Lebensdaten
1904–1970
Geburtsort
München
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Journalist ; Chefredakteur ; Publizist ; Schriftsteller ; Auslandskorrespondent ; Redakteur
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 116292059 | OGND | VIAF: 164531094
Namensvarianten
  • Junius
  • Proebst, Hermann
  • Junius

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Zitierweise

Proebst, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116292059.html [26.04.2024].

CC0

  • Hermann Proebst leitete seit 1949 das Ressort Innenpolitik der „Süddeutschen Zeitung“ und war von 1960 bis 1970 als Chefredakteur mitverantwortlich für deren liberales Profil. Seine Leitartikel waren historisch geprägt. Die antidemokratischen und rassenideologischen Tendenzen, die seine journalistische Arbeit im „Dritten Reich“ v. a. während seiner Zeit in Kroatien kennzeichneten, revidierte er nach dem Zweiten Weltkrieg.

    Lebensdaten

    Geboren am 25. Februar 1904 in München
    Gestorben am 15. Juli 1970 in München
    Grabstätte Friedhof Bogenhausen (M-re-21) in München
    Konfession römisch-katholisch
    Hermann Proebst, Imago Images (InC)
    Hermann Proebst, Imago Images (InC)
  • Lebenslauf

    25. Februar 1904 - München

    1910 - 1923 - München

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    1923 - 1929 - München; seit 1928 Berlin; seit 1928 Köln

    Studium der Geschichte und Germanistik

    Universität

    vor 1929 - München; Berlin

    Redakteur

    Bayerische Hochschulzeitung; Hochschule und Ausland (Zeitschrift)

    1929 - 1929 - Köln

    Mitarbeiter

    Institut für Zeitungswissenschaft der Universität

    1927 - 1933 - Tschechoslowakei; Ungarn; Italien; Belgien; Frankreich; Großbritannien; USA; Schweiz

    Reisen

    1930 - 1936 - Berlin

    Redakteur; 1933–Juli 1934 Leiter der Abteilung Zeitfunk; danach Referent der Abteilung Kunst und Wort

    Funk-Stunde AG (seit 1934 Reichssender Berlin)

    1937 - 1939

    freier Schriftsteller

    1938 - 1945 - Berlin; Belgrad

    geführt als Agent für Kroatien

    bis 1939 Amt Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht; seit 1941 beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes der SS

    1941 - 1945 - Zagreb

    Mitgründer; Redakteur

    Europa-Verlag

    1945 - 1946 - Wien

    Verlagsmitarbeiter; Übersetzer

    1947 - Köln

    Redakteur

    Rheinische Zeitung

    1.1.1948 - 14.7.1949 - München

    Pressesprecher; Leiter des Presse- und Informationsamts

    Bayerische Staatsregierung

    14.7.1949 - 14.6.1960 - München

    Redakteur; Ressortleiter Innenpolitik

    Süddeutsche Zeitung

    14.6.1960 - 15.7.1970 - München

    Chefredakteur

    Süddeutsche Zeitung

    15. Juli 1970 - München
  • Genealogie

    Vater Wilhelm Proebst 1865–1922 Kaufmann in München
    Großvater väterlicherseits Ludwig Proebst 1840–1906 Regierungskanzlist in Landshut
    Großmutter väterlicherseits Marie Proebst, geb. Seidl 1838–1874
    Mutter Käthe Proebst, geb. Mayer 1879­–1956 1907 geschieden
    Großvater mütterlicherseits Andreas Mayer Gendarmeriebrigadier in Windischeschenbach (Oberpfalz)
    Großmutter mütterlicherseits Barbara Mayer, geb. Proels geb. 1838
    Geschwister keine
    Heirat 15.7.1933
    Ehefrau Erika Eleonore Gertrude Proebst, geb. Thiesen 1908–1999
    Schwiegervater Hermann Thiesen 1862–1927
    Schwiegermutter Magdalena, Thiesen, geb. Busch 1886–1977
    Kinder keine
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Proebst, Hermann (1904–1970)

    • Vater

      Wilhelm Proebst

      1865–1922

      Kaufmann in München

      • Großvater väterlicherseits

        Ludwig Proebst

        1840–1906

        Regierungskanzlist in Landshut

      • Großmutter väterlicherseits

        Marie Proebst

        1838–1874

    • Mutter

      Käthe Proebst

      1879­–1956

      1907 geschieden

      • Großvater mütterlicherseits

        Andreas Mayer

        Gendarmeriebrigadier in Windischeschenbach (Oberpfalz)

      • Großmutter mütterlicherseits

        Barbara Mayer

        geb. 1838

    • Heirat

      • Ehefrau

        Erika Proebst

        1908–1999

  • Biografie

    alternativer text
    Hermann Proebst (Mitte), BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Timpe (InC)

    Nach dem Abitur 1923 begann Proebst ein Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität München, wo er sich der Katholischen Studentenverbindung Aenania anschloss. 1928 folgte er seinem akademischen Lehrer Hermann Oncken (1869–1945) nach Berlin, wechselte im Jahr darauf zu Martin Spahn (1875–1945) an die Universität Köln und war hier kurzzeitig am Institut für Zeitungswissenschaft tätig. Eine bei Spahn geplante Promotion kam nicht zustande. Während des Studiums sammelte Proebst erste Erfahrungen als Redakteur bei der „Bayerischen Hochschulzeitung“ in München und der Zeitschrift „Hochschule und Ausland“ in Berlin, dem Organ des Akademischen Austauschdienstes. Seit 1927 unternahm er Reisen nach Frankreich, Großbritannien, Belgien, Italien, Ungarn, in die Tschechoslowakei und zwei Mal in die USA.

    1930 ging Proebst als Redakteur zu dem Berliner Rundfunksender Funk-Stunde AG (seit 1934 Reichssender Berlin) und stieg hier 1933 zum Leiter der Abteilung Zeitfunk auf. In der zweiten Jahreshälfte 1934 musste er auf die niedriger eingestufte Stelle eines Referenten der Abteilung Kunst und Wort wechseln und schied im April 1936 infolge einer Intrige aus dem Sender aus. Proebst war jedoch kein Gegner des Nationalsozialismus, auch wenn er sich gegen eine Mitgliedschaft in der NSDAP entschloss und als Rundfunkredakteur u. a. aus Kreisen der Hitler-Jugend angefeindet wurde. Im April 1933 befürwortete er in der Zeitschrift „Volk und Reich“ eine Annäherung der Katholiken an die NSDAP, deren Machtergreifung in Bayern er begrüßte. Von 1936 bis 1939 publizierte Proebst biografisch-historische Essays in der antidemokratisch-sozialromantischen Zeitschrift „Die Tat“ und legte, von 1937 bis 1939 als freier Schriftsteller tätig, eine Biografie William Pitts des Jüngeren (1759–1806) und ein Werk über Friedrich den Großen (1712–1786) und dessen Brüder vor. Diese Texte sind frei von nationalsozialistischer Ideologie.

    Proebst, der seit 1928 in Kontakt mit dem kroatisch-österreichischen Studentenfunktionär Theodor von Uzorinac-Koháry (1909–1967) stand, hielt sich seit 1938 wiederholt in Jugoslawien auf. Im November 1939 war er von der deutschen militärischen Abwehr als Agent registriert, später auch beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes der SS in Belgrad, Wilhelm Fuchs (1898–1947). Proebst gründete im Juni 1941 mit Uzorinac-Koháry in Zagreb den vom Auswärtigen Amt unterstützten Europa-Verlag, dem kein großer Erfolg beschieden war. Aus dem Verlagsprogramm ragte das Blatt „Die Neue Ordnung. Kroatische Wochenschrift für europäische Politik, Wirtschaft und Kultur“ heraus, für das Proebst Leitartikel verfasste, die z. T. antisemitisch konnotiert waren und in denen er u. a. das faschistische Regime von Staatsführer Ante Pavelić (1889–1959) verherrlichte. Im Februar 1942 nahm er an einer Besichtigung des kroatischen Konzentrationslagers Jasenovac teil und stellte dieses in einem Zeitungsbericht als mustergültig dar. Diese Verstrickung in das NS-Regime blieb der Öffentlichkeit zu Lebzeiten Proebsts unbekannt.

    Im Frühjahr 1945 floh Proebst mit seiner Ehefrau nach Wien und arbeitete hier für österreichische Verlage sowie als Übersetzer US-amerikanischer Bücher. Von 1946 bis 1954 in Affing bei Augsburg im Schloss der Familie von Gravenreuth und anschließend in München lebend, wirkte Proebst 1947 vorübergehend als Ressortchef für Außenpolitik bei der SPD-nahen „Rheinischen Zeitung“ in Köln. Zum 1. Januar 1948 wurde er zum Leiter des Presse- und Informationsamts der Bayerischen Staatskanzlei unter CSU-Ministerpräsident Hans Ehard (1887–1980) in München berufen.

    Seit Juni 1948 verfasste Proebst unter dem Pseudonym „Junius“ Beiträge für die „Süddeutsche Zeitung“ und avancierte am 14. Juli 1949 zum verantwortlichen Redakteur für Innenpolitik. Zur Regierung Konrad Adenauers (1876–1967) positionierte er sich ambivalent; am 21. Dezember 1952 betonte er, die Deutschen würden sich wieder zu sehr daran gewöhnen, dass einer alles mache, sprach von einem „doppelten Hang zum Verwaltungsstaat und zum Führertum“ und warnte davor, die parlamentarische Demokratie könne zur einer bloßen Fassade des Staats werden. Als größtes politisches Verdienst Adenauers hob Proebst am 3. Mai 1960 den Gewinn zuverlässiger Verbündeter für die Bundesrepublik hervor. Insgesamt war Proebst in seinen Urteilen zurückhaltender als Chefredakteur Werner Friedmann (1909–1969), der den linksliberalen Kurs des Blatts bestimmte.

    Nach dem Ausscheiden Friedmanns übernahm Proebst zum 14. Juni 1960 das Amt des Chefredakteurs der „Süddeutschen Zeitung“. Das Tagesgeschäft überließ er weitgehend seinem Stellvertreter Hugo Deiring (1920–1999), der seit 1965 ein System eigener Auslandskorrespondenten aufbaute, das für die Entwicklung der „Süddeutschen Zeitung“ zum international beachteten Blatt die Voraussetzung war. Proebst praktizierte einen Kollegialstil und ließ den Redakteuren Freiheit und Spielraum, nur stilistisch korrigierte er ihre Artikel penibel. In seinen Leitartikeln, die fast immer historische Bezüge enthielten und meist eher vage-allgemein argumentierten, vermied Proebst polemische Attacken. Er positionierte sich kritisch-loyal zu den Bundesregierungen, erachtete ein Zwei-Parteien-System als wünschenswert für die Stabilität der bundesrepublikanischen Demokratie und warnte vor dem politischen Einfluss von Interessenverbänden.

    Neben seiner Tätigkeit für die „Süddeutsche Zeitung“ war Proebst u. a. für die Zeitschriften „Merkur“ und „Politische Studien“ sowie als Autor einer Bildbiografie über Bundespräsident Theodor Heuss (1884–1963) publizistisch aktiv. Er sprach im Hörfunk in Bayern und Hessen und war mit politischen Kommentaren im Bayerischen Fernsehen präsent. Schon 1956 war er als möglicher Intendant des Bayerischen Rundfunks im Gespräch gewesen, zog seine 1960 erfolgte Bewerbung jedoch zurück.

  • Auszeichnungen

    1923–1970 Mitglied der CV Aenania, München
    um 1930 Mitglied im Exekutivkomitee der Confédération Internationale des Étudiants, Straßburg
    1958–1970 Vorsitzender der Columbus-Gesellschaft, München
    1960 Mitglied im Kuratorium der Südosteuropa-Gesellschaft
    1964 Medaille „München leuchtet“ in Gold
    1965 Ambassador of Good Will der City of Louisville (Kentucky, USA)
    1965 Bayerischer Verdienstorden
    1967 Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich
    1970 Columbus Medaille für seine Verdienste um die deutsch-amerikanische Verständigung (postum)
    1976 Hermann-Proebst-Weg, München
    Mitglied im Rotary Club
  • Quellen

    Nachlass:

    Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Abteilung V, Slg. Personen 13 866. (zu Junius)

    Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Abteilung II, Staatskanzlei 13 434. (Lebenslauf v. 1947)

    Stadtarchiv München, DE-1992-ZA-P-0395–19 (Zeitungsausschnitte); DE-1992-ZS-0951-4 (Materialsammlung zu Proebst).

    Gedruckte Quellen:

    Kurt Ziesel, Das verlorene Gewissen. Hinter den Kulissen der Presse, der Literatur und ihrer Machtträger von heute, 1958, 81962, S. 98.

    Interview Arnulf Barings mit Hermann Proebst, in: Roland H. Wiegenstein/Fritz J. Raddatz (Hg.), Interview mit der Presse. 12 internationale Zeitungen stellen sich, 1964, S. 23–33.

    Immanuel Birnbaum, Achtzig Jahre dabeigewesen. Erinnerungen eines Journalisten, 1974, S. 228 f.

    Otto Gritschneder, Randbemerkungen, 31984, S. 370–372.

    Ernst Müller-Meiningen jr., Orden, Spießer, Pfeffersäcke. Ein liberaler Streiter erinnert sich, 1989, S. 92.

    Ernst Maria Lang, Das wars. Wars das? Erinnerungen, 2000, S. 380, 386 u. 411 f.

    Franz Schönhuber, Die Volksverdummer. Persönliche Erfahrungen mit deutschen Medienleuten, 2005, S. 73 f.

  • Werke

    Monografien und Herausgeberschaften:

    William Pitt. Begründer der britischen Macht, 1938.

    Die Brüder. Friedrich der Große, August Wilhelm, Heinrich Ferdinand. Taten und Schicksale der Söhne des Soldatenkönigs, 1939.

    Heuss, Eine Bildbiographie, 1959.

    Hermann Proebst/Karl Ude (Hg.), Denk ich an München. Ein Buch der Erinnerungen, 1966, 21967.

    Ludwig Thoma. Eine Festrede, 1967.

    Durchleuchtete Zeit. Politische und historische Betrachtungen eines Journalisten, 1969. (P)

    Artikel:

    Die Stellung des deutschen Katholizismus zur nationalen Revolution, in: Volk und Reich. Politische Monatshefte 9 (1933), S. 361–369.

    Lloyd George, in: Die Tat 28 (1936/37), Bd.2, S. 850–860.

    Ein Preuße außer Preußen, in: Die Tat 29 (1937/38), Bd. 2, S. 450–466.

    Alexander von Humboldt, in: ebd., S. 761–772.

    William Pitt, Earl of Chatham, in: Die Tat 30 (1938/39), Bd. 2, S. 683–696.

    Gibt es eine deutsche Nation?, in: Merkur 10 (1956), S. 101–111.

    Das Verhältnis der Deutschen zur Macht, in: Merkur 20 (1966), S. 101–116.

    zahlreiche Beiträge und Leitartikel in der „Süddeutschen Zeitung“, 1949–1970.

  • Literatur

    Paul Hoser, Die „New York Times von Bayern“. Die Anfänge der Süddeutschen Zeitung, in: Lutz Hachmeister/Friedemann Siering (Hg.), Die Herren Journalisten. Die Elite der deutschen Presse nach 1945, 2002, S. 121–145 u. 289–303.

    Paul Hoser, Art. „Süddeutsche Zeitung (SZ)“ in: Historisches Lexikon Bayerns, 2014. (Onlineressource)

    Alexander Korb, Von der Ustaša zur SOG. Die Südosteuropa-Gesellschaft und ihr Geschäftsführer Theodor von Uzorinac-Koháry (1958–1967), in: Südosteuropa-Mitteilungen 54 (2014), H. 4, S. 74–91.

    Knud von Harbou, Als Deutschland seine Seele retten wollte. Die Süddeutsche Zeitung in den Gründerjahren nach 1945, 2015.

    Rick Tazelaar, Hüter des Freistaats. Das Führungspersonal der Bayerischen Staatskanzlei zwischen Nationalsozialismus und Nachkriegsdemokratie, 2023, S. 276 f.

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Paul Hoser (München)

  • Zitierweise

    Hoser, Paul, „Proebst, Hermann“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116292059.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA