Lebensdaten
1775 – 1855
Geburtsort
Mainz
Sterbeort
Hallgarten (Rheingau)
Beruf/Funktion
badischer liberaler Politiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11721292X | OGND | VIAF: 5703118
Namensvarianten
  • Itzstein, Adam von
  • Itzstein, Johann Adam von
  • Itzstein, Adam von
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Zitierweise

Itzstein, Johann Adam von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11721292X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Edmund Ignaz (* 1727), kurmainz. GR, Hofgerichtsdir. in M., S d. Hofgerichtsrats Johs. Franziskus in M., aus Beamtenfam. d. Rheingaus, u. d. Maria Klara Hardy;
    M Anna Maria (* 1734), T d. Kupferschmieds Gabriel Kerz in M. u. d. Maria Magd. N. N.;
    B Anton Franz (fürstprimat. Adel 1810, 1760-1816), Landesdirektorialrat in Aschaffenburg, 1806 Oberpolizeidir. in Frankfurt, 1813 Dir. d. Frankfurter Oberappellationsgerichts, Christian Franz (1762–90), Prof. d. Rechte u. Hofgerichtsrat in M;
    - Koblenz 1804 Katharina (1780–1833), T d. GR Johann Korbach in Koblenz u. d. Gertrudis Itzstein;
    T Gertrud ( Wilh. Eisenlohr, 1872, Physiker, s. NDB IV);
    N William Fardely ( 1869), Telegrapheningenieur (s. NDB V). - I. führte seit ca. 1819 das Adelsprädikat, doch ist eine Nobilitierung nicht nachzuweisen.

  • Biographie

    Nach Abschluß des Studiums der Rechte in Mainz, wo I. Schüler von J. A. Hofmann und Hartleben war, führt ihn seine praktische juristische Tätigkeit nach Amorbach, Miltenberg, Schwetzingen und Mannheim. Als Vertreter dieser Stadt zum 2. Bad. Landtag 1822 gewählt, wird er als gewandter und schlagfertiger Redner bald zum Führer der liberalen Kammeropposition und verteidigt die Rechte der Volksvertretung gegenüber Regierungsforderungen, so beim Militäretatstreit 1822/23 und bei der Manifestinterpellation 1841/42. Als Vizepräsident des Vorparlamentes, an dessen Zustandekommen er als Mitglied des Heidelberger Siebenerausschusses hervorragend beteiligt war, bewirkt er den Wiedereintritt der radikalen Gruppe unter Hecker. In der Nationalversammlung gehört I. zur Partei des Deutschen Hofes und vereinigt bei der Reichsverweserwahl 32 Stimmen auf sich. I.s parteipolitisches Bemühen zielt auf geschlossenes Handeln aller liberalen Kräfte Deutschlands. Schon 1832 und alljährlich dann seit 1839 finden auf seinem Gute in Hallgarten liberale Parlamentarierkonferenzen statt. Jener von I. gebildete „Hallgartener Kreis“ (Mitglieder u. a. Rotteck, Welcker, Bassermann, Mathy, R. Blum, Gf. Reichenbach, H. v. Gagern, J. Jakoby) bildet eine Vorstufe der Frankfurter Nationalversammlung. I.s organisatorische und diplomatische Fähigkeiten trugen ihm den Namen eines „liberalen Metternich“ ein. Sein staatspolitisches Denken zeigt bei starker Abhängigkeit von Rotteck-Welckerschen Theorien radikale republikanische Züge, die sich durch das Miterleben der franz. Revolution, die Beeinflussung durch seinen Lehrer Hofmann und den Besuch des Mainzer Jakobinerklubs erklären.

  • Literatur

    ADB 14;
    J. Roßkopf, J. A. v. I., Ein Btr. z. Gesch. d. bad. Liberalismus, Diss. Mainz 1954 (L, Qu.; ungedr.).

  • Porträts

    Gem. (Hallgarten, Sitzungssaal d. Gemeinde);
    Lith., Abb. in: Leonh. Müller, Bad. Landtagsgesch., 2. T., 1901;
    Lith. v. Ph. Winterwerber, 1849, Abb. in: F. Schnabel, Ludwig v. Liebenstein, 1927.

  • Autor/in

    Josef Roßkopf
  • Zitierweise

    Roßkopf, Josef, "Itzstein, Johann Adam von" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 206 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11721292X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Itzstein: Johann Adam v. J., Abgeordneter des badischen Landtags, geb. am 28. September 1775 zu Mainz, am 14. September 1855 zu Hallgarten im Rheingau. Aus Leiningen’schen Diensten, in welche er nach Aufhebung der Benedictinerabtei Amorbach getreten war, wurde J., der Sohn eines kurmainz’schen Geheimrathes, nach der Mediatisirung des Fürstenthums Leiningen 1809 in den badischen Staatsdienst übernommen, zuerst als Oberamtmann in Schwetzingen angestellt, 1819 als Hofgerichtsrath nach Mannheim versetzt. Bei den Wahlen des Jahres 1822 wurde J. in die zweite Kammer gewählt und nahm dort sofort unter den Führern der liberalen Opposition eine hervorragende Stellung ein. Das Militärbudget gab Anlaß zu einem Verfassungsconflict. Da die Forderung der Regierung von der durch die Budgetcommission der zweiten Kammer zur Bewilligung empfohlenen Summe um 100,000 Gulden differirte, ließ der Großherzog erklären, daß er im Hinblick auf seine Verpflichtungen als Bundesfürst an der geforderten Summe (1,600,000 Gulden jährlich) festhalten müsse und diese Entschließung vor seinem Gewissen zu verantworten und vor seinem Volke zu rechtfertigen wissen werde. Bei der herauf folgenden Debatte trat J. mit der grüßten Entschiedenheit der Regierungsforderung entgegen und für das von Rücksichten auf den deutschen Bund völlig freie Budgetrecht des Hauses ein. Es war wesentlich der Erfolg seiner Beredtsamkeit, daß schließlich, wenn auch nur mit einer Stimme Mehrheit, die Regierungsforderung verworfen wurde. Für den Landtag war die Folge dieser Abstimmung sofortiger Schluß seiner Tagung, ohne daß das Budget in seiner Gesammtheit bewilligt worden war, für J. persönlich Versetzung an das Hofgericht Meersburg am Bodensee, welche er nicht mit Unrecht als Strafe betrachtete. Von da an beginnt sein unermüdeter Kampf gegen die Regierung, den er in der Kammer und in der Presse mit großer Heftigkeit und Entschlossenheit führte, in der Kammer allerdings erst im J. 1831, als die liberalere Strömung, welche durch die Julirevolution hervorgerufen war, auch in Baden Regierung wie Volksvertretung ergriff. Der|Liberalismus auf der Regierungsbank, den Männer wie Winter, v. Böckh, Nebenius vertraten, genügte dem heißblütigen Naturell Itzstein's nicht. Für die damalige Zeit mochte er wol als ein Radikaler gelten, obwol die Ziele, die er für die Volksvertretung erstrebte, heutzutage auch von conservativer Seite als selbstverständliche Attribute eines Parlaments betrachtet werden. Ein bleibendes Verdienst hat sich J. unstreitig als Mitglied der Budgetcommission dadurch erworben, daß er unausgesetzt bemüht war, Ersparnisse in allen Zweigen des Staatshaushaltes herbeizuführen, Ordnung in denselben zu bringen und allen Ueberschreitungen entgegenzutreten. Mehr ins Auge fiel seine rastlose agitatorische Thätigkeit für die Preßfreiheit, sowie sein lebhaftes Eintreten für die Wiederherstellung der hannoverschen Verfassung. Noch schneidiger war sein Wirken im Landtage, als es galt, die Politik des Ministers v. Blittersdorff zu bekämpfen. In der vielberufenen Urlaubsfrage (s. d. Art. Blittersdorff) war er in den verschiedenen Stadien, welche der darüber entstandene Streit durchlief, stets auf dem Plan, um die Rechte der Kammer zu vertheidigen, Schwankende zur Ausdauer zu ermahnen, der Regierung gegenüber das Mißtrauen der Volksvertretung zum schroffsten Ausdruck zu bringen. Nachdem sein mit dem Ministerium geführter Streit über seine Versetzung längst durch seine Pensionirung ein Ende gefunden, hatte er gar keine Rücksichten mehr auf die Regierung zu nehmen und machte von dieser Freiheit den ausgiebigsten Gebrauch. Die Volksgunst wurde ihm in reichem Maße zu Theil. Im J. 1844 wurde dem greisen Vorkämpfer des Liberalismus in Mannheim ein glänzendes Fest bereitet, eine Denkmünze ihm zu Ehren geprägt und bei dem feierlichen Banket neben zahllosen Toasten ein von Hoffmann v. Fallersleben gedichtetes Lied gesungen, dessen Refrain lautete:

    Baterland freue dich! Deine Nacht wird immer heller: Itzstein unser Stern Leuchtet nah und fern.

    Neue Demonstrationen ihm zu Ehren wurden nicht nur in Baden, sondern auch in anderen deutschen Ländern in Scene gesetzt, als J. auf einer mit seinem Freunde Fritz Hecker nach Norddeutschland unternommenen Reise aus Berlin und den preußischen Staaten ausgewiesen wurde. Das war der Zenith seiner Popularität. Das Jahr 1848 brachte jüngere Kräfte auf den Schauplatz, gegen deren Redekunst seine Beredtsamkeit in den Schatten trat, weil sie mit der Keule dreinschlugen, wo er mit feineren Waffen vielleicht schärfer, jedenfalls empfindlicher getroffen hatte. Und was in Itzstein's Glanzperiode für radikal gegolten, war jetzt längst überholt durch die neuen Lehren des Tages. Trotzdem konnte dem Patriarchen des süddeutschen Liberalismus ein Sitz im Frankfurter Parlament nicht fehlen, wo er sich zur äußersten Linken hielt, aber keine seiner gefeierten Vergangenheit entsprechende Stellung mehr behaupten konnte. Daß er mit dem Rumpfparlament nach Stuttgart übersiedelte, kann bei einem Mann nicht Wunder nehmen, den man in seinem politischen Leben jedenfalls nicht der Inconsequenz zeihen kann. Nur mit Mühe entging er, als das Stuttgarter Parlament gesprengt war, der Verhaftung durch preußische Truppen, die seinen Landsitz Hallgarten im Rheingau besetzten. Längere Zeit mußte er im Exil in der Schweiz und im Elsaß zubringen, bis er sich von dem Verdacht gereinigt hatte, ein Theilnehmer des badischen Aufstandes von 1849 gewesen zu sein. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte der Greis, den eine Gehirnerweichung zum Kinde machte, auf diesem reizend gelegenen Landgute. In lichten Momenten war es sein Höchstes, der Tage der Vergangenheit zu denken und sich mit den Ehrengeschenken zu umgeben, mit denen seine Zeitgenossen dem streitbaren Manne den Zoll ihrer Verehrung und Dankbarkeit dargebracht hatten.

    • Literatur

      Vgl. Bad. Biographien, I. Bd. S. 430 ff.

  • Autor/in

    v. Weech.
  • Zitierweise

    Weech, Friedrich von, "Itzstein, Johann Adam von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 14 (1881), S. 649-650 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11721292X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA