Wilder, Billy

Lebensdaten
1906 – 2002
Geburtsort
Sucha (Sucha Beskidzka, Galizien)
Sterbeort
Los Angeles/Beverly Hills (Kalifornien, USA)
Beruf/Funktion
Filmregisseur ; Drehbuchautor ; Filmproduzent ; Regisseur ; Journalist ; Schriftsteller
Konfession
-
Normdaten
GND: 118632795 | OGND | VIAF: 112274535
Namensvarianten

  • Wilder, Samuel
  • Wilder, Billie
  • Wilder, Billy
  • Wilder, Samuel
  • Wilder, Billie

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Zitierweise

Wilder, Billy, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118632795.html [13.12.2025].

CC0

  • Wilder, Billy (eigentlich Samuel, bis 1934 Billie)

    | Regisseur, Autor, Filmproduzent, * 22.6.1906 Sucha (Sucha Beskid|zka, Galizien), 27.3.2002 Los Angeles/Beverly Hills (Kalifornien, USA), ⚰Westwood Village Memorial Park Cemetery. (jüdisch)

  • Genealogie

    V Herschel Mendel, gen. Maximilian W. (1872–1928), Gastwirt u. Hotelier in S.;
    M Eugenia (Gitla) Baldinger (1885–1943 KZ Plaszow oder Auschwitz, 1] N. N. Dittler, 2] Bernhard [Berl] Siedlisker, 1942 Bełżec), aus Neumarkt (Nowy Targ, Polen);
    B W. Lee (eigtl. Wilhelm, auch Willie) (1904–84), wanderte in d. 1920er J. in d. USA aus, Handtaschenfabr. in New York City, Regisseur, Drehbuchautor, Filmproduzent in L. A. (s. L);
    1) 1936 1947 Judith (Coppicus) Iribe (1910–2002, 2] James Bailey Balken, 1904–93), aus New York, Malerin, lebte zeitweise in Frankr., T d. Francis C. Coppicus (Franz Cöppicus) (1880–1966), aus Neheim b. Arnsberg (Hochsauerlandkr.), Gen.sekr. d. Metropolitan Opera in New York, zuletzt in Mill Valley, Marin (Kalifornien, USA), u. d. Maybelle Hogan (1881–1964, 2] Paul Iribe, 1883–1935, Illustrator, Designer, Filmausstatter ab 1919 in Hollywood), zuletzt in Frankr., 2) 1949 Audrey (1922–2012), Schausp., Sängerin, Kostümberaterin (s. Los Angeles Times v. 9.6.2012; The Hollywood Reporter v. 9.6.2012; Variety v. 9.6.2012), T d. N. N. Young, Kulissenbauer, Bühnenarb. in L. A.;
    1 S aus 1) (früh †), 1 T aus 1) Victoria (* 1939);
    N Myles (1933–2010), Drehbuchautor;
    Gr-N Kim(berly) W.-Lee, Pressereferentin.

  • Biographie

    W., der von seiner Mutter den Rufnamen „Billie“ erhielt, verbrachte seine Kindheit in Krakau. 1916 zog er mit seinen Eltern nach Wien, wo er bis zur Matura 1924 das Privat-Realgymnasium Josef Juranek besuchte. Im selben Jahr begann er ein Jurastudium, das er nach wenigen Monaten abbrach. Anschließend arbeitete er als Reporter unter dem Na|men Billie Wilder bei den Boulevardzeitungen „Die Stunde“ und „Die Bühne“; ein Interview mit dem US-amerik. Bandleader Paul Whiteman 1926 veranlaßte ihn, mit diesem nach Berlin zu gehen. Hier war er für verschiedene Berliner Zeitungen tätig, nebenher als Eintänzer im Hotel Eden, worüber er für die „B. Z. am Mittag“ ein vierteiliges Feuilleton schrieb. Als Ghostwriter für Drehbuchautoren wie Curt J. Braun (1903–61), Robert Liebmann (1890–1942) und Franz Schulz (1897–1971, im Exil: Franz Spencer) fand er einen beruflichen Einstieg in die Filmindustrie. 1929 schrieb er das Drehbuch für den Film „Der Teufelsreporter“ (Regie: Ernst Laemmle), dabei auf eigene berufliche Erfahrungen und Eskapaden zugreifend. Als Mitautor war er beteiligt an der von Moriz Seeler (1896–1942) initiierten unabhängigen, semidokumentarischen Filmproduktion „Menschen am Sonntag“ (1930, R: Robert Siodmak, Edgar G. Ulmer u. Rochus Gliese), für die Erich-Kästner-Verfilmung „Emil und die Detektive“ (1931, R: Gerhard Lamprecht) schrieb er das Script. Bald etablierte er sich als gefragter Drehbuchautor von frühen Tonfilm-Komödien, u. a. zusammen mit Max Kolpe (1905–1998, im Exil: Max Colpet) „Scampolo, ein Kind der Straße/Um einen Groschen Liebe“ (1932, R: Hans Steinhoff), „Das Blaue vom Himmel“ (1932, R: Victor Janson), und „Madame wünscht keine Kinder“ (1932, R: Hans Steinhoff) sowie „Ein blonder Traum“ (1932, R: Paul Martin) mit Walter Reisch (1903–1983). Stilbildend für die dt. Komödien dieser Jahre ist der von W. und seinen Mitautoren geprägte ironische Tonfall: flott und leichthin, doppelbödig und so auch die Grenze zum Frivolen mitunter überschreitend.

    Kurz nach dem Reichstagsbrand floh W. nach Paris, wo er zunächst wiederum als Ghostwriter und Drehbuchautor tätig war. Bei „Mauvaise graine“, der Geschichte einer Bande von Autodieben (Drehbuch mit Hanns G. Lustig, 1902–79, u. Kolpe), führte er erstmals (mit Alexander Esway) Regie. Via Southampton konnte W. im Dez. 1935 nach New York aufbrechen, wo er am 18. Dez. eintraf; später beantragte er von Mexiko aus eine Aufenthaltsgenehmigung für die USA und fand sofort Beschäftigung als Filmautor, zunächst für Filme dt. Emigranten: „Music in the Air“ von Joe May (eigtl. Julius Otto Mandl, 1880–1954) und „Lottery Lover“ von William (Wilhelm) Thiele (eigtl. Wilhelm Isersohn, 1890–1975) (beide 1934). Seinen Vornamen änderte er in die amerik. Schreibweise Billy.

    Im Juli 1936 mit einem Vertrag der Paramount Pictures ausgestattet, begann W. seine langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor Charles Brackett. Sie verfaßten die Vorlagen für die Filme „Bluebeard’s Eighth Wife“ (1938) und „Ninotchka“ (1939) von Ernst Lubitsch (1892–1947) sowie für Mitchell Leisens Film „Midnight“ (1939). Mit ihren Drehbüchern vervollkommneten beide die amerik. Komödie–überdrehte Dialoge, wortwitzig, träumerisch und boshaft zugleich, überraschende dramaturgische Wendungen voll zauberhaften Zufalls, eher auf der Spur des Unvernünftigen denn auf den Bahnen der Konvention. W. benannte für sich Ernst Lubitsch als Vorbild, dessen Komödienverständnis er allerdings nicht imitierte. Als Autor wie auch als Regisseur hatte er ein Auge für das, was sprachlos macht, betrieb mit seinen Filmen eine beständige Verführung durch Stil.

    Unzufrieden mit den Eingriffen der Studios in seine Drehbücher, wechselte W. 1942 endgültig ins Regiefach und realisierte die mutigschamlose Komödie „The Major and the Minor“, eine Liebesgeschichte zwischen einem älteren Mann und einem jungen Mädchen. 1943 folgte der Kriegsfilm „Five Graves to Cairo“ mit Erich v. Stroheim (1895–1957) in der Rolle des Feldmarschalls Erwin Rommel.

    Mit dem Film noir „Double Indemnity“ (1944, Drehbuch mit Raymond Chandler) und mit „The Lost Weekend“ (1945), dem Porträt eines Alkoholikers, wies sich W. auch im Fach des Dramatischen aus.

    Ab Aug. 1940 US-amerik. Staatsbürger, wurde W. zu Ende des 2. Weltkriegs eingezogen; im Herbst 1945 kam er im Rang eines Colonels als Filmbeauftragter der Information Control Division nach Deutschland und überwachte in dieser Funktion den Schnitt von Hanuš Burgers (1909–1990) Film „Die Todesmühlen“, eine Dokumentation der Befreiung der dt. Konzentrations- und Vernichtungslager. In den Ruinen Berlins inszenierte W. 1947/48 die sarkastische Komödie „A Foreign Affair“ mit Marlene Dietrich (1901–1992) in der Rolle einer opportunistischen Deutschen. Seine Filme, auch Komödien, sparen nicht mit Kritik an Zeitumständen – schonungslos-bissig auch dem Filmgewerbe gegenüber, so in „Sunset Boulevard“ (1950) über eine ihres Alters nicht gewahre Hollywood-Diva, glamourös gespielt von Gloria Swanson, oder über die rücksichtslosen Machenschaften eines Reporters, kantig verkörpert von Kirk Douglas, in „Ace in the Hole“ (1951), seiner letzten Zusammenarbeit mit Brackett. Enttäuscht über Veränderungen,|die die Paramount in dem Antikriegsfilm „Stalag 17“ (1953) durchsetzte, verließ W. nach seinem nächsten Film, der leichtfüßigen Romanze „Sabrina“, 1954 das Studio, produzierte fortan in eigener Verantwortung und in Kooperation mit den Firmen „The Mirisch Company“ und „United Artist Corporation“.

    Mit Marilyn Monroe als Star, deren sex appeal er unterspielen ließ und damit noch offensichtlicher machte, inszenierte er die rasanten Komödien „The Seven Year Itch“ (1955) und „Some Like It Hot“ (1959, Drehbuch zusammen mit dem Autor I. A. L. Diamond, mit dem W. nach dem Bruch mit Brackett eine weitere langjährige Partnerschaft begann), in denen er Geschlechterkonventionen und damit gesellschaftliche Tabus persiflierte. Mit „Witness of the Prosecution“ (1958) mit Charles Laughton und Marlene Dietrich als ungleichem „Paar“ schuf W. einen klassischen Gerichtsfilm. „The Apartment“ (1960) mit Jack Lemmon und Shirley MacLaine etablierte diese als scheues Traumpaar, so auch 1963 in der erotisch aufgeladenen Romanze „Irma la Douce“. Die im geteilten Berlin begonnenen Dreharbeiten zu der den Kalten Krieg thematisierenden Komödie „One, Two, Three“ (1961) führte er wegen des Baus der Berliner Mauer in den Münchner Bavaria-Filmstudios zu Ende. W.s folgende Filme variieren die von ihm entwickelten Muster, doch verlieren sie an Dringlichkeit in Darstellung und Dialog, auch wenn ihm mit dem Schauspielerpaar Jack Lemmon/Walter Matthau eine moderne Variante von „Laurel & Hardy“ gelang – in der Betrugskomödie „The Fortune Cookie“ (1966), der Pressesatire „The Front Page“ (1974) und der schwarzen Komödie „Buddy Buddy“ (1981).

  • Auszeichnungen

    |u. a. American Ac. Awards (Beste Regie, Bester Film, Bestes Drehbuch n. e. literar. Vorlage mit C. Brackett) f. „The Lost Weekend“ (1945);
    American Ac. Award (Bestes Drehbuch mit C. Brackett, D. M. Marshman jr.) f. „Sunset Boulevard“ (1950);
    American Ac. Awards (Beste Regie, Bester Film, Bestes Drehbuch mit I. A. L. Diamond) f. „The Apartment“ (1960);
    dt. Filmpreis: Filmband in Gold f. langj. u. hervorragendes Wirken im dt. Film (1973);
    Gr. Österr. Staatspreis f. Filmkunst (1983);
    American Film Institute: Life Achievement Award (1986);
    Prof. h. c. d. Senats v. Berlin (1987);
    Irving G. Thalberg Memorial Award (1987);
    Europ. Filmpreis: Felix f. d. Lebenswerk (1992);
    Internat. Filmfestspiele Berlin: Goldener Bär f. d. Lebenswerk (1993);
    Dt. Filmpreis: Ehrenpreis an e. ausländ. Persönlichkeit f. herausragende Leistungen im Bereich d. Films/Gesamtwerk (1997);
    Ehrenmedaille d. Bundeshauptstadt Wien (1997);
    Ehrenbürger v. Wien (2000);
    BVK (2000).

  • Werke

    Weitere W u. a. Der Mann, der seinen Mörder sucht, 1930 (Regie: R. Siodmak;
    Buch mit L. Hirschfeld, K. Siodmak);
    Ihre Hoheit befiehlt, 1931 (R: H. Schwarz;
    B: mit R. Liebmann, P. Frank);
    Was Frauen träumen, 1933 (R: G. v. Bolvary;
    B: mit F. Schulz);
    Hold Back the Dawn (Das goldene Tor, R: M. Leisen;
    B: mit Ch. Brackett), 1941;
    Ball of Fire (Die merkwürdige Zähmung d. Gangsterbraut Sugarpuss;
    R: H. Hawks;
    Story mit Th. Monroe, B: mit Ch. Brackett), 1941;
    The Emperor Waltz (Ich küsse Ihre Hand, Madame;
    R;
    B mit dems.), 1947;
    Love in the Afternoon (Ariane–Liebe am Nachmittag;
    R, Produzent, B mit I. A. L. Diamond), 1957;
    The Spirit of St. Louis (Lindbergh: Mein Flug über d. Ozean;
    R;
    B mit M. Mayes), 1957;
    Kiss Me, Stupid (Küß mich, Dummkopf;
    R), 1964;
    The Private Life of Sherlock Holmes (Das Privatleben d. Sherlock Holmes;
    R, Produzent, B: mit I. A. L. Diamond), 1970;
    Avanti (Avanti, Avanti;
    R, Produzent, B: mit dems.), 1972;
    Fedora (R, Produzent, B: mit dems.), 1978;
    Schrr.: Der Prinz v. Wales geht auf Urlaub, Berliner Reportagen, Feuilletons u. Kritiken d. zwanziger Jahre, hg. v. K. Siebenhaar, 1996;
    „Billie“, B. W.s Wiener journalist. Arbeiten, hg. v. R. Aurich, A. Hutter, W. Jacobsen u. G. Krenn, 2006.

  • Literatur

    |u. a. A. Madsen, B. W., 1968 (P);
    Tom Wood, The Bright Side of B. W., 1970 (P);
    S. Seidman, the film career of B. W., 1977 (P);
    M. Zolotow, B. W. in Hollywood, 1977, erw. Neuausg. 1987 (P);
    N. Sinyard u. A. Turner, Journey Down Sunset Boulevard, The Films of B. W., 1979, erw. dt. Neuausg. u. d. T. B. W.s Filme, 1980 (P);
    B. F. Dick, B. W., 1980 (P);
    C. Seidl, B. W., Seine Filme – sein Leben, 1988 (P);
    J. Jacobs, B. W., 1988 (P);
    H. Karasek, B. W., Eine Nahaufnahme, 1992, Tb. 1995 (P);
    K. Lally, Wilder Times, The Life of B. W., 1996 (P);
    A. Hutter u. K. Kamolz, Billie W., Eine europ. Karriere, 1998 (P);
    E. Sikov, On Sunset Boulevard, The Life and Times of B. W., 1998 (P);
    C. Crowe, Conversations With B. W., 1999 (P);
    R. Armstrong, B. W., American Film Realist, 2000 (P);
    Ch. Chandler, Nobody’s Perfect, B. W., A Personal Biogr., 2003 (P);
    M. Hanisch, B. W. (1906–2002), Von Galizien n. Beverly Hills, 2004 (P);
    G. Gemünden, Filmemacher mit Akzent, B. W. in Hollywood, 2006 (P);
    ders., A Foreign Affair, B. W.’s American Films, 2008 (P);
    D. Hermsdorf, B. W., Filme–Motive–Kontroverses, 2006 (P);
    G. D. Philipps, Some Like It Wilder, 2010 (P);
    M. Naumann, B. W., Hinter der Maske der Komödie, 2011 (P);
    J. Coe, Mr. W. &
    Me, 2020 (Roman), dt. 2021;
    J. McBride, B. W., Dancing on the Edge, 2021;
    N. Isenberg (Hg.), B. W. on Assignment, Dispatches from Weimar Berlin and Interwar Vienna, 2021;
    BHdE II;
    CineGraph;
    Munzinger;
    ÖML.

  • Autor/in

    Wolfgang Jacobsen
  • Zitierweise

    Jacobsen, Wolfgang, "Wilder, Billy (eigentlich Samuel, bis 1934 Billie)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 131-133 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118632795.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA