Lebensdaten
1876 – 1943
Geburtsort
Parakantroes (Java, Niederl.-Indien)
Sterbeort
Arlesheim (Kanton Basel-Landschaft)
Beruf/Funktion
Ärztin ; Physiotherapeutin ; Unternehmerin ; Anthroposophin
Konfession
mehrkonfessionell
Namensvarianten
  • Wegman, Ied
  • Wegman, Ita Maria Hendrika
  • Wegman, Mary
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Zitierweise

Wegman, Ita, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139570.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus niederl. Fam.; Vorfahren waren Händler u. Seefahrer aus Amsterdam u. d. Prov. Nordholland, Kolonialisten, Mil.- u. Kolonialbeamte aus Paris, Sachsen u. Ceylon (s. Zeylmans, Bd. 1, Boogert);
    V Hendrik Willem (Wilhelmus) (1845–1917), Maschinist, Verw. u. Sup. v. Zuckerfabriken d. „Kolonialen Bank” auf Java, S d. Hendrik (1818–74), Kpt. b. d. Niederl. Handelsmarine, u. d. Maria J. Boven (1819–n. 1875);
    M Henriëtte Charlotte Maria (1851–1935), T d. Jacobus Cornelis Offers (1807–82) u. d. Marie Charlotte Elisabeth Wetters (1819 / 21–1905);
    ledig;
    Ur-Gvv (?) Casper ( Geertrui Brinkman), Kohlenhändler in Amsterdam, Hendrik Boven (Barbara Bokstee), Ur-Gvm (?) Cornelis Offers ( Henriëtte Schin van der Loeff, aus Douesburg, Niederlande), Jacobus S. Wetters (* 1783, Maria Frederika de Charlet).

  • Biographie

    W. wuchs auf Java auf, ging seit 1891 vor|übergehend in Arnheim zur Schule und kehrte 1899 mit ihren Eltern in die Niederlande zurück. In Haarlem wohnend, absolvierte sie 1900 / 01 eine Physiotherapieausbildung in Amsterdam und Berlin und arbeitete hier anschließend in einer Praxis sowie an einem Institut für physikalische Therapie. In Berlin lernte sie Rudolf Steiner (1861–1925) und die anthroposophische Bewegung kennen, mit der sie sich lebenslang beschäftigte. 1905 holte sie in Zürich die Matura nach und studierte seit 1906 hier und zwei Gastsemester in München Medizin. 1912 wurde sie an der Univ. Zürich mit der Arbeit „Zur Kenntnis der Heimkehrfälle bei Scharlach“ zum Dr. med. promoviert und bildete sich anschließend zur „Spitalärztin” für Innere Medizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe weiter. 1917 ließ sich W. in einer eigenen Praxis in Zürich nieder. 1919 gründete sie mit ihrer Kollegin Anna Baltischwiler (1876–1952) eine „Genossenschaft Privatklinik” mit 22 stationären Betten. W.s Hauptanliegen war eine umfassende Patientenversorgung im Sinne einer integrativen, individuellen oder „personenzentrierten” Medizin unter Einbezug diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten der anthroposophischen Menschenkunde.

    Ende 1920 verlegte W. den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit nach Basel und Arlesheim in unmittelbare Nachbarschaft zum Dornacher Goetheanum, um enger mit Steiner zusammenzuarbeiten. 1921 eröffnete sie das „Klinisch-Therapeutische Institut” in Arlesheim, die erste anthroposophische Klinik der Welt.

    W.s Krankenhaus, in dem sie u. a. die in Zürich begonnene anthroposophische Krebsbehandlung schwerkranker Patienten fortsetzte, zog europaweit Kranke an, so daß in den ersten sechs Monaten über 100 Patienten aus neun Ländern aufgenommen wurden.

    Mit Steiner und dem innovativen Pharmazeuten Oskar Schmiedel (1887–1959) entwickelte W. in Arlesheim bis 1925 viele anthroposophische Heilmittel und darüber hinaus ein weites Spektrum künstlerischer, physiotherapeutischer und biographieorientierter Behandlungsformen (1931–43 Präs. d. Ver. Klin.-therapeut. Inst., Arlesheim). 1923–35 gehörte sie dem Vorstand der „Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft“ an und leitete u. a. die medizinische Fakultät (Sektion) der „Freien Hochschule für Geisteswissenschaft“ (Goetheanum). Seit dieser Zeit war sie auch für Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der Anthroposophischen Medizin und Heilpädagogik weltweit zuständig, organisierte Kurse und Tagungen sowie Forschungs- und Publikationsmöglichkeiten und schuf so in wenigen Jahren ein internationales Netzwerk. Mit Steiner verfaßte W. ein Lehrbuch der Anthroposophischen Medizin (Grundlegendes f. e. Erweiterung d. Heilkunst n. geisteswiss. Erkenntnissen, 1925, ⁷1991) und gab seit 1926 die Zeitschrift „Natura“ heraus.

    Ein besonderes Anliegen war W. die heilpädagogisch-medizinische Förderung von Kindern mit Einschränkungen. 1928 initiierte sie mit Kollegen einen „Verein für soziale Hilfe“,|der in Berlin und Hamburg mit städtischen Fürsorgeämtern zusammenarbeitete und auch in der Arbeitslosenhilfe und im Strafvollzug aktiv war. Zudem gründete W. „Dependancen“ ihrer Arlesheimer Klinik in Österrreich (1928), London (1931) und Ascona (1936), und war 1928 am Aufbau einer Klinik in Den Haag unter Willem Zeylmans van Emmichoven (1893–1961) sowie zahlreicher anthroposophischer Arztpraxen beteiligt.

    1920 gründeten W. und Steiner die „Futurum A. G.“, die 1922 in der „Internationale Laboratorien A. G.“ (seit 1929 „Weleda A. G.“) aufging, deren Verwaltungsrat sie 1922 / 23 präsidierte (1931–43 Mitgl. d. Aufsichtsstelle) und die sich als Heilmittelhersteller in den 1920er und 1930er Jahren auch in Frankreich, Österreich, England und den Niederlanden etablierte. Nach der NS-„Machtergreifung“ und dem Verbot der Anthroposophischen Gesellschaft 1935 organisierte sie Emigrationsmöglichkeiten für jüd. Kollegen aus Deutschland und setzte sich dafür ein, die in der anthroposophischen Heilpädagogik betreuten Kinder vor Sterilisations- und Euthanasieprogrammen zu bewahren. W. lehnte Kompromisse mit den politischen Machthabern ab und arbeitete in den letzten drei Jahren ihres Lebens in ihrer Klinikdependance „Casa Andrea Cristoforo“ in Ascona, die sie wie auch das angegliederte Kinderheim „La Motta“ in Brissago zu Orten des spirituellen Humanismus, der Hilfe und Unterstützung ausbaute.

    W. war die zentrale Persönlichkeit in der anthroposophischen Ärzteschaft bis 1943. Gleichwohl blieben ihre Person und ihr Lebenswerk innerhalb der anthroposophischen Bewegung nach Steiners Tod umstritten, wobei Neid und Eifersucht eine zentrale Rolle spielten. Durch den Nationalsozialismus und den Verlust ihrer Ämter am Goetheanum aufgrund kollegialer Konflikte in ihren Arbeitsmöglichkeiten begrenzt, setzte sie ihre Tätigkeit bis 1943 in kleinerem Rahmen fort. 2002 wurde in W.s ehemaligem Wohnhaus in Arlesheim das „Ita Wegman Institut für anthroposophische Grundlagenforschung“ gegründet, das u. a. W.s Nachlaß und den der anthroposophischen Mediziner Zeylmans van Emmichoven und Hilma Walter (1893–1976) sowie des Heilpädagogen Karl Schubert (1889–1949) bewahrt. W. wurde 2018 von der Generalversammlung der Anthroposophischen Gesellschaft in Dornach vollständig rehabilitiert.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Dt. Sektion d. Theosoph. Ges. (Adyar) (Berlin, 1902–12), d. Anthropos. Ges., Berlin (1913–23), d. Allg. Anthroposoph. Ges. (Dornach, seit 1924;
    Vorstandsmitgl. 1924–35) u. d. Verbindung d. Schweizer Ärzte (1928).

  • Werke

    W u. a. Aus Michaels Wirken, 1929, ⁶1988 (mit N. Stein-v. Baditz);
    Im Anbruch d. Wirkens f. e. Erweiterung d. Heilkunst, 1956, ²1974 (Aufss. 192632);
    An d. Freunde, 1960, ²1986 (Aufss. u. Berr. 192527);
    Med.-therapeut. Korr., hg. v. P. Selg, 2007;
    Erinnerung an Rudolf Steiner, hg. v. dems., 2009, ²2011;
    Bibliogr.: Zeylmans, Bd. 2 (s. L);
    Nachlaß: I. W. Archiv im I. W. Inst., Arlesheim.

  • Literatur

    |Klin.-Therapeut. Inst. (Hg.), Erinnerungen an I. W., 1945 (P);
    50 J. Klin.-therapeut. Inst., 1971 (P);
    A. Grunelius (Hg.), I. W.s Erdenwirken aus heutiger Sicht, 1976, ³1980 (P);
    M. u. E. Kirchner-Bockholt, Die Menschheitsaufgabe Rudolf Steiners u. I. W.s, 1976, ²1981 (P);
    H. Kühn, Dreigliederungs-Zeit, Rudolf Steiners Kampf f. d. Ges.ordnung d. Zukunft, 1978;
    M. P. van Deventer, Die anthroposoph.-med. Bewegung in d. verschiedenen Etappen ihrer Entwicklung, 1982, ²1992;
    W. F. Daems, I. W., Zürcher Zeit 1906–1920, 1986 (P);
    J. E. Zeylmans van Emmichoven, Wer war I. W., Eine Dok., 4 Bde., 1990–92, ³2013–15, Bd. 4, 2009, ²2015 (P);
    Rudolf-Steiner-Nachlassverw. (Hg.), Rudolf Steiner u. d. Gründung d. Weleda, 1997 (P);
    P. Selg, Anthroposoph. Ärzte, Lebens- u. Arb.wege im 20. Jh., 2000 (P);
    ders., „Ich bin f. Fortschreiten“, I. W. u. d. Med. Sektion, 2002, ²2004 (P);
    ders., Die letzten drei J., I. W. in Ascona 1940–43, 2004, ²2006 (P);
    ders., Geistiger Widerstand u. Überwindung, I. W. 1933–1935, 2005 (P);
    ders., I. W. u. Arlesheim, 2006 (P);
    ders., Mensch u. Mistel, Die Begründung d. onkolog. Viscum-Behandlung durch Rudolf Steiner u. I. W., Bd. 1, 2016 (P);
    ders., Der Mut d. Heilens, Über I. W., 2017;
    ders., Zur Rehabilitierung I. W.s, 2 Bde., 2018;
    HLS;
    Biogr. Lex. Pflegegesch. I (P);
    Anthroposophie im 20. Jh. (P).

  • Porträts

    |Photogrr., u. a. v. M. M. Fellerer, u. Totenmaske (I. W. Inst., Arlesheim).

  • Autor/in

    Peter Selg
  • Zitierweise

    Selg, Peter, "Wegman, Ita" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 547-548 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139570.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA