Lebensdaten
1913 – 1993
Geburtsort
Lorenzkirch bei Strehla/Elbe (Sachsen)
Sterbeort
Bonn
Beruf/Funktion
Physiker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 116061367 | OGND | VIAF: 45044878
Namensvarianten
  • Paul, Wolfgang

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Zitierweise

Paul, Wolfgang, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116061367.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theodor (s. 1);
    M Elisabeth Ruppel;
    1) 1940 Liselotte Hirsche (1917–77), 2) 1979 Doris Walch (* 1941), Dr., Germanistin, 4 K aus 1).

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Wilhelms-Gymnasium in München und einem Praktikum in Feinmechanik studierte P. Physik an der Univ. München und anschließend an der TH Berlin Hier lernte er Hans Kopfermann (1895–1963) kennen, bei dem er 1941 eine Dissertation über hochauflösende optische Spektroskopie am Beryllium mittels einer Atomstrahllichtquelle anfertigte (Eine Atomstrahlapparatur z. lichtstarken Anregung schwer verdampfbarer Elemente, in: Zs. f. Physik 117, 1941, S. 774-88). Danach folgte er Kopfermann nach Kiel und Göttingen, wo er sich 1944 habilitierte (Massenspektrometer z. Bestimmung v. Isotopen-Mischungsverhältnissen, in: Zs. f. Physik 124, 1947, S. 244-57). Kurz vor und nach Kriegsende nahm P. am Bau des ersten Elektronenbeschleunigers (Betatron) bei Siemens in Erlangen teil und installierte diese Maschine in Göttingen, wo sie vor allem medizinische Anwendung fand, aber auch zur erstmals beobachteten Elektrospaltung des Deuterons führte.

    1952 wurde P. als o. Professor und Direktor des Physikalischen Instituts nach Bonn berufen. Hier wandte er sich der schon in Göttingen mit Wilhelm Walcher begonnenen Massenspektroskopie zu sowie der Physik der Molekularstrahlen und Experimenten mit hochenergetischen Elektronen. Letzteres Gebiet wurde in Bonn durch den Bau des ersten deutschen Elektronensynchrotrons mit einer Energie von 0,5 GeV und später eines weiteren von 2,5 GeV vorangetrieben. P. wurde zu einem der führenden Physiker für den Bau und Betrieb großer Beschleuniger und übernahm leitende Positionen bei CERN in Genf (Dir. d. Physikdep. 1964–67) und bei DESY in Hamburg (Gen.dir. 1971–73), dessen Gründung wesentlich auf seine Initiative hin erfolgte. Ferner war er erster Direktor der Kernforschungsanlage Jülich, deren Satzung als außeruniversitäres Forschungszentrum er mit ausgearbeitet hatte. Die Entwicklung der Molekularstrahlmethoden führte zu Anwendungen in der Erforschung von Kernmomenten, zu einer breit angelegten Erforschung der Struktur und Dynamik einfacher Moleküle und zur Untersuchung atomarer und molekularer Potentiale in Streuexperimenten mit neutralen und geladenen Teilchen. Die Beschäftigung P.s mit der Massenspektroskopie war der Anstoß zu jenen Erfolgen, für die er 1989 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde: Die Entwicklung von Vierpolfiltern mittels Radiofrequenzfeldern für geladene Teilchen sowie einer Radiofrequenzfalle für Elektronen und Ionen, die später als „Paul-Falle“ breite Anwendungen fanden. Sie dienten der hochpräzisen Vermessung des magnetischen Moments des Elektrons und der Hyperfeinstruktur zahlreicher Ionen sowie zur Massenspektroskopie von Molekülen im Labor ebenso wie als Instrument auf Satelliten. P.s letzte Arbeiten zur Speicherung von ultrakalten Neutronen fanden hier ihre logische Fortsetzung.

    P. war ein begnadeter Experimentator, dessen wissenschaftliche Neugier zugleich von hoher Verantwortung für die Anwendung neuer Erkenntnisse getragen war. 1957 gehörte er zusammen mit 17 weiteren führenden Physikern zu den Unterzeichnern der „Görtinger Erklärung“, in der gegen den Bau von Atomwaffen und deren Stationierung in Deutschland Stellung bezogen wurde. Für eine sachgerechte Beurteilung der Nutzung der Kernenergie in Kraftwerken setzte er sich engagiert ein. Eine Begrenzung wissenschaftlicher Forschung lehnte er ab („Naturwissenschaftliche Erkenntnis, also Wissen, ist kein Risiko. Nichtwissen ist das Risiko beim Handeln.“ [1990]). P.s überragende Bedeutung als Forscher und Forschungsorganisator wurde ergänzt durch sein erfolgreiches Wirken als Lehrer. Den Nobelpreis teilte er mit seinem früheren Mitarbeiter Hans Georg Dehmelt und mit Norman Ramsay. Zu seinen zahlreichen Schülern zählen u. a. Heinz Althoff und Gerhard Knop. P.s hohes internationales Ansehen kam ihm bei seinem Wirken als Präsident der Alexander v. Humboldt-Stiftung (1979–89) zugute.|

  • Auszeichnungen

    Nobelpreis f. Physik (1989);
    Dr. h. c. (Uppsala 1977, Aachen 1980, Univ. of Kent 1992, Thessaloniki, TU Poznan);
    Mitgl. d. Leopoldina (1964), d. Ak. d. Wiss. Düsseldorf (1956), Göttingen (1982) u. Heidelberg (1983);
    Orden Pour le mérite (1980);
    Ehrenmitgl. d. Kernforsch.anläge Jülich (1970) u. d. DESY in Hamburg;
    Robert-Wichard-Pohl Preis d. Dt. Physikal. Ges. (1989);
    Paul Dirac-Medaille (1992);
    Goldmedaille d. Ak. d. Wiss. in Prag;
    Ehrensenator d. Univ. Bonn (1993);
    Gr. BVK mit Stern (1981) u. Schulterband (1990);
    Ehrenpäs. d. A. v. Humboldt-Stiftung (seit 1989).

  • Werke

    u. a. Ein Ionenkäfig, 1958;
    Die Spaltung d. Deuterons durch Elektronenstoß, in: Die Naturwiss. 36, 1949, Seine Physikal. Vorgänge u. biolog. Wirkungen mit schnellen Elektronen bestrahlten Objekten, ebd. 37, 1950, S. 156-63;
    Experiments made with a 6 MeV-betatron, in: Nucleonics 7, 1950, S. 36-45;
    Vgl. Unterss. üb. d. Hautreaktion nach Verabfolgung v. schnellen Elektronen, in: Strahlentherapie 81, 1950, S. 193-220;
    Eine Methode z. Bestimmung v. Kernmomenten mit fokussiertem Atomstrahl, in: Zs. f. Physik 139, 1954, S. 489-97.

  • Literatur

    P. Meyer, in: Physikal. Bll. 39, 1983, S. 409 (P);
    H. Ehrenberg, ebd. 45, 1989, S. 425 f. (P);
    P. Brix, ebd. 50, 1994, S. 1153-57;
    H. Rollnik, ebd. S. 62 (P);
    ders., in: Nordrhein-Westfäl. Ak. d. Wiss., Jb. 1994, S. 45-48 (P);
    H. Maier-Leibnitz, in: Orden Pour le Mérite f. Wiss. u. Künste, Reden u. Gedenkworte 24, 1993/94, S. 83-85 (P);
    H. Pfeiffer, in: Mitt. d. Alexander v. Humboldt-Stiftung 63, 1994, S. 3 f. (P);
    Pogg. VIIa.

  • Autor/in

    Gisbert zu Putlitz
  • Zitierweise

    Putlitz, Gisbert zu, "Paul, Wolfgang" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 110-112 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116061367.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA