlekinade (Ballett), 1935;
    You never had it so Good (Musical), 1945;
    Odi et amo, Konzertino f. Sopran u. Kammerorch., 1949;
    Schauspielmusiken;
    Aufnahmen u. a. W. A. Mozart, Haffner-Serenade, Gürzenich-Orch., 1952;
    R. Schumann, 3. Sinfonie, Gürzenich-Orch., um 1955 / 58;
    W. Fortner, Bluthochzeit, Gürzenich-Orch., Livemitschnitt d. UA 1957;
    A. Schönberg, Fünf Orch.stücke op. 16, Gürzenich-Orch., um 1960;
    B. Bartok, Divertimento f. Streichorch., Gürzenich-Orch., 1959;
    J. Brahms, Sinfonien Nr. 1–4, Gürzenich-Orch., 1960;
    ders., Sinfonien Nr. 1–4, NDR-Sinfonieorch., 1982–83;
    L. v. Beethoven, Sinfonien Nr. 1–7, Gürzenich-Orch., 1955–58;
    ders., Missa Solemnis, Gürzenich-Orch., um 1959;
    ders., Sinfonien Nr. 1–9, NDR-Sinfonieorch., 1985–88;
    J. Haydn, Die Schöpfung, Gürzenich-Orch., 1964;
    A. Bruckner, Sinfonie Nr. 8, Gürzenich-Orch., 1971;
    ders., Sinfonien Nr. 1–9, Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orch., 1974–81;
    ders., Sinfonien Nr. 3–9, NDR-Sinfonieorch., 1987–95;
    ders., Sinfonien Nr. 4, 5, 7, 8 u. 9, Berliner Philharmoniker, 1996–2001;
    F. Schubert, Sämtl. Sinfonien, Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orch., 1977–84;
    I. Strawinsky, Pulcinella-Suite, Fassung v. 1946, NDR-Sinfonieorch., 1991;
    P. I. Tschaikowsky, Sinfonie Nr. 5, NDR-Sinfonieorch., 1994;
    ausführl. Verz.: Seifert, 2007 (s. L);
    Qu Bestand G. W. im Hist. Archiv Köln(Korr., Notenmaterial, Aufnahmen, P).

  • Literatur

    |G. W., Der Gürzenich-Kapellmeister, in: Das musikal. Selbstportrait, hg. v. J. Müller-Marein u. H. Reinhardt, 1963, S. 245–54;
    Fr. Berger, G. W., Gürzenichkapellmeister 1947–1974, 1974;
    I. Scharberth, Gürzenich-Orch. Köln 1888–1988, 1988;
    H. Lindlar, 50 J. Neue Musik auf d. Kölner Gürzenich, Programmatik 1913–1963, in: ders., Leben mit Musik, hg. v. H.-E. Bach, 1992, S. 28–40;
    N. Nyffeler (Red.), G. W., Der Musik dienen, 1992;
    W. Seifert, G. W., So u. nicht anders, Gedanken u. Erinnerungen, 1998 (Diskogr.), erweiterte Neuausg. 2007 (L, Diskogr., P);
    W. Schreiber, Gr. Dirigenten, 2005, ²2007;
    J. Kesting, Zum 90. Geb.tag, Spiel’s noch einmal, Brausekopf, in: FAZ v. 7. 1. 2002 (P);
    Ch. Wildhagen, Eine Karriere im Stillen, in: NZZ v. 9. 1. 2002 (P);
    Nachrufe: E. Kohlhaas, Feuer bis ins kleinste Klangdetail, in: FAZ v. 16. 2. 2002 (P);
    R. Schulz, Die Demut d. Gipfelstürmers, in: SZ v. 16. 2. 2002 (P);
    E. Schwind, Archäologie mit Taktstock, in: NZZ v. 16. 2. 2002 (P);
    MGG² (W-Verz., L, Diskogr., Filmogr.);
    Munzinger.

  • Autor/in

    Bernhold Schmid
  • Zitierweise

    Schmid, Bernhold, "Wand, Günter" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 391-392 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118764268.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA