Lebensdaten
1747 – 1822
Geburtsort
Erfurt
Sterbeort
Moskau
Beruf/Funktion
Komponist ; Pianist ; russischer Hofkapellmeister
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11636906X | OGND | VIAF: 24808406
Namensvarianten
  • Haesler, Johann Wilhelm
  • Häßler, Johann Wilhelm
  • Haesler, Johann Wilhelm
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Häßler, Johann Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11636906X.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Frdr. ( 1769), Barett- u. Strumpffabr. in E., S d. Stadtwachtmeisters Joh. Frdr. in Bautzen;
    M Magd. Sybilla (1719–90), T d. Strumpffabr. Joh. Salomon Küttel in E.;
    Om Joh. Chrstn. Kittel (1732–1809), Schüler Bachs, Organist in E. u. Altona, Komponist (s. ADB 16);
    - Erfurt 1779 Barbara Sophia (* 1761), T d. Joh. Gottlieb Kiel ( 1811), schwarzburg. Hofjuwelier, Gold- u. Silberarb. in E. (s. ThB), u. d. Maria Christiana Diener;
    6 K, u. a. Henriette (1790–1849, Sängerin, Karl Eberwein, 1868, Musiker, s. NDB IV).

  • Biographie

    H. wurde von seinem Onkel, dem Bachschüler J. Chr. Kittel, schon früh musikalisch ausgebildet, so daß er bereits als 14jähriger eine Organistenstelle in Erfurt übernehmen konnte. Für seine künstlerische Entwicklung wurden die Begegnungen mit C. Ph. E. Bach, J. A. Hiller und G. Benda wichtig. H. wirkte lange Jahre in Erfurt als Klavierpädagoge und Dirigent der von ihm nach Hillers Vorbild ins Leben gerufenen „öffentlichen Winterkonzerte“. Seit 1780 befand er sich häufig auf Konzertreisen. 1790-92 hatte er in London als Pianist in den von J. Haydn geleiteten Konzerten und als Lehrer großen Erfolg. 1792 wurde er Clavicembalist beim Großfürsten Paul in Sankt Petersburg. Von 1794 bis zu seinem Tode lebte er in Moskau und spielte dort als Pianist und Klavierlehrer eine bedeutende Rolle. – H. ist kompositorisch hauptsächlich mit Klaviermusik hervorgetreten. Seit 1776 veröffentlichte er zahlreiche Sammlungen von Klaviersonaten und -stücken, die mitunter formal erheblich von C. Ph. E. Bach, später in der ornamentalen Ausschmückung der Melodie von Mozart beeinflußt sind. Immer um den Absatz der meist im Selbstverlag publizierten Werke besorgt, machte er häufig dem Publikumsgeschmack starke Konzessionen. Seit 1780 gestaltete er vornehmlich die langsamen Sonatensätze individueller; sie nehmen manche Züge des frühromantischen Charakterstücks vorweg. Auch die als Fantasie, Capriccio oder Präludium bezeichneten Stücke offenbaren mit ihrer improvisatorischen Grundhaltung und den klanglich gesteigerten Mitteln am besten H.s künstlerisches Wollen. Viele Kompositionen sind gerade wegen ihrer pädagogischen Zielsetzung noch heute wertvoll. Im Schaffen selbst sind zwei Perioden zu unterscheiden: die Erfurter (1776–90) und die russische (1793-1817). Als äußeres Kennzeichen des Neubeginns sind die russischen Drucke mit Opuszahlen (op. 1-50) versehen, obwohl H. in ihnen sehr häufig auf schon früher veröffentlichte Kompositionen zurückgriff. Seit 1810 stagnierte H.s künstlerische Entwicklung.|

  • Auszeichnungen

    Russ. Hofkapellmeister.

  • Werke

    W Verz. d. Kompp. s. MGG;
    Selbstbiogr. bis 1786 in: Sechs leichte Sonaten f. Clavier, 2. T., Erfurt 1787, S. I-XII.

  • Literatur

    ADB XI;
    H. Strobel, J. W. H.s Leben u. Werke, Diss. München 1922 (ungedr.);
    W. Kahl, Selbstbiogrr. dt. Musiker, 1948, S. 51-74 (mit Abdruck d. Selbstbiogr., s. W);
    L. Hoffmann-Erbrecht, in: MGG V, Sp. 1299-1304 (W, L, P);
    Riemann (W, L). - Aufzeichnungen d. Magd. Sybilla Häßler (Ms.) im Stadtarchiv Erfurt.

  • Porträts

    nach Lith. v. Carl Müller, Abb. in MGG.

  • Autor/in

    Lothar Hoffmann-Erbrecht
  • Zitierweise

    Hoffmann-Erbrecht, Lothar, "Häßler, Johann Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 454 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11636906X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Häßler: Johann Wilhelm H. (Haesler), ein tüchtiger Componist, der dem Edelsten und Höchsten der Kunst nachstrebte, war am 27. März 1747 zu Erfurt geboren. Häßler's Oheim mütterlicher Seits, der bekannte Orgelvirtuos und Componist J. Chr. Kittel, einer der bedeutendsten Schüler Seb.|Bach's, führte ihn als Lehrer in die Form und den Geist der Bach’schen Schule ein. Die Zeit jedoch, in die Häßler's erstes Schaffen fiel, war der Kunst nicht günstig. Kleinlich wie die äußeren Verhältnisse des Deutschen waren, so kleinlich und zimperlich war sein musikalischer Geschmack und ein Seb. Bach stand wie eine Eiche in spärlichem Gestrüpp, die den Zeitgenossen nur belästigend erschien. Die ersten Werke, die von H. erschienen, wurden daher mit wenig günstigen Augen angesehen und man warf ihm direct vor „ein Abschreiber“ Baches zu sein. Die von ihm geübte Gegenkritik in der Vorrede seiner ersten Sammlung Clavier- und Singstücke zeugt von hohem Muth und großer Sicherheit im Selbsturtheile. Er sagt unter Anderem: „es ist doch nicht einerlei, in der Manier eines anderen arbeiten oder ihn nachahmen und abschreiben.“ Unter diesen Verhältnissen nahm er daher mit Freuden den Antrag eines Lord Ancram im J. 1790 an, in die Dienste desselben in London zu treten, woselbst er eine höchst einträgliche Thätigkeit fand. Doch auch hier fand er nicht, was er suchte. Schon im November 1792 schrieb er den Seinigen nach Erfurt „die Menschen sind hier zu kalt, ich gehe nach Rußland.“ Er ging zuerst nach Petersburg und 1794 nach Moskau, wo er 1822 auch sein Leben endete. Hier fand er in den höchsten Kreisen der Aristokratie, deren Zirkel sich ihm öffneten, einen Boden, der seinen Bestrebungen jeglichen Vorschub leistete. Von der Natur mit den besten Gaben für Kunst und geselliges Leben ausgestattet, von liebenswürdiger Persönlichkeit und lebendigem Geiste, räumte man dem deutschen Künstler eine Lebensstellung ein, welche ihn über den gewöhnlichen Maßstab der irdischen Sorge hinweg hob, so daß er uneingeengt sich den idealen Zielen völlig hingeben konnte. Wie er selbst gleichsam ein neues Leben begann, so zeichnete er auch seine neuen Compositionen mit opus1 und gelangte bis zu seinem Lebensende bis opus 50, doch zog er hier Hinein weder seine zahlreichen Lieder noch die Orgelstücke, so daß die Zahl seiner Werke recht bedeutend ist. Meinardus, von dem wir eine vortreffliche Biographie Häßler's besitzen, zählte allein 52 Sonaten für Clavier allein, 12 Sonaten für Clavier und Violine und 86 Variationen, die sich in seinem Besitze befinden. Außerdem gibt es aber noch zahlreiche instructive Piecen, tanzförunge Stücke, 360 Orgelpräludien, Charakterstücke, Phantasiestücke und mehrere Hefte Lieder und Gesänge. H. war es nicht vergönnt die Fesseln seiner Zeit zu sprengen, und obgleich er sich verkannt glaubte, war er doch so ganz und gar ein Kind seiner Zeit; er hat sich nie über die Höhe eines Emanuel Bach's zu erheben vermocht und trotz seines fließenden Gesanges und des Gefälligen in seinen Ideen ist er nie über die Ausdrucksweise seiner Zeit hinweg gekommen. Erst durch Mozart und weit später durch Beethoven's Schöpfergeist trat die vollkommene Umwälzung ein, die es verstand den musikalischen Ideen einen höheren Schwung zu verleihen und dafür den richtigen Ausdruck zu finden. Doch erst nach Jahrzehnten drang das Verständniß in größere Kreise ein und wurde zum Allgemeingut; bis dahin vergnügte man sich an den Werken eines Dussek, Clementi, Ries. Steibelt, Reißiger, Hummel u. A. — Als H. bereits das 70. Jahr erreicht hatte, also um 1817, beabsichtigte sein Sohn Karl Elias, der als Musiker in Hamburg lebte, eine Gesammtausgabe der Werke seines Vaters zu veranstalten und schrieb an denselben, um die Erlaubniß von ihm zu erhalten. Die Antwort des Vaters ist neben dem Humoristischen auch charakteristisch für ihn und die damalige Zeit. Er schreibt: „Pro primo würde ich eine neue Ausgabe meiner sämmtlichen Werke nicht zulassen, wenn du es auch könntest. Warum? — Weil ich noch so Vieles in petto, id est in meinem Kopfe habe, was erst heraus muß, um einer solchen Ausgabe ein honorichteres Ansehen zu geben. — Pro secundo müssen die, mit einer Raserei gekauften Dussek’schen, Steibelt’schen, Field’schen etc. Schmierereyen und Klimpereyen sich bis zu ihrem nahen Verschwinden verloren haben, ehe man Geschmack an meinen|ernstlich unterrichtenden Compositionen finden wird. Da das nun ohnmöglich in Galopp geschehen kann, so erhellt daraus, daß pro tertio et ultimo nicht eher an die Ausführung deines schönen Planes gedacht werden kann, als bis dein Vater zwischen 6 Brettern und 2 Brettchen (mit Bürger zu reden) sanft und seelig ruht.“ H. starb an seinem 76. Geburtstage den 27. März 1822 in Moskau. Die handschriftliche Sammlung seiner Gesammtwerke, die sein Sohn angelegt hatte, ging bei dem großen Brande in Hamburg verloren.

    • Literatur

      Allgem. musik. Zeitung, Leipzig 1865, Nr. 31 u. 32.

  • Autor/in

    Rob. Eitner.
  • Zitierweise

    Eitner, Robert, "Häßler, Johann Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 20-22 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11636906X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA