Lebensdaten
1893 – 1977
Geburtsort
Hanau
Sterbeort
Offenbach am Main
Beruf/Funktion
Widerstandskämpferin ; Lehrerin ; Pädagogin
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 133266451 | OGND | VIAF: 1197261
Namensvarianten
  • Schmitz, Emilie Elisabeth
  • Schmitz, Elisabeth
  • Schmitz, Emilie Elisabeth

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Schmitz, Elisabeth, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd133266451.html [25.04.2024].

CC0

  • Die promovierte Lehrerin Elisabeth Schmitz protestierte 1935/36 in ihrer anonymen Denkschrift „Zur Lage der deutschen Nichtarier“ eindringlich gegen die nationalsozialistische Judenverfolgung und forderte die Bekennende Kirche vergeblich zu einer öffentlichen Erklärung auf. Ende 1938 aus dem Staatsdienst zurückgetreten, unterstützte sie während des Zweiten Weltkriegs Verfolgte des NS-Regimes.

    Lebensdaten

    Geboren am 23. August 1893 in Hanau
    Gestorben am 10. September 1977 in Offenbach am Main
    Grabstätte Hauptfriedhof (2005 Ehrengrab) in Hanau
    Konfession evangelisch
    Elisabeth Schmitz (InC)
    Elisabeth Schmitz (InC)
  • Lebenslauf

    23. August 1893 - Hanau

    - 1914 - Frankfurt am Main

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Schillerschule

    1914 - 1921 - Bonn; seit 1915 Berlin

    Studium der Geschichte, Evangelischen Theologie und Germanistik

    Universität

    1920 - Berlin

    Promotion (Dr. phil.)

    Universität

    1921 - Berlin

    Erstes Staatsexamen

    Universität

    1923 - Berlin

    Zweites Staatsexamen

    1923 - 1929 - Berlin

    Lehrerin (mit Zeitverträgen)

    höhere Mädchenschulen

    1929 - 1938 - Berlin; Berlin-Lankwitz

    Studienrätin

    Luisengymnasium; seit 1935 Auguste-Sprengel-Schule (heute Beethovengymnasium)

    1943 - Hanau

    Übersiedlung

    1946 - 1958 - Hanau

    Studienrätin

    Realgymnasium für Mädchen (heute Karl-Rehbein-Schule)

    10. September 1977 - Offenbach am Main
  • Genealogie

    Vater August Schmitz 25.3.1849–1943 evangelisch-reformiert; Gymnasialprofessor an der Hohen Landesschule in Hanau
    Mutter Clara Marie Schmitz, geb. Bach 7.11.1854–1929 aus Hanau
    Bruder August Schmitz geb. 1884
    Schwester Maria Schmitz 1885–1983
    Schwester Berta Schmitz geb. 1887
    Heirat ledig
    Kinder keine
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Schmitz, Elisabeth (1893 – 1977)

    • Vater

      August Schmitz

      25.3.1849–1943

      evangelisch-reformiert; Gymnasialprofessor an der Hohen Landesschule in Hanau

    • Mutter

      Marie Schmitz

      7.11.1854–1929

      aus Hanau

    • Bruder

      August Schmitz

      geb. 1884

    • Schwester

      Maria Schmitz

      1885–1983

    • Schwester

      Berta Schmitz

      geb. 1887

    • Heirat

  • Biografie

    Schmitz besuchte die Schillerschule in Frankfurt am Main und studierte nach ihrem Abitur 1914 Geschichte, Evangelische Theologie und Germanistik in Bonn und Berlin. Ihr prägender akademischer Lehrer war neben Adolf von Harnack (1851–1930) der Historiker Friedrich Meinecke (1862–1954), bei dem sie 1920 mit einer Studie über den preußischen Generalfeldmarschall Edwin von Manteuffel (1809–1885) zur Dr. phil. promoviert wurde. Nach ihrem Zweiten Staatsexamen 1923 schlug Schmitz eine Laufbahn als Lehrerin ein und wurde nach mehreren befristeten Anstellungen 1929 Studienrätin am Berliner Luisengymnasium. In ihrem Denken von liberalem Protestantismus und aufgeklärtem Humanismus bestimmt, schloss sie sich 1928 dem pazifistisch und ökumenisch ausgerichteten Weltbund für internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen an.

    Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme erlebte Schmitz in ihrem persönlichen Umfeld die Not rassisch Verfolgter und bemühte sich, ihnen aus christlicher Nächstenliebe zu helfen. Seit dem Frühjahr 1933 versuchte sie erfolglos, die evangelische Kirche sowie einflussreiche Theologen wie Karl Barth (1886–1968) zu einer Stellungnahme gegen die NS-Judenverfolgung zu bewegen. Seit Sommer 1933 Mitglied des Vorstands der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, schloss sie sich im September 1934 der Bekennenden Kirche an, in der sie zur Gruppe um Gerhard Jacobi (1891–1971) zählte. Engen Kontakt hielt Schmitz zu den Bekenntnispfarrern Franz Hildebrandt (1909–1985) und Helmut Gollwitzer (1908–1993). Durch ihre offen kritische Haltung zum Nationalsozialismus geriet sie in Konflikt mit ihrem Schulleiter und wurde 1935 an die Auguste-Sprengel-Schule in Berlin-Lankwitz versetzt.

    Um ihre Kirche mit den Folgen der NS-Rassenpolitik zu konfrontieren, verfasste Schmitz im Sommer 1935 die Denkschrift „Zur Lage der deutschen Nichtarier“, die sie bis Mai 1936 um einen Nachtrag ergänzte. Den 23-seitigen Text gab sie in 200 namentlich nicht gekennzeichneten Exemplaren an verschiedene Einrichtungen und führende Vertreter der Bekennenden Kirche weiter. In ihrem Text forderte sie erneut von der Bekennenden Kirche eine öffentliche Erklärung gegen die Judenverfolgung, illustrierte ausführlich die Not der rassenideologisch Verfolgten, benannte Täter sowie Profiteure und warnte, dass nach der Judenverfolgung eine Christenverfolgung kommen werde.

    Aus Entsetzen über die Reichsprogromnacht und in der Überzeugung, dass der Vernichtung des Eigentums die Vernichtung von Menschen folgen werde, reichte Schmitz am 31. Dezember 1938 ein Pensionierungsgesuch ein. Nach Beginn der Deportationen beteiligte sie sich an der Hilfe für illegal in Berlin lebende Juden und nahm mehrmals Verfolgte bei sich auf. Seit 1940 engagierte sich Schmitz in der Friedenauer Bekenntnisgemeinde um Pfarrer Wilhelm Jannasch (1888–1968), ehe sie nach der Ausbombung ihrer Wohnung im August 1943 nach Hanau übersiedelte.

    Seit 1946 war Schmitz hier wieder im Schuldienst tätig, stritt bis 1956 gerichtlich um einen Ausgleich für ihre finanziellen Einbußen seit April 1939 und trat außerhalb Hanaus nicht mehr öffentlich hervor. Als Autorin der Denkschrift „Zur Lage der deutschen Nichtarier“, die lange der Berliner Sozialfürsorgerin Marga Meusel (1897–1953) zugeschrieben wurde, wurde Schmitz erst 1999 durch eine Publikation der Theologin Dietgard Meyer (geb. 1922) bekannt. 2004 fand der Lokalhistoriker Gerhard Lüdecke (1930–2021) die handschriftliche Fassung der Denkschrift.

  • Auszeichnungen

    2009 Elisabeth-Schmitz-Straße, Hanau
    2011 Elisabeth-Schmitz-Schule, Hanau
    2011 „Gerechte unter den Völkern“, Gedenk- und Forschungsstätte Yad Vashem, Israel
    2011 Gedenktafel, Beethovengymnasium, Berlin-Lankwitz (Onlineressource)
    2013 Gedenktafel, Hanau, Corniceliusstraße 16 (Onlineressource)
  • Quellen

    Nachlass:

    Stadtarchiv Hanau, K 63.

    Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung, Nachl. 544.

    Gedruckte Quellen:

    Dietgard Meyer, Nach der Katastrophe. Zwei Briefe von Elisabeth Schmitz aus dem Jahr 1946, in: Britta Konz/Ulrike Link-Wieczorek (Hg.), Vision und Verantwortung. Festschrift für Ilse Meseberg-Haubold, 2004, S. 139–144.

    Dietgard Meyer, „Wir haben keine Zeit zu warten.“ Der Briefwechsel zwischen Elisabeth Schmitz und Karl Barth in den Jahren 1934–1966, in: Kirchliche Zeitgeschichte 22 (2009), S. 328–374.

  • Werke

    Edwin von Manteuffel als Quelle zur Geschichte Friedrich Wilhelms IV., 1921. (Diss. phil.)

    Zur Lage der deutschen Nichtarier (Hektografie), 1935/36, in: Evangelisches Zentralarchiv, Berlin, Best. 50, Nr. 110. (abgedruckt in: Hannelore Erhart/Ilse Meseberg-Haubold/Dietgard Meyer, Katharina Staritz. 1903–1953. Dokumentation, Bd. 1. Mit einem Exkurs Elisabeth Schmitz, 1999, S. 218–261)

  • Literatur

    Monografien und Sammelbände:

    Manfred Gailus (Hg.), Elisabeth Schmitz und ihre Denkschrift gegen die Judenverfolgung. Konturen einer vergessenen Biografie (1893–1977), 2008.

    Manfred Gailus, Mir aber zerriss es das Herz. Der stille Widerstand der Elisabeth Schmitz, 2010. (L)

    Aufsätze:

    Hannelore Erhart/Ilse Meseberg-Haubold/Dietgard Meyer, Katharina Staritz. 1903–1953. Dokumentation, Bd. 1. Mit einem Exkurs Elisabeth Schmitz, 1999, S. 187–269.

    Andreas Pangritz, Die Bekennende Kirche und die Juden. Wer war die Verfasserin der Denkschrift „Zur Lage der deutschen Nichtarier“ (1935/36)?, in: Bonhoeffer-Rundbrief 69 (2002), S. 16–37.

    Andreas Pangritz, Die späte Entdeckung einer Zeugin. Leben und Wirken von Elisabeth Schmitz, in: Hermann Düringer (Hg.), Kirche und ihr Umgang mit Christen jüdischer Herkunft während der NS-Zeit. Dem Vergessen ein Ende machen, 2004, S. 132–150.

    Reinhart Staats, Protestanten in der deutschen Geschichte. Geschichtstheologische Rücksichten, 2004, S. 52–61.

    Rolf Hensel, An der höheren Schule Preußens in gefährlichen Zeiten. Die Studienrätin Elisabeth Schmitz auf dem „Weg des Unbedingten“ (1921–1938), in: Berlin in Geschichte und Gegenwart 27 (2008), S. 151–214.

    Claudia Schmid-Rathjen, „Pusto“ in Wandlitz. Auf den Spuren der Elisabeth Schmitz, in: Neues Magazin für Hanauische Geschichte (2008), S. 130–224.

    Eckhard Meise, Elisabeth Schmitz. Die Hanauer Jahre, in: ebd., S. 259–282.

    Gerhard Lüdecke, Elisabeth Schmitz – Gerhard Kittel. Theologie in gefährlichen Zeiten, in: Neues Magazin für Hanauische Geschichte (2009), S. 156–167.

    Julia Scheuermann, Dr. Elisabeth Schmitz. Eine Widerstandskämpferin des Dritten Reiches?, in: Neues Magazin für Hanauische Geschichte (2010), S. 198–282.

    Manfred Gailus, Elisabeth Schmitz und ihre Denkschrift gegen die Judenverfolgung 1935/36. Biografie einer „protestierenden Protestantin“, in: ders./Clemens Vollnhals (Hg.), Mit Herz und Verstand. Protestantische Frauen im Widerstand gegen die NS-Rassenpolitik, 2013, S. 81–99.

    Claudia Lepp, Marga Meusel und Elisabeth Schmitz. Zwei Frauen, zwei Denkschriften und ihr Weg in die Erinnerungskultur, in: Siegfried Hermle/Dagmar Pöpping (Hg.), Zwischen Verklärung und Verurteilung. Phasen der Rezeption des evangelischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus nach 1945, 2017, S. 285–301.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie, ca. 1970, in: Wikimedia Commons. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Claudia Lepp (München)

  • Zitierweise

    Lepp, Claudia, „Schmitz, Elisabeth“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/133266451.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA