Lebensdaten
1862 – 1925
Geburtsort
Breslau
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Sozialpolitiker ; Arzt
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 117179922 | OGND | VIAF: 64777154
Namensvarianten
  • Mugdan, Otto

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Mugdan, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117179922.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joachim (1822–1900) aus Kempen (Posen), Textilkaufm., S d. Joseph (um 1789–1864), Kaufm., u.|d. Rebecka (um 1790–1870);
    M Nanni (1828–92), T d. Joseph Heymann (um 1802–46), Kaufm. in Breslau, u. d. Caroline Samosch (um 1810–97);
    Ur-Gr-Ov David (1757/58-1828), Vors. d. Rabbinatsgerichts in Kempen;
    Vt Abraham (um 1849–1927), Rabbinatsassessor in Breslau, Benno (1851–1928), Kammerger.rat in Berlin, GJR, Hrsg. u. Bearb. d. „Gesammten Materialien z. BGB f. d. Dt. Reich“, 5 Bde., 1899, Nachdr. 1978, Leo (1857–1926, Charlotte, 1861–1942, T d. Salomon Kauffmann, s. NDB XI), Stadtrat in Berlin u. Stadtältester; Vt 2. Grades d. V David (1840–1921), Kaufm. in Breslau, Stadtverordneter, Vizepräs. d. Handelskammer;
    Magdeburg 1895 Philippine (1865–1942), T d. Heinemann (Hermann) Rosenthal (1825–1906) aus Ermsleben (Harz), Dr. med., Oberstabsarzt in Magdeburg (s. Kürschner, Lit.-Kal. 1893-1906; BJ XI, Tl.) u. d. Bertha Kauffmann (um 1830–81, Schw d. Salomon Kauffmann, s. o.); kinderlos;
    N Bertha (1884–1959, Julius Stenzel, 1883–1935, Prof. f. Philos. in Breslau, Kiel u. Halle, s. Ziegenfuß), Dr. phil., Vfn. v. „Die theoret. Grundlagen d. Schillerschen Philos.“ 1910, Nachdr. 1970, emigrierte 1939 nach England, später in d. USA, N Rudolf Weigert (1883–1953), Mühlenbes. in Breslau (s. Rhdb.).

  • Biographie

    M. besuchte 1872-79 das Magdalenengymnasium in Breslau und studierte dann an der dortigen Universität Medizin. 1882 wechselte er nach Erlangen, wo er 1884 mit einer Arbeit zur Ätiologie der Urämie promovierte. 1885 ließ er sich in Berlin als praktischer Arzt und Kinderarzt nieder. Er war Mitbegründer des Berliner „Ärztevereins zur Einführung freier Arztwahl“, gehörte ab 1892 der Berlin-Brandenburger Ärztekammer an und wirkte viele Jahre lang im Geschäftsführenden Ausschuß des Dt. Ärztevereinsbundes und im Aufsichtsrat des Hartmannbundes. In zahlreichen Vorträgen und Aufsätzen zu Sozialmedizin und Versicherungsrecht bewies er großes Geschick, diese Materie seinen Kollegen in verständlicher Form nahezubringen. Zu den vielen Fachtagungen, an denen er aktiv teilnahm, zählten u. a. die Internationalen Kongresse für Arbeiterversicherung in Wien 1905 und Rom 1908.

    Von 1903 an vertrat M. für die Freisinnige Volkspartei (ab 1910 Fortschrittliche Volkspartei) den Wahlkreis Görlitz-Lauban im Reichstag. Als einer der profiliertesten Sprecher seiner Fraktion befaßte er sich insbesondere mit der Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung und forderte u. a. deren Ausweitung, Vereinheitlichung und Vereinfachung, Verbesserungen der Leistungen sowie freie Arztwahl für Kassenpatienten. In vielen Bereichen des Gesundheitswesens hielt er reichseinheitliche Regelungen für nötig, so bei der Krankenpflege, die er als Beruf und nicht nur als Wohltätigkeit betrachtete. Wiederholt betonte er die Bedeutung von Unfallverhütung, Betriebshygiene, Mutterschutz und praxisnaher medizinischer Ausbildung. Nur wenige seiner Reformwünsche wurden 1911 in der Reichsversicherungsordnung verwirklicht, an deren Ausarbeitung er als einziger Arzt beteiligt war. Trotz punktueller Zusammenarbeit in Sachfragen war M. ein entschiedener Gegner der Sozialdemokratie, deren Politik seinem Ideal von sozialem Frieden widersprach und nach seiner Auffassung den Interessen der Arbeiter zuwiderlief.

    M. erklärte bereits 1886 seinen „Austritt aus dem Judentum“ und ließ sich mehrere Jahre später taufen. Daß er 1908 bei den Berliner Stadtverordnetenwahlen in einem Wahlkreis mit hohem jüd. Wähleranteil kandidierte und von prominenten Mitgliedern des „Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ (CV) unterstützt wurde, führte zu einer Kontroverse um die Haltung des CV gegenüber getauften Juden, die Julius Moses in seinem „General-Anzeiger für die gesamten Interessen des Judentums“ monatelang zum Hauptthema machte. Als M. 1912 sein Reichstagsmandat an die SPD verlor, wurde er bei einer Nachwahl zum Preuß. Abgeordnetenhaus im Wahlkreis Berlin I aufgestellt, was erneut heftige Kritik, besonders in der zionistischen „Jüdischen Rundschau“, auslöste. Dennoch wurde M. gewählt und setzte seine sozialpolitische Arbeit bis zum Ende des Kaiserreichs fort. In der Weimarer Republik hielt er am Liberalismus im Sinne Eugen Richters fest und führte 1920 mit Otto Wiemer ein Gruppe an, die von der DDP zur DVP wechselte. Politische Ämter konnte M. nicht mehr erringen, aber er setzte seine Vortragstätigkeit fort, lehrte an der Sozialhygienischen Akademie in Charlottenburg und nahm in ärztlichen Standesorganisationen bis zu seinem Tod eine bedeutende Rolle ein.|

  • Auszeichnungen

    Geh. Sanitätsrat.

  • Werke

    u. a. Das Krankenversicherungsgesetz, Kommentar f. Ärzte, 1900;
    Kommentar f. Ärzte z. Gewerbe-Unfallversicherungsgesetze, 1902;
    Die Reichsversicherungsordnung, 1911;
    zahlr. Art. z. Arbeiterversicherung u. Sozialpolitik, u. a. in Berliner klin. Wschr., Med. Reform., Dt. Vjschr. f. öff. Gesundheitspflege.

  • Literatur

    E. Loewy-Hattendorf, in: Med. Klinik 21, 1925, S. 1520;
    S. Alexander in: Dt. med. Wschr. 51, 1925, S. 1751;
    Münchener med. Wschr. 72, 1925, S. 1670;
    Klin. Wschr. 4, 1925, S. 1896;
    E. Hamburger, Juden im öff. Leben Dtld.s, 1968, S. 366 f.;
    W. Stephan, Aufstieg u. Verfall d. Linksliberalismus 1918-1933, 1973, S. 30, 169 f.;
    M. Lamberti, Jewish Activism in Imperial Germany, 1978, S. 93-104 (L);
    E. Friesel, The Political and Ideological Development of the Centralverein before 1914, in: Leo Baeck Institute Yearbook 31, 1986, S. 138 (L);
    Reichs-Medizinal-|Kal., 1887-1914;
    Amtl. Reichstags-Hdb., 1903, S. 282 f;
    Hdb. f. d. Preuß. Abg.haus, 1914, S. 409 f. u. 510 (P);
    Wi. 1905–22. |

  • Quellen

    Qu. Fam.archiv Mugdan.

  • Autor/in

    Joachim Mugdan
  • Zitierweise

    Mugdan, Joachim, "Mugdan, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 569-571 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117179922.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA