Lebensdaten
1639 – 1710
Geburtsort
Guben
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Astronom ; Kalendermacher
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 116181567 | OGND | VIAF: 39675309
Namensvarianten
  • Kirch, Gottfried
  • G. K.
  • Gräuf, Jesaias
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Zitierweise

Kirch, Gottfried, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116181567.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Schneider in G.;
    M N. N.;
    1) N. N. ( 1690), 2) Panitzsch b. Leipzig 1692 Maria Margaretha (1670–1720), Mitarbeiterin K.s, T d. Pfarrers Matthias Winkelmann;
    7 S aus 1) (jung †), 1 S, 3 T aus 2), u. a. Christfried (s. 1), Christine (s. Gen. 1).

  • Biographie

    K. begann seine astronomischen Studien in Jena bei E. Weigel, der ihn zur Erlernung der Beobachtungskunst an J. Hevelius in Danzig empfahl. Alsdann betätigte er sich ohne Bindung an ein Observatorium in Guben, Lobenstein, Coburg und Leipzig als Hersteller volkstümlicher Kalender, die zuerst 1667 erschienen und sich großer Beliebtheit erfreuten. 1681-1702 veröffentlichte K. sein „Ephemeriden motuum coelestium“, die auf den „Tabulae Rudolphinae“ von Kepler und auf eigenen Tafeln beruhten, durch deren Verwendung er aufgetretene Fehler ausgleichen wollte. Daneben entfaltete K. eine rege Beobachtertätigkeit. Er beschaffte sich neben einem 4füßigen Quadranten mehrere Fernrohre, entwickelte für genaue Messungen ein Mikrometer (1679) und war auf umsichtige Durchmusterungen des Himmels bedacht. Seine Entdeckungen machten ihn als Astronom weithin bekannt. Er veröffentlichte 1678 Beobachtungen des 1596 von David Fabricius entdeckten veränderlichen Sterns „o Ceti (Mira)“, beschrieb Sonnenflecke und entdeckte den großen Kometen von 1680, dessen eingehende Beobachtung einen Wandel im Urteil über die Kometen einleitete. K. war der erste Astronom, der mit dem Fernrohr systematisch nach Kometen suchte. So beobachtete er gemeinsam mit Christoph Arnold in Leipzig den Kometen von 1686 und entdeckte im gleichen Jahr die Veränderlichkeit des Sterns „χ Cygni“. Hier fand er in Maria Margaretha Winkelmann, die von Chr. Arnold für die Astronomie begeistert worden war, seine 2. Frau und tüchtige Mitarbeiterin, mit der er 8 Jahre in Guben verbrachte, bis er am 18.5.1700 zum Mitglied und Astronomen der Sozietät der Wissenschaften in Berlin ernannt wurde, um der zu errichtenden Sternwarte vorzustehen und die alljährliche Herausgabe amtlicher Kalender zu besorgen. Diese ergaben sich aus der 1699 auf dem Reichstag zu Regensburg beschlossenen Einführung des „Verbesserten Reichskalenders“ für Brandenburg beziehungsweise Preußen und aus dem in Berlin erlassenen Kalenderprivileg vom|10.5.1700, einer Haupteinnahmequelle für die Sozietät und spätere Akademie der Wissenschaften bis 1812. Die Kalender wurden zunächst bis 1710 von K. und seiner Gattin unter Mitwirkung des Gehilfen Johann Heinrich Hoffmann (1669–1716) bearbeitet. Danach haben K.s Kinder Christfried (bis 1740) und Christine (bis 1772) das „Kalenderamt“ weitergeführt; letzterer trat 1772 Johann Elert Bode als Rechner zur Seite.

    Als K. nach Berlin kam. bestand die Sternwarte noch nicht; sie wurde zwar 1708 provisorisch fertig, aber erst 1711 eingeweiht. Trotzdem entfalteten K. und seine Frau eine rege astronomische und meteorologische Beobachtertätigkeit, die sich unter anderem auf Planetenkonjunktionen (1702), den Merkurdurchgang (1705), veränderliche Sterne und so weiter bezogen, wobei sie ihre eigenen Instrumente benutzten, die auf der Privatsternwarte des Geheimen Rats Bernhard Friedrich von Krosigk aufgestellt waren. 1702 entdeckte K.s Frau einen Kometen. Obwohl alle wichtigen Beobachtungen veröffentlicht wurden, enthalten die Tagebücher eine Fülle von weiterem Material.

    Nach dem Tode K.s verließ seine Frau mit ihrer Familie die Sternwarte. Sie fand Unterkunft bei der befreundeten Familie Krosigk, wo sie ihre Beobachtungen auch fortsetzte und folgte 1715 einer Einladung der Familie Hevel nach Danzig. Hier entstanden ihre Ephemeriden für 1715 und 1716. Sie kehrte mit ihren Kindern 1716 nach Berlin zurück und war bei ihrem Sohn Christfried bis 1720 an der Sternwarte tätig.

  • Werke

    Der Wunderstern am Halse d. Wallfisches, 1678;
    Neue Himmelsztg., 1681.

  • Literatur

    z. Gesamtfam.: ADB 15;
    J. E. Bode, Astronom. Jb. f. d. J. 1816, 1813, S. 111, 113 f.;
    A. Harnack, Gesch. d. Kgl. Preuß. Ak. d. Wiss. zu Berlin III, 1900, S. 145 f.;
    E. Zinner, Verz. d. astronom. Hss. d. Dt. Kulturgebietes, 1925;
    ders., Dt. u. Niederländ. astronom. Instrumente d. 11.-18. Jh., ²1967 (P);
    Th. Krieg, Das geehrte u. gel. Coburg I, 1927 (W, L, P);
    F. H. Weiss, Qu.btrr. z. Gesch. d. Preuß. Ak. d. Wiss., in: Jb. d. Preuß. Ak. d. Wiss., Jg. 1939, 1940, S. 214-24 (P);
    W. Hartkopf u. G. Dunken, Von d. Brandenburg. Sozietät d. Wiss. z. Dt. Ak. d. Wiss. zu Berlin, 1967, S. 24-26;
    J. Dick, 250 J. Berliner Sternwarte, in: Die Sterne 26, 1950, S. 161-71 (P);
    P. Aufgebauer, Die Astronomenfam. K., ebd. 47, 1971, S. 241-47;
    D. Wattenberg, Zur Gesch. d. Astronomie in Berlin im 16.-18. Jh., Eine Qu.-übersicht, ebd. 48 f., 1972 f.;
    H. Ludendorff, Zur Frühgesch. d. Astronomie in Berlin, in: Preuß. Ak. d. Wiss., Vorträge u. Reden 9, 1942;
    Dict. of Scientific Biogr. VII, 1973, S. 373 f.;
    Jöcher, Pogg. I, VII a Suppl.

  • Autor/in

    Diedrich Wattenberg
  • Zitierweise

    Wattenberg, Diedrich, "Kirch, Gottfried" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 634-635 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116181567.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Kirch: Gottfried K., Astronom, geb. den 18. December 1639 zu Guben, den 25. Juli 1710 zu Berlin. Er studirte zu Jena unter dem damals berühmten Polyhistor Erhard Weigel und ward von demselben an Hevelius in Danzig empfohlen, um sich unter dessen Leitung in der praktischen Sternkunde auszubilden. Von da zurückgekehrt, betrieb er an verschiedenen Orten, in Leipzig, Guben, Lobenstein (Reuß) und Koburg das Gewerbe eines Kalendermachers, setzte aber auch seine theoretischen Studien weiter fort und stellte fleißig Beobachtungen an. Seine Ephemeriden, welche von 1681—1702 reichen und wesentlich nach Kepler's rudolphinischen Tafeln gearbeitet waren, machten seinen Namen in weiteren Kreisen bekannt, und so erhielt er im J. 1700 einen Ruf als Astronom an die neu begründete Berliner Akademie, der er bis zu seinem Tode treu blieb. Praktisch arbeiten konnte er daselbst allerdings nur seit 1706, in welchem Jahre ihm eine Sternwarte gebaut wurde. Seine vollständige Beobachtungssammlung ist nach Lalande von de l'Isle erworben morden und in dessen Papieren vergraben geblieben. Immerhin ist Manches publicirt, insbesondere in den Philosophical Transactions, den Acta Eruditorum und in den Berliner Denkschriften (Miscellanea, Berolinensia). Mit Vorliebe beobachtete K. Kometen; ja man darf ihn als den ersten Astronomen bezeichnen, der systematisch mit dem Fernrohr nach diesen Himmelskörpern suchte. Seine Mühe ward belohnt durch die Auffindung eines gewaltigen Schweifsternes (4. November 1680), der später für die kometarische Astronomie zu großer Berühmtheit gelangte. Nicht minder eifrig beobachtete er die Sonnenflecke, Nebel- und veränderlichen Sterne, sowie Planetendurchgänge, wenn sich solche ereigneten (Merkursdurchgang im J.1707). Bei dieser eifrigen Durchmusterung des gestirnten Himmels nahm er wahr, daß ein Stern im Halse des Schwanes seine Lichtstärke periodisch ändert; damit hatte|der Stern Mira Ceti, dessen Veränderlichkeit bereits bekannt und von K. in einer eigenen Schrift ("Wunderstern am Halse des Walisisches“, Leipzig 1678) beschrieben worden war, einen Collegen erhalten. Noch dürfte erwähnt werden, daß K. ein neues Mikrometer für feinere Messungen erfand, und daß er zuerst den von Halley in St. Helena angefertigten Katalog der südlichen Gestirne in Deutschland bekannt machte. Eine astronomische Leistung von mehr byzantinischem als wissenschaftlichem Charakter stellt die Einführung dreier neuer Sternbilder, des Reichsapfels, des kursächsischen Schwertes und des brandenburgischen Scepters dar. Von Kirch's Familienmitgliedern, die sich ebenfalls in der Geschichte der Astronomie einen gewissen Namen gemacht haben, sind noch die folgenden aufzuführen:

    Maria Margaretha K. geb. Winkelmann, geb. den 25. Februar 1670 zu Panitzsch bei Leipzig, den 29. December 1720 zu Berlin. Tochter eines Geistlichen, hatte sie eine gute Vorbildung erhalten und lernte bald ihren Gatten, Gottfried K., beim Beobachten und Rechnen unterstützen. Sie entdeckte den Kometen von 1702 und gab 1712 zu Berlin eine kleine Schrift über die bevorstehende Conjunction von Jupiter und Saturn heraus. Darin werden noch ziemlich umfassende astrologische Prognostika mitgetheilt, doch ist die Verfasserin vorurtheilsfrei genug, selbst einzugestehen, daß der ganzen Sterndeuterei kein großer Werth zukomme. Der bekannte „astronomische Bauer“, Christoph Arnold von Sommerfeld bei Leipzig, der es nach Weidler's Zeugniß als Autodidact bis zur selbständigen Construction von Tafeln für die Jupiterstrabanten brachte, scheint die Neigungen der jungen Margaretha Winkelmann dauernd beeinflußt zu haben.

    Christfried K., Sohn von Gottfried und Margaretha, geb. den 24. December 1694 zu Guben, den 9. März 1740 zu Berlin, begann seine astronomischen Studien in Danzig und rückte 1717 in die Stelle seines Vaters an der Akademie ein. Seine astronomischen Observationen sind in den nämlichen Zeitschriften zerstreut wie diejenigen des Vaters, doch erschien auch 1730 in Berlin ein größeres Werk aus seiner Feder, betitelt: „Observationes astronomicae selectiores in observatorio regio Berolinensi habitae, quibus adjectae sunt annotationes quaedam et animadversiones geographicae et chronologicae, aliaque ad astronomicam scientiam pertinentia.“

    Christine K., Christfried's Schwester, geb. um 1696, den 6. Mai 1782 zu Berlin, stand ihrem Bruder in ähnlicher Weise zur Seite, wie dereinst die Mutter dem Vater. Besonders Kalenderberechnungen beschäftigten sie; so lieferte sie, wie Bode berichtet, viele Jahre hindurch den Kalender für die Provinz Schlesien.

    • Literatur

      Weidler, Historia astronomiae, S. 555 ff. — Lalande, Astronomie, 1. Bd. S. 221, 226. — Bibliothèque germanique, 3. u. 50. Bd. —
      Geschichte der Astronomie von den ältesten bis auf gegenwärtige Zeiten, 1. Bd. S. 516 ff. —
      Bode's astronomisches Jahrbuch für das Jahr 1816, S. 111, 113, 114. — R. Wolf, Geschichte der Astronomie, S. 457 ff. u. a. a. O.

  • Autor/in

    Günther.
  • Zitierweise

    Günther, "Kirch, Gottfried" in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 787-788 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116181567.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA