Lebensdaten
1883 – 1924
Geburtsort
Prag
Sterbeort
Wien-Kierling
Beruf/Funktion
Dichter
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118559230 | OGND | VIAF: 56611857
Namensvarianten
  • Kafka, Franz
  • K'ap'ŭk'a, P'ŭranch'ŭ
  • Ka fu ka
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Zitierweise

Kafka, Franz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118559230.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (Heymann Chaim ben Jakob) (1852–1931), Kaufm., Vorsteher d. Synagoge in d. Heinrichstr. in P., S d. Jakob Amschel, Fleischermeister u. Schächter in Wossek b. Strakonitz/Südböhmen, u. d. Fanny Platowski;
    M Julie (1856–1934), T d. Jakob Löwy (1824-ca. 1876), aus Humpoletz, Tuchhändler u. Brauereibes. in Podiebrod, u. d. Esther Porias;
    Urur-Gvm Isaak Porias (ca. 1771–1841), Talmud-Gel. in Podiebrod;
    Ur-Gvm Adam Porias (Amschel Brias) (1794–1862), Tuchhändler, Rabbiner u. Beschneider;
    Geschw. (1941/42 in KZ-Lager deportiert u. dort umgekommen) Elli (1889–1942, 1910 Karl Hermann, 1883–1939, Geschäftsmann), Valli (1890–1942, 1913 Josef Pollak, Prokurist), Ottla (1892–1943, 1920 Dr. Josef David, 1891–1962, Jurist in Prag);
    Vt Bruno Alexander (1881–1931), Prof. d. Rechte a. d. Dt. Univ. Prag, Hrsg. d. „Bohemia“, Mitbegr. d. dt. demokrat.-liberalen Partei in d. ČSR, Mitgl. d. Parlaments (s. Enc. Judaica X, 1971); - ledig; Verlobte Felice Bauer (1887–1960), Julie Wohryzek u. Dora Dymant (1898–1952); Freundin Milena Jesenská (1896–1944).

  • Biographie

    K.s Vater, aus äußerst ärmlichen Verhältnissen stammend, verließ offenbar gleich nach Absolvierung der deutsch-jüdischen Schule in Wossek die Judengemeinde des kleinen sonst tschechischen Dorfes, versuchte sich erfolgreich als Wanderhändler und ließ sich 1881, als die wirtschaftliche Lage sich zu verschlechtern begann und antisemitische Ausschreitungen häufiger wurden, in Prag nieder, wo er im darauffolgenden Jahr ein Geschäft gründete (Galanteriewaren) und heiratete. Vital, geschäftstüchtig, bedenkenlos, selbstzufrieden, ignorantisch und nur auf sozialen Aufstieg bedacht, fand er in Julie Löwy, deren Vater 1860 eine 2. Ehe mit Julie Heller (* 1828) eingegangen und ebenfalls nach Prag gezogen|war, eine Lebensgefährtin aus dem wohlhabenden, gebildeten Bürgertum: Unter ihren Vorfahren finden sich fromme, einzelgängerische Gelehrte, Ärzte, Sonderlinge und Konvertiten. Julie war zart, empfindlich, einfühlsam, unruhig, zurückhaltend, geduldig, aufopfernd, gütig, gerecht und deswegen auch besonders befähigt, in der Familie auftretende Gegensätze abzugleichen.

    K. war das älteste von 6 Kindern. Da seine beiden Brüder schon im Alter von ½ beziehungsweise 1½ Jahren starben, wuchs K. zusammen mit seinen wesentlich jüngeren Schwestern auf, mit Elli, die ihm Parallelfall zum eigenen Lebensmuster war, mit Valli, die, der Mutter am ähnlichsten, sich dem Vater am leichtesten unterordnete, und mit Ottla, der späteren Vertrauten, die als einzige erfolgreich gegen die elterliche Bevormundung rebellierte. Damit ist die Ausgangslage beschrieben, die K.s ungünstige Persönlichkeitsentwicklung entscheidend prägte: Als Erstgeborenem fehlten ihm die „Erkenntnisse, Erfahrungen, Erfindungen, Eroberungen“ jüngerer Geschwister, die „in schon fertige Machtverhältnisse“ hineingeboren werden, ungeheure „Vorteile, Belehrungen, Aufmunterungen“ des beziehungsreichen verwandtschaftlichen Lebens genießen und deswegen sich aus diesem umfangreichen „bereitliegenden Material ihr Urteil selbst bilden“ können. Da die Mutter ganztägig im Geschäft arbeitete, vollzog sich K.s Entwicklung zunächst fast ohne elterliche Obhut; während der Woche ausschließlich dem Dienstpersonal überlassen, konnte er offenbar nicht das für eine gesunde Persönlichkeitsentfaltung nötige Vertrauen zu festen Bezugspersonen aufbauen.

    Die so entstandene Unsicherheit und Isolation, Grundgegebenheiten auch des literarischen Werks, wurden noch verstärkt durch jüdische Herkunft und die Assimilation der Familie an die tschechische, später an die deutsche Umgebung: Durchaus berechtigte Angst vor antisemitischen Ausschreitungen, die Internalisierung der Denkklischees tschechischer und deutscher Nationalisten, der Zerfall der traditionellen volklichen und religiösen Bindungen durch die auf der Verstädterung beruhenden Vereinzelung des Westjudentums und schließlich die damit verbundene Kommerzialisierung und Intellektualisierung des Lebens mußten den natürlichen Reifungsprozessen hemmend entgegenstehen: In der autobiographischen Späterzählung „Forschungen eines Hundes“ (entstanden 1922, gedruckt 1931, zuletzt 1975, wie fast alle anderen Erzählungen), in der K. besonders Erfahrungen verarbeitete, die er mit seinem Volkstum machte (jüdisches Theater, Zusammentreffen mit Ostjuden während des Weltkrieges und Hebräischstudien), wird das Scheitern eines in seiner natürlichen Entwicklung gestörten Ich-Erzählers innerhalb einer Gesellschaftsform dargestellt, deren Gesetz, wie das des Prager jüdischen Mittelstands, das materielle Besitzdenken war.

    Zu diesen sozialen Belastungen kam noch, daß das im Wesen der Mutter ähnliche, also schwächliche, verletzliche und innerlich differenzierte Kind dem ungebrochenen, auch durch erkannte Fehler noch unbelehrten Erziehungswillen eines vor Lebenskraft strotzenden, andersartigen und unverständigen Vaters ausgesetzt war, der in seinem einzigen Sohn nur den Geschäftsnachfolger zu sehen vermochte.

    In dem 1919 entstandenen berühmten „Brief an den Vater“ (gedruckt 1952, zuletzt 1975), in dem K. anhand einer Schilderung seiner inneren Biographie die Beziehung Hermann Kafkas zu seinen Kindern analysiert und sein eigenes Verhalten vor dem Vater zu rechtfertigen sucht, wird als wichtigste Ursache für die ungünstige Lebenslinie die Erziehung genannt, durch die seine persönliche Eigenart schon im Ansatz zerstört worden sei. Die jähzornige Rechthaberei und Ironie, die Drohungen und Selbstbeklagungen des Vaters hätten als Vergewaltigung des Kindes gewirkt, das besser ermuntert und bestätigt worden wäre. K.s Entscheidungskraft wurde so niedergehalten, Angst, Schuldgefühl und mangelndes Selbstvertrauen waren die Folge und verursachten schließlich sein Versagen in Familie und mitmenschlicher Beziehung überhaupt. Die Mutter verstärkte den Konflikt eher noch, weil sie einerseits aus Liebe zu ihrem Mann dessen „Urteile und Verurteilungen hinsichtlich der Kinder“ übernahm, andererseits jedoch durch Rede und Fürbitte vor dem Vater bewirkte, daß K.s Widerstand gegen diesen nie so groß wurde, daß er den Bann der Familie hätte verlassen und deren verhängnisvoller Einwirkung hätte entgehen können.

    Ein in diesem Dokument beschriebenes traumatisches Kindheitserlebnis – K. wurde eines Nachts fast grundlos eine Zeitlang allein auf den Balkon des elterlichen Schlafzimmers gestellt – kehrt im „Verschollenen“ und in der „Verwandlung“ als Zentralmotiv wieder (die Hauptfiguren sind vielfach entweder ein oder ausgesperrt), der sich schon früh entwickelnde Abwehrmechanismus, den ihm feindlichen Vater, besonders in seinen Tischgewohnheiten, mit „Mikroskop-Augen“ zu|beobachten (die erkannten lächerlichen Eigenheiten und Fehler ermöglichten eine gewisse Verkleinerung des sonst übermächtigen Gegners), kann für die Eßszenen im „Verschollenen“ sowie für den teilweise bis zu grotesken Übersteigerungen reichenden Detailrealismus mancher Beschreibungen K.s verantwortlich gemacht werden.

    Weder der ungewöhnliche Umfang des „Briefs an den Vater“ (etwa 60 Druckseiten) noch die abwertenden Bemerkungen, die K. in an Milena Jesenská gerichteten Briefen über den Wahrheitsgehalt des Schreibens macht (es handelt sich dabei um Schutzbehauptungen), sollten Zweifel an der offenkundigen Tatsache erwecken, daß K. einen wirklichen Brief schreiben wollte, der den vorbestimmten Adressaten auch erreicht hätte, wenn der Schreiber sich zu einer Übergabe entschlossen hätte. Wo nämlich Aussagen K.s mit andersartigen Lebenszeugnissen des Dichters verglichen werden können oder sogar mit Dokumenten konfrontierbar sind, die gar nicht von seiner Hand stammen, ergibt sich durchweg eine Übereinstimmung mit den im „Brief an den Vater“ vorgetragenen Sachverhalten und deren Ausdeutungen.

    Da die österreichische Komponente bis 1918 in Böhmen die staatstragende Führungsschicht darstellte, war es selbstverständlich, daß K. deutsch erzogen wurde. In der modernen Deutschen Knabenschule am Fleischmarkt (1889–93) und am Altstädter Staatsgymnasium mit deutscher Unterrichtssprache (1893–1901) erhielt er, der besonders in den humanistischen Fächern durch seine guten Leistungen auffiel, eine ausgezeichnete Ausbildung. In den letzten Gymnasialjahren wurde er überzeugter Darwinist, Nietzsche-Anhänger, verwarf den jüdischen Glauben und wandte sich unter dem Einfluß seines Mitschülers Rudolf Illowý dem Sozialismus zu.

    Nach einem Ferienaufenthalt auf Norderney und Helgoland im August 1901 immatrikulierte sich K. im folgenden Wintersemester an der Deutschen Universität in Prag. Nach nur 2wöchigem Chemiestudium wechselte er auf Jura über, belegte jedoch im anschließenden Sommersemester Kunstgeschichte und Germanistik. Da K. von der Lehrweise August Sauers enttäuscht war und seinen Plan, das Literaturstudium in München fortzusetzen, aufgab, schloß er das Studium 1906 mit dem juristischen Doktorgrad ab.

    Wichtig für K.s Selbstfindung als Künstler war in diesen Jahren die bis etwa 1904 währende Freundschaft mit seinem Klassenkameraden Oskar Pollak (1883–1915), der ihn einige Zeit für den von Ferdinand Avenarius herausgegebenen „Kunstwart“ begeisterte und später als Kunsthistoriker hervortrat. Bedeutungsvoll war, daß K. in dem blinden Schriftsteller Oskar Baum (1883–1941), dem philosophisch gebildeten Felix Weltsch (1884–1964) und in Max Brod (1884–1968) einen Kreis Gleichgesinnter fand, der nicht nur seine drohende Isolierung milderte und verzögerte, sondern auch sein Schaffen auf mancherlei Weise anregte. Besonders Max Brod, der schon sehr früh zu literarischer Anerkennung gelangte, regte durch geschicktes Taktieren immer wieder K.s vielfach stagnierende Produktionskraft an und war durch aktive Mithilfe bei allen Publikationen des Freundes beteiligt.

    Obwohl K. schon seit den ersten Gymnasialjahren geschrieben hatte und sich etwa seit 1898 endgültig zur Literatur berufen fühlte, stammt das früheste erhaltene Werk, die erste Fassung der „Beschreibung eines Kampfes“, erst aus den Jahren 1904/06. (1909/10 Umarbeitung, beides vollständig gedruckt 1969, kontaminierte Textfassung 1936.) K. vernichtete später den größten Teil des Frühwerks, das in keiner Weise mehr seinen künstlerischen Intentionen entsprach. Immerhin läßt die umfangreiche Erzählung wichtige Strukturen der Folgezeit schon anklingen: Die Auseinandersetzung zwischen einzelnem und Gesellschaft, die Identitätsdiffusion des kontaktschwachen, frustrierten und in der Arbeit entfremdeten Außenseiters, der sich deswegen unsicher und bedroht fühlt und durch schmarotzerhafte Regression und Projektion seine gesellschaftliche Unterlegenheit zu kompensieren sucht; auf der formalen Ebene aber die Neigung zu Parabolik und Chiffrierung, der Versuch, alle abstrakten, unsichtbaren Gegebenheiten eines geplanten Darstellungszusammenhangs als sinnliche Realität zu geben, sie also als Bedeutungen greifbarer Phänomene der epischen Welt erscheinen zu lassen, und schließlich die dann im „Urteil“, in der „Verwandlung“ und den 3 großen Romanfragmenten vollgültig realisierte Perspektivgestaltung. Als mögliche Einflüsse auf diese erste Phase der literarischen Arbeit K.s könnten neben dem „Kunstwart“ genannt werden: Hugo von Hofmannsthal (besonders das „Gespräch über Poesie“, 1902), Stefan George, Thomas Mann (mit „Tonio Kröger“), Rilke und die Prager Dichtung dieser Zeit (zum Beispiel Gustav Meyrink), Hiroshige und die Chinamode („Chinesische Lyrik vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart“, 1905, herausgegeben von H. Heilmann) und die Psychologie Ernst Machs und Gustav Theodor Fechners.

    Das Romanfragment „Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande“, das in drei Fassungen vorliegt (entstanden 1907, gedruckt 1951, zuletzt 1975), schildert die unbewußten Widerstände eines jungen Angestellten gegen seine Braut; diese werden sichtbar in inneren Monologen des Bräutigams, die erzählerisch verhältnismäßig unvermittelt den Wahrnehmungsblöcken entgegengesetzt sind, in denen sich das äußere Geschehen, eine Eisenbahnreise zu der Verlobten in eine Provinzstadt, spiegelt. In der Art und Weise, wie dabei einzelne Beobachtungen hervorgehoben werden, verrät sich der Einfluß Flauberts, den Brod und K. damals für sich entdeckten.

    Nachdem K. die vorgeschriebene Rechtspraxis absolviert hatte – er volontierte in der Prager Advokatur eines Onkels und seit Oktober 1906 beim Land- und Strafgericht –, trat er im Oktober 1907 als Aushilfskraft in die private Versicherungsgesellschaft Assicurazioni Generali ein, von der er jedoch mit Hilfe der für Juden erforderlichen hohen Protektion im Juli des folgenden Jahres in die halbstaatliche Arbeiter-Unfall-Versicherungsanstalt für das Königreich Böhmen in Prag überwechselte, die neben einer auf 6 Stunden reduzierten Dienstzeit (8-14 Uhr) auch noch den Vorteil eines jährlich gewährten Urlaubs brachte.

    Die in den folgenden Jahren zusammen mit Max Brod unternommenen Ferienreisen sind auch literarisch bedeutsam: Sie führten die Freunde im September 1909 nach Riva (Gardasee) und zur internationalen Flugwoche in Brescia, über die K. in seinem noch im gleichen Monat gedruckten Feuilleton „Die Aeroplane in Brescia“ berichtet (zuletzt 1974). Im Oktober 1910 fuhren die beiden nach Paris, und im August und September 1911 nach Zürich, Lugano, Mailand, Stresa und Paris (anschließend blieb K. allein noch 1 Woche im Naturheilsanatorium in Erlenbach bei Zürich). Unterwegs entstand der Plan, gemeinsam einen Reiseroman zu verfassen („Richard und Samuel“), in dem die Freunde, abwechselnd und jeder aus seiner Sicht, Abfolgen von alltäglichen Einzelimpressionen, die sie in Reisetagebüchern schriftlich fixierten, zu bewußt handlungsarmen epischen Einheiten zusammensetzen wollten. Fertig wurde aber nur das Eingangskapitel, das 1912 unter dem Titel „Die erste lange Eisenbahnfahrt“ (zuletzt 1962) veröffentlicht wurde. Ende Juni 1912 trafen K. und Brod in Weimar ein; K. blieb dann noch im Juli drei Wochen allein in einem Naturheilsanatorium bei Stapelburg am Harz. Die erste Station war jedoch Leipzig, wo K. Ernst Rowohlt und Kurt Wolff kennenlernte und mit ihnen die Herausgabe seines ersten Buches absprach. Die zum Jahresende gedruckte „Betrachtung“ (zuletzt 1975, tschechische Teilübersetzung von M. Jesenská 1920) ist eine Sammlung von 18 kurzen, zum Teil aus den beiden Fassungen der „Beschreibung eines Kampfes“ stammenden Prosastücken. Es handelt sich um statische Situationsbilder, die K.s realer Umwelt entnommen sind, um gleichnishafte Gebilde, episierte Metaphern und kleine Szenen mit hohem Reflexionsgrad. Es ist anzunehmen, daß sich diese Formschemata teilweise unter dem Einfluß Robert Walsers ausbildeten, dessen kleine Prosa K. seit 1907 mit Begeisterung rezipierte.

    In den ersten Berufsjahren wandelte sich K. allmählich vom indifferenten, assimilantisch gesinnten und mit seiner Familie harmonierenden Ästheten zum bewußten Nationaljuden, der seine Lebensschwierigkeiten begrifflich zu artikulieren vermochte und diese auf seine Familiensituation und deren soziale Verankerung zurückführte. Natürlich war das Tagebuchführen an dieser Entwicklung mitbeteiligt. Hatte K. zunächst Arbeitshefte geführt, in denen biographische Sachverhalte nur in äußerster Verkürzung, als bemerkenswerte Wahrnehmungsreize und in poetischer Verwandlung erscheinen – die im Frühjahr 1909 einsetzende Überlieferung zeigt anfangs noch diesen Zustand –, so findet sich seit November 1910 die für sein Selbstverständnis charakteristische Form der Dokumentierung: Durch Fixierung wichtiger Ereignisse wird die Bedeutung einer vergangenen Zeitspanne erfaßt, kompromißlose Durchleuchtung innerer Strebungen schlägt sich in skrupulösen Beschreibungen der psychischen Verfassung nieder und ermöglicht Aussagen über die Tendenzen augenblicklich sich vollziehender Entwicklungen.

    Äußere Anstöße traten hinzu: 1909 und 1910 besuchte K. öfters die Zusammenkünfte der tschechischen Anarchisten und lernte Leben und Lehre der großen russischen Revolutionäre kennen (Alexander Herzen und Peter Kropotkin). Im Winter 1910/11 las er H. von Kleist, besonders die Briefe. Wurden dadurch Kategorien wie Autorität, Unterdrückung, Selbstbestimmung und Familienkonflikt erst für K. artikuliert, so bewirkten die Aufführungen einer von Oktober 1911 bis Januar 1912 in Prag gastierenden ostjüdischen Theatergruppe, die K., in seinem Judentum mit ungewöhnlicher Intensität angesprochen, häufig besuchte – mit dem bedeutenden Schauspieler Jizchak Löwy (1887–1942) freundete er sich sogar an –, daß er seine Situation in den auf der Grundlage|des traditionellen Judentums dargestellten und gelösten Familienkonflikten wiedererkannte und sich als Sohn und Glied einer Volksgemeinschaft zum Problem wurde.

    Zunächst noch versteckt auf der literarischen Ebene in entsprechenden autobiographischen Erzählansätzen, seit Oktober 1911 aber auch in den Lebenszeugnissen, begann sich K. seines Gegensatzes zum Vater bewußt zu werden, gestand sich offen seinen unversöhnlichen Haß ein, ohne freilich zu vergessen, daß auch der Gegner unter überindividuellen Rollenzwängen stand.

    Die folgenden Jahre waren durch K.s Kampf um die Ehe bestimmt. Er hatte Felice Bauer, die Tochter eines jüdischen Geschäftsmannes in Berlin, im August 1912 in Prag kennengelernt und begann, offenbar schon in der Absicht, sie zu heiraten, am 20. September dieses Jahres einen umfangreichen Briefwechsel mit ihr, der sich bis zum Herbst 1917 hinzog. K. gestand dem Mädchen bald seine Liebe, bat im Juni 1913 um seine Hand und floh, als es zögerte, im September 1913 über Wien, Venedig und Verona nach Riva, wo er in einem Sanatorium eine Besserung seiner neurasthenischen Zustände erhoffte und sich in eine junge Schweizerin verliebte. Zu Pfingsten 1914 verlobte er sich mit Felice, mußte sich jedoch im Juli von ihr trennen, weil Grete Bloch, eine Freundin, die zwischen ihm und Felice vermittelt hatte, Briefe K.s vorlegte, die die Braut kompromittierten. Unmittelbar nach diesem Vorfall fuhr K. nach Marielyst (Dänemark) zur Erholung. In den beiden folgenden Jahren näherten sich die Partner allmählich wieder. Sie verbrachten Pfingsten 1915 zusammen in der Böhmischen Schweiz und im Juli des folgenden Jahres einen Urlaub in Marienbad. Im Juli 1917 kam es zu einer zweiten Verlobung.

    Die Verlobungsjahre waren gekennzeichnet durch K.s ambivalente Einstellung gegenüber der Ehe. Einerseits war er unter dem Einfluß der jüdischen Tradition, deren Repräsentant ihm in gewisser Weise der Vater war, dem er gleichkommen wollte, von der Überzeugung durchdrungen, daß nur ein Leben in der Gemeinschaft menschenwürdig sei, und hielt deswegen die Verbindung mit Felice für das Höchste und Erstrebenswerteste, was es auf Erden gebe. Andererseits hatte er die allergewichtigsten inneren Vorbehalte gegen diese Heirat, die teils unbewußt, teils aber auch ganz offen in der Korrespondenz mit Felice und in seinem Verhalten ihr gegenüber durchbrachen. Unselbständigkeit, Ich-Schwäche und ein äußerst zwiespältiges Verhältnis zur Sexualität machten ihm Angst vor der Vereinigung und dem dauernden Zusammenleben mit einem anderen Menschen. Dies hätte eine allzugroße Öffnung dem Partner gegenüber bedeutet und die Gefahr, die mühsam erworbene Kontur und besondere Lebensform zu verlieren. Damit verband sich die Angst, daß ein derartig enger Kontakt sein Schreiben gefährden könne, weil ihm dieses nur in völliger Abgeschiedenheit möglich war und die freie Zeit außerhalb der Bürostunden verschlang. Weil er aber gerade diese Arbeit als adäquateste, wenn auch fragwürdige Ausdrucksform seiner selbst erkannte, die ihm ein Gefühl wenigstens relativer Selbstbestimmung gab, hätte er nur darauf verzichten können, wenn sicher gewesen wäre, daß die geplante Ehe, die in seinen Augen einen im Vergleich zur literarischen Produktion wesentlich höheren Grad von Unabhängigkeit dem Vater gegenüber bedeutet hätte, nicht scheitern oder unglücklich verlaufen würde, was wiederum nach Lage der Dinge niemals der Fall sein konnte.

    Zwei Tage nach der Aufnahme der Briefverbindung zu Felice und in innerem Zusammenhang mit diesem Vorgang, in der Nacht vom 22./23. September 1912, gelang K. mit der Niederschrift des „Urteils“ (gedruckt 1913, zuletzt 1975) der Durchbruch zu einer seinen Fähigkeiten gemäßen Darstellungsart, die seinen späteren Weltruhm begründete. Berichtet wird die Vernichtung eines heiratswilligen Sohnes durch einen Vater, der im Lauf des Erzählgangs sich vom kindischen Greis zum übermächtigen, verurteilenden Schreckbild entfaltet. Schaffenspsychologisch gesehen ist der spätere Widerstand Hermann Kafkas gegen die geplante Heirat seines Sohnes ebenso vorweggenommen wie dessen Spaltung in ein soziales Ich und einen in der Erzählung durch den in Rußland weilenden Freund repräsentierten Teil der Persönlichkeit, der sich durch infantile Regression vor schuldhafter Rivalität mit dem Vater bewahrt.

    Ende September 1912 begann K. mit der Niederschrift des „Verschollenen“ (von Max Brod „Amerika“ betitelt) – eine erste, im Winter und Frühjahr davor entstandene Fassung hat sich nicht erhalten –, die sich, mit einer vom 17. November bis zum 7. Dezember dauernden Unterbrechung, während der die „Verwandlung“ konzipiert wurde, bis zum Januar des folgenden Jahres hinzog und im Oktober 1914 noch einmal fortgesetzt wurde (damals wurde „Das Naturtheater von Oklahoma“ geschrieben, das die Schlußphase des unvollendet gebliebenen Romans hätte einleiten sollen). Dargestellt wird die allmähliche Vertreibung eines Jungen aus der menschlichen Gesellschaft|durch seine Eltern und diesen funktionsmäßig entsprechende Ersatzfiguren. Die 16jährige, in manchem kindlich gezeichnete Hauptfigur verstrickt sich ohne aktives Verschulden in Situationen, die sie ins Unrecht setzen und ihren sozialen Abstieg vom Alleinerben eines riesigen amerikanischen Kommissionsgeschäfts zum Laufburschen eines zweitklassigen Bordells bewirken.

    Die „Verwandlung“ (gedruckt 1915, zuletzt 1975) zeigt, wie der eines Morgens zu einem riesigen Ungeziefer verwandelte Handelsvertreter Gregor Samsa durch das Verhalten seiner Angehörigen nach und nach aller menschlichen Bindungen verlustig geht, gleichzeitig jedoch in eine kindliche Abhängigkeit von der Familie gerät. Wenn Gregor als der Verderber der Eltern und Schwester erscheint, der sein Lebensrecht verwirkt hat, dann scheint er folgerichtig eine gedachte Lebensmöglichkeit des Autors selber zu manifestieren, der sich als Belastung seiner Eltern empfand und seine Daseinsberechtigung zuzeiten nur noch aus der Bindung an Felice ableiten zu können glaubte. Wenn er seinem Freund Gustav Janouch gegenüber die Erzählung als Wirklichkeit enthüllenden Traum bezeichnete, hinter dem die gewöhnliche Vorstellungkraft zurückbleibe, gleichzeitig jedoch die vollständige Identität zwischen dem Verwandelten und sich selber leugnete, dann läßt sich daraus ableiten, daß er in der „Verwandlung“ in nächtlicher Angst gewisse noch verborgene Entwicklungslinien bestehender psychischer Konstellationen in die Zukunft projizierte: Als stiller, mit seinem ganzen Vermögen haftender Teilhaber einer in Familienbesitz befindlichen Asbestfabrik befürchtete er offenbar, an die Stelle seines Vaters treten zu müssen, falls sich dessen schlechter Gesundheitszustand weiter verschlimmere und der seit langem sichtbar werdende geschäftliche Rückschritt sich weiter beschleunige. Dann wäre er vollständig in der verhaßten väterlichen Welt festgehalten worden, wie Gregor, der vor seiner Verwandlung den Lebensunterhalt der Familie allein trug, weil der alte Samsa nach dem Zusammenbruch seines Geschäftes arbeitsunfähig geworden war. Der weitere Verlauf der Erzählung zeigt dann die Auflehnung gegen dieses Schicksal durch die Verwandlung in einen Riesenkäfer, der Aggressivität, Isolation vom menschlichen Bereich und regressive Selbstbestrafung bis zum selbstmordartigen, von der Familie gebilligten Hungertod hin gleichermaßen repräsentiert.

    Die offenbaren und geheimen Beziehungen zwischen „Urteil“ und „Verwandlung“, die K. nachträglich bemerkte, beziehen sich auf die Thematik, das Baugefüge und die Motivik und lassen es verständlich erscheinen, daß die beiden Texte zusammen mit dem Eingangskapitel des „Verschollenen“ („Der Heizer“ wurde 1913 separat publiziert, 1920 von M. Jesenská ins Tschechische übersetzt), der die Verstoßung eines Halbwüchsigen aus seiner Familie behandelt, weil er von einem Dienstmädchen verführt und Vater geworden war, als „Söhne“ betiteltes Novellenbuch herausbringen wollte. Während sich K. im „Urteil“ von jiddischen Volksstücken, in der „Verwandlung“ aber von Dostojewskis Roman „Der Doppelgänger“ beeinflußt zeigt, ist der „Verschollene“ nach seinen eigenen Worten eine den eigenen Zeitumständen angepaßte Imitation von Dickens' „David Copperfield“.

    Anfang August 1914 – K., der wegen seiner beruflichen Tätigkeit nicht eingezogen wurde, hatte nicht die Entschlußkraft aufgebracht, sich wie viele seiner Freunde als Kriegsfreiwilliger zu melden – begann er mit der Arbeit am „Prozeß“, die seinem als sinnlos empfundenen Leben wieder einen Sinn geben sollte und erst im Januar 1915 aufgegeben wurde, als er seine freie Zeit für die Asbestfabrik verwenden mußte und ein Wiedersehen mit Felice unmittelbar bevorstand. Schon die Entstehungsdaten, die mit den Verhältnissen bei der Abfassung der beiden anderen großen Romane korrespondieren, geben zu der Vermutung Anlaß, der „Prozeß“ könne eine literarische Verarbeitung der problematischen Beziehung K.s zu Felice darstellen. In einer solchen Annahme wird man bestärkt durch einzelne Erzählfiguren (Fräulein Bürstner, im Manuskript immer als F. B. abgekürzt, scheint wie die Rolle, die sie im Handlungsverlauf spielt, Felice Bauer zu entsprechen, Fräulein Montag, die Freundin der Bürstner, weist auf Grete Bloch, Felicens Vertraute, mit der K. an einem Montag einen umfangreichen Briefwechsel begonnen hatte), Motive (das Alter des Verhafteten, die Dauer seines Prozesses, seine Wesensart, körperliche und geistige Verfassung sowie seine beruflichen Schwierigkeiten korrespondieren mit den Gegebenheiten bei K. in dieser Zeit) und durch die Tatsache, daß K. den Vorstellungszusammenhang Gericht immer wieder für die Art seiner Auseinandersetzung mit Felice verwendet (er bezeichnet zum Beispiel die Entlobungsszene als Gerichtshof). Wenn man die Einsicht der Hauptfigur, eines Prokuristen, ausnimmt, der Prozeß wäre überhaupt nicht entstanden, falls er allein auf der Welt wäre, und sein Verlauf schwanke gemäß seiner Beziehung zu Fräulein Bürstner,|der er sich sexuell genähert hatte, und wenn man die Zuschauer, die durchweg die einzelnen Stadien des Geschehens beobachtend begleiten, als Verbildlichung der Zentralproblematik des Werks versteht (sie betonen den öffentlichen, sozialen Charakter der Anklage), könnte der „Prozeß“ als Projektion und Veranschaulichung innerer, unerkennbarer Instanzen (das Gericht ist geheim auch vor dem Angeklagten) verstanden werden, die K. seines gemeinschaftsfeindlichen Junggesellentums anklagen. – In der Forschung ist besonders die Frage nach der Schuld des Prokuristen diskutiert worden. Während dieser selber dauernd seine Unschuld beteuert, führt eine genaue Analyse des Textverlaufs zu einem gegenteiligen Ergebnis; auch K. selbst bezeichnet ihn in einer Tagebucheintragung als schuldig. Während dieser Tatbestand aber nun von den einen, die sich dabei auf den besonderen, vom bürgerlichen Strafgericht unterschiedenen Status der im Roman handelnden Instanzen berufen können, als Erbsünde, grundlegende Sündhaftigkeit oder existentielles Schuldbewußtsein gedeutet wird, gehen andere gleichwohl von der Unschuld des Angeklagten aus und sehen im Roman eine kritische Beschreibung des Justizwesens in der Donaumonarchie oder gar eine prophetische Vorwegnahme des Naziterrors (von grundloser Verhaftung Unschuldiger und deren Mißhandlung angefangen bis hin zum anonymen, barbarischen Tod).

    Besonders beachtet wurde auch das von K. als Legende bezeichnete Stück „Vor dem Gesetz“ (erstmals 1915 separat veröffentlicht, zuletzt 1975), das dem Prokuristen im Dom-Kapitel von einem Gefängniskaplan erzählt wird, der ihn über seine Täuschung hinsichtlich des Gerichts zu belehren sucht. Es stellt dar, wie einem Mann vom Lande durch einen Türhüter verwehrt wird, durch das stets offene Tor ins Gesetz einzutreten, so daß der Ankömmling sein weiteres Leben wartend vor diesem Eingang verbringt, bis er, sterbend, die Mitteilung erhält, dieser sei nur für ihn bestimmt gewesen und werde jetzt geschlossen. Einig ist man sich darüber, daß sich der Mann vom Lande falsch verhält; er hätte sich entweder entfernen oder aber trotz des Verbots eintreten müssen; auch auf Parallelen zu K.s Vater-Fixierung ist hingewiesen worden.

    Während K. im Erzählgang seines „Prozeß“-Romans in vielen Einzelzügen Dostojewskis „Schuld und Sühne“ verpflichtet ist, verdankt die im Oktober 1914 entstandene Erzählung „In der Strafkolonie“ (1919 veröffentlicht, zuletzt 1975) Erzählidee, Personengruppierung und die wesentlichen Details dem sadistischen Machwerk „Le jardin des supplices“ von Octove Mirbeau (1850–1917), das K. in einer heute verschollenen deutschen Übersetzung kennengelernt haben muß. Erscheint der Text in entstehungsgeschichtlicher Sicht als masochistische Entfaltung der Martern und Selbstvernichtungsphantasien, von denen K. nach Ausweis der Lebenszeugnisse dauernd gequält wurde, so wird er, für sich genommen, meist als großangelegte Allegorie verstanden, die je nach der geistigen Herkunft der Interpreten aufgelöst wird. – Nachdem der „Heizer“ als selbständige Publikation erschienen war, trug sich K. eine Zeitlang mit dem Gedanken, das „Urteil“, die „Verwandlung“ und „In der Strafkolonie“ unter dem gemeinsamen Titel „Strafen“ herauszubringen.

    Im Winter 1916/17 und teilweise noch im folgenden Frühjahr – in dieser Zeit war die Verbindung mit Felice ganz unterbrochen – entfaltete K. eine ungewöhnliche literarische Aktivität. Er verbrachte die Abendstunden in einem kleinen, romantischen Häuschen in der Alchimistengasse, das Ottla für sich gemietet hatte und dem lärmempfindlichen Bruder zur Verfügung stellte.

    Der künstlerische Neuansatz dieser Schaffensphase besteht darin, daß die bisherigen Darstellungsformen zugunsten parabolischer Erzählweisen, episch ausgeführter Paradoxa und Bilder sowie paradigmatischer Modellvorstellungen zurückgedrängt werden. Dabei schafft K. entweder neuartige Erfahrung und naturgegebene Grenzen transzendierende Fabelgestalten wie den aus Zwirnstücken und einer sternförmigen Spule zusammengesetzten, auf Dachböden und in Treppenhäusern lebenden Odradek in der „Sorge des Hausvaters“ (Erstdruck 1919, zuletzt 1975), oder er formt historische, sagenhafte und literarische Überlieferungen zu Strukturgebilden um, die eigene Erkenntnisse, Denkmuster und Verhaltensweisen widerzuspiegeln vermögen: Im „Neuen Advokaten“ (Erstdruck 1917, zuletzt 1975) hat sich das Streitroß Alexanders des Großen in einer führungslos gewordenen Zeit zu einem Juristen gewandelt, der sich in der Anwaltskammer dem beschaulichen Studium der alten Gesetze hingibt. Und in der fragmentarischen Erzählung „Beim Bau der Chinesischen Mauer“ (Erstdruck 1931, zuletzt 1975) ist die Entstehungsgeschichte des im Titel genannten Monuments, das auch als mögliches Fundament für einen neuzuerrichtenden babylonischen Turm|betrachtet wird, ein Bild für bruchstückhafte Flickarbeit, die nach K.s Auffassung seine literarische Produktion und seine Lebenspraxis gleichermaßen auszeichneten. (Ein vom Erzähler als Sage bezeichnetes Textstück, das K.s wichtiges Thema der mißlingenden Ankunft in äußerster Komprimierung und rhythmisch-klanglicher Verdichtung veranschaulicht, wurde im „Landarzt“-Band unter dem Titel „Eine kaiserliche Botschaft“ veröffentlicht.) Die manchmal geleugnete Verbindung K.s mit der abendländischen Dichtungstradition wird im „Bericht für eine Akademie“ (Erstdruck 1917, zuletzt 1975, tschechische Übersetzung von M. Jesenská 1920) besonders deutlich, wo die Entwicklung des Urwaldaffen Rotpeter zum wissenschaftlich gebildeten und erfolgreichen Varietékünstler beschrieben wird. Stoff und Einzelmotive fußen auf E. T. A. Hoffmanns Erzählungen „Nachricht von den neuesten Schicksalen des Hundes Berganza“ und „Nachricht von einem gebildeten jungen Mann“, die beide auf eine Novelle des Cervantes zurückgehen. Diesem wurde das den Handlungsgang tragende Verwandlungsmotiv über Erasmus und Juan de Valdés aus der Antike übermittelt.

    In den „Jäger-Gracchus“-Fragmenten (Erstdruck 1931 und 1937, zuletzt 1975) verschlingen sich fast ununterscheidbar deformierte Überlieferungselemente (Prager Lokalsage, Charon, Unterweltsfluß, Paradies, wilder Jäger, ewiger Jude und der heilige Nepomuk), literarische Vorbilder (Werke von Catull, Schiller, Heine, E. T. A. Hoffmann, Ernst Hardt und Max Brod) und eigenes Erleben (Aufenthalte in Riva, Topographie dieser Stadt, Bootsfahrten und der Wechsel von beziehungsintensiven und durch vollkommene Abkapselung gekennzeichneten Zeitspannen im Verhältnis zu Felice) zu einer schillernden, die reale Szenerie des Gardasees mit traumartigen Elementen verquickenden Darstellung von Verfehlung und Schuld, die die Schwierigkeiten K.s mit der Sozietät abzubilden scheint.

    1917 wählte K. 13 der neugeschaffenen Stücke aus (später zog er den „Kübelreiter“ zurück und publizierte ihn 1921 gesondert) und wollte sie zusammen mit „Vor dem Gesetz“ und dem gleichfalls aus dem Kontext des „Prozeß“-Romans stammenden „Ein Traum“ (schon 1916 separat veröffentlicht, tschechische Übersetzung von G. Janouch 1929) unter dem Titel „Verantwortung“ herausbringen. Die ungünstigen Zeitumstände und technische Schwierigkeiten im Kurt-Wolff-Verlag verzögerten das Erscheinen des Sammelbandes, der jetzt „Ein Landarzt. Kleine Erzählungen“ hieß und, ironischer Hinweis auf K.s Selbständigkeit im Bereich der Literatur, seinem Vater gewidmet war, bis zum Ende des Jahres 1919 (zuletzt 1975).

    Anfang September 1917 wurde bei K. ein Lungenspitzenkatarrh diagnostiziert, den er, nach damaliger medizinischer Auffassung für die Tuberkulose schon zu alt und erblich in keiner Weise vorbelastet, als den entscheidenden, ihn niederwerfenden Stoß des inneren Gegners ansah, mit dem er in den 5 vorausliegenden Jahren um die Braut gekämpft hatte. Als äußerer, auslösender Faktor kann immerhin die feuchte Wohnung im Prager Schönborn-Palais vermutet werden, die K. seit März neben Ottlas Häuschen als Schlafstätte in Benutzung hatte.

    K., der seinen verhaßten, ihn an Prag bindenden und am Schreiben hindernden Posten am liebsten gekündigt hätte, wurde vom Dienst beurlaubt und fuhr bis Ende April 1918 nach Zürau bei Saaz in Nordwestböhmen zur Erholung, wo Ottla ein im Familienbesitz befindliches kleines landwirtschaftliches Anwesen bewirtschaftete. K., der sich jetzt bewußt vom Schreiben zurückhielt, beschäftigte sich, besonders unter dem Einfluß einer ausgedehnten Kierkegaard-Lektüre, mit philosophischen und religiösen Fragen. Die grundlegend veränderten Lebensumstände verlangten Deutung und Rechtfertigung. Als Konsequenz dieser Überlegungen, die in zahlreichen Aphorismen ihren Niederschlag fanden, gelangte er zu der Auffassung, daß er als entwurzelter, vereinzelter, nur auf sich selbst gestellter Westjude nicht das Recht habe zu heiraten, und löste deswegen an Weihnachten 1917 seine noch bestehende Verlobung mit Felice endgültig auf.

    Als er Ende Januar 1919, von der Spanischen Grippe genesen, an der er im vorangegangenen Spätherbst fast gestorben wäre, nach Schelesen zur weiteren Erholung fuhr – er war dort, in der kleinen Pension Stüdl, schon im Dezember gewesen –, lernte er Julie Wohryzek kennen, die Tochter eines Schusters und Gemeindedieners an einer Prager Synagoge. Der unter schärfsten Protesten des Vaters – die Braut war nicht standesgemäß – unternommene Versuch K.s, Julie im folgenden Herbst zu heiraten, scheiterte auf fast dramatische Weise. Die geistige Bewältigung dieser neuerlichen Niederlage im sozialen Bereich versuchte K. im „Brief an den Vater“, der bei einem weiteren Urlaub in Schelesen im November konzipiert wurde.

    Weil die Lungentuberkulose nicht zum Stillstand kommen wollte, fuhr K. Anfang April 1920 nach Meran und blieb dort bis Ende Juni. Diese Zeit stand ganz im Zeichen der|Hinwendung zu Milena Jesenská, einer in Wien lebenden tschechischen Journalistin aus alter Prager Familie, die er im zurückliegenden Winter in einem Literatenzirkel kennengelernt hatte, wo ihr Mann Ernst Polak eine dominierende Rolle spielte. Anlaß der Bekanntschaft war, daß Milena den „Heizer“ – später auch Teile der „Betrachtung“ und den „Bericht für eine Akademie“ – ins Tschechische übersetzte (die drei Texte wurden 1920 veröffentlicht). So kam es nach und nach zu einer intensiven Korrespondenz, die, weil Milena offen von ihren Eheproblemen berichtete, schnell ins Persönliche ging und zu gegenseitiger Zuneigung führte. Bei seiner Rückkehr aus Meran nahm K. den Weg über Wien, wo er 4 glückliche Tage mit der Geliebten verbrachte. Aber schon die zweite Zusammenkunft, die Mitte August in Gmünd erfolgte, der Eisenbahn-Grenzstation zwischen der neuentstandenen Tschechoslowakei und Österreich, leitete K.s innere Distanzierung von dieser Beziehung ein. Da er sich als Jude der christlichen, in ihrem Volk verwurzelten Tschechin unendlich unterlegen fühlte, Angst und Skrupel sich breitmachten und er auch nicht in der Lage war, Milena zu einer Trennung von ihrem Mann zu veranlassen, suchte er weitere Zusammenkünfte zu verhindern und den Briefwechsel abzubrechen. Er begab sich im Dezember 1920 nach Matliary in die abgelegene Hohe Tatra, wo er, der hier in Robert Klopstock einen Freund und medizinischen Betreuer fand, bis zum August des folgenden Jahres blieb. Da sich jedoch sein Gesundheitszustand nicht besserte, setzte er im kommenden Winter, wo ihn Milena, die inzwischen nach Prag zurückgekehrt war, gelegentlich besuchte, die Heilkuren systematisch fort.

    Die innere Erschütterung durch das Milena-Erlebnis führte dann Anfang 1922 zur Wiederaufnahme der schriftstellerischen Tätigkeit im großen Stil (K. hatte zunächst Krankenurlaub und wurde zum 1. Juli 1922 dann endgültig pensioniert). Ihr erstes größeres Ergebnis ist die noch im gleichen Jahr in der angesehenen „Neuen Rundschau“ gedruckte Erzählung „Ein Hungerkünstler“ (zuletzt 1975), in der vielfach eine Darstellung der Künstlerproblematik K.s gesehen wird, deren Grundform die Antithese von tierischer Vitalität und geistiger Askese und Lebensschwäche wäre. Dazu kommt die Paradoxie, daß der Hungernde Anerkennung seiner Leistung nur auf dem Wege der Schaustellung gewinnen kann, aber gerade durch diesen Vorgang in seinen Erwartungen immer wieder enttäuscht wird. K. hätte hiernach eine Verurteilung dieser Lebensform im Sinn gehabt: Die Arbeit des Künstlers wird ja als selbstzweckhafte, sonst ziellose Fehlhaltung dargestellt, denn sie schafft weder beim Produzenten noch beim Publikum neue Einsichten. Es ist aber auch möglich, daß K. Verhaltensmuster seiner letzten Jahre – da er gegen seine Absicht im Gemeinschaftsleben kein Genügen finden konnte, mußte er sich aus Gründen der Selbsterhaltung in einen äußersten Gegensatz dazu stellen – anhand eines naheliegenden Gegenstandsbereichs verdeutlichen wollte, der dann nur als Bildebene oder höchstens Beispielfall einer allen existentiellen Bereichen zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeit aufzufassen wäre.

    Im Mittelpunkt der Produktion des Jahres 1922 steht jedoch der „Schloß“-Roman, dessen Niederschrift vermutlich im Februar begonnen und Ende August oder Anfang September – K. war seit Ende Juni in Planá an der Luschnitz, wo Ottla eine Sommerwohnung gemietet hatte – abgebrochen wurde. Die Hauptfigur, wie der Prokurist im „Prozeß“ einfach „K.“ genannt, führt einen vergeblichen Kampf mit Schloßbehörden, angeblich um seine Bestallung als gräflicher Landvermesser. Zwischen dem Fragment und K.s Problemen in der Spätzeit gibt es große Übereinstimmungen: Die Armut des Landvermessers, seine Hilfsbedürftigkeit, und daß er die Auseinandersetzung allein und ohne jeglichen Erfolg führt, spiegeln K.s damalige Auffassung, sich voraussetzungslos und ohne Unterstützung durch andere alle Daseinsvoraussetzungen unablässig erkämpfen zu müssen. Der scheiternde Versuch des Landvermessers, das Schankmädchen Frieda für sich zu gewinnen, ist nach Figurenzeichnung und Verlauf in Anlehnung an K.s Beziehung zu Milena entworfen, während Amalias Schicksal – sie weist den unsittlichen Antrag eines Schloßbeamten zurück und wird deswegen mit ihrer Familie aus der Dorfgemeinschaft verstoßen – auf die entwicklungsschädigenden Demütigungen zurückweist, die K. von seinem Vater früher hinsichtlich seiner Geschlechtlichkeit erfahren hatte. Amalias Bruder Barnabas, der Schloßbote, durch den der Landvermesser Briefe eines geheimnisvollen Vorgesetzten erhält, der, weil ursprünglich mit Frieda liiert, für Milenas Mann zu stehen scheint, dringt in seinen Bemühungen um förmliche Bestätigung in seinem Amt immerhin in die dem Landvermesser verschlossenen Kanzleien im Schloß vor, stellt also eine etwas erfolgreichere Parallelfigur zu diesem dar, die für K. hervorstechende Lebensmuster seiner Freunde abbildet. Pepi schließlich, Friedas Nachfolgerin im Ausschänk eines vom Schloß kontrollierten Dorfgasthauses, rekapituliert aus der Optik eines schwärmerischen, aufstrebenden, aber nur dem Sexuellen verhafteten jungen Mädchens die Beziehung des Landvermessers zu Frieda und repräsentiert einen Frauentyp, der besonders im Leben Max Brods eine wichtige Rolle spielte und K. in dessen Romanen „Franzi oder Eine Liebe zweiten Ranges“ (1922) und „Leben mit einer Göttin“ (1923) entgegentrat. Es sind dies die entscheidenden literarischen Vorlagen zum „Schloß“, die K. natürlich schon vor der Drucklegung und durch Erzählungen des Freundes als biographischer Rohstoff bekannt waren.

    Die Forschungslage zum „Schloß“ war bisher von zuweilen spekulativ anmutenden und einander widersprechenden Deutungsansätzen bestimmt, deren Bedeutung deshalb so schwer abzuschätzen ist, weil die ihnen jeweils zugrunde liegenden methodischen Prämissen unreflektiert oder ihr Verhältnis zum biographischen Kontext und zum gesellschaftlichen Umfeld K.s weitgehend ungeklärt sind. Die theologische Interpretation sieht den Landvermesser als eine Art reduzierten Faust, dem schließlich am Ende doch noch eine minimale Gnade der im Schloß verkörperten göttlichen Instanzen zuteil wird. (Nach Brods Erinnerung sollte der Roman so enden, daß dem entkräfteten Landvermesser in seiner Todesstunde beschieden wird, er könne mit Rücksicht auf gewisse Nebenumstände im Dorf leben und arbeiten.) Bedenken, die bei dieser Auffassung wegen der moralischen Minderwertigkeit der Schloßherren entstehen, wird dabei mit dem Hinweis auf Kierkegaards „Furcht und Zittern“ oder den geschlechtlichen Gott der jüdischen Kabbala begegnet. Ins Philosophische gewendet, führt diese Sehweise zu der Behauptung, der Landvermesser kämpfe mit den ihm vorgegebenen, einengenden Lebens- und Bewußtseinsmächten um freie Selbstbestimmung, das Schloß und seine Beamtenhierarchie seien also Chiffren einer leeren Metaphysik, innerweltlicher und subjektiver Ersatz früherer Transzendenzerfahrungen des Menschen.

    Davon sind die auf psychologischer Grundlage vorgenommenen Werkerklärungen zu unterscheiden. Das Schloß verkörpert hier eine komplizierte, noch feinste Verästelungen des Psychischen erfassende Weiterentwicklung der aus Macht, Schrecken und Unerkennbarkeit bestehenden väterlichen Urgewalt, die Sohnesgestalten unversöhnlich gegenübersteht. Oder man findet im „Schloß“ die Problematik des literarischen Epigonentums und den aus ihr folgenden Versuch dargestellt, sich von überlieferten kollektiven Vorstellungsbildern zu befreien, die individuelle Wahrheiten verstellen, so daß der einzelne außerstande sei, die Neuartigkeit seines eigenen Lebens zu begreifen.

    Im Winter 1922/23 war K. meist bettlägerig. Gegen das Frühjahr zu intensivierte er seine seit Sommer 1917 betriebenen Hebräischstudien, weil er aus psychologischen und medizinischen Erwägungen heraus nach Palästina übersiedeln wollte. Den Juli und den Anfang des folgenden Monats verbrachte er, für eine derart große Reise schon transportunfähig, zusammen mit seiner Schwester Elli und deren Kindern im Ostseebad Müritz, wo er die 25jährige Ostjüdin Dora Dymant kennenlernte. Mit dieser begann er, nachdem er Ottla in Schelesen besucht hatte (Mitte August-21. September), Ende September in Berlin ein gemeinsames Leben. K. beschäftigte sich mit der hebräischen Literatur und hörte Vorlesungen an der „Hochschule für die Wissenschaft des Judentums“. In dieser Zeit entstanden „Eine kleine Frau“ (Erstdruck 1924), Reflex von Wohnungsschwierigkeiten in Berlin und Ausdruck der von Familie, den Freunden und eigenen Ängsten angefochtenen Labilität des neuen, langjährige Wunschträume erfüllenden Lebens, vor allem aber das umfangreiche, ebenfalls autobiographische Erzählfragment „Der Bau“ (Erstdruck 1931), wo Lebensmuster der Krankheitsjahre und deren Bedrohung reflexiv entfaltet werden.

    Die Inflation im Deutschen Reich und der sich rapide verschlechternde Gesundheitszustand veranlaßten K., im März 1924 nach Prag zurückzukehren, wo er sein letztes Werk schrieb, „Josefine, die Sängerin, oder Das Volk der Mäuse“ (Erstdruck 1924), eine Auseinandersetzung mit der jüdisch Tradition, dem Jiddischen, dem Nationaljudentum und der Orthodoxie.

    Nach kurzem Aufenthalt in einem Sanatorium in Nieder-Österreich und in Wien wurde K. am 19. April in das Sanatorium Dr. Hoffmann in Kierling bei Klosterneuburg gebracht, wo er von Dora, später auch von Robert Klopstock, bis zu seinem Tode gepflegt wurde. Teilweise erreichten ihn noch Korrekturen zu dem mit dem Berliner Verlag Die Schmiede verabredeten Sammelband „Ein Hungerkünstler“, der neben der Titelerzählung noch „Eine kleine Frau“, die Mäuse-Geschichte und das 1922 geschriebene und gedruckte kleine Stück „Erstes Leid“ enthält.

    Verglichen mit der Wirkung, die andere, weniger bedeutende Zeitgenossen durch ihr Werk ausübten, fand K.s Schaffen zu seinen|Lebzeiten keine große Beachtung, obwohl die meisten seiner Bücher in dem für expressionistische Literatur führenden Verlag von Kurt Wolff in Leipzig erschienen und Max Brod, Albert Ehrenstein, Hermann Hesse, Robert Musil, Kurt Tucholsky und Oskar Walzel sofort die Bedeutung K.s erkannten. Als Gründe für diesen angesichts der heutigen Weltgeltung K.s auffälligen Sachverhalt lassen sich namhaft machen: die kompromißlose künstlerische Geschlossenheit des Werks, das nur auf sich selbst zu verweisen scheint; die von K. angewandte Perspektivtechnik, die im „Urteil“, der „Verwandlung“ und in den Romanen keinen als Figur hervortretenden Erzähler kennt, der die Geschehnisse im Sinne des Autors kommentieren könnte, in den Ich-Erzählungen aber entweder undurchsichtige Sujets von halboppositionellen Außensichtstandorten her in einander scheinbar aufhebenden Reflexionsketten umkreist oder aber dem Erfahrungskreis des Rezipienten fremde Erzählgegenstände als selbstverständliche Gegebenheiten vorstellt; die durchgängige Veräußerlichung aller abstrakt-unanschaulichen Phänomene, deren sinnliche Vieldeutigkeit begriffliche Klassifizierungen erschwert; die Darstellung ungewohnter, unbewußter und neurotischer Sachverhalte des psychischen Lebens in traumartigen Arrangements, die im Leser Verstörung hervorruft, weil sie sein Literaturverständnis und seine Bewußtseinsinhalte übersteigt; die singuläre, nicht in gängige Strömungen der Zeit einordenbare äußere Erscheinung dieses Werks und K.s Weigerung, sich am Kulturbetrieb zu beteiligen oder gar durch öffentliches Wirken die Verbreitung seiner Arbeiten zu fördern; und schließlich die Tatsache, daß er keinen größeren, die Aufmerksamkeit des breiteren Publikums erregenden Roman veröffentlichte.

    Obwohl K. letztwillig verfügt hatte, seine literarische Hinterlassenschaft „restlos und ungelesen zu verbrennen“, ging Max Brod, der schon seit 1907 in Aufsätzen auf die epochale Bedeutung seines Freundes hingewiesen hatte, nach dessen Tod daran, nach und nach diesen Nachlaß zu edieren: 1925 erschien der „Prozeß“ (zuletzt 1974), 1926 das „Schloß“ (zuletzt 1974) und 1927 „Amerika“ (zuletzt 1974). In den Jahren 1935-37 kamen, unter schwierigsten äußeren Bedingungen, „Gesammelte Schriften“ in 5 Bänden heraus – bei der Editionsarbeit wurde Max Brod diesmal von Heinz Politzer unterstützt –, die die Romane in vollständigeren Textfassungen bieten, wichtige Nachlaßerzählungen enthalten und auch eine kleine Auswahl der Tagebücher und Briefe bringen (2. erweiterte Auflage 1946). 1950-74 erschienen im Frankfurter S. Fischer Verlag die „Gesammelten Werke“ in 11 Bänden, in denen neben weiteren dichterischen Fragmenten – „Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande und andere Prosa aus dem Nachlaß“ (1953) – vor allem die Lebenszeugnisse K.s fast vollständig gedruckt sind, und zwar in den Bänden „Tagebücher 1910 [recte 1909]-1923“ (1951, zuletzt 1973), „Briefe an Milena“ (herausgegeben von Willy Haas 1952, unvollständig, zuletzt 1974), „Briefe 1902-1924“ (1958, zuletzt 1975), „Briefe an Felice und andere Korrespondenz aus der Verlobungszeit“ (herausgegeben von Erich Heller und Jürgen Born 1967, zuletzt 1975) und „Briefe an Ottla und die Familie“ (herausgegeben von Hartmut Binder und Klaus Wagenbach 1974). Den philologischen Mängeln, die Max Brods Editionen verständlicherweise anhaften, soll eine historisch-kritische Werkausgabe abhelfen, mit deren Vorbereitung an der 1974 eingerichteten Forschungsstelle „Deutschsprachige Literatur Osteuropas“ (Gesamthochschule Wuppertal) unter der Leitung von Jürgen Born begonnen wurde. (K.s Nachlaß, von Max Brod 1939 aus Prag vor dem Zugriff der Nationalsozialisten nach Palästina gerettet, befindet sich heute vor allem in der Bodleiana in Oxford, zum Teil auch in der literarischen Hinterlassenschaft Max Brods in Tel-Aviv, Einzelstücke im „Deutschen Literaturarchiv“ in Marbach/N.)

    In den dreißiger und frühen vierziger Jahren erlangte K., im Reichsgebiet verfemt, zunehmend Beachtung, besonders in England, wo seine Werke ohne ihren kulturellen Hintergrund aufgenommen und als eine Art exterritoriale religiöse Allegorese verstanden wurden, in Frankreich, wo sie von der surrealistischen Mode adaptiert wurden, und in den Vereinigten Staaten, wo sich psychologisches Verständnis mit jüdischen Existenzdeutung und der Auffassung verband, K.s Romane antizipierten Terror und Schrecken des Faschismus. Später verstand man K. in Frankreich von Camus' Philosophie des Absurden und Sartres Existentialismus her, in den angelsächsischen Ländern jedoch vor allem biographisch-psychoanalytisch und als Repräsentanten moderner menschlicher Existenz schlechthin. Nach dem 2. Weltkrieg wurde K. in ganz Europa, Nord- und Südamerika sowie Japan, seit den 60er Jahren auch in der DDR (die Romane und Erzählungen erschienen dort 1965 und 1967) und in seiner Heimat, der Tschechoslowakei (Ausgangspunkt war ein 1963 auf Schloß Liblice|bei Prag anläßlich K.s 80. Geburtstag abgehaltenes internationales literarisches Kolloquium) neben Thomas Mann zum eigentlichen Repräsentanten der deutschsprachigen Literatur im 20. Jahrhundert Weitgehende Einflüsse auf andere Schriftsteller in aller Welt, eine riesige, immer noch rasch anwachsende Flut von Interpretationen, Dramatisierungen, Verfilmungen, Vertonungen einzelner Texte und Illustrationen zu diesen sowie der allgemein verbreitete Begriff „kafkaesk“ für bizarr-schockierende und alogisch-makabre Gestaltungen und Situationen dokumentieren diese Entwicklung.

    Die K.-Deutung im Deutschland nach 1945 stand teilweise im Bann der aus den westlichen Ländern importierten Rezeptionsmuster, war aber auch und vor allem gesteuert durch die Wertvorstellungen und den Bildungsstandard der Nachkriegsgesellschaft, die als undiskutierte Prämissen in die Werkdeutungen einflossen. Die gleichen Besonderheiten des K.schen Werks, die zunächst seiner Verbreitung hinderlich waren, bewirkten jetzt Mißverständnisse, weil diese Texte manipulatorischer Verfälschung kaum Widerstand entgegensetzten: Der Mangel an verbindlichen Auslegungstraditionen, die scheinbare Polyvalenz der Erzählungen und Romane, ihre Hermetik, die Bezugnahme auf konkrete Sozialverhältnisse von vornherein auszuschließen schien, und die Unkenntnis der Prager Gegebenheiten und genaueren Lebensumstände K.s erlaubten es, zusammen mit der Etablierung der textimmanenten Interpretationsrichtung, die K. zu einem bevorzugten Exerzierfeld ihrer unhistorischen Verfahrensweise machte, diese Literatur für jede Spielart deutscher Nachkriegsideologie zu mißbrauchen.

    Das Unbehagen an der Unverbindlichkeit derartiger, mehr über den Exegeten als über das betrachtete Werk aussagender Projektionen führte einmal zu einer Intensivierung der literarhistorisch und biographisch orientierten Forschung, die zum Teil erst die Voraussetzungen für philologisch angemessene Verstehenshorizonte schuf, indem sie die Werkgenese erhellte, wichtige Realien ans Licht brachte, K.s Lebensgang exakt durchleuchtete, soziologische Einbettungen vornahm, indem sie besonders auf die enge Verflechtung des K.schen Denkens und Schaffens mit den geistigen Strömungen seines Prager Umfelds, mit Judentum und literarischen Traditionen, hinwies.

    Zum andern erfolgte eine Besinnung auf Probleme der Form. Hervorgehoben wurde K.s verhältnismäßig schmucklose, kühle, aber detailgenaue, rhythmische und klangreine Sprache. Diese wird, was die stilistische Kargheit angeht, mit dem Hinweis auf die geschichtsträchtige Prager Kanzleisprache erklärt, die über die stilprägende juristische Schulung K.s in seiner Prosa nachwirke, dann aber auch als Gegenreaktion auf den sprachlichen Schwulst der damaligen Prager deutschsprachigen Literatur, als Ausdruck demnach der besonderen Prager Insellage, die ein stagnierendes, nicht durch Dialekte gespeistes Idiom hervorbrachte, das arm an natürlichem Ausdruck war. Die rigorose Beschränkung auf das von der Umwelt gebotene Sprachmaterial und dessen pedantische Durchleuchtung können dann als Ausdruck von K.s Wahrheitsfanatismus verstanden werden; die Musikalität dieser von einem ganz Unmusikalischen verfaßten Texte aber als Streben nach Klassizität (Goethe und Flaubert waren ihm hierin Vorbilder) und als Ausdruck einer Ästhetik, die von einer akustischen Realisierung des Geschriebenen ausging (K. war ein begeisterter und vorzüglicher Rezitator).

    Die Erzählweise K.s ist, neben den schon erwähnten Besonderheiten, vor allem durch die vollständige Funktionalisierung aller Erzählumstände bestimmt. Äußeres, bis hin zu Äußerlichkeiten, ist als sinnhafte Äußerung zu interpretieren: die einzelnen Szenenkompositionen als werkeröffnendes, den Gesamtablauf bestimmendes Strukturmuster oder als dessen mit dem weiteren Handlungsfortschritt gegebene iterative Abwandlung beziehungsweise variierende Verschärfung, die auf der formalen Ebene die intendierten Lösungen der jeweils thematisierten Erzählprobleme abbilden; das räumliche Arrangement der Figuren als Bild ihrer Beziehungen und deren Veränderungen, ihr Aussehen, Beruf und ihre sonstigen Verhältnisse als Veranschaulichung ihrer Lebensschwierigkeiten, ihre Wahrnehmungen als Spiegel der jeweiligen psychischen Verfassung; Attribute und gegenständliche Details nie als nur situativ wichtige Augenblicksimpressionen, sondern als Glieder übergreifender Verweisungszusammenhänge, die Erzählteile aufeinander beziehen und die epische Integration fördern.

    In einem gewissen Spannungsverhältnis dazu steht die häufig vertretene These, K.s fiktive Welt baue sich formal durch die Nachahmung von Traumstrukturen auf. Für diese Auffassung sprechen folgende Besonderheiten der K.schen Prosa: Motive und Vorgänge, die sonst nur in Träumen oder Märchen begegnen (zum Beispiel im „Landarzt“ oder|im „Traum“); die Erkenntnis, daß Erzählkerne unmittelbar aus wirklichen Träumen des Autors herauswachsen können, ein Beleg seiner berühmt gewordenen Aussage, er bezwecke nur die Darstellung seiner traumhaften inneren Welt; Nahtstellen im Handlungsgang der Erzählungen und Romane, die als Übergänge von der äußeren Wirklichkeit in Traumzustände gedeutet werden können, sowie die Tatsache, daß die Abfolge der epischen Gegebenheiten vielfach wie im Traum der Kausalverkettung auf der Grundlage empirisch-psychologischer Motivation ermangelt; der offenkundige Symbolwert vieler Erzählmomente, in dem sich der Assoziationsreichtum und die emotionale Geladenheit tiefenpsychologischer Symbolbegriffe mit der literaturimmanenten Technik der bewußten Anspielung verbindet; und schließlich der durchgängig zu beobachtende Sachverhalt, daß Gefühltes und Gedachtes konsequent in visuelle Bilder verwandelt werden.

    Hervorzuheben sind endlich K.s Erzählformen: Die auf eine Hauptfigur eingeschränkte Erzählperspektive wurde vorher in der deutschen Literatur nie mit solcher Folgerichtigkeit und sprachlichen Meisterschaft (innerer Monolog, erlebte Rede, erlebter Eindruck, Als-ob-Sätze, Gestik) gebraucht. In den Ich-Erzählungen erweiterte K. das Arsenal der geläufigen Subgattungen um zum Teil außerordentlich raffinierte Strukturen (zum Beispiel in der „Brücke“ (1931, zuletzt 1970) und im „Bau“), und die durchorganisierte Stringenz, die pointierte Dichte, die Offenheit und der Beziehungsreichtum seiner betrachtenden und parabolischen Kleinen Prosa trugen wesentlich zu seiner Beliebtheit an Schule und Hochschule bei.

  • Werke

    Ausgg.: Gesammelte Werke, 11 Bde., 1950-74;
    Das K.-Buch, Eine innere Biogr. in Selbstzeugnissen, hrsg. v. H. Politzer, 1965, zuletzt 1974;
    Der Heizer, In d. Strafkolonie, Der Bau, ed. J. M. S. Pasley, 1966;
    Beschreibung e. Kampfes, Die 2 Fassungen, Parallelausg. n. d. Hss., hrsg. u. mit Nachwort v. M. Brod, Texted. v. L. Dietz, 1969;
    F. K., hrsg. v. E. Heller u. J. Beug, 1969;
    Sämtl. Erzz., hrsg. v. P. Raabe, 1970, zuletzt 1975;
    Shorter Works, Translated from the German and edited by M. Pasley, I, 1973;
    In d. Strafkolonie, Eine Gesch. a. d. J. 1914, mit Qu., Abb., Materialien a. d. Arbeiter-Unfall-Versicherungsanstalt, Chronik u. Anm. v. K. Wagenbach, 1975. -
    Briefwechsel: K. Hermsdorf, Briefe d. Versicherungsangestellten F. K., in: Sinn u. Form 9, 1957, S. 639 ff.;
    J. Loužil, Dopisy F. K. Dělnické úrazové pojištovné čechy v Praze (Briefe F. K.s an d. Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt f. Böhmen in Prag), in: Sbornik 8, 1963, S. 57 ff.;
    K. Wolff, Briefwechsel eines Verlegers 1911–63, hrsg. v. B. Zeller u. E. Otten, 1966, S. 24-60;
    M. Buber, Briefwechsel auf 7 J.-zehnten, Bd. 1: 1897-1918, 1972.

  • Literatur

    Biogrr.: M. Brod, F. K., Eine Biogr., Erinnerungen u. Dokumente, 1937 (P), ⁶1974, mit Briefen K.s an O. Pollak, M. Brod u. an Valli;
    ders., Streitbares Leben, Autobiogr., 1960, ²1969;
    F. K. a praha, hrsg. v. P. Demetz, 1947 (mit Brief K.s an P. Kisch);
    J. P. Hodin, Memories of F. K., in: Horizon 97, 1948, S. 26-45, dt. in: Der Monat, 1948/49, H. 8/9, S. 89-96, auch in: ders., K. u. Goethe, 1972, S. 7-34;
    G. Janouch, Gespräche mit K., 1951, erweiterte Ausg. 1968;
    ders., F. K. u. s. Welt, Eine Bildbiogr., 1965 (P);
    K. Wagenbach, F. K., Eine Biogr. s. Jugend (1883–1912), 1958 (P);
    ders., F. K. in Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten, 1964 (P);
    ders., F. K. 1883-1924, Mss., Erstdrucke, Dokumente, Phot., 1966 (P);
    M. Buber-Neumann, K.s Freundin Milena, 1963;
    H. Binder, K. u. s. Schwester Ottla, Zur Biogr. d. Fam.situation d. Dichters unter bes. Berücksichtigung d. Erzz. „Die Verwandlung“ u. „Der Bau“, in: Jb. d. dt. Schillerges. 12, 1968, S. 403-56;
    ders., K.s Briefscherze, Sein Verhältnis zu Josef David, ebd. 13, 1969, S. 536-59;
    K. Krolop, Zu d. Erinnerungen Anna Lichtensterns an F. K., in: Germanistica Pragensia 5, 1968, S. 21-60;
    J. Bauer, K. u. Prag, 1971 (S. 98-125: K.s Schriftwechsel mit d. Prager Paßbehörden, P);
    E. T. Beck, K. and the Yiddish Theatre, Its impact on his work, 1971;
    C. Bezzel, K.-Chronik, 1975;
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  • Porträts

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  • Autor/in

    Hartmut Binder
  • Zitierweise

    Binder, Hartmut, "Kafka, Franz" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 1-15 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118559230.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA