Lebensdaten
1886 – 1941
Geburtsort
Neisse (Oberschlesien)
Sterbeort
London
Beruf/Funktion
Dichter ; Kritiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118703870 | OGND | VIAF: 95187746
Namensvarianten
  • Herrmann, Max
  • Herrmann-Neisse, Max
  • Herrmann, Max
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Zitierweise

Herrmann-Neisse, Max, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118703870.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Robert H. (1854-1916), erst Lehrerausbildung, dann Kaufm. u. Gastwirt in N., S d. Wilhelm (1825–1902), Hofbes. u. Gerichtsschulze in Sambowitz Kr. Breslau, u. d. Joh. Elisabeth Neumann;
    M Anna Rosina (1856–1917), T d. Gutsbes. Sambale in Weisdorf Kr. Ohlau;
    1917 Helene (1896–1960), T d. Silberwarenhändlers u. Uhrmachers Gebek in N.; kinderlos.

  • Biographie

    Mit dem Werk H.s erhält eine lyrische Stimme Gehör, die im Ensemble der Dichter und Literaten des Expressionismus ihren eigenen Ort bewahrte und die Bindung an die traditionellen Formen deutscher Lyrik niemals aufgegeben hat. Bereits 1906 war H.s erster Gedichtband erschienen. Nach einem siebensemestrigen Studium der Literatur- und Kunstgeschichte in München und Breslau 1909 nach Neisse als freier Schriftsteller zurückgekehrt, gewann er über Franz Jung und Alfred Kerr Kontakt zur expressionistischen Generation, insbesondere zu den Berliner Kreisen um A. R. Meyer und Franz Pfemfert. Seit 1911 Mitarbeit an der „Aktion“, 1912 am „Pan“, später an den „Weißen Blättern“, mit Gedichten, Prosa, Kritiken. Seinen leidenschaftlichen Protest gegen den Krieg bezeugen die zwischen 1914 und 1918 in Zeitschriften wie „Sirius“, „Zeit-Echo“, „Der Mistral“ veröffentlichten Artikel. 1917 übersiedelte er nach Berlin und erhielt hier Förderung durch O. Loerke, Carl Hauptmann und A. Kerr. Als Lyriker, kulturpolitischer Publizist, Theaterkritiker und Rezensent nahm H. am Berliner literarischen Leben der zwanziger Jahre intensiven Anteil und verkehrte in zahlreichen Künstlerkreisen der Hauptstadt. Hier malte George Grosz den Freund, immer wieder angezogen von der kleinen verwachsenen Gestalt mit dem großen markanten Kopf und den scharfblickenden Augen. H. war vor allem Lyriker; daneben stehen dramatische Versuche, in denen er Elemente des absurden Theaters vorausnahm, sowie einige Romane und Erzählungen. – Im März 1933 verließ H. mit seiner Frau Deutschland freiwillig und emigrierte über die Schweiz, Holland und Frankreich nach London.

    Der Dichter H. war lange ein Nehmender, der sich den Einflüssen Heinescher Erlebnislyrik ebenso öffnete wie der Berührung durch den symbolistischen Jugendstil und die Dichtung Rilkes. Sein starker antibürgerlicher Affekt führte ihn schließlich in den Kreis der Expressionisten, dem er sich mit seinem Werk verband, ohne es je ganz an die neue Bewegung preiszugeben. Die innere Verwandtschaft von persönlichem Geschick und Zeitstil bereitete ihm den Boden, von dem her seine Dichtung erst gültigen Ausdruck fand. Dennoch bewahrte sie die klassischromantischen Traditionsformen und fand nach Abebben des Expressionismus zu neuer Intensität. H. sah in der Verknüpfung von Leben und Werk die ihm gemäße dichterische Daseinsform. In einer Zeit der Versachlichung des künstlerischen Ausdrucks suchte er das persönliche Erlebnis in seiner Unmittelbarkeit für die Lyrik zurückzugewinnen. Sein Werk nimmt so den Charakter einer dichterischen Autobiographie an, in die Szenen des alltäglichen Lebens eingezeichnet sind, unterbrochen nur von dem immer wieder skizzierten lyrischen Selbstporträt, in dem melancholische Passivität und strenges Selbstgericht einander ablösen. Im Wechselspiel von Provinz und Weltstadt, schlesische Innerlichkeit und provozierfreudiger Bohème, Reflexion und Groteske formen sich die Konturen eines Menschen und Dichters, der in allen diesen Welten zu Haus war und doch Ausgeschlossener blieb, der das Schicksal des Fremdseins auf sich nahm bis zum bitteren Ausklang, der Emigration. Das Exil scheint in seinem Werk vorweggenommen, das mit Titeln wie „Die Preisgabe“, „Verbannung“, „Einsame Stimme“, „Abschied“ das Leitmotiv seines Schaffens anklingen läßt.In den Gedichten der Emigration, die vor allem aus ihrer starken inhaltlichen Aussage leben,|weitet sich der Stoff des „kleinen Geschicks“ zum Ausdruck des Flüchtlingsloses überhaupt, in dem die Erschütterung einer ganzen Zeit einbegriffen ist. – Bleibt die Klage des Einsamen häufig bei der lyrischen Selbstaussprache stehen, so lebt doch in H.s besten Gedichten die Musikalität des Wortes, die ihm selbst das Wesen des Lyrischen bedeutete.|

  • Auszeichnungen

    Eichendorff-Preis (1924), Gerhart-Hauptmann-Preis (1927).

  • Werke

    Gedichte: Ein kleines Leben, 1906 (Ged. u. Skizzen);
    Das Buch Franziskus, 1911;
    Porträte d. Provinz-Theaters, 1913;
    Sie u. d. Stadt, 1914;
    Empörung, Andacht, Ewigkeit, 1918;
    Verbannung, 1919;
    Die Preisgabe, 1919;
    Im Stern d. Schmerzes, 1924;
    Einsame Stimme, 1927 (P);
    Abschied, 1928;
    Musik d. Nacht, 1932;
    Um uns d. Fremde, 1936; aus d. Nachlaß:
    Letzte Gedichte, 1941 (P);
    Mir bleibt mein Lied, 1942;
    - Komödien: Joseph d. Sieger, 1919;
    Die Laube d. Seligen, 1919;
    Der letzte Mensch, 1922;
    - Hilflose Augen, 1920 (Novellen);
    - Romane: Cajetan Schaltermann, 1920;
    Der Flüchtling, 1921;
    - Erzz.: Die Begegnung, 1925;
    Der Todeskandidat, 1927;
    - Die bürgerl. Lit.gesch. u. d. Proletariat, 1922 (Vortrag);
    - Lied d. Einsamkeit, Gedicht-Ausw., hrsg. v. F. Grieger, 1961.

  • Literatur

    F. Grieger, M. H.-N., Eine Einführung in s. Werk u. e. Ausw., 1951;
    R. Lorenz, M. H.-N., 1966 (mit Bibliogr.);
    Rhdb. (P);
    Kosch, Lit.-Lex.;
    Kunisch.

  • Porträts

    Radierung v. L. Meidner, 1919 (Ludwig Meidner, Marxheim);
    Ölgem. v. G. Grosz, 1925 (Mannheim, Städt. Kunsthalle);
    Phot. (H. in s. Schauspiel „Albine u. Aujust“), 1919, Abb. in: Expressionismus (Ausstellungskat., Marbach), 1960.

  • Autor/in

    Rosemarie Lorenz
  • Zitierweise

    Lorenz, Rosemarie, "Herrmann-Neisse, Max" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 692-693 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118703870.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA