Lebensdaten
1826 – 1914
Geburtsort
Meiningen
Sterbeort
Bad Wildungen
Beruf/Funktion
Herzog von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 102425639 | OGND | VIAF: 27084313
Namensvarianten
  • Theaterherzog (genannt)
  • Georg II.
  • Theaterherzog (genannt)
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Zitierweise

Georg II., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd102425639.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hzg. Bernhard II. v. S.-M. (1800–82), dankt 1866 ab (s. ADB 46), S d. Hzg. Georg I. v. S.-Coburg-M. (1761–1803) u. d. Luise Eleonore Prn. zu Hohenlohe-Langenburg;
    M Marie (1804–88), T d. Kf. Wilhelm II. v. Hessen ( 1847) u. d. Auguste Prn. v. Preußen (T d. Kg. Friedrich Wilhelm II. v. Preußen, 1797, s. NDB V);
    Om Kf. Frdr. Wilh. v. Hessen ( 1875, s. NDB V);
    Tante-v Adelheid (⚭ Wilhelm IV., 1837, Kg. v. Hannover u. Großbritannien);
    1) Charlottenburg 1850 Charlotte (1831–55), T d. Prinzen Albrecht v. Preußen (1809–72, s. ADB 45) u. d. Marianne Prn. d. Niederlande, 2) Langenburg 1858 Feodora (1839–72), T d. Ernst Fürst zu Hohenlohe-Langenburg u. d. Feodora Prn. zu Leiningen, 3) (morganat.) Liebenstein 1873 Helena (Ellen) Franz (seit 1873 Frfr. v. Heldburg, 1923), Schauspielerin (s. NDB V);
    3 S (2 jung †), 1 T aus 1) Hzg. Bernhard III. v. S.-M. ( 1928, s. NDB II), 3 S (1 jung †) aus 2) Prinz Ernst v. S.-M. (1859–1941), preuß. Oberst, Maler (s. Vollmer), Prinz Friedrich v. S.-M. (* 1861, 1914), preuß. Gen.-Lt. (s. DBJ I, Tl. 1914, L).

  • Biographie

    G. studierte 1844-47 in Bonn und Leipzig Rechtswissenschaften, Geschichte und Volkswirtschaft. Sein Geschichtsbild wurde wesentlich durch Arndt und Dahlmann geprägt. Seine künstlerischen Neigungen, die schon sein Erzieher Moritz Seebeck, der spätere Jenaer Universitätskurator, geweckt hatte, förderte der Mainzer Geschichtsmaler W. Lindenschmit; auch beeinflußten ihn J. Schnorr von Carolsfeld, P. von Cornelius und W. von Kaulbach. In seiner Jugendzeit unterhielt er engere Beziehungen zu F. Mendelssohn-Bartholdy und G. Meyerbeer. G. trat 1847 in preußische Militärdienste, schied aber schon 1848 als Rittmeister aus, und wenn er es in inaktiver Laufbahn auch bis zum General brachte, 1849 auch am dänischen und 1870/71 am französischen Feldzug teilnahm, so ließ er sich doch später nur ungern an seine Militärkarriere erinnern. Als Herzog vermied er es, Uniform zu tragen. – In der deutschen Frage sympathisierte G. mit Preußen, wobei er im Verfassungskonflikt auf Seiten des Kronprinzen stand. Nachdem er bei der von Preußen erzwungenen Abdankung seines Vaters im September 1866 die Regierung übernommen hatte, wandelte er Sachsen-Meiningen durch Ausbau der Selbstverwaltung und des Volksbildungswesens bei Trennung von Kirche und|Schule sowie durch eine Wahlrechtsreform in einen liberalen Musterstaat mit sparsamer Verwaltung um. Er förderte die Reichseinigung Bismarcks aus voller Überzeugung, war ein früher Verfechter der Kaiseridee, von der er sich die Überwindung des „speziellen Preußentums“ in Deutschland versprach, und begrüßte auch den Reichsausbau nach 1871. Die konservative Wendung der Reichspolitik nach 1879 beobachtete er dagegen mit wachsendem Unbehagen. Der Regierungsweise Wilhelms II. stand G. völlig ablehnend gegenüber, wobei auch persönliche Verstimmungen eine Rolle spielten, wie er auch die Weltpolitik des Reichs, besonders die Flottenpolitik, mit Mißtrauen verfolgte. Beim Aufschwung der Sozialdemokratie im eigenen Lande nahm sein Liberalismus später konservativere Züge an, doch blieb er ein entschiedener Gegner des Antisemitismus und des Agrariertums. Kirchlich liberal bis zur Indifferenz, wandte er sich gegen jede orthodox-dogmatische Strömung wie überhaupt gegen jede Kulturreaktion. Im Jesuitenorden sah er den gefährlichsten Feind jedes menschlichen Fortschritts.

    G. ist vor allem als „Theaterherzog“ bekannt geworden, wenn er damit auch eine zu einseitige Würdigung erfahren hat. Die Theaterreform, die er seit 1866 mit Hilfe des aus begabten Anfängern wie Josef Kainz bestehenden Meininger Hoftheaters durchführte, ging von der Originalität des Schauspiels aus, beseitigte den Virtuosenkult, formte das Ensemble zu einem einheitlichen Spielkörper, betonte die bewegte Massenszene und schuf erstmals ein Bühnenbild von historischer Treue, das als ein Teil der Inszenierung in den Dienst des Werkes gestellt wurde. Anregungen gaben besonders das Théâtre français, Charles Kean in London und F. Dingelstedt. Unterstützt von seiner 3. Gattin, der Schauspielerin Ellen Franz, die ihn dramaturgisch-literarisch beriet, entwickelte G. in der Arbeit mit den Schauspielern einen neuen Typ des Regisseurs, wie er auch selbst die Skizzen der Kostüme und Bühnenbilder zeichnete. Die Meininger verbreiteten die Theaterreform durch große Gastspielreisen unter der Leitung von Ludwig Chronegk, die 1874 mit einer Aufsehen erregenden Inszenierung von Shakespeares „Julius Cäsar“ in Berlin begannen und bis 1890 dauerten, in ganz Europa. Sie gab in ihrer Fernwirkung dem europäischen Theater eine neue Richtung und fand ihren Niederschlag vor allem in der russischen und über Stanislawskij in der sowjetischen Dramaturgie. Allerdings führte auch das „Meiningertum“ in einer epigonenhaften Entartung zur „Meiningerei“, die über der Ausstattung den künstlerischen Inhalt vergaß. G. erschloß durch sein Theater das schon halb vergessene klassische Erbe, besonders Shakespeare und Schiller, einem breiten Publikum. Auch dem zeitgenössischen Drama, vor allem Ibsen (1886 „Gespenster“ vor geladenen Gästen in Meiningen), Björnson, Strindberg und Shaw, verhalf er mit zum Durchbruch.

    Nach 1890 wirkte das Meininger Theater in der Stille. G. wandte sich auf künstlerischem Gebiet der Förderung der Musik zu. Die Meininger Hofkapelle erwarb unter Hans von Bülow, Fritz Steinbach, und zuletzt besonders unter Max Reger einen deutschen und europäischen Ruf, der durch große Konzertreisen gefestigt wurde. Auch hier zog G. hochbegabte junge Anfänger wie Richard Strauss heran. So erreichte unter ihm das Hoftheater seine letzte Blüte, wuchs aber bereits weit über sich hinaus, wie auch die Hofkapelle damals der Mittelpunkt eines weite Bevölkerungskreise in Sachsen-Meiningen erfassenden Musiklebens war.

  • Werke

    Zahlr. Skizzen v. Bühnenbildern im Theatermus, in Meiningen, z. T. b. M. Grube, Gesch. d. Meininger, 1926, u. im Meininger Kulturspiegel 1954-56 veröff.

  • Literatur

    L. Hertel, Meining. Gesch. v. 1680 bis z. Gegenwart, 1904;
    Hzg. G. II. u. d. Kunst, Festschr. z. 80. Geb.tage d. Hzg.s, 1906;
    Ch. Mühlfeld, Die Hzgl. Hofkapelle in Meiningen, 1910;
    O. v. Kurnatowski, G. II., Hzg. v. S.-M. u. Hildburghausen. 1914 (P);
    M. Grube, Jugenderinnerungen e. Glückkindes, 1917;
    ders., Gesch. d. Meininger. 1926 (P);
    Frfr. v. Heldburg (Ellen Franz), Fünfzig J. Glück u. Leid, 1873-1923, hrsg. v. J. Werner. 1926 (P);
    Erich Schmidt, Das Verhältnis Sachsen-Meiningens z. Reichsgründung 1851-1871, Diss. Halle 1930;
    Max Reger, Briefwechsel mit Hzg. G. II. v. S.-M., hrsg. v. Hedwig u. E. H. Müller v. Asow, 1949 (P);
    O. Lang, Schiller u. d. Meininger Theater, in: Meininger Kulturspiegel, 1955;
    H. Istenheil, Über d. Bühnenbild d. Meininger, ebd.;
    W. Rube, Hzg. G. II. als Regisseur, ebd. 1957;
    E. Wolff, in: DBJ I, S. 23-26 (L, u. Tl. 1914).

  • Porträts

    Gem. v. F. Lenbach (Meiningen, Schloß);
    Zeichnung v. Prinz Ernst v. Sachsen-Meiningen, Abb. b. Grube, s. L.

  • Autor/in

    Ulrich Heß
  • Zitierweise

    Heß, Ulrich, "Georg II." in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 228-229 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102425639.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA