Bräker, Ulrich

Lebensdaten
1735 – 1798
Geburtsort
Näbis
Sterbeort
auf der „Hochsteig“, Wattwil
Beruf/Funktion
schweizerischer Schriftsteller ; Bauer ; Söldner ; Garnhändler ; Schriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118514210 | OGND | VIAF: 95166743
Namensvarianten

  • Näbisuli (Pseudonym)
  • Der arme Mann im Tockenburg (nennt sich selber)
  • Brägger, Ulrich
  • Näbis Uli (Pseudonym)
  • Bräker, Ulrich
  • Näbisuli (Pseudonym)
  • näbisuli
  • Der arme Mann im Tockenburg (nennt sich selber)
  • der arme mann im tockenburg
  • Brägger, Ulrich
  • Näbis Uli (Pseudonym)
  • näbis uli
  • Braeker, Ulrich
  • Braegger, Ulrich
  • Breker, Ulrich
  • Bräker, Uli
  • Naeppis-Ueli
  • Naebis-Ueli
  • Breker, Ulʹrich
  • Brägger, Ulrich
  • Bräcker, Ulrich

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Zitierweise

Bräker, Ulrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118514210.html [04.12.2025].

CC0

  • Bräker, Ulrich (Näbisuli, nach dem Geburtshaus „im Näppis“, Weiler Scheftenau, Gemeinde Wattwil, Toggenburg, nennt sich selber der Arme Mann im Tockenburg)

    schweizerischer Schriftsteller, * 22.12.1735 Näbis, 11.9.1798 auf der „Hochsteig“, Wattwil. (evangelisch)

  • Genealogie

    Aus Toggenburger Bauernfamilie;
    V Johannes (Näbishans, 1708–62), S des Michel (1669–1730) und der Anna Klauser (1674–1711);
    M ( 1783), T des Ulrich Zuber (1677–1746) und der Elsbeth Wäspi (1685–1755);
    3.11.1761 Salome Ambühl (1735–1822) aus Wattwil;
    3 S, 4 T.

  • Biographie

    B. war von 8 Geschwistern das älteste. 1741-54 bewirtschaftete die Familie das einsame Alpgut Dreyschlatt. Während 6 Jahren lernte der Knabe in je 10 Wochen winters lesen, schreiben, rechnen. In der übrigen Zeit war er Ziegenhirt. 1754 zogen die Eltern in das Dorf Wattwil. B. arbeitete als Tagelöhner, half beim Pulvermachen und Salpetersieden. 1755 Diener eines preußischen Werbeoffiziers in Schaffhausen, wurde er gegen seinen Willen in Berlin als Söldner in die Armee Friedrichs II. gesteckt. Während der Schlacht von Lobositz (1.10.1756) gelang ihm die Flucht. B. war Autodidakt. Der Drang zur Selbstbeobachtung und schriftlichen Darstellung seiner selbst wurzelte in dem pietistischen Erbe seiner Vorfahren. Um die Problematik des Lebens wissend, empfängt er aus gründlichem Bibelstudium, aus einer scharfen Beobachtung der Natur und aus der Lektüre von Shakespeares Dramen die stärksten Hilfen, sich eine geistige Welt zu bauen. Der 32jährige hatte die 8 Folio-Bände des Berleburger Bibelwerkes aufmerksam durchgearbeitet. Zeitlebens naturverbunden, gelangen ihm Schilderungen von dichterischer Schönheit. Mit erstaunlicher Einfühlungsgabe vertiefte er sich jahrelang in das Werk des englischen Dichters und schrieb über jedes der 36 Dramen eine Betrachtung: „Etwas über William Shakespeares Schauspiele, von einem armen, ungelehrten Weltbürger, der das Glück genoß, ihn zu lesen“ (1780). Lesen und schreiben, seine großen Leidenschaften, arteten zeitweise aus und verflachten. Das Beste gehört zum bleibenden Gut unserer Literatur. Die selbstgeschriebene Lebensgeschichte ist ein ergreifendes menschliches Dokument. Von dem 46jährigen begonnen, ist sie vom Jahre 1785 an zu ergänzen aus den Tagebüchern, welche Perlen echter Lebensweisheit enthalten (1768-98). Sie sind wichtige Quellen für die allgemeinen, die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in seiner Heimat. 1776 wurde B. Mitglied der Toggenburgischen Moralischen Gesellschaft, in die sonst nur Männer des Gelehrten- und Beamtenstandes aufgenommen wurden. Sie wollte durch Aufklärung die Volksschäden beheben und die soziale Lage der unteren Schichten bessern, ohne die jeden Fortschritt hemmenden Untertanenverhältnisse zu beseitigen. B. war eifriger Benutzer der Gesellschaftsbibliothek. Als wirtschaftlich von den Launen des Großhandels abhängiger Kleinkrämer, der für seine Familie nach Vermögen sorgte, trat auch er für Besserung ein, besonders eindringlich in einer Gesellschaftsrede. Der politische Umsturz 1798 und die allgemeine Unsicherheit lahmten die Kräfte, erschütterten jedoch seinen Glauben an die Vorsehung nicht.

  • Werke

    Lebensgesch. u. natürliche Ebentheuer d. Armen Mannes im Tockenburg, hrsg. v. H. H. Füssli, Zürich 1789 (franz. Übers. Jules Broches, Genf 1913, ital.: Il pover' uomo di T., Rom 1945);
    Ausw. aus d. Tagebüchern, Zürich 1792;
    Shakespeare-Büchlein, 1. Ausgabe v. E. Götzinger, in: Jb. der dt. Shakespeare-Ges., 1877.

  • Literatur

    ADB III (unter Brägger);
    E. Götzinger, Der Arme Mann im T., in: St. Gallener Neujahrsbl., 1889;
    P. Wernle, U. B., in: Der Schweiz. Protestantismus im XVIII. Jh., Bd. 2, 1924, S. 282-91;
    F. Ernst, U. B., in: Stud. z. europ. Lit, Zürich 1929, S. 61 ff.;
    S. Voellmy, Leben u. Schrr. U. B.s. 3 Bde., Basel 1945 (Neubearb. d. Hss. mit Qu.-, W- u. L-Verz., P-Kat.);
    s. a. Körner, S. 322 f.

  • Autor/in

    Samuel Voellmy
  • Zitierweise

    Voellmy, Samuel, "Bräker, Ulrich" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 506 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118514210.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA