Lebensdaten
1896 – 1974
Geburtsort
Charlottenburg bei Berlin
Sterbeort
Heidelberg
Beruf/Funktion
Physiologe ; Biochemiker
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Weber, Wilhelm Julius Hans Hermann
  • Weber, Hans Hermann
  • Weber, Wilhelm Julius Hans Hermann

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Zitierweise

Weber, Hans Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139325.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1865–1943), Dr. med., Prof. f. Innere Med., S d. Wilhelm, Apothekenbes. in Landau (Pfalz) u. d. Marie Luise Pauli;
    M Anna-Marie (* 1874), T d. Julius Becher (1842–1907), Dr. med., Sanitätsrat (s. Pagel), u. d. Gertrude Brock (1850–1932);
    Rostock 1922 Marga Oltmanns (* 1896), studierte Neuere Philol. u. Gesch. an d. Univ. Rostock, T e. Obersekr. in Lübeck;
    1 S Jürgen (1928–2007, 1] Gertrud Henel, 1985, Dr. phil., Kunsthist., 2] Renate N. N., * 1935, Regisseurin, 1] Heinrich Heidersberger, 1906–2006, Architekturphotogr.), Bronzegießer, Bildhauer, 1961–96 Prof. an d. TU Braunschweig, 1978–91 korr. Mitgl. d. Ak. d. Künste, Berlin (Ost), Vf. e. Autobiogr. „Das Narrenschiff, Kunst ohne Kompass“, 1984 (s. Vollmer; AKL;
    A), 2 T u. a. Annemarie (1923–2012), Dr. med., Prof. f. Biochemie an Univ. of Pennsylvania School of Medicine;
    E Carl Constantin, Bildhauer, Prof. an d. Hochschule Anhalt in Dessau, Doina (* 1956), Schausp. u. a. in Wien.

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Mommsen-Gymnasium in Charlottenburg 1914 leistete W. Kriegsdienst, den er wegen einer Verletzung 1916 mit einem Semester Medizinstudium in Berlin unterbrach. Das 1919 an der Univ. Greifswald fortgesetzte Studium schloß er in Rostock ab, wo er bei Hans Winterstein (1879–1963) mit einer Arbeit zur Rolle der Milchsäure bei Zuständen der Muskelstarre 1921 zum Dr. med. promoviert wurde. Es folgte ein sechsmonatiger Aufenthalt an Otto Meyerhofs (1884–1951) physiologischem Labor in Kiel, der W.s Forschungsinteresse an Fragen zu molekularen Mechanismen der Muskelkontraktion bestärkte. Als Assistent bei Winterstein 1922–24 und nach einem weiteren Jahr als Rockefeller-Stipendiat beendete er seine Habilitation für Physiologie, in der er mittels Titrationen und Osmometrien an Fürthschen Myogenlösungen einige der zeitgenössischen physikochemischen Kontraktionstheorien in Frage stellte. Danach war W. bis 1927 Hilfsassistent bei Peter Rona (1871–1945) am Pathologischen Institut der Univ. Berlin. Hier beschäftigte er sich mit dem Dissoziationsverhalten von makromolekularen Proteinen.

    1927 wurde W. Assistent am Physiologischen Institut der Univ. Münster bei Rudolf Rosemann (1870–1943), 1931 ao. Professor für Physiologie hier und 1933 kommissarischer Vertreter auf dem Lehrstuhl für Physiologische Chemie, den er 1938 als ao. Professor übernahm. In diesem Jahrzehnt erschienen Arbeiten, die die These vom vermeintlich engen Zusammenhang von Ionisationsgrad und Hydratationshülle für Muskelproteine entkräfteten. Ferner belegten W.s Experimente, daß Proteine am isoelektrischen Punkt als Dipole vorlägen. W. gelang eine neue Methodik zur Darstellung von Myosinfäden; diese wurde international als einschlägiges Modell für Muskelfasern eingesetzt. In W.s Labor wurden Daten zu Form und Größe des Myosins sowie zu dessen mechanischem, optischem und radiographischem Verhalten (z. B. bei Zusatz von Creatinin) gewonnen.

    W. übernahm 1939 die o. Professur für Physiologie und Physiologische Chemie in Königsberg. 1941 gelang ihm und Manfred v. Ardenne (1907–77) der elektronenmikroskopische Nachweis von fadenförmigen Strukturen aus Myosinlösungen, und 1942 wurde mit Gerhard Schramm (1910–69) neben der erwarteten Myosineine zweite Proteinfraktion (später: Actomyosin) im Spektrum der Ultrazentrifuge entdeckt. Kurz vor dem Einmarsch sowjet. Truppen verließ W. 1945 Königsberg und wählte ein Jahr später neben Angeboten aus Berlin, Erlangen und Mainz den Lehrstuhl für Physiologie am Physiologischen Institut der Univ. Tübingen, dessen Direktor er bis zur Übernahme der gleichen Position am MPI für med. Forschung in Heidelberg 1954 blieb (em. 1966).

    Im Anschluß an Albert Szent-Györgyis (1893–1986) Entdeckung, wonach ATP eine Verkürzung der Myosinfäden induziert, und an Brunò Straubs (1914–96) Erkenntnis, daß Actomyosin einen Komplex aus Actin und Myosin darstellt, wurden 1950 die präparativen Methoden von W.s Tochter Annemarie durch das Myosin-Einzel-Faden-Modell bereichert. An diesem wurde in internationaler Zusammenarbeit die Weichmacherwirkung der ATP-Bindung an Actomyosin beschrieben sowie die nachfolgende ATP-Hydrolyse als unmittelbare chemische Quelle für die mechanische Arbeit bei der Muskelkontraktion bestimmt. In der Heidelberger Zeit führten Versuche von W.s Schülern, darunter Annemarie Weber, Hildegard Portzehl (* 1921) und| Wilhelm H. Hasselbach (1921–2015) zur Entdeckung sog. SERCA-Proteine und eröffneten das Gebiet der elektromechanischen Koppelung sowie der Regulation der Muskelspannung. W.s Forschungen zum Verhalten kontraktiler Proteine durchliefen somit eine beeindruckende Entwicklung, die von den allgemeinen grundlegenden Fragen seiner frühen Jahre zu spezifischeren Problemen führte, bei denen komplexe Lösungsstrategien zu einer neuen Ära physiologischer Forschung führten.

  • Auszeichnungen

    |u. a. Mitgl. d. Leopoldina (1955, Vizepräs. 1963–71, Ehrenpräs. 1971), d. American Ac. of Arts and Sciences (1958) u. d. Heidelberger Ak. d. Wiss. (1966), Ehrenmitgl. d. Harvey Soc. (1953) u. d. American Physiological Soc. (1959);
    Carus-Medaille (1955);
    Dr. rer. nat. h. c. (Univ. München);
    Dr. med. h. c. (Univ. Halle);
    Vors. d. Ges. Dt. Naturforscher u. Ärzte (1967 / 68);
    Senator u. Vors. d. Biol.-Med. Sektion d. Wiss. Rates d. MPG (1966–69).

  • Werke

    |Das kolloidale Verhalten d. Muskeleiweißkörper, I. Isoelektr. Punkt u. Stabilitätsbedingungen d. Myogens, in: Biochem. Zs. 158, 1925, S. 443–72, II. Isoelektr. Punkt u. Löslichkeit d. Myosins, S. 473–90 u. III. Physikochem. Konstanten d. Myogens, ebd. 189, 1927, S. 407–50;
    Massenwirkungsgesetz u. Kolloide, ebd. 189, 1927, S. 381–406;
    Die Unabhängigkeit d. Eiweißhydratation v. d. Eiweißionisation, ebd. 204, 1929, S. 215–52 (mit D. Nachmannsohn);
    Der Feinbau u. d. mechan. Eigenschaften d. Myosinfadens, in: Archiv f. Physiol. 235, 1934, S. 205–33;
    Die Muskeleiweißkörper u. d. Feinbau d. Skelettmuskels, in: Ergebnisse d. Physiol. 36, 1934, S. 109–50;
    Eiweißkörper als Riesenionen, in: Schrr. d. Königsberger gel. Ges., Naturwiss. Kl. 18, 1942, S. 45–59 (mit I. Lichtenstein);
    Aktomyosin u. seine Komponenten, in: Zs. f. Naturforsch. 5, 1950, S. 61–74 (mit H. Portzehl u. G. Schramm);
    Adenosine Triphosphate and Motility of Living Systems, in: The Harvey Lectures 49, 1955, S. 37–56;
    The Biochemistry of Muscle, in: Annual Review Biochemistry 26, 1957, S. 667–98;
    The Motility of Muscle and Cells, 1958, Nachdr. 2014;
    The Relaxation of the Contracted Actomyosin System, in: Ann. of the New York Ac. of Sciences 81, 1959, S. 409–21. – Nachlaß: Archiv d. MPG, Berlin-Dahlem.

  • Literatur

    | W. Hasselbach, in: Mitt. aus d. MPG 4, 1974, S. 229–32;
    ders., in: Ergebnisse d. Physiol. 73, 1975, S. 1–7;
    J. Büttner, Neue Wege in d. Physiol., H. H. W.s Arbb. über d. Muskelproteine, in: Dahlemer Archivgespräche, hg. v. Archiv z. Gesch. d. MPG, 3, 1998, S. 154–84 (P);
    Physiol. u. Biochemie d. Muskelkontraktion, Akad. Gedenkfeier f. H. H. W., hg. v. H. Bethge u. J.-H. Scharf, 1978 (P);
    Pogg. VI–VII a;
    Complete DSB.

  • Porträts

    |Bronzebüste v. Jürgen Weber, 1975 (Archiv d. Leopoldina, Halle/ Saale).

  • Autor/in

    Gerhard Müller-Strahl
  • Zitierweise

    Müller-Strahl, Gerhard, "Weber, Hans Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 490-491 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139325.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA