Lebensdaten
1873 – 1950
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Leipzig
Beruf/Funktion
Musiker ; Chordirigent ; Organist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118619004 | OGND | VIAF: 51737331
Namensvarianten
  • Straube, Montgomery Rufus Karl Siegfried
  • Straube, Karl
  • Straube, Montgomery Rufus Karl Siegfried
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Zitierweise

Straube, Karl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118619004.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus märk. Pastorenfam.;
    V Johann, Organist an d. Hl. Kreuzkirche in B., Harmoniumbauer;
    M Sarah Palmer, aus England;
    B William (1871–1954, Dora v. Möllendorff, 1886–1971, Geigerin, T d. Paul G. v. Möllendorff, 1847–1901, Sinol., Dipl., chin. Seezolldir., korean. Vizeaußenmin., s. NDB 17), Maler, studierte 1908–11 an d. Académie Matisse in Paris, Zeichenlehrer in B., dann an d. Schule Schloß Salem, zuletzt in Neufrach b. Überlingen/Bodensee, Nachlaß im William Straube-Archiv u. im Städt. Kunstmus. Singen (s. L);
    1903 Hertha Küchel (1876–1974), T e. Hoteliers in Wesel.

  • Biographie

    Den ersten Orgelunterricht erhielt S. von seinem Vater, später durch Otto Dienel, den Organisten der Berliner Marienkirche. Bei Albert Becker, der als Kompositionslehrer an der Akademie der Künste wirkte, studierte er Musiktheorie und nahm weiteren Instrumentalunterricht bei Heinrich Reimann, dem seit 1895 an der Ks. Friedrich-Wilhelm-Gedächtniskirche tätigen Organisten. S. wurde sofort dessen ständiger Vertreter, erhielt jedoch bereits 1897 einen Ruf an den Wilibrordidom in Wesel, wo er eine glänzende Virtuosenlaufbahn begann. In Frankfurt/M. lernte er 1898 Max Reger kennen und setzte sich fortan für dessen Orgelwerke ein, die er fast alle uraufführte.

    1902 wurde S. als Thomasorganist nach Leipzig berufen und übernahm im Jahr darauf auch die Leitung des Leipziger Bach-Vereins. Er war maßgeblicher Gestalter der von der Neuen Bachgesellschaft initiierten Deutschen Bach-Feste in Leipzig (1904, 1920, 1923, 1929, 1935 und 1938) und richtete eigene Leipziger Bach-Feste ein, die er 1908 (anläßlich der Errichtung des 2. Bach-Denkmals), 1911 und 1914 durchführte. Nicht zuletzt wegen seiner Verdienste um die Bach-Pflege wurde S. 1918 zum Thomaskantor berufen; in der Folge legte er einen weiteren Schwerpunkt seiner Repertoires auf Bach und spielte 1931–37 mit dem Thomanerchor nahezu sämtliche Bach-Kantaten für den Rundfunk ein. Nach seinem anfänglich an der spätromantischen „Orchesterorgel“ orientierten Interpretationsstil wandte er sich mit der Orgelbewegung der historischen Aufführungspraxis zu und distanzierte sich von großdimensionierten Besetzungen. 1935 führte er Bachs Matthäus-Passion erstmals nicht mehr mit gemischtem Chor, sondern mit seinem Knabenchor auf.

    Bereits seit 1907 war S. als Orgellehrer (1908 Prof.) am Leipziger Konservatorium tätig. 1921 gründete er hier das Institut für Kirchenmusik, das 1926 zum Kirchenmusikalischen Institut der Ev.-luth. Landeskirche Sachsens avancierte. Die intensive Pflege der alten Musik machte das Institut zu einem weit ausstrahlenden Zentrum der Orgelbewegung; mit zahlreichen jungen Komponisten wurde die „Leipziger Schule“ der Ära S. selbst zu einem Mythos der Kirchenmusikgeschichte. Ihr überragender Ruf konnte angesichts der Konfrontation mit dem nationalsozialistischen Staat seit 1933 nicht ohne Widerspruch bleiben.

    Die Nähe der kirchenmusikalischen Praxis zum säkularen Musikleben und ihren kunstreligiösen Tendenzen ist bei S. bereits 1920 in der Vereinigung des Bach-Vereins mit dem Gewandhauschor zu der größeren und leistungsfähigeren Formation der „Chorvereinigung des Gewandhauses“ zu erkennen. 1926 trat S. der NSDAP bei, 1937 wurde der Thomanerchor korporatives Mitglied der HJ; gleichzeitig versuchte S., die Thomaner im liturgischen Dienst zu verankern. S.s Verhalten in der Zeit des Nationalsozialismus ist als schwieriger und anfechtbarer Balanceakt zwischen Anpassung und Distanz zu werten, der bis heute nicht kritisch erforscht ist.

    Das Institut für Kirchenmusik am Leipziger Konservatorium wurde auf Betreiben|des sächs. Gauleiters Martin Mutschmann (1879–1947) aus dem am 8. 6. 1941 als Hochschule neu gegründeten Konservatorium ausgeschlossen und damit faktisch aufgelöst; nach schwierigen Übergangszeiten konnte S. es am 1. 10. 1946 wieder eröffnen und gab hier noch bis 1949 Orgelunterricht.

    S. war als 11. Nachfolger Johann Sebastian Bachs im Thomaskantorat der erste, der nicht selbst kompositorisch tätig war, sondern sich ganz auf interpretatorische Aufgaben konzentrierte, seit 1920 auch Auslandsreisen mit den Thomanern unternahm. Als stilbildender Organist und Dirigent war er „Organistenmacher“ einer ganzen Generation bedeutender Instrumentalisten.

  • Auszeichnungen

    A Dr. phil. h. c. (Leipzig 1923);
    Dr. theol. h. c. (Leipzig 1929).

  • Literatur

    G. Robert-Tornow, Max Reger u. K. S., 1907;
    J. Wolgast, K. S., Eine Würdigung seiner Musikerpersönlichkeit anläßlich seiner 25j. Tätigkeit in Leipzig, 1928;
    K. S. zu seinem 70. Geb.tag, Gaben d. Freunde, 1943;
    K. S., Wirken u. Wirkung, hg. v. Ch. u. I. Held, 1976;
    Ch. Ramin, Weggefährten im Geiste Johann Sebastian Bachs, K. S. – Günther Ramin, 2 Thomaskantoren 1918–1956, 1981;
    Max Reger, Briefe an K. S., hg. v. S. Popp, 1986;
    G. Hartmann, K. S. u. seine Schule, „Das Ganze ist ein Mythos“, 1991;
    ders., K. S. – ein „Altgardist der NSDAP“, 1994;
    Th. Schinköth, War alles nur e. Mythos? K. S., d. junge Komponistengeneration u. d. Leipziger Musikleben d. Zwanziger Jahre, in: 150 J. Musikhochschule 1843–1993, FS Hochschule f. Musik u. Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig, hg. v. J. Forner, 1993, S. 102–38 (P);
    B. Hambraeus, K. S., Old Masters and Max Reger, A study in 20th century performance practice, in: Btrr. z. Reger-Forsch., hg. v. S. Shigihara, 1993, S. 41–72;
    M. Hübner, K. S. zw. Kirchenmusik u. Kulturpol., Zu d. Rundfunksendungen d. Bach-Kantaten 1931–1937, in: Passionsmusiken im Umfeld Johann Sebastian Bachs, Bach unter d. Diktaturen 1933–1945 u. 1945–1989, hg. v. H.-J. Schulze, 1995, S. 183–92;
    F. Specht, Ära Straube – Ramin“, Das Thomaskantorat z. NS-Zeit, in: Musikstadt Leipzig im NS-Staat, Btrr. zu e. verdrängten Thema, hg. v. Th. Schinköth, 1997, S. 360–75;
    Bach u. d. Nachwelt, hg. v. M. Heinemann u. H.-J. Hinrichsen, Bd. 3: 1900–1950, 2000;
    Ch. Anderson, Max Reger and K. S., Perspectives on an organ performing tradition, 2003;
    M. Weyer, Der orgelbewegte Reger, Ein Stück Interpretationsgesch., in: Reger-Studien 7, 2004, S. 679–87;
    D. W. Adams, „Modern“ organ style in K. S.`s Reger editions, Diss. Amsterdam 2007;
    MGG² (P);
    – zu William: U. Gerlach-Laxner, in: Matisse u. seine dt. Schüler, Ausst.kat. Pfalzgal. Kaiserslautern 1988, S. 235–54;
    G. C. Hinze, Leben u. Werk d. Malers W. S. (1871–1954), 2 Bde., Diss. Bonn 1990;
    B. Leismann (Hg.), Die gr. Inspiration, Dt. Künstler in d. Académie Matisse, Ausst.kat. Kunst-Mus. Ahlen 1997–2004;
    W. S., Begegnungen mit d. Avantgarde, Ausst.kat. August-Macke-Haus Bonn, Kunstmus. Singen 1998/99;
    Im Pulse d. Moderne, W. S. (1871–1954), Stationen u. Weggefährten, Ausst.kat. Schloss Achberg 2008;
    ThB;
    Vollmer;
    Koblenzer Köpfe, 2005.

  • Porträts

    Ölgem. v. A. Baumann, 1942, Abb. in: Schinköth, 1993 (s. L), S. 105.

  • Autor/in

    Helmut Loos
  • Zitierweise

    Loos, Helmut, "Straube, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 491-492 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118619004.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA