Lebensdaten
1882 – 1934
Geburtsort
Frankenthal (Pfalz)
Sterbeort
Konzentrationslager Kislau bei Bad Mingolsheim
Beruf/Funktion
sozialdemokratischer Politiker ; Jurist
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118731459 | OGND | VIAF: 51813112
Namensvarianten
  • Marum, Ludwig

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Marum, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731459.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl (1850–89), Kaufm. in F., S d. Heinrich (1827–1902) u. d. Fanny Kahn (1826–1905);
    M Helene (1858-1924), T d. Lazarus Mayer (1821–73) u. d. Nanette Abenheimer (1829–89);
    1910 Johanna (1886–1964), T d. Eduard Benedick (1854–1936) u. d. Thekla Oppenheimer;
    1 S, 2 T.

  • Biographie

    Nach dem frühen Tod des Vaters wuchs M. in Bruchsal auf, besuchte dort das Humanistische Gymnasium und legte 1900 das Abitur ab. 1904-08 studierte er in Heidelberg und München Rechtswissenschaft. Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen (1908) ließ er sich als Rechtsanwalt in Karlsruhe nieder. Bereits 1904 hatte er sich der Sozialdemokratie angeschlossen und engagierte sich in den folgenden Jahren zunehmend in der Parteiarbeit. 1910 wurde er zum Vorsitzenden des Bad. Arbeitersängerbundes gewählt, seit 1911 vertrat er die Sozialdemokratie im Karlsruher Bürgerausschuß (Stadtverordnetenversammlung). Nachdem Ludwig Frank, einer der führenden bad. Sozialdemokraten, in den ersten Kriegstagen 1914 gefallen war, rückte M. auf dessen Landtagsmandat nach und wurde Vorsitzender der Justizkommission sowie Mitglied der Budget- und der Geschäftsordnungskommission. Den Militärdienst leistete er bei der Ersatzabteilung des Trainbataillons 14 in Durlach ab. Während der Novemberrevolution 1918 fiel M. in Baden eine führende Rolle zu. Er gehörte dem „Wohlfahrtsausschuß“ in Karlsruhe an, der sich aus Vertretern verschiedener Parteien zusammensetzte und seine Aufgabe vor allem darin sah, die politische Entwicklung in friedliche, gemäßigte Bahnen zu lenken. Wohlfahrtsausschuß und Soldatenrat von Karlsruhe einigten sich am 10.11.1918 über die Zusammensetzung der vorläufigen bad. Volksregierung. M. übernahm in dieser Regierung (einer Koalition aus Mehrheitssozialisten, USPD, Zentrum, Fortschrittlicher Volkspartei und Nationalliberalen unter dem Vorsitz des Sozialdemokraten Anton Geiß) das Amt des Justizministers. In der bad. Nationalversammlung, die am 5.1.1919 gewählt worden war, gehörte M. der Verfassungskommission an. Nach Abschluß dieser Arbeiten trat er als Justizminister zurück und verlegte den Schwerpunkt seiner politischen Arbeit wieder in den Landtag, wo er bis 1928 die Führung der SPD-Fraktion innehatte. Der bad. Regierung gehörte er bis 1929 in der Funktion eines Staatsrates (Minister ohne Portefeuille) an. Im Landesparlament plädierte M. u. a. für die Abschaffung der Todesstrafe und wandte sich gegen die gesellschaftliche und rechtliche Ächtung der ledigen Mütter. Auch im Reichstag, dessen Mitglied er seit 1928 war, befaßte er sich in erster Linie mit juristischen|Fragen. Den besonderen Haß der Nationalsozialisten zog sich M. sehr bald durch seine Herkunft und seine politische Überzeugung zu, die er auch als Anwalt in zahlreichen Gerichtsverfahren deutlich zum Ausdruck brachte. Zuletzt setzte er seine ganze Kraft dafür ein, vor dem drohenden politischen Verhängnis zu warnen.

    M., der sich stets zu seiner jüdischen Abstammung bekannt hatte, sich gleichzeitig aber eng mit der deutschen Kultur verbunden fühlte, lehnte es nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ab, ins Ausland zu fliehen. Am 10.3.1933 wurde er verhaftet und in ein Karlsruher Gefängnis eingeliefert, am 16.5. zusammen mit anderen bad. Sozialdemokraten auf einem offenen Wagen durch die Stadt gefahren und den Schmähungen des NS-Pöbels ausgesetzt. Anschließend wurde er in das Konzentrationslager Kislau gebracht. Dort wurde M. in der Nacht zum 29.3.1934 ermordet. Die Behauptung der Nationalsozialisten, M. habe sich das Leben genommen, stieß schon zu diesem Zeitpunkt in der Bevölkerung auf ęrhebliche Zweifel. Die Kremation, an der über 3000 Menschen teilnahmen, obwohl der genaue Zeitpunkt geheimgehalten worden war, gestaltete sich zur stummen Protestkundgebung. Die Umstände von M.s Tod wurden nach dem Krieg in einem Prozeß aufgeklärt. Die Mörder, die angaben, ihre Tat auf Anweisung des NS-Gauleiters und bad. Reichsstatthalters Robert Wagner begangen zu haben, wurden 1948 zu Zuchthausstrafen verurteilt.

  • Werke

    Briefe aus d Konzentrationslager Kislau, ausgew. u. bearb. v. Elisabeth Marum-Lunau (T) u. J. Schadt, mit e. Lb. v. J. W. Storck, 1984 (P).

  • Literatur

    Krieg, Rev., Republik, Die J. 1918 bis 1920 in Baden u. Württemberg, Eine Dokumentation, bearb. v. G. Cordes, 1978;
    J. Stehling, Weimarer Koalition u. SPD in Baden, 1976;
    Verfolgung u. Widerstand unter d. Nationalsozialismus in Baden, Die Lageberr. d. Gestapo u. d. Gen.staatsanwalts Karlsruhe 1933-1940, bearb. v. J. Schadt, 1976;
    Rhdb.

  • Autor/in

    Ilse Fischer
  • Zitierweise

    Fischer, Ilse, "Marum, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 317-318 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731459.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA